OGH 13Os61/00

OGH13Os61/0019.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Juli 2000 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lackner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Michael Vitus Georg K***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 22. Feber 2000, GZ 28 Vr 862/99-68, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Michael Vitus Georg K***** wurde des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in I***** und K***** als Geschäftsführer der A***** GesmbH & Co KG mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Täuschung über Rückzahlungsfähigkeit und Besicherung, indem er unter anderem seine - später eingelöste - Verpflichtung verschwieg, auf der dazu (mit der Vereinbarung, auf eine hypothekarische Sicherstellung vorerst zu verzichten) angebotenen Liegenschaft EZ 1619 der KG K***** eine Reallast sowie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten naher Verwandter eintragen zu lassen, Verfügungsberechtigte von Bankinstituten zur Kreditgewährung verleitet und hiedurch einen 500.000 S übersteigenden, insgesamt 13,000.000 S ausmachenden Schaden herbeigeführt, und zwar

1) der Volksbank K***** im Betrag von 3,000.000 S am 21. September 1994,

2) der Raiffeisen-Landesbank T***** im Betrag von 5,000.000 S am 28. April 1995 und

3) der Bank für T***** im Betrag von 5,000.000 S am 13. Dezember 1995,

wobei er zu 1) und 3) unrichtige Bilanzen verwendete.

Die nominell aus Z 4, 5, 8 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 4, der Sache nach Z 3) richtet sich gegen die Verlesung der dem Staatsanwalt durch Rechtsanwalt Dr. Z***** am 18. April 1997 übermittelten Telekopie eines von Letzterem an die (von ihm rechtsfreundlich vertretene) Bank für Tirol und Vorarlberg gerichteten Schreibens vom 17. April 1996, welches unter anderem die Mitteilung enthielt, K***** habe ihm den zu Pkt 3 des Urteils genannten Betrug gestanden. Im Zeitpunkt der Kreditverhandlungen habe dieser in Hinsicht auf die zur Besicherung angebotene Liegenschaft "bereits mehrfach entsprechende Pfandurkunden unterfertigt, und zwar bei anderen Bankinstituten." Er habe "diesen Umstand auch den Mitarbeitern der B***** nicht mitgeteilt und sie absichtlich bezüglich der Bonität in Irrtum geführt. Die entsprechenden Beträge habe er zum Stopfen diverser Finanzlöcher verwendet." Dr. Z***** hatte sich vor der - gegen den Widerspruch des Verteidigers erfolgten - Verlesung nach Belehrung durch den Vorsitzenden auf das Entschlagungsrecht des § 152 Abs 1 Z 4 StPO berufen (Bd II, Seite 47 und 71).

§ 252 Abs 1 StPO erfasst neben Gutachten von Sachverständigen und technischen Aufnahmen über die Vernehmung von Zeugen (§ 162a StPO) nur amtliche (Protokolle oder) Schriftstücke über den Gegenstand einer Vernehmung von Mitbeschuldigten oder Zeugen. Nur die Vernehmung dieser Beweispersonen in der Hauptverhandlung soll nach dem Zweck der Bestimmung nicht ohne weiteres (Z 1 bis 4) durch ein Unmittelbarkeitssurrogat ersetzt werden können, wogegen andere Schriftstücke nach § 252 Abs 2 StPO sogar verlesen werden müssen, wenn nicht beide Teile darauf verzichten. Bezog sich aber die verlesene Telekopie gar nicht auf den Inhalt einer Vernehmung Dris Z*****, kommt auch eine Umgehung des (eingeschränkten) Verlesungsverbotes nach § 252 Abs 4 StPO nicht in Betracht.

Der von der Beschwerde beklagte Umstand, dass es dem Angeklagten nicht möglich war, an Dr. Z***** Fragen zu stellen oder stellen zu lassen (Art 6 Abs 3 lit d MRK), hängt nicht mit der Verlesung der Telekopie, vielmehr mit der Anerkennung eines Zeugnisentschlagungsrechtes durch den Vorsitzenden zusammen. Deren Berechtigung aber kann dahinstehen, weil es der Beschwerdeführer unterlassen hat, eine Senatsentscheidung darüber herbeizuführen (Ratz, Probleme der Aussageentschlagung bei möglicher Selbstbezichtigung, JBl 2000, 291 [303]).

Indem das Rechtsmittel mit dem Vorbringen, die zur Qualifizierung des Betruges nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB führende Verwendung sogenannter Lugurkunden sei von der Anklage nicht erfasst, weder Verurteilung wegen einer weiteren als der angeklagten Taten, noch eine Verletzung des Schutzzwecks des § 262 StPO behauptet (vgl 14 Os 34/00), wird der Ausspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO), wonach K***** zufolge der bei zwei der insgesamt drei Taten verwendeten, inhaltlich unrichtigen Bilanzen das Verbrechen des nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB qualifizierten - auch sonst (Abs 3) schweren - Betruges begangen habe (§ 29 StGB; vgl zuletzt JBl 2000, 262 mit Anmerkung von Schmoller), aus Z 8 nicht prozessförmig kritisiert (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich übergeht in Hinsicht auf den eingetretenen Betrugsschaden die zu äußerer und innerer Tatseite getroffenen Feststellungen, strebt andere an und verfehlt solcherart gleichermaßen eine Ausrichtung am Verfahrensrecht.

Zu dem in der Beschwerde angeführten Nichtigkeitsgrund nach Z 5 fehlt jedes Vorbringen, das auf die Geltendmachung eines Begründungsmangels abzielt (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO).

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a StPO.

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