OGH 11Os14/00

OGH11Os14/0027.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lackner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Djamel M***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft Salzburg gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Salzburg vom 11. November 1999, GZ 31 Vr 280/99-95, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Weiss, des Angeklagten Djamel M*****, des Verteidigers Dr. Soyer und des Dolmetsch Dr. Schirwani zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf siebzehn Jahre erhöht.

Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Djamel M***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 1. Februar 1999 in Salzburg Sieglinde E***** (die Mutter seiner Lebensgefährtin) durch Erdrosseln mit einem unbekannten Gegenstand bzw mit dem Unterarm oder dem Unterschenkel vorsätzlich getötet.

Die Geschworenen haben die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach Mord bejaht und demzufolge die (der Verantwortung des Angeklagten entsprechende) Eventualfrage nach dem Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB unbeantwortet gelassen.

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf die Gründe der Z 4, 5, 6, 8, 9 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Der in der Verfahrensrüge (Z 4) vertretenen Beschwerdeauffassung zuwider war der Zeuge Valentin R***** im Rahmen seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung keineswegs der Gefahr einer Selbstbelastung ausgesetzt, weshalb aus der Unterlassung der Belehrung nach § 152 Abs 1 Z 1 StPO mangels eines Entschlagungsrechtes des Zeugen der relevierte Nichtigkeitsgrund nicht abgeleitet werden kann. Denn dass R*****, der sich selbst bei der Polizei zur Auskunftserteilung über das Umfeld des Tatopfers gemeldet hatte (S 167/II), zu Ermittlungsbeginn - wie auch andere "Gelegenheitspersonen" - in die Untersuchungen miteinbezogen wurde, bot schon deshalb keinen Anhaltspunkt für eine allfällige Selbstbelastungsgefahr, weil er aufgrund der ausschließlich auf den Angeklagten verweisenden Ergebnisse der DNA-Untersuchungen noch im Februar 1999 aus dem Kreis der Tatverdächtigen ausschied (S 79 f/I, 5/II). Dass der Zeuge in der Hauptverhandlung vorangegangene, im Vorverfahren deponierte Angaben (über unmaßgebliche Umstände) richtigstellte und zudem wusste, dass die Wohnungstür des Tatopfers, sofern sie nicht versperrt war, auch durch bloßes Drehen am Türknauf geöffnet werden konnte (s S 111 f/V) - ein Umstand, der nicht nur anderen Personen nachweislich bekannt war (vgl Margit E***** S 145/II; Voijslav J***** S 129/V), sondern auch mit dieser Gegebenheit nicht unmittelbar vertrauten Dritten schwerlich verborgen bleiben konnte - ließ ihn keinesfalls der Tat verdächtig erscheinen.

Darüberhinaus ist nicht zu sehen - und wurde von der Beschwerde auch nicht aufgezeigt -, inwieweit die Aussage dieses Zeugen überhaupt einen für den Angeklagten nachteiligen Einfluss auf den Wahrspruch der Geschworenen üben konnte, sodass selbst bei Bejahung eines Entschlagungsrechtes und damit der behaupteten Formverletzung dieser Nichtigkeitsgrund nicht mit Erfolg hätte geltend gemacht werden können (§ 345 Abs 3 StPO).

Durch die als Verfahrensmangel (Z 5) kritisierte Abweisung seiner Beweisanträge (S 123, 162 ff, 168 f/V) wurde der Angeklagte in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt.

Die beantragte Vernehmung der Elke M***** sowie aller übrigen erst auszuforschenden Mitarbeiter des Hotels "M*****" zum Beweis dafür, dass das Tatopfer am 1. Februar mittags (11.30 Uhr) Lasagne gegessen und nachmittags bis zum Verlassen ihres Arbeitsplatzes (17.16 Uhr) keine sonstige Nahrung zu sich genommen hat (S 123, 163/V), ist zur Klärung des für die Schuldfrage fallbezogen relevanten Zeitpunktes des Todeseintrittes bei Sieglinde E***** unerheblich.

Sieglinde E***** war am 3. Februar 1999 in ihrer unversperrten Wohnung tot aufgefunden worden. Als Todesursache wurde eine zentrale Lähmung nach flächenhafter Gewalteinwirkung gegen den Hals festgestellt (ON 42). Zur Eingrenzung des Todeszeitpunktes wurde eine Mageninhaltsanalyse durchgeführt, durch welche lediglich Bruchstücke von Wurst sowie Stärke- und Oberhautanteile von Getreidekörnern in großer Menge nachweisbar waren. Daraus folgerten die Gutachter Dr. E*****/Dr. S*****, dass die letzte Mahlzeit wahrscheinlich aus Wurst und Brot bestand und der Tod wahrscheinlich längstens innerhalb von vier bis sechs Stunden darnach eingetreten ist (S 385/III).

