OGH 10ObS213/00x

OGH10ObS213/00x5.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr.Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Lang (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ernst Boran (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Genoveva W*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12. April 2000, GZ 23 Rs 41/00a-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. Jänner 2000, GZ 43 Cgs 282/98i-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 23. 8. 1959 geborene Klägerin bezog von der beklagten Partei auf Grund eines im Verfahren 43 Cgs 268/95a vor dem Erstgericht in der Tagsatzung vom 8. 9. 1997 abgeschlossenen Vergleiches eine befristete Invaliditätspension für die Zeit vom 1. 3. 1997 bis 31. 8. 1998.

Mit Bescheid vom 29. 9. 1998 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin auf Weitergewährung der Invaliditätspension ab.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen war auf Grund der Beweisergebnisse im Vorverfahren davon auszugehen, dass die Klägerin seit dem 16. Lebensjahr an Angstzuständen und an einer depressiven Verstimmung litt, in deren Folge es zunächst zu einem Alkoholmissbrauch und später zu einem vordergründigen Tranquilizermissbrauch gekommen war. Aus psychiatrischer Sicht konnte die Klägerin noch halbtägig leichte Arbeiten verrichten, wobei sich dieses Leistungskalkül nach Durchführung eines Tranquilizerentzuges und einer entsprechenden antidepressiven Behandlung (in optimaler Weise anfangs vier Wochen stationär und anschließend engmaschig ambulant) innerhalb von sechs Monaten derart deutlich bessern sollte, dass wiederum ganztägig mittelschwere Arbeiten vorstellbar waren. Die Pensionsgewährung erfolgte auf Grund massiver Einschränkungen im lungenfachärztlichen Bereich. Die Klägerin hatte damals gerade einen neuerlichen pulmonalen-embolischen Schub im Zusammenhang mit ihren Vorerkrankungen erlitten und war damals aus lungenfachärztlicher Sicht arbeitsunfähig. Es war aber zu erwarten, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin bei konsequenter Durchführung der vom lungenfachärztlichen Sachverständigen vorgeschlagenen therapeutischen Maßnahmen innerhalb eines Jahres soweit bessern werde, dass sie zumindest wiederum ganztägig leichte Arbeiten verrichten kann. Aus diesem Grunde wurde der Klägerin in der Tagsatzung vom 8. 9. 1997 im Vergleichsweg eine befristete Invaliditätspension vom 1. 3. 1997 bis 31. 8. 1998 zuerkannt. Der Klägerin wurde in dieser Tagsatzung ausdrücklich Rechtsbelehrung darüber erteilt, dass sie verpflichtet sei, alle zumutbaren therapeutischen Maßnahmen - in welchem medizinischen Fachgebiet auch immer - durchführen zu lassen, damit sie ihren Pensionsanspruch nicht verliere. Die Klägerin hatte sich zuvor im Juni 1997 zu einer dreiwöchigen stationären Behandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus befunden. Von den Ärzten war die Klägerin darüber unterrichtet worden, dass ab September 1997 eine Lexotanil-Entzugstherapie für weitere acht Wochen stationär fortgesetzt werden solle. Im Rahmen dieser stationären Therapie wären auch verschiedene Medikationen erprobt worden, um den Gesundheitszustand der Klägerin auf Dauer zu stabilisieren. Die Klägerin erklärte sich in der Tagsatzung vom 8. 9. 1997 zur Fortsetzung dieser Entzugstherapie sowie zur Einnahme der von den Ärzten verschriebenen Medikamenten bereit.

