Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der Beschluss des Rekursgerichtes wird in seinem Punkt 2. dahin abgeändert, dass die Strafbeschlüsse des Erstgerichtes wiederhergestellt werden und die verpflichtete Partei die Kosten der Rekurse ON 77, 86 und 87 selbst zu tragen hat.
Die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei werden mit S 40.950,-- (darin enthalten S 6.825,-- USt) als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Text
Begründung
Mit vollstreckbarer einstweiliger Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 1. 12. 1998 wurde der verpflichteten Partei aufgetragen, es zu unterlassen, Zugaben zur Zeitschrift "F*****" - insbesondere Gratishandys - anzukündigen und/oder zu gewähren. Zur Erwirkung dieser Unterlassung wurde der betreibenden Partei gegen die verpflichtete Partei am 11. 2. 1999 die Exekution bewilligt.
Die betreibende Partei brachte in dem am 21. 5. 1999 eingebrachten Strafantrag ON 55 vor, die verpflichtete Partei sei eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Verlagsgruppe N***** GmbH & Co KG, welche Eigentümerin der Zeitschrift "N*****" sei. In einer Gemeinschaftswerbung mit "N*****" kündige die verpflichtete Partei 600 Gratis-Telefonminuten als kostenlose Zugabe zu einem 10 Wochen-Abonnement von "N*****" und "F*****" an. Eine solche Ankündigung finde sich in der Ausgabe Nr 20/99 von "N*****", die am 20. 5. 1999 in den Trafiken auf allen österreichischen Bahnhöfen, beispielsweise auf dem Wiener Westbahnhof, und auf allen Bahnhöfen in Linz und Innsbruck verkauft worden sei. Eine weitere derartige Ankündigung enthalte eine Postwurfsendung, welche die verpflichtete Partei gemeinsam mit ihrer Muttergesellschaft an österreichische Haushalte versendet habe. Diese Postwurfsendung sei österreichischen Haushalten am 19. 5. 1999 zugestellt worden. 600 Telefonminuten seien ein Vielfaches des Kaufpreises von "F*****" wert; der Wert dieser Zugabe übersteige den Abonnementpreis für N***** und F***** von S 290,-- bei weitem. Die verpflichtete Partei kündige daher eine unentgeltliche Zugabe zur Zeitschrift F***** an, die gegen den Exekutionstitel verstoße. Bei Bemessung der neuerlich zu verhängenden Geldstrafe sei vor allem die außerordentlich hohe wirtschaftliche Leistungskraft der verpflichteten Partei zu berücksichtigen. Sie, ihre Mutter- und ihre Schwestergesellschaft seien Verlegerinnen von drei der meist verkauften österreichischen Wochenzeitschriften. Die verpflichtete Partei gehöre zudem der Bertelsmann-Gruppe, dem drittgrößten Medienkonzern der Welt, an.
Diesem Strafantrag waren die Postwurfsendung Nr 20a und die Ausgabe N***** Nr 20/99 angeschlossen.
In der Postwurfsendung N***** Nr 20a vom 20. 5. 1999 lautet die über zwei Seiten reichende Überschrift auf den S 12 und 13: "Testen Sie N***** und F***** im Abo-mit Geschenk". Auf der Bestellkarte von S 13 lautet die Aufschrift: "600 Minuten (= 10 Stunden) gratis telefonieren: plus: 10 Wochen F***** plus: 10 Wochen N***** um nur S 290,--". Dort, wo der Besteller seine Daten eintragen muss, ist auf der Rückseite der Bestellkarte vermerkt: "Gratistelefon-Abo. Ja, ich möchte das sensationelle Kombi-Angebot nutzen! Ich bestelle 10 Wochen N***** und 10 Wochen F***** im Kombi-Abo inkl 600 Gratis-Telefon-Minuten bei 1012 Privat um insgesamt nur 290,-- S!
Bitte schicken sie News und Format an: ....... Abo-Garantie: Wenn mir
N***** und F***** nicht gefallen, Postkarte/Fax genügt und mein Kombi-Abo endet nach 10 Wochen." Auf den S 12 und 13 heißt es in großen Lettern im unteren Teil: "Für Sie: 600 Minuten telefonieren gratis..... wenn Sie 10 Wochen N***** & F***** testen. Sie zahlen für N***** und F***** gemeinsam nur je 15,-- S pro Woche".
Die Überschrift auf den S 14 und 15 lautet: "Das Sensations-Angebot:
600 Minuten telefonieren, wenn sie N***** und F***** testen".
Auf S 14 links unten wird angekündigt: "Nur 15,-- S. Für zwei
Magazine nur 15,-- S. Sie können N***** und F***** in den 10
spannenden Wochen der EU-Wahl für 15,-- S testen......".
In dem dem Strafantrag weiters angeschlossenen Exemplar N***** Nr 20
vom 20. 5. 1999 ist auf S 10 oben angekündigt: "Sie testen für 290,--
S 10 Wochen N***** & F*****", auf S 10 links unten: "Sobald Sie
N***** und F***** im Test-Abo bestellen, können Sie jetzt volle 600
Minuten gratis telefonieren.....". Auf der Bestellkarte auf S 11
heißt es: "600 Minuten (= 10 Stunden) Gratis telefonieren plus: 10
Wochen N***** plus: 10 Wochen F***** um nur 290,-- S; auf der
Rückseite der Bestellkarte heißt es: "Gratis Telefon-Abo. Ja, ich
möchte das sensationelle Kombi-Angebot nutzen! Ich bestelle 10 Wochen
N***** und 10 Wochen F***** im Kombi-Abo inkl 600
Gratis-Telefonminuten. .... Bitte schicken Sie N***** und F***** an:
.... Abo-Garantie: Wenn mir N***** und F***** nicht gefallen,
Postkarte/Fax genügt und mein Kombi-Abo endet nach 10 Wochen".
In den weiteren Strafanträgen ON 56 bis 59 sowie 61 und 62, die ebenfalls diese Zuwiderhandlungen gegen den Exekutionstitel durch Verkauf der betreffenden Exemplare von N***** an folgenden Tagen betreffen, brachte die betreibende Partei weiters vor, die verpflichtete Partei habe diese Ankündigung mitgestaltet, weshalb sie auch von ihr zu verantworten sei.
In dem am 28. 5. 1999 eingebrachten Strafantrag ON 63 und in den folgenden Strafanträgen ON 64 bis 68, die entsprechende Zuwiderhandlungen an folgenden Tagen betreffen, machte die betreibende Partei mit entsprechendem Vorbringen die Fortsetzung dieser Gemeinschaftswerbung in der Ausgabe von N***** Nr 21/99 vom 27. 5. 1999 geltend. In dem angeschlossenen Exemplar dieser Ausgabe enthält die auf S 3 geklebte Bestellkarte die Ankündigungen wie in der Vorauflage. Auf S 4 oben heißt es: "Sie testen für S 290,-- 10 Wochen N***** und F*****", auf S 4 links unten: "Sobald Sie N***** und F***** im Test-Abo bestellen, können sie jetzt volle 600 Minuten gratis telefonieren...", auf S 5 oben: "Die 2 Top-Magazine im Abo-Doppelpack", auf S 5 rechts unten: "Dieses Kombi-Abo ist ohne jedes Risiko! Abo-Garantie: Wenn Ihnen N***** und F***** nicht gefallen, genügt eine Postkarte oder ein Fax, und Ihr Kombi-Abo endet nach 10 Wochen. Sonst bekommen Sie es weiter zum Vorzugspreis für Abonnenten".
In dem am 4. 6. 1999 eingebrachten Strafantrag ON 69 und in den folgenden Strafanträgen ON 70 bis 76, die entsprechende Zuwiderhandlungen an folgenden Tagen betreffen, machte die betreibende Partei mit entsprechendem Vorbringen die Fortsetzung dieser Gemeinschaftswerbung in der Ausgabe von N***** Nr 22/99 vom 2. 6. 1999 geltend. In dem angeschlossenen Exemplar dieser Ausgabe lautet die Ankündigung auf S 66: "Sie testen für 290,-- S 10 Wochen N***** & F*****". In diesem Heft ist wieder ein Bestellkarte wie bei den Vorausgaben eingeklebt. Auf S 67 lautet die Überschrift: "Die 2 Top-Magazine im Abo-Doppelpack", auf S 67 rechts unten die Ankündigung: "Dieses Kombi-Abo ist ohne jedes Risiko" Abo-Garantie:
Wenn Ihnen N***** und F***** nicht gefallen, genügt eine Postkarte oder ein Fax, und Ihr Kombi-Abo endet nach 10 Wochen. Sonst bekommen Sie es weiter zum Vorzugspreis für Abonnenten".
Das Erstgericht erließ die beantragten Strafbeschlüsse und verhängte jeweils Geldstrafen von S 80.000,--.
Das Rekursgericht änderte diese Beschlüsse dahin ab, dass die Strafanträge abgewiesen wurden; es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige hinsichtlich jedes einzelnen Strafantrags S 260.000,-- und der ordentliche Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung sei nicht zulässig, weil ein in § 528 Abs 1 ZPO aufgezählter Tatbestand im Hinblick auf die Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege und eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen gewesen sei.
Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, die Prüfung des Inhalts der vorgelegten Bescheinigungsmittel ergebe, dass eine gebotswidrige Ankündigung der verpflichteten Partei tatsächlich nicht vorliege. Verlegerin und Eigentümerin der Zeitschrift "N*****" sei, wie sich aus dem Impressum ergebe und gerichtsbekannt sei, die Verlagsgruppe N***** GmbH & Co KG. Ob und von wem eine unentgeltliche Zugabe angekündigt werde, sei nur danach zu beurteilen, welchen Eindruck der Durchschnittsinteressent bei flüchtiger Wahrnehmung gewinne. Die vorliegenden Werbeeinschaltungen würden jedoch von der Ankündigung "600 Minuten gratis telefonieren mit N*****" bzw "600 gratis Telefonminuten auf N*****" dominiert. Für den flüchtigen Betrachter stellten sich die Werbeeinschaltungen somit als Ankündigungen von "N*****" dar und nicht als solche der "F*****" Zeitungsverlags GmbH.
Die Ankündigung: "Sie erhalten das neue F***** dazu. Für 15,-- S bekommen Sie 10 Wochen auch das neue F***** dazu" werde von den beteiligten Verkehrskreisen so verstanden, dass der Besteller zum "N*****"-Abo und den 600 Telefonminuten auch noch 10 Wochen "F***** dazu" bekomme. An diesem Eindruck vermöge auch der kleingedruckte und vom Durchschnittsleser kaum wahrgenommene weitere Hinweis in den Werbeeinschaltungen: "Mit dem N***** Kombi-Abo zahlen Sie für N***** und F***** nur 290,-- S, können aber volle 600 Minuten in ganz Österreich gratis telefonieren" nichts zu ändern. Wenn auch nach den Behauptungen der betreibenden Partei in den Strafanträgen davon auszugehen sei, dass es sich im vorliegenden Fall um von der verpflichteten Partei mitgestaltende Ankündigungen handelt, liege ein Verstoß gegen das Unterlassungsgebot nur dann vor, wenn die Werbeeinschaltungen vom Durchschnittsbetrachter als Ankündigungen einer Zugabe zur Zeitschrift "F*****" aufgefasst werden können. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, weil das Rekursgericht die Grundsätze für die Beurteilung der Voraussetzungen für die Erlassung eines Strafbeschlusses (§ 355 EO) in einer die Rechtssicherheit verletzenden Weise unrichtig angewendet hat; er ist auch berechtigt.
Der betreibende Gläubiger muss bei der Unterlassungsexekution (§ 355 EO) in jedem weiteren Strafantrag konkret und schlüssig behaupten, dass der Verpflichtete seit Einbringung des vorangegangenen Strafantrags dem Exekutionstitel zuwiderhandelte. An sich ist nicht erforderlich, die Behauptungen zu bescheinigen oder zu beweisen. Ergibt sich jedoch auf Grund der angebotenen Bescheinigungsmittel die Unrichtigkeit der Behauptung, so ist der Strafantrag (wie auch der Exekutionsantrag) abzuweisen (vgl ÖBl 1983, 20; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Rz 22, 44 zu § 355).
Hier gehen die Tatsachenbehauptungen der betreibenden Partei in den Strafanträgen insofern über den Inhalt der jeweils vorgelegte Exemplare hinaus, als die Passivlegitimation der verpflichteten Partei sich nicht aus diesen Exemplaren ergibt, wohl aber in den Strafanträgen konkrete Tatsachenbehauptungen in der Richtung einer Gemeinschaftswerbung bzw der Mitgestaltung der Ankündigungen durch die Verpflichtete aufgestellt wurden. Da diese Tatsachenbehauptungen durch die vorgelegten Bescheinigungsmittel nicht widerlegt sind, sind sie der Entscheidung über den Strafantrag zugrunde zu legen.
Was den Verstoß gegen den Exekutionstitel, ein mit einstweiliger Verfügung erlassenes Zugabenverbot, anlangt, ergibt sich, wie die betreibende Partei im Revisionsrekurs zutreffend aufzeigt, aus dem oben wiedergegebenen wesentlichen Inhalt auch für einen flüchtigen Betrachter klar, dass eine Zugabe, nämlich 600 Gratis-Telefonminuten, zu einem Abonnement angeboten werden. Bei diesem Abonnement handelt es sich keineswegs nur um ein solches von "N*****", sondern unmissverständlich um ein Kombi-Abonnement von "N*****" und "F*****".
Damit liegt jedoch nach den für die Beurteilung der Berechtigung eines Strafantrages maßgebenden Kriterien ein Verstoß gegen den Exekutionstitel vor, weshalb in Abänderung des Beschlusses des Rekursgerichtes die erstinstanzlichen Strafbeschlüsse wiederherzustellen waren und die verpflichtete Partei die Kosten ihrer Rekurse gegen die erstinstanzlichen Strafbeschlüsse selbst zu tragen hat (§ 78 EO, §§ 40, 50 ZPO).
Die Verhängung einer Geldstrafe von jeweils S 80.000,-- ist auch der Schwere dieser Zuwiderhandlung angemessen. Es liegt bereits ein mehrfach wiederholter Verstoß gegen den Exekutionstitel vor; entgegen der Ansicht der verpflichteten Partei in den Rekursen gegen die erstinstanzlichen Strafbeschlüsse tritt die Ankündigung einer Zugabe zur Zeitschrift "F*****" keineswegs derart in den Hintergrund, dass der Verstoß der verpflichteten Partei gegen den Exekutionstitel nur als geringfügig zu bezeichnen wäre.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf § 74 EO.
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