Nach dem mündlichen Gutachten der gerichtsmedizinischen Sachverständigen Univ. Prof. Dr. T***** ließ sich an Hand der sonstigen Leichenmerkmale nur feststellen, dass Sieglinde E***** - welche das Hotel M*****, wo sie als Buchhalterin beschäftigt war, am 1. Februar 1999, 17.16 Uhr verlassen hat (vgl S 191/II) - spätestens am 2. Februar 1999, 1.30 Uhr, wahrscheinlich aber schon früher, und zwar noch "im Verlauf des 1. Februar" verstorben ist (S 149/V).

Welches Mittagessen das Tatopfer am 1. Februar eingenommen hat, ist damit im gegebenen Zusammenhang ohne Bedeutung. Zum einen hat der Angeklagte selbst angegeben, dass Sieglinde E*****, als er an diesem Tag gegen 20.00 Uhr ihre Wohnung verlassen habe, noch gelebt hat. Zum anderen ergab die Untersuchung des Mageninhalts der Leiche keine Hinweise auf den Genuss von Lasagne. Nach dem Gutachten der Sachverständigen Dr. T***** wäre um 11.30 Uhr verzehrte Lasagne bei einem erst nach 20.00 Uhr gelegenen Todeszeitpunkt im Magen nicht bzw kaum mehr nachweisbar gewesen (S 162/V). Bestätigt wird diese gutachterliche Äußerung auch durch die vom Beschwerdeführer der Nichtigkeitsbeschwerde beigelegten Kopien aus dem Fachbuch "Mageninhalt und Todeszeitbestimmung" der Autoren Tröger/Baur/Spann (Verlag Max Schmidt - Römhild, Lübeck), wonach der Magen bei einer durchschnittlichen Mahlzeit nach drei bis fünf Stunden, bei einer schweren und voluminösen Kost nach fünf bis acht Stunden vollständig entleert ist (S 20).

Die Antragsbehauptung, Sieglinde E***** habe bis zum Verlassen ihres Arbeitsplatzes um 17.16 Uhr außer Lasagne keine weitere Nahrung (und damit insbesondere nicht die im Magen vorgefundene Wurst und Brot) zu sich genommen, wäre durch die beantragten Zeugeneinvernahmen nur dann zu erweisen, wenn sich Sieglinde E***** bis zu diesem Zeitpunkt ständig in Begleitung eines der Zeugen befunden hätte. Angesichts der Aussage des Zeugen G***** (S 121 f/V) und des polizeilichen Erhebungsberichtes, wonach Sieglinde E***** Zutritt zur Hotelküche hatte und am 1. Februar 1999 gegen 16.30 Uhr alleine ihre Bankfiliale zur Behebung von 1.000 S aufgesucht hat (S 281/II), entbehrt der Beweisantrag der gebotenen Begründung, weshalb durch die Zeugen der Konsum von Wurst und Gebäck noch während der Arbeitszeit bzw am Weg zur oder von der Bank ausgeschlossen werden könnte.

Auch im ergänzenden Beweisantrag auf Vernehmung der Zeugen Elke M*****, N. M***** (Filialleiter der Hypobank) sowie eines informierten Vertreters des Milchhofes Salzburg (S 169/V) zeigt der Angeklagte nicht auf, inwiefern durch diese Zeugen der behauptete Nachweis gelingen sollte, dass Sieglinde E***** am 1. Februar 1999 zwischen 16.00 und 17.00 Uhr nur einen Bankweg erledigte, nicht jedoch einen Lebensmitteleinkauf tätigte.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang - wie auch in der Tatsachenrüge (Z 10 a) - das polizeiliche Ermittlungsergebnis über die Geldbehebung durch Sieglinde E***** am 1. Februar 1999, 16.30 Uhr, durch Hinweis auf erst nach der Hauptverhandlung vorgenommene Erhebungen (ON 98) überhaupt in Abrede zu stellen sucht, stützt er die Mängelrüge unzulässig auf eine Neuerung. Zudem übergeht er den Inhalt des ergänzenden Polizeiberichtes vom 25. November 1999, ON 100, wonach Sieglinde E***** den Geldbetrag von 1.000 S bereits am 1. Februar 1999, 16.30 Uhr, behoben hatte, die Einbuchung in den Bankcomputer jedoch erst am nächsten Tag vorgenommen wurde, weil die Behebung nach Kassaschluss erfolgt war.