Die Klägerin hat sich in der Folge im lungenfachärztlichen Bereich sämtlichen vorgeschlagenen therapeutischen Maßnahmen unterzogen, wodurch sich ihr Gesundheitszustand so weit gebessert hat, dass sie aus lungenfachärztlicher Sicht wieder ganztägig leichte und mittelschwere Arbeiten verrichten kann. Hingegen hat sich die Klägerin den ihr vorgeschlagenen psychiatrischen Therapiemaßnahmen nicht unterzogen, obwohl sie krankheitseinsichtig war und ist. Sie unterzog sich insbesondere entgegen dem dringenden ärztlichen Ratschlag nicht der vorgesehenen stationären Entzugstherapie, obwohl sie im Sommer 1998 nach einer Erkrankung ihrer Mutter wiederum mit dem Medikamentenmissbrauch begonnen hatte. Auch einer Einweisung zur stationären Aufnahme im April 1999 leistete die Klägerin unter Hinweis darauf, dass sie Kinder habe, keine Folge.

Während die Klägerin auf Grund ihres Gesundheitszustandes in der Zeit vom 1. 9. 1998 bis Ende Februar 1999 noch ganztägig leichte Arbeiten verrichten konnte und in dieser Zeit auch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit mit leidensbedingten Krankenständen in der Dauer von zumindest sieben Wochen zu rechnen war, trat mit Anfang März 1999 eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes ein, sodass sie seither nicht mehr in der Lage ist, auch nur halbtägig leichte Arbeiten zu verrichten. Als Folge des jahrelangen Alkohol- und Medikamentenmissbrauchs ist bei der Klägerin eine Hirnleistungsstörung eingetreten, die sich in einer Reduktion der Aufmerksamkeit und der Konzentration sowie in einer Reduktion der Denkvorgänge äußert. Weiters bestehen depressive Schwankungen mit Antriebsstörung und Schlafstörungen. Auf Grund dieser Gesundheitsstörungen ist bei der Klägerin seit Anfang März 1999 mit hoher Wahrscheinlichkeit mit leidensbedingten Krankenständen im Ausmaß von zumindest sieben Wochen jährlich zu rechnen.

Der Rückfall im Frühjahr 1999 wurde dadurch hervorgerufen, dass nach dem stationären Aufenthalt der Klägerin im Juni 1997 die ärztlicherseits dringend empfohlenen Kontrollmaßnahmen aus Gründen, die die Klägerin selbst zu vertreten hatte und die ihr auch während dieser Zeit durchaus bewusst waren, nicht mit der notwendigen und empfohlenen Regelmäßigkeit stattgefunden haben. Hätte die Klägerin diese therapeutischen Maßnahmen mit der notwendigen Regelmäßigkeit durchführen lassen, wäre es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr zum Rückfall im Frühjahr 1999 gekommen und es hätte die Klägerin auch bezogen auf den Zeitraum ab 1. 9. 1998 ganztägig leichte Arbeiten verrichten können. Auch der Krankheitsschub ab 1. 3. 1999 wäre mit großer Wahrscheinlichkeit so abgefedert worden, dass die Klägerin zumindest halbtägig leichte Arbeiten verrichten hätte können. Jedenfalls wären seit dem 1. 9. 1998 nicht mehr mit großer Wahrscheinlichkeit Krankenstände von sieben Wochen oder mehr zu erwarten gewesen. Weitere Einschränkungen im medizinischen Leistungskalkül der Klägerin bestehen dahingehend, dass die Klägerin die Möglichkeit haben muss, neben den üblichen Arbeitspausen ca 2-mal täglich während der Arbeitszeit die Toilette aufsuchen zu können. Das Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, langdauerndes Sitzen oder Verharren in einer Stellung, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Treppensteigen sowie Arbeiten in klimatisch exponierten oder staubbelasteten Räumen sollten vermieden werden. Ein Wechsel der Körperhaltung sollte zumindest in zweistündigen Abständen erfolgen können. Einschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges bestehen nicht.

Allein aus internistischer, lungenfachärztlicher und neurologischer Sicht wäre die Klägerin weiterhin in der Lage, ganztägig leichte und zum Teil auch mittelschwere Arbeiten zu verrichten. Leidensbedingte Krankenstände von sieben Wochen oder mehr wären auf Grund der in diesen Bereichen bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen nicht zu erwarten.

