OGH 3Ob79/00i

OGH3Ob79/00i23.8.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1) Dr. Karl K*****, und 2) Godela K*****, sowie 3) Volkhard S*****, 4) Prof. Dr. Ina S*****, 5) S*****, 6) Steffen S*****, 7) Prof. Dr. Gerd S*****, 8) Gerd L*****, 9) Irene G*****, 10) Gisbert K*****, 11) Joachim L*****, 12) Rosemarie P*****, alle vertreten durch Dr. Rudolf Breuer, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die verpflichtete Partei E*****, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1) und 2) DM 100.000,-- sA, 3) DM 469.132,93 sA, 4) DM 100.000,-- sA, 5) DM 500.000,-- sA, 6) DM 400.000,-- sA 7) DM 573.400,-- sA, 8) 500.000,-- sA, 9) DM 600.000,-- sA, 10) sfr 500.000,-- sA, 11) DM 503.125,-- sA, 12) DM 40.000,-- sA, über den Antrag der betreibenden Parteien auf Berichtigung der Bezeichnung der verpflichteten Partei und über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. Februar 2000, GZ 47 R 51/00y-26, womit aus Anlass des Rekurses der verpflichteten Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 18. Mai 1993, GZ 10 E 5356/93x-1, sowie das gesamte Verfahren als nichtig aufgehoben und der Exekutionsantrag zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Antrag der betreibenden Parteien, die Bezeichnung der verpflichteten Partei zu berichtigen, wird abgewiesen.

2. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibenden Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Den betreibenden Parteien wurde zur Hereinbringung unterschiedlicher Fremdwährungsbeträge auf Grund des Versäumungsurteils des Handelsgerichtes Wien vom 20. 10. 1992 gegen die darin bezeichnete verpflichtete Partei die Forderungsexekution bewilligt.

Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Rekursgericht aus Anlass eines Rekurses der verpflichteten Partei diesen Beschluss und das gesamte Verfahren als nichtig auf und wies den Exekutionsantrag zurück. Es sprach aus, dass gegen diese Entscheidung der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil es der in 3 Ob 2029/96w vorgezeichneten Rechtsansicht gefolgt sei.

Zur Begründung führte das Rekursgericht im Wesentlichen aus, für die Bewilligung einer Exekution müssten zunächst die allgemeinen Prozessvoraussetzungen - hiezu zähle die Parteifähigkeit - und daneben auch die besonderen Exekutionsvoraussetzungen vorliegen. Diese Voraussetzungen seien von Amts wegen zu prüfen. Lägen sie nicht vor, sei der Exekutionsantrag zurückzuweisen. Es sei hier vom folgenden Sachverhalt auszugehen:

Die verpflichtete Partei wurde am 22. 6. 1978 in das Handelsregister des Staates St. Vincent and the Grenadines eingetragen. In der außerordentlichen Generalversammlung vom 23. 4. 1990 wurde die freiwillige Liquidation beschlossen und Günter M***** zum Liquidator bestellt. Dkfm Walter P***** übernahm ab 1984 allmählich sämtliche Aktien. Er war bis zur Liquidation der tatsächliche Entscheidungsträger und agierte als Generalbevollmächtigter von Wien aus. Die Vertretungshandlungen der registermäßig vertretungsbefugten Organe wurden im Fürstentum Liechtenstein gesetzt. Der Postverkehr wurde ausschließlich über die C***** AG in Liechtenstein abgewickelt. Die Buchhaltung wurde in Wien geführt. Das Büro von Dkfm Walter P***** befand sich gleichfalls in Wien. Im geschäftlichen Verkehr wurde als Sitz nur Kingstown, St. Vincent, Postfach 881, angegeben. Rechtsverbindliche Erklärungen der verpflichteten Partei wurden als in Kingstown abgegeben deklariert, obwohl sie von Dkfm P***** in Wien unterzeichnet wurden. Bei allfälligen Fragen waren die Angestellten des Dkfm P***** angewiesen, vorzugeben, dass Telefongespräche aus Liechtenstein geführt würden. Für persönliche Vorsprachen wurden Kunden in das Büro der "Hauptaktionärin" C***** AG verwiesen. Die Verpflichtete wurde in Österreich im Handelsregister bzw Firmenbuch nicht eingetragen. Dass die verpflichtete Partei nach dem 23. 4. 1990 den Sitz ihrer Verwaltung in einen Staat verlegt hätte, der der Gründungstheorie folgt oder auf den das Recht des Sitzstaates verweist, kann nicht festgestellt werden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, gemäß § 12 IPRG richte sich die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer juristischen Person nach ihrem Personalstatut, dies sei nach § 10 IPRG das Recht des Staates, in dem das Gebilde den tatsächlichen Sitz seiner Hauptverwaltung habe. Österreich folge damit der sogenannten Sitztheorie. Maßgebend sei somit der Ort der Tätigkeit der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen zur Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt würden. Hier sei dieser Ort Wien. Unerheblich sei der Ort, den eine Briefkastenfirma als ihren Sitz angebe. Nach dem Personalstatut entscheide sich insbesondere, ob das Gebilde rechtsfähig sei und rechtsfähig geworden sei. Eine Folge der Sitztheorie sei, dass die juristischen Personen, die in Staaten, in denen die Gründungstheorie gelte, registriert sind, zwar dort, aber nicht in dem Staat, in dem sich ihr Hauptsitz befindet, Träger von Rechten und Pflichten sein könnten. Daraus folge, dass die Rechtsfähigkeit der verpflichteten Partei für den österreichischen Rechtsbereich zu verneinen sei. Die mangelnde Parteifähigkeit stelle einen Nichtigkeitsgrund dar, der die Nichtigerklärung des gesamten Verfahrens und die Zurückweisung des Exekutionsantrages nach sich ziehe.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Parteien, mit dem sie die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin begehren, dass der Beschluss des Erstgerichtes mit der Maßgabe bestätigt werde, dass die in der Exekutionsbewilligung genannte verpflichtete Partei nunmehr auf einen bestimmten Rechtsanwalt als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dkfm. Walter P*****, in eventu auf Dkfm. Walter P***** selbst zu lauten hat. Zugleich wird beantragt, die Bezeichnung der verpflichteten Partei in diesem Sinn richtigzustellen, und hiezu vorgebracht, dass der "Durchgriff durch das rechtlich nicht bestehende Gebilde hindurch auf seinen Machthaber, sohin auf Dkfm. P*****", gerechtfertigt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Antrag auf Berichtigung der Parteibezeichnung ist nicht berechtigt. Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Zum Antrag auf Berichtigung der Bezeichnung der verpflichteten Partei:

Der Oberste Gerichtshof hat zwar jüngst in der Entscheidung 3 Ob 178/99v = EvBl 2000/97 seine Rechtsprechung bekräftigt, wonach § 235 Abs 5 ZPO im Exekutionsverfahren (jedenfalls analog) anzuwenden ist. Eine solche Berichtigung hat nach dieser Gesetzesstelle in jeder Lage des Verfahrens zu erfolgen, also auch noch im Rechtsmittelverfahren (so auch Rechberger in Rechberger, ZPO2 § 235 Rz 15), weshalb der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über den Antrag zuständig ist. Die Voraussetzungen für die Berichtigung der Bezeichnung der verpflichteten Partei liegen hier aber nicht vor.

Nach § 235 Abs 5 ZPO stellt es weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei dar, wenn die Parteibezeichnung auf diejenige Person richtiggestellt wird, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens, das Klagebegehren erhoben worden ist. Für das Exekutionsverfahren hat an die Stelle der Klage der Exekutionsantrag zu treten.