Auch für eine Ergänzung des (schriftlichen) Gutachtens von Prof. Dr. E***** und Dr. S***** (S 379 f/III) zum Nachweis dafür, dass der Todeszeitpunkt nicht vor 22.00 Uhr des 1. Februar 1999 gelegen sei, bestand kein Anlass. Der Angeklagte hat bei der Antragstellung nämlich die fallbezogen gebotene Aufklärung unterlassen, weshalb dieser Nachweis entgegen dem von der gerichtsmedizinischen Sachverständigen Dr. T***** in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten zu erwarten sei. Auf jene Beweisergebnisse, die der beantragten Gutachtensergänzung als sogenannte "Prämissen" zu Grunde gelegt werden sollten, ist Dr. T***** in ihrem mündlichen Gutachten jedoch eingegangen und hat ihnen jegliche Relevanz für eine Änderung der Gutachtensaussage Dris. E***** und Dris. S***** abgesprochen:

Darnach kann dahingestellt bleiben, ob Sieglinde E***** am 1. Februar 1999 um ca 11.30 Uhr Lasagne oder eines der anderen im Hotel M***** zur Verfügung stehenden Gerichte zu sich genommen und dann bis 17.15 Uhr keine weitere Nahrung aufgenommen habe, weil in diesem Fall (bei dem behaupteten Todeseintritt nach 22.00 Uhr) von diesen Nahrungsmitteln im Magen nichts oder kaum mehr etwas nachweisbar wäre (S 162/V). Die Einnahme des Medikamentes "Fluoxetin" war zwar den Sachverständigen bei Abfassung des schriftlichen Gutachtens nicht bekannt (S 160/V), doch war "Fluoxetin" im Magen nur in therapeutischer Konzentration nachweisbar, woraus sich ein Anhaltspunkt für eine Veränderung der Verdauungsfunktion nicht ableiten lässt (S 158/V). Der bei der Obduktion im Nasen-Rachenraum aufgefundene, nicht asservierte (S 161/V) Speisebrei (vgl S 367/III) ist nach dem Gutachten der Sachverständigen Prof. T***** auf ein Erbrechen in der Todesphase zurückzuführen. Nähere Hinweis auf den Todeszeitpunkt lassen sich auch aus diesem Obduktionsergebnis nicht gewinnen (S 159/V).

Zu Recht abgewiesen (S 171/V) hat der Schwurgerichtshof auch den Antrag, den im Rahmen ihres mündlichen Gutachtens erstatteten Bericht der Sachverständigen Dr. T***** über den Inhalt eines von ihr mit Dr. S***** geführten Telefonates nicht zu verwerten (S 169/V). Der Antrag bezieht sich auf die Aussage der Sachverständigen, Dr. Wolfgang S***** habe ihr auf entsprechende Anfrage telefonisch bekannt gegeben, dass der Todeszeitpunkt wahrscheinlich drei Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme gelegen sei (S 150/V).

Der Antrag des Angeklagten, eine bestimmte Passage aus dem Sachverständigengutachten nicht zu verwerten, läuft auf ein partielles, in den Strafgesetzen so nicht vorgesehenes Beweismittelverbot hinaus. Der Beschwerdehinweis auf Art 6 Abs 3 lit d MRK geht ins Leere, weil der Angeklagte ohnedies Gelegenheit hatte, Fragen an die Sachverständige zu stellen; diese hat aber schlüssig erörtert, dass Dr. S***** mit seiner telefonischen Mitteilung sein schriftliches Gutachten über den längstmöglichen Zeitabstand zwischen letzter Mahlzeit und Todeszeitpunkt ("4 bis 6 Stunden") (S 385/III) nicht abgeändert, sondern lediglich durch Bekanntgabe des "realistischen" (wahrscheinlichen) Werts von "um die drei Stunden" ergänzt habe (S 160/V).

Auch der Antrag auf Erstellung eines Weg-Zeit-Diagrammes unter Zugrundelegung der Erhebungsergebnisse, wonach Sieglinde E***** am 30. Jänner 1999, 6.08 Uhr, von einem erst auszuforschenden Bankomaten Geld behoben und um 7.09 Uhr an einer "Agip"-Tankstelle Treibstoff getankt hat (S 281/II) und sodann um 9.00 Uhr im Büro war (S 307/II), verfiel zu Recht der Abweisung (S 165 f/V). Denn mit diesem Antrag war das angestrebte Beweisergebnis, wonach die vom Zeugen Valentin R***** beschriebene Begegnung mit Sieglinde E***** nicht am 30. Jänner 1999, sondern am 2. Februar 1999 in den frühen Morgenstunden stattgefunden habe (S 162 f/V), nicht zu erzielen. Angesichts dessen, dass das Wohnhaus des Zeugen R***** von jenem der Sieglinde E***** nur ca 5 Gehminuten entfernt ist und in unmittelbarer Nähe der bezeichneten Tankstelle steht (S 115, 118/V), sind die Angaben des Zeugen R*****, er habe beim Schneeräumen vor seinem Wohnhaus um ca

6.25 Uhr Sieglinde E***** stadteinwärtsgehen und dann bis 6.40 Uhr nicht mehr bei ihm vorbeikommen gesehen (S 175 und 379/II und S 107 ff/V), durchaus mit den objektivierten Tätigkeiten Sieglinde E***** am 30. Jänner 1999 in Einklang zu bringen.

Der behauptete Datumsirrtum