Selbst bezogen auf den Stichtag 1. 3. 1999 wäre durch eine neuerliche stationäre Aufnahme und durch eine nachfolgende engmaschige ambulante fachärztliche Kontrolle eine Verbesserung des Leistungskalküls der Klägerin in einem Ausmaß möglich gewesen, dass die Klägerin nach Ablauf des Zeitraumes von einem Jahr in der Lage gewesen wäre, wieder ganztägig leichte Arbeiten auszuführen.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass eine Invalidität der Klägerin im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG im Zeitraum vom 1. 9. 1998 bis Ende Februar 1999 nicht vorgelegen sei. Aber auch die seit 1. 3. 1999 bei der Klägerin bestehende Invalidität könne nicht zur Stattgebung des Klagebegehrens führen, weil die Klägerin nur durch die schuldhafte Unterlassung einer ihr zumutbaren ärztlichen Behandlung invalid geworden sei. Wenn sich die Klägerin dieser zumutbaren ärztlichen Behandlung unterzogen hätte, wäre eine Invalidität im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG nicht eingetreten, weil sie im Rahmen einer Halbtagsbeschäftigung als Kassierin in Parkgaragen, Theatern, Buffets udgl die gesetzliche Lohnhälfte im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG erzielen hätte können. Das Klagebegehren sei daher zur Gänze abzuweisen.

Das Berufungsgericht billigte diese Rechtsansicht des Erstgerichtes und gab der Berufung der Klägerin keine Folge.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach dem allgemeinen Grundsatz, dass ein Versicherter die Interessen des Sozialversicherungsträgers und damit auch die der anderen Versicherten in zumutbarer Weise zu wahren hat, will er seine Ansprüche nicht verlieren, ist er nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet, eine notwendige Krankenbehandlung durchzuführen, die zu einer Heilung und Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit führen würde, sofern die Behandlung für ihn nicht mit unzumutbaren Gefahren verbunden ist (SSV-NF 10/26; 5/42 = DRdA 1992/8 [Schrammel]; SSV-NF 2/33 uva). Eine schuldhafte, also eine zumindest leicht fahrlässige Verletzung der Duldungs- oder Mitwirkungspflicht des Versicherten, der sich einer zumutbaren Krankenbehandlung zu unterziehen hat, führt zum Verlust des Anspruches (SSV-NF 7/8; 6/13 ua). Eine Duldung bzw Mitwirkung des Versicherten kann nur dann verlangt werden, wenn dadurch die Chance besteht, ein von der Versichertengemeinschaft zu tragendes Risiko zu verringern und wenn eine ärztliche Behandlung dem Versicherten zumutbar ist (SSV-NF 11/6; 4/23 ua). Für die Zumutbarkeit einer ärztlichen Behandlung hat die Judikatur Kriterien

entwickelt (vgl SSV-NF 6/14 = DRdA 1993/4 [Oberbauer]; 4/23 = DRdA

1991/24 [Oberbauer] = ZAS 1992/11 [Dörner] ua), die aber hier deshalb

nicht zu untersuchen sind, weil die Zumutbarkeit der der Klägerin vorgeschlagenen psychiatrischen Behandlung von der Klägerin selbst nicht bestritten wird. Von der Klägerin wird auch nicht bestritten, dass ihr eine schuldhafte Verletzung der Duldungs- und Mitwirkungspflicht zur Last zu legen ist. Sie meint lediglich, dass dieser Umstand nicht dazu führen dürfe, dass sie damit auf Dauer ihren Anspruch auf Invaliditätspension verwirke. Das Sozialversicherungsrecht sei nämlich im Gegensatz zum Schadenersatzrecht nicht vom Verschuldensprinzip beherrscht, sodass aus dem Gesichtspunkt eines Mitverschuldens des Versicherten abgeleitete Aspekte nicht überspannt werden dürften. Es gebühre ihr daher jedenfalls seit dem 1. 3. 1999 eine Invaliditätspension, weil sie seit diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage sei, auch nur halbtägig leichte Arbeiten zu verrichten.

Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Die für den Bereich des Sozialversicherungsrechtes bestehenden Duldungs- und Mitwirkungspflichten bezüglich medizinischer Behandlungen werden in der Rechtsprechung auch aus den Bestimmungen über die Schadensminderungspflicht im Bereich des bürgerlichen Rechtes abgeleitet, sodass die dazu in Lehre und Judikatur entwickelten Grundsätze als Richtlinien dienen können. Die gesetzliche Basis für die Pflicht des Geschädigten, den Schaden möglichst gering zu halten, ist nach herrschender Lehre im § 1304 ABGB zu finden. Die bürgerlich-rechtlichen Verpflichtungen über die Schadensminderungspflicht beruhen auf dem Gedanken, dass derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich scheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Kürzung seines Schadenersatzanspruches hinnehmen muss. Im Sozialversicherungsrecht besteht die Konsequenz der Verweigerung einer zumutbaren Krankenbehandlung darin, dass dem Versicherten diejenige Ersatzleistung aberkannt wird, die mit dazu dienen soll, ein von der Sozialversicherung anerkanntes Risiko abzudecken. Damit bezweckt die Sozialversicherung im Ergebnis nichts Anderes als das bürgerlich-rechtliche Schadenersatzrecht, das dem Geschädigten dann die Ersatzleistung des Schädigers vorenthält, wenn er es unterlässt, den eingetretenen Schaden zu mindern, obwohl er dazu in der Lage wäre (SSV-NF 4/23 = DRdA 1991/24 [Oberbauer] = ZAS 1992/11 [Dörner] mwN ua).

Eine Pflichtverletzung des Geschädigten ist für die Anwendung des § 1304 ABGB nur dann relevant, wenn sie für die Entwicklung des Schadens adäquat kausal geworden ist (vgl Harrer in Schwimann, ABGB2 Rz 23 zu § 1304 mwN; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 1304; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht3 369; JBl 1993, 389 mwN ua). Auch ein Versicherter, der seine Mitwirkungspflicht verletzt, kann rechtlich nicht anders beurteilt werden, als wenn er dieser Verpflichtung nachgekommen wäre (SSV-NF 5/29). Könnte daher durch eine zumutbare Heilbehandlung die - herabgesunke- ne - Arbeitsfähigkeit des Versicherten so weit gebessert werden, dass Invalidität bzw Berufsunfähigkeit nicht mehr vorliegt, so besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit, wobei dieser "Pensionsentfall" allerdings erst zu jenem Zeitpunkt eintritt, in dem die Heilbehandlung zu einer Verbesserung des Zustandes tatsächlich geführt hat oder geführt hätte, wäre sie vom Versicherten durchgeführt worden (vgl Schrammel aaO 122 ff [124]). Auch der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Leistung für jenen Zeitraum zuzuerkennen ist, in dem die Invalidität (Berufsunfähigkeit) des Versicherten bestanden hätte, wenn er seiner Duldungs- oder Mitwirkungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen wäre (SSV-NF 7/8 mwN ua).

