OGH 10ObS151/00d

OGH10ObS151/00d5.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Lang (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ernst Boran (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria W*****, vertreten durch Dr. Klaus Kollmann, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. März 2000, GZ 7 Rs 34/00z-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. Oktober 1999, GZ 35 Cgs 19/99a-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist richtig, sodass hierauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Der Eintritt des Versicherungsfalles der geminderten Arbeitsfähigkeit ist ausschließlich nach der tatsächlichen Tätigkeit des Versicherten zu beurteilen. Es kommt daher nicht darauf an, ob er als Arbeiter oder Angestellter eingeordnet war, sondern ob er Arbeiter- oder Angestelltentätigkeiten verrichtet hat (SSV-NF 2/71, 3/99, 4/10, 6/20 ua). Für die Entscheidung über das vorliegende Klagebegehren auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension ist daher ausschlaggebend, ob die Klägerin Angestelltentätigkeiten im Sinne des § 1 Abs 1 AngG verrichtet hat (SSV-NF 12/101). Diese Frage ist hier zu verneinen, weil die Klägerin weder vorwiegend kaufmännische Dienste noch höhere, nicht kaufmännische Dienste oder Kanzleiarbeiten zu leisten hatte.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen war die am 9. 11. 1946 geborene Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, zuletzt von Juli 1990 bis März 1991 als Raumpflegerin tätig (Stichtag 1. 4. 1998). Davor war die Klägerin im Zeitraum Februar 1975 bis Mai 1985 als (ungelernte) Arbeiterin, Zeitungsausträgerin, Hausbesorgerin und Hilfsarbeiterin beschäftigt. Bei dieser Sachlage verneinte das Berufungsgericht zu Recht das Vorliegen einer Angestelltentätigkeit der Klägerin. Der Eintritt des Versicherungsfalles ist daher inhaltlich nicht nach § 273 ASVG, sondern nach § 255 ASVG zu prüfen (SSV-NF 3/2, 4/10 ua). Es kommt daher entgegen der Auffassung der Revisionswerberin nicht auf das Herabsinken der Arbeitsfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf der Raumpflegerin an (SSV-NF 7/51 ua).

Das Verweisungsfeld für Versicherte, die wie die Klägerin keinen erlernten oder angelernten Beruf im Sinne des § 255 Abs 1 und 2 ASVG ausgeübt haben, ist mit dem allgemeinen Arbeitsmarkt ident (SSV-NF 6/12 ua). Nach den bindenden Feststellungen ist die Klägerin aufgrund ihres medizinischen Leistungskalküls noch in der Lage, eine ganze Reihe von Verweisungstätigkeiten auszuüben (zB Verpackerin, Abwäscherin, Geschirrabräumerin). Soweit dies von der Revisionswerberin ohne Begründung verneint wird, ist ihre Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 9 zu § 471).

Die im § 255 Abs 3 ASVG enthaltene Zumutbarkeitsformel soll die Verweisung auf Tätigkeiten verhindern, zu denen der Versicherte zwar imstande wäre, die ihm aber unter billiger Berücksichtigung der von ihm - nicht nur während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag - ausgeübten Tätigkeiten nicht mehr zumutbar wären. Diese Bestimmung hindert eine Verweisung auf Tätigkeiten, die den bisher ausgeübten unähnlich sind, nicht, sondern soll nur in den Ausnahmefällen eine Verweisung verhindern, die bei Berücksichtigung der schon ausgeübten Tätigkeiten als unbillig bezeichnet werden müsste (SSV-NF 2/34, 6/12 ua). Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Der Vorwurf der Revisionswerberin, ein Beruf würde in seine einzelnen Verrichtungen zerlegt und die leichten Verrichtungen zwecks Bejahung ihrer Arbeitsfähigkeit ausgewählt, ist nach der Aktenlage nicht nachvollziehbar.

Die Klägerin ist somit nicht invalid im Sinne des § 255 Abs 3 ASVG, weshalb ihr Begehren auf Berufsunfähigkeitspension zu Recht abgewiesen wurde. Der unbegründeten Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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