Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungs-(Abweisungs-)grund aufgetragen.
Text
Begründung
Mit ihrer Hypothekarklage auf Zahlung von S 2,443.481 samt Anhang bei sonstiger Exekution hinsichtlich des Zweitbeklagten auch in die Liegenschaft EZ ***** GB ***** und hinsichtlich der Drittbeklagten in ihren Anteil B-LNR 54 ob der Liegenschaft EZ ***** GB ***** verband die klagende Partei den Antrag, diese Hypothekarklage ob der genannten, dem Zweit- und der Drittbeklagten gehörigen Liegenschaften anzumerken. Diesen Antrag bewilligte das Erstgericht mit Beschluss vom 20. 9. 1999.
Am 3. 12. 1999 trat im Verfahren zwischen der klagenden und der drittbeklagten Partei Ruhen des Verfahrens ein, während gegen die Erstbeklagte und den Zweitbeklagten ein dem Klagebegehren stattgebendes Versäumungsurteil erging, das mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen ist.
Am 16. März 2000 beantragten die klagende Partei und die beklagten Parteien in einer gemeinsamen Eingabe übereinstimmend beim Prozessgericht die Löschung der Klagsanmerkung.
Das Erstgericht wies diesen gemeinsamen Antrag der Parteien wegen Unzuständigkeit zurück, weil für die Löschung von Klagsanmerkungen, auch wenn diese vom Prozessgericht bewilligt worden seien, ausschließlich das Grundbuchsgericht zuständig sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei nicht Folge und bestätigte den erstgerichtlichen Beschluss mit der Maßgabe, dass der Löschungsantrag wegen Unzuständigkeit abgewiesen werde. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, und führte Folgendes aus:
Wie sich aus § 60 GBG ergebe, könne die Anmerkung der Hypothekarklage nicht nur vom Grundbuchsgericht (Abs 1), sondern auch vom Prozessgericht (Abs 2) bewilligt werden. Hingegen bestehe keine ausdrückliche gesetzliche Regelung darüber, welches Gericht für die Löschung einer solchen Anmerkung zuständig sei. Der Oberste Gerichtshof habe zwar in seiner Entscheidung EvBl 1967/165 die Zuständigkeit auch des Prozessgerichtes für die Löschung einer Streitanmerkung im Sinne des § 61 GBG bejaht, dies allerdings ausdrücklich für die Fälle des § 65 Abs 1 GBG, also bei rechtskräftiger Abweisung des Klagebegehrens oder Klagsrücknahme (in diesem Sinne auch das KG Wels in RPflSlgG 2070 und das Landesgericht Eisenstadt in RPflSlgG 1113, während sich die im Rekurs zitierte Entscheidung GlUNF 4384 nur mit den Kosten eines Rekurses gegen die Bewilligung einer Streitanmerkung befasst habe). Mit der Frage der Zuständigkeit für die Löschung einer Anmerkung der Hypothekarklage nach rechtskräftiger Klagsstattgebung oder während des Ruhens des Verfahrens habe sich die Rechtsprechung hingegen bisher nicht befasst. Allerdings habe der Oberste Gerichtshof in 1 Ob 511/93 = EvBl 1993/136 in einem ähnlichen Fall, in dem es um die Zuständigkeit zur Löschung einer Klagsanmerkung nach § 20 AnfO nach rechtskräftiger Klagsstattgebung ging, ausdrücklich ausgesprochen, dass für eine solche Löschung nicht das Prozessgericht, sondern das Grundbuchsgericht zuständig sei, weil nach § 75 GBG die Bewilligung einer bücherlichen Eintragung (und damit auch der Löschung einer solchen) mit Ausnahme der im Grundbuchsgesetz selbst und in den Gesetzen über das gerichtliche Verfahren bestimmten Fälle beim Grundbuchsgericht anzusuchen sei, bei dem sich die Einlage, in der die Eintragung erfolgen solle, befinde. § 60 Abs 2 GBG treffe aber ebenso wie § 20 Abs 1 AnfO nur für die Zuständigkeit zur Bewilligung der Klagsanmerkung eine Ausnahme von der allgemeinen grundbuchsverfahrensrechtlichen Kompetenz, indem er hiefür auch das Prozessgericht als zuständig erkläre; für alle weiteren Verfügungen in Bezug auf diese Anmerkung (namentlich deren Löschung) sei aber eine solche Ausnahme nicht vorgesehen und müsse es daher - ebenso wie für die Klagsanmerkung nach § 20 Abs 1 AnfO - im Sinne der zitierten oberstgerichtlichen Entscheidung mit der Zuständigkeit des Grundbuchsgerichts sein Bewenden haben.