In den Revisionsausführungen der Klägerin wird die Richtigkeit der Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass für den Zeitraum vom 1. 9. 1998 bis Ende Februar 1999 eine Invalidität im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG nicht vorgelegen ist, weil die Klägerin in diesem Zeitraum auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ganztägig leichte Arbeiten verrichten konnte und sie auch auf Grund der zu erwartenden Krankenstände nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen war, nicht in Zweifel gezogen. Nach der zutreffenden Rechtsansicht der Vorinstanzen besteht aber auch für den weiters verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 1. 3. 1999 bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz trotz der bei der Klägerin in diesem Zeitraum tatsächlich bestehenden Invalidität kein Anspruch auf Invaliditätspension, weil es bei der Klägerin bei Vornahme der ihr von den Ärzten vorgeschlagenen und ihr auch zumutbaren psychiatrischen Heilbehandlung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu der im Frühjahr 1999 erfolgten Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes gekommen wäre, die Klägerin in diesem Fall zumindest weiterhin halbtägig leichte Arbeiten verrichten hätte können und damit nach der insoweit ebenfalls nicht bekämpften Rechtsansicht der Vorinstanzen die gesetzliche Lohnhälfte im Sinne des § 255 Abs 3 ASVG erzielen hätte können. Die unberechtigte Weigerung der Klägerin, sich dieser Heilbehandlung zu unterziehen, wodurch ihre herabgesunkene Arbeitsfähigkeit so weit gebessert hätte werden können, dass Invalidität nicht mehr vorgelegen wäre, verletzt daher eine Obliegenheit (Duldungs- und Mitwirkungspflicht) gegenüber der Sozialversicherung und hat zur Folge, dass der Klägerin kein Anspruch auf die von ihr begehrte Leistung zusteht.

Die Klägerin hält in ihrer Revision der Begründung des Berufungsgerichtes entgegen, die Verweigerung der Leistung wegen eines in der Vergangenheit liegenden Verstoßes gegen die Mitwirkungspflichten verstoße gegen Grundprinzipien des Sozialversicherungsrechts, eine konsequente Umsetzung der vom Berufungsgericht für die Ablehnung der Leistung angeführten Gründe würde dazu führen, dass eine Leistung aus dem Versicherungsfall der Invalidität bei einmaliger Verletzung der Mitwirkungspflicht bis zum Erreichen des Anfallsalters für die Alterspension verwirkt wäre. Ein solcher Grundsatz lässt sich jedoch aus dem Urteil des Berufungsgerichtes nicht ableiten.

Es trifft zu, dass eine endgültige Verwirkung des Leistungsanspruches aus der Pensionsversicherung grundsätzlich nur unter den in § 88 Abs 1 ASVG genannten Voraussetzungen vorgesehen ist. Solange aber ein Zustand, der bei punktueller Betrachtung die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch aus dem Versicherungsfall der Invalidität erfüllen würde, bei entsprechender zumutbarer Behandlung besserungsfähig ist, treffen den Versicherten die Mitwirkungspflichten im oben dargestellten Sinn. Kommt der Versicherte diesen Verpflichtungen nicht nach, so begründet dies eine Obliegenheitsverletzung, die dem Leistungsanspruch entgegensteht. Erst dann, wenn ein die Invalidität begründender Zustand eingetreten ist, der auch bei entsprechender zumutbarer Behandlung keiner entscheidenden Besserung mehr zugänglich ist, besteht ein Anspruch aus dem Versicherungsfall der Invalidität; da eine Besserung des Zustandes nicht mehr möglich ist, liegt ab diesem Zeitpunkt auch keine Verletzung von Mitwirkungspflichten mehr vor.

Die Klägerin lässt bei ihren Ausführungen jedoch außer Acht, dass auch das seit 1. 3. 1999 bestehende Leistungskalkül durch eine neuerliche stationäre Aufnahme und eine nachfolgende engmaschige ambulante fachärztliche Kontrolle so weit gebessert werden könnte, dass die Klägerin nach Ablauf eines Zeitraumes von einem Jahr wieder in der Lage wäre, ganztägig leichte Arbeiten zu verrichten. Diesen medizinischen Maßnahmen hat sich die Klägerin jedoch, obwohl ihr die Notwendigkeit dieser Behandlung bewusst war, nicht unterzogen. Es liegt daher nach wie vor eine Verletzung der Mitwirkungspflichten vor, die ihrem Leistungsanspruch entgegensteht.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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