OGH 3Ob306/99t

OGH3Ob306/99t23.8.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Rohrer Dr. Pimmer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eva K*****, vertreten durch Dr. Christoph Haffner, Rechtsanwalt in Amstetten, gegen die beklagte Partei Dr. Alois K*****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 2. September 1999, GZ 2 R 65/99p, womit der Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 10. Dezember 1998, GZ 3 Cg 113/95h-14, teilweise bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs der beklagten Partei und die von der klagenden Partei eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin brachte am 16. 5. 1995 bei aufrechter Ehe gegen ihren Gatten, der damals Präsident eines Gerichtshofes war, gestützt auf § 94 ABGB Klage auf Unterhalt seit Mai 1992 ein. Die Klage wurde gemäß § 79 Abs 1 JN beim Landesgericht Steyr überreicht. Der Beklagte erhob keine Einrede der sachlichen oder örtlichen Unzuständigkeit.

Die Ehe wurde über Klage und Widerklage mit Urteil des Landesgerichtes Krems vom 31. 10. 1996 aus dem alleinigen Verschulden des nunmehrigen Beklagten geschieden. Dagegen erhob nur dieser Berufung, mit der er den Verschuldensausspruch bekämpfte. Das Oberlandesgericht Wien gab der Berufung teilweise Folge und sprach aus, dass das Verschulden beide Teile treffe, dasjenige des nunmehrigen Beklagten jedoch überwiege. Dieses Urteil wurde den Parteien am 14. 7. 1997 zugestellt. Die außerordentliche Revision des nunmehrigen Beklagten wurde vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen.

Die Klägerin brachte mit Schriftsatz ON 9 in Band II, vorgetragen in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 10. 12. 1998, vor, die Scheidung der Ehe sei mit Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes Wien erfolgt. Dieses Berufungsurteil sei in Ansehung des Ausspruches über die Scheidung seit 23. 9. 1997 rechtskräftig. Bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils stütze sie ihren Unterhaltsanspruch auf § 94 Abs 2 ABGB, für die Zeit danach auf § 66 EheG.

Der Beklagte brachte mit Schriftsatz ON 12, ebenfalls vorgetragen in der Tagsatzung am 10. 12. 1998, vor, er spreche sich gegen die Klagsänderung aus, in der erstmals der Unterhaltsanspruch auf § 66 EheG gestützt wurde, und beantrage, die Klagsänderung wegen unheilbarer örtlicher und sachlicher Unzuständigkeit des Erstgerichtes nicht zuzulassen, ferner jegliches Vorbringen der Klägerin, das den Zeitraum nach der Teilrechtskraft des Scheidungsurteils, das sei der 12. 12. 1996, betreffe, deshalb zurückzuweisen. Mit diesem Zeitpunkt sei ein allfälliger Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 94 ABGB erloschen. Da er mit Ablauf des 30. 9. 1998 in den Ruhestand getreten sei, sei das Erstgericht infolge Wegfalls der Zuständigkeit nach § 79 Abs 1 JN für jede Klagsänderung sachlich und örtlich unheilbar unzuständig geworden.

Das Erstgericht ließ "die Klagsänderung" zu. Die einmal begründete Zuständigkeit für diesen Rechtsstreit bleibe auch nach der "Pensionierung" des Beklagten aufrecht. Durch die Klagsänderung trete keine erhebliche Erschwerung und Verzögerung des Verfahrens ein. Es wäre wohl nicht zweckmäßig, zwei Unterhaltsverfahren nebeneinander zu führen, wobei sich das eine nur auf die Zeit bis zur Rechtskraft der Ehescheidung und das andere auf die Zeit nach Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung beschränke. Zudem stehe das Unterhaltsverfahren insgesamt im Hinblick auf die rege Antragstätigkeit des Beklagten, die immer wieder Zwischenentscheidungen mit daran anschließenden Rechtsmitteln bedingt habe, erst am Anfang.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten "teilweise Folge" und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, "dass die von der Klägerin vorgenommene Klagsänderung für den Zeitraum ab September 1997 nicht zugelassen" werde. Es sprach aus, hinsichtlich der teilweisen Bestätigung des angefochtenen Beschlusses sei der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, im Übrigen sei der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.