Wie sich aus den §§ 7 und 9 EO ableiten lässt, ist grundsätzlich die Übereinstimmung der am Titelverfahren beteiligten Personen mit denjenigen des Exekutionsverfahrens Voraussetzung für die Exekutionsbewilligung. Eine Ausnahme stellt nur die Rechtsnachfolge dar (zuletzt 3 Ob 281/98 = ecolex 1999, 698). Eine solche wird im vorliegenden Fall nicht behauptet. Anders als in einem Titelverfahren kann es im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht um die Prüfung der materiellen Rechtslage gehen, was in jenem als Argument für eine erleichterte Korrektur einer irrigen Parteibezeichnung dienen kann. Diese Erwägungen sprechen dafür, im Exekutionsverfahren die Berichtigung der Parteibezeichnung vor Bewilligung der Exekution nur dann zuzulassen, wenn sich die richtige und an sich gemeinte Partei aus dem Exekutionsantrag oder dessen Beilagen deutlich erkennen lässt und der Antrag die Berichtigung auf den Namen der im Exekutionstitel genannten Person zum Gegenstand hat. Dies ist dann der Fall, wenn (offenbar irrtümlich und nicht gewollt) im Exekutionsantrag eine andere, namensähnliche Partei als Verpflichteter genannt wird als sich aus dem beigelegten Exekutionstitel ergibt (so der Fall EvBl 2000/97).

Demnach ist aber die im vorliegenden Fall begehrte Änderung der Parteibezeichnung auf eine im Exekutionstitel nicht enthaltene Bezeichnung des Schuldners ausgeschlossen. Dies gilt umso mehr, weil eine derartige Änderung der Parteibezeichnung zwar nicht, wie nach der Rekursentscheidung im vorliegenden Fall zur Zurückweisung, so doch zur sofortigen Abweisung des Exekutionsantrages führen müsste. Der Exekutionsbewilligung stünde ja § 9 EO entgegen, lautet doch der Exekutionstitel gerade nicht auf jene Person, auf die die Bezeichnung der verpflichteten Partei geändert werden soll.

Aus all diesen Erwägungen ergibt sich, dass im Exekutionsverfahren die Parteibezeichnung jedenfalls vor der Bewilligung der Exekution, also um sie zu erreichen, nur auf diejenige Bezeichnung berichtigt werden darf, die dem Exekutionstitel zu entnehmen ist. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Berichtigung nach Bewilligung der Exekution zulässig ist, muss hier nicht erörtert werden.

Da die betreibenden Parteien die Berichtigung der Bezeichnung der verpflichteten Partei auf eine vom Exekutionstitel abweichende Bezeichnung beantragt haben, war ihr Antrag somit abzuweisen.

Zum Revisionsrekurs:

Der Revisionsrekurs ist zwar entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes zwar gemäß § 528 Abs 1 ZPO zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung der Rechtsfrage abhängt, die im Vorstehenden im Zusammenhang mit dem Antrag auf Berichtigung der Parteibezeichnung behandelt wurde und die in ihrer Bedeutung über den Anlassfall hinausgeht, zu der aber eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt (in der Entscheidung EvBl 2000/97 wurde nicht zu den Grundsätzen der Berichtigung der Parteibezeichnung im Exekutionsverfahren Stellung genommen). Wäre die Bezeichnung der verpflichteten Partei antragsgemäß zu berichtigen, läge nämlich das vom Rekursgericht angenommene Hindernis gegen die Bewilligung des Exekutionsantrages nicht vor.

Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt, weil der damit beantragten Bewilligung der Exekution gegen eine Person, die im Exekutionstitel nicht benannt ist, § 9 EO entgegensteht. Dies wurde schon zum Antrag auf Berichtigung der Parteibezeichnung gesagt. Hinzuzufügen ist nur, dass die Ansicht des Rekursgerichtes zur fehlenden Parteifähigkeit durch dessen Tatsachenfeststellungen und die Entscheidung 3 Ob 2029/96w gedeckt ist. Hiezu muss daher nicht weiter Stellung genommen werden, zumal auch im Revisionsrekurs von der mangelnden Parteifähigkeit der verpflichteten Partei ausgegangen wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

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