OGH 11Os101/00

OGH11Os101/0017.8.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. August 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lackner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alfred G***** wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 21 Vr 745/00 des Landesgerichtes Linz, über die Grundrechtsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 30. Juni 2000, AZ 8 Bs 132/00 (= ON 28 des Vr-Aktes), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Alfred G***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen den Betroffenen Alfred G***** ist beim Landesgericht Linz zum AZ 21 Vr 745/00 eine Voruntersuchung wegen §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1; 107 Abs 1, Abs 2 und § 83 Abs 1 StGB anhängig, weil er in Leonding

I. am 15. April 2000 Jasminka G***** durch die Äußerung, "er werde sie dem Hergott zeigen", mit dem Tod gefährlich bedroht habe, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und ihr vorsätzlich Schnittverletzungen am Arm zugefügt habe,

II. am 25. April 2000 die Genannte durch gefährliche Drohung mit dem Tod zur Duldung seines Aufenthalts im Haus zu nötigen versucht habe und sie durch weitere Äußerungen mit einer Brandstiftung und dem Tod gefährlich bedroht habe, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Über Antrag der Staatsanwaltschaft wurde am 27. April 2000 die vorläufige Anhaltung des Alfred G***** in der geschlossenen Abteilung des Wagner-Jauregg-Krankenhauses Linz gemäß § 429 Abs 4 iVm § 180 Abs 1 und 2 Z 3 lit b und d StPO angeordnet. Diese wurde zuletzt mit Beschluss der Untersuchungsrichterin vom 9. Juni 2000 (ON 21) verlängert. Einer gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Linz mit Beschluss vom 30. Juni 2000 (ON 28) nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der vorläufigen Anhaltung gemäß § 429 Abs 4 iVm § 180 Abs 2 Z 3 lit b und d StPO bis längstens 30. August 2000 an.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde ist nicht im Recht.

Soweit der Beschwerdeführer die Annahme des dringenden Tatverdachtes bestreitet, setzt er sich nicht mit der ausführlichen Begründung des Oberlandesgerichtes auseinander. Dieses hat sowohl die leugnende Verantwortung des Betroffenen als auch die Widersprüche in den Zeugenaussagen berücksichtigt (S 136 f). Zum Vorfall vom 25. April 2000 nachmittags (gefährliche Drohung mit dem Tod und einer Brandstiftung) stellt die genaue Uhrzeit, zu welcher die Tat begangen wurde, keinen entscheidungswesentlichen Umstand dar. Selbst die vom Beschwerdeführer beantragte, inzwischen gerichtlich vernommene Zeugin Silvia Z***** hat ein Zusammentreffen zwischen Alfred G*****, seiner Gattin Ysmin G***** und Mehmet D***** am 25. April 2000 in den späten Nachmittagsstunden sowie einen dabei entstandenen Streit bestätigt, nur eine gefährliche Drohung in Abrede gestellt (ON 30). Die Tatbegehung an diesem Tag ist daher trotz eines dokumentierten Aufenthaltes zwischen etwa 15 und 16,30 Uhr in A***** (S 133) nicht ausgeschlossen.

Der Beschwerde zuwider hat aber das Oberlandesgericht auch seine - aus den Ausführungen zum Haftgrund nach § 180 Abs 2 Z 3 lit d StPO (Ausführungsgefahr betreffend Drohungen mit dem Tod) ableitbare - Annahme des dringenden Verdachts, dass die Prognosekriterien des § 21 Abs 1 StGB (zu befürchtende mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen) vorliegen, nicht unbegründet gelassen, sondern denkfehlerfrei auf das - wenngleich in diesem Punkt noch zu präzisierende (S 139) - Gutachten des Sachverständigen Dr. F***** in Zusammenhalt mit den Anlasstaten gestützt. Dabei war es auch nicht verhalten, zum vorgelegten Privatgutachten Dris. P***** (Beilage zu ON 22) Stellung zu nehmen, weil sich dieses nur auf den früheren Verlauf der Krankheit bezieht, ohne aber die dem vorliegenden Verfahren zu Grunde liegenden Vorfälle zu berücksichtigen.

Die Annahme der Haft- und Anhaltungsgründe der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit b und lit d StPO und der Fremdgefährlichkeit nach § 429 Abs 4 zweiter Fall StPO wurde von der Beschwerde nicht bekämpft (siehe Hager/Holzweber GRBG § 3 E 3).

Im Hinblick auf die beträchtliche Fremdgefährdung steht die vorläufige Anhaltung auch nicht zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis und kann nicht durch andere Maßnahmen substituiert werden. Unverhältnismäßig lange Dauer kann gegen eine vorläufige Maßnahme nach § 429 Abs 4 StPO nicht eingewendet werden (vgl Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 21 - 25 Rz 19).

Der Behauptung schließlich, es sei zu Verzögerungen des Verfahrens gekommen, fehlt es schon an der Anfechtungsvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges, weil diese Umstände nicht zum Gegenstand einer dafür vorgesehenen Beschwerde an die Ratskammer nach § 113 StPO gemacht wurden (Hager/Holzweber aaO § 1 E 24).

Da somit Alfred G***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde, war die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

Stichworte