Zur Begründung führte das Rekursgericht aus, nach § 29 JN sei das Erstgericht, bei dem die Rechtssache rechtmäßigerweise anhängig gemacht worden sei, bis zu deren Beendigung zuständig, und zwar auch dann, wenn sich die Umstände, welche bei Einleitung des Verfahrens für die Bestimmung der Zuständigkeit maßgebend waren, während des Verfahrens geändert hätten. Dafür, dass dies für den ausschließlichen Gerichtsstand des § 79 Abs 1 JN nicht gelten würde, finde sich weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung noch in der Lehre irgendein Anhaltspunkt. Der Einwand des Beklagten, die Klagsänderung wäre nach § 235 Abs 2 ZPO nicht zulässig, sei daher nicht berechtigt. Die "Umstellung" des Begehrens von § 94 ABGB auf § 66 EheG müsse als Klagsänderung angesehen werden. Im vorliegenden Fall dürfe nicht außer acht gelassen werden, dass es hier nicht nur um die Änderung des Rechtsgrundes hinsichtlich des ursprünglichen Rechtsschutzbegehrens gehe, sondern (auch) um die zeitliche Ausdehnung eines Unterhaltsbegehrens über viele Monate hinweg. Dazu komme bei der vorliegenden Konstellation noch, dass im Hinblick auf die zwischenzeitig eingetretene "Pensionierung" des Beklagten mit Ablauf des 30. 9. 1998 eine auf § 66 EheG gestützte Klage beim nach § 49 Abs 2 Z 2 JN zuständigen Bezirksgericht eingebracht werden müsse, weil die Voraussetzungen des § 79 Abs 1 JN weggefallen seien. In Abwägung all dieser Umstände sei auch in Anwendung des § 235 Abs 3 ZPO die Klagsänderung nicht zuzulassen. Das erstinstanzliche Verfahren werde sich demnach auf das Unterhaltsbegehren der Frau während aufrechter Ehe der Streitteile basierend auf § 94 ABGB zu beschränken haben, und zwar bis zum Ende jenes Monats, in welchem die Ehescheidung der Streitteile rechtskräftig geworden sei, also bis einschließlich August 1997.

Der Revisionsrekurs des Beklagten ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Zwar ist der - den Obersten Gerichtshof nicht bindende - Ausspruch des Rekursgerichtes, "hinsichtlich der teilweisen Bestätigung" sei der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, unrichtig. Ein derartiger Ausspruch trifft nur dann zu, wenn das Rekursgericht über mehrere Gegenstände oder Ansprüche entschieden hat, die in keinem engen, unlösbaren inneren Zusammenhang stehen, sondern jeweils für sich ein eigenes rechtliches Schicksal haben können; nur dann sind sie, soweit es um ihre Anfechtbarkeit geht, gesondert zu beurteilen (Kodek in Rechberger, ZPO**2 § 528 Rz 4 mit Hinweisen auf die Rsp). Bei einer Unterhaltsklage kommt eine derartige Differenzierung hinsichtlich der einzelnen Unterhaltsperioden nicht in Betracht.

Der Revisionsrekurs des Beklagten ist jedoch mangels Beschwer unzulässig.

Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist die Zulässigkeit einer von der Klägerin vorgenommenen Klagsänderung. Die Klägerin hat vorerst nur Unterhalt während aufrechter Ehe, gestützt auf § 94 ABGB, begehrt. Dieses Begehren hält sie nach wie vor aufrecht; insoweit kann von einer Klagsänderung keine Rede sein; die Entscheidung des Erstgerichtes, das im Spruch generell "die Klagsänderung" zugelassen hat, betrifft ausschließlich das weiters erhobene Klagebegehren für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung. Das Rekursgericht hat dem Rekurs des Beklagten insoweit Folge gegeben, als es die Klagsänderung "für den Zeitraum ab September 1997" nicht zugelassen hat. Dabei ging das Rekursgericht davon aus, dass der Klägerin vorher, bis einschließlich August 1997, Unterhalt nach § 94 ABGB zusteht. Dies entspricht in dem für den Beklagten bedeutsamen Umfang dem Vorbringen der Klägerin, weil diese ausdrücklich erklärte, bis zu dem von ihr mit 23. 9. 1997 angenommenen Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs ihren Unterhaltsanspruch auf § 94 Abs 2 ABGB zu stützen. Für den den Gegenstand des Revisionsrekurses bildenden Zeitraum liegt somit schon nach dem Vorbringen der Klägerin überhaupt keine Klagsänderung vor.

Im vorliegenden Fall wäre das bis September 1997 nach wie vor ausschließlich auf § 94 ABGB gestützte Klagebegehren bei Zutreffen der Rechtsmeinung des Beklagten, dass die Rechtskraft des Scheidungsurteils früher eingetreten ist, für den danach liegenden Zeitraum mit Urteil abzuweisen. Die Frage der Zulässigkeit einer Klagsänderung stellt sich deshalb überhaupt nicht.

Da der Beklagte durch die Entscheidung des Rekursgerichtes über die Zulässigkeit der Klagsänderung somit nicht beschwert ist, ist der Revisionsrekurs aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen.

Das Revisionsrekursverfahren ist in diesem Fall einseitig; ein Fall des § 521a ZPO liegt nicht vor; die Revisionsrekursbeantwortung der Klägerin ist daher unzulässig.

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