Das Erstgericht habe somit zu Recht seine Zuständigkeit zur Löschung der Klagsanmerkung als Prozessgericht verneint. Allerdings sehe die Bestimmung des § 95 GBG, nach der Grundbuchsgesuche mit wenigen, hier nicht in Betracht kommenden, taxativ aufgezählten Ausnahmen nur entweder bewilligt oder abgewiesen werden könnten, auch für den Fall der Unzuständigkeit keine Einschränkung vor. Der als Grundbuchsgesuch zu beurteilende Antrag der Parteien auf Löschung der Anmerkung der Hypothekarklage sei deshalb weder zurückzuweisen, noch etwa gemäß § 44 JN an das für die Bewilligung zuständige Grundbuchsgericht zu überweisen, sondern wegen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts abzuweisen. Mit dieser Maßgabe sei der erstgerichtliche Beschluss zu bestätigen gewesen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Antrag auf Löschung einer Hypothekarklage höchstgerichtliche Judikatur nicht vorliege und die Entscheidung daher von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der die im § 14 Abs 1 AußStrG angeführte erhebliche Bedeutung zukomme.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Antrag auf Löschung der Klagsanmerkung bewilligt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Rechtsmittelwerberin macht geltend, die Löschung der Klagsanmerkung könne sowohl vom Grundbuchs- als auch vom Prozessgericht verfügt werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne der Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse auch berechtigt.
Die Anmerkung der Hypothekarklage kann nicht nur vom Grundbuchsgericht (§ 60 Abs 1 GBG), sondern auch vom Prozessgericht (§ 60 Abs 2 GBG) bewilligt werden. Die Zuständigkeit für die Löschung dieser Anmerkung ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt.
In 1 Ob 231/66 = EvBl 1967/165 wurde verneint, dass die Löschung der Streitanmerkung nur vom Grundbuchsrichter verfügt werden könne; zumindest könne aus der Bestimmung des § 65 Abs 2 GBG gefolgert werden, dass auf Ansuchen des Klägers die Löschung der Streitanmerkung auch vom Prozessrichter verfügt werden könne. Es bestünden keine Bedenken, jenem Richter die Berechtigung zur Löschung der Streitanmerkung zuzuerkennen, der seinerzeit zu ihrer Bewilligung berechtigt gewesen sei und sie auch verfügt habe, nämlich dem Prozessrichter, zumal der Wortlaut des § 65 Abs 1 GBG keinen Anhaltspunkt dafür biete, dass der Prozessrichter zu der dort vorgesehenen Löschung der Streitanmerkung nicht befugt wäre; vermöge doch gerade der Prozessrichter jenen prozessualen Vorgang, der die Voraussetzung für die Löschung bilde, selbst wahrzunehmen. Er stehe dem prozessualen Geschehen weitaus näher als der Grundbuchsrichter. Dieser Umstand möge auch dafür maßgeblich gewesen sein, dass ihm der Gesetzgeber das Recht, über das Ansuchen um Streitanmerkung zu entscheiden, in § 61 GBG ausdrücklich zugebilligt habe (vgl auch die Ausführungen des Rekursgerichts in 7 Ob 2242/96y = RZ 1997/45; Feil, GBG3 § 61 Rz 20).
Hingegen wurde in 1 Ob 511/93 = EvBl 1993/136 (ohne Bezugnahme auf EvBl 1967/165) zu § 20 Abs 1 AnfO die Ansicht vertreten, das zur Bewilligung der Anmerkung der Anfechtungsklage ausschließlich zuständige Prozessgericht sei zur Bewilligung der Löschung dieser Anmerkung nicht zuständig. Eine Ausnahme von der allgemeinen grundbuchsgerichtlichen Kompetenz gemäß § 75 GBG sei insoweit nicht vorgesehen.
Der erkennende Senat hält die in EvBl 1967/165 gebrauchten Argumente im Wesentlichen für überzeugend und auf den vorliegenden Fall übertragbar. Hier ist daher nicht mit Umkehrschluss, sondern mit Analogieschluss vorzugehen. Die Nichtregelung der Zuständigkeit für die Löschung der Anmerkung der Hypothekarklage ist nicht als gewollte Beschränkung, die zur Zuständigkeit des Grundbuchsgerichts gemäß § 75 GBG führt, sondern als Unvollständigkeit des Gesetzes aufzufassen. Diese Lücke ist durch sinngemäße Anwendung der Kompetenzregel für die Bewilligung der Anmerkung gemäß § 60 Abs 1 und 2 GBG zu schließen.
Somit hätte das Prozessgericht erster Instanz seine Zuständigkeit für den Löschungsantrag der Parteien nicht verneinen dürfen. Da es in die sachliche Erledigung des Antrags nicht eingegangen ist, sondern diesen aus formalen Gründen zurückgewiesen (abgewiesen) hat, war mit Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse und Rückverweisung an das Erstgericht vorzugehen (vgl MGA Grundbuchsrecht4 § 122 GBG E 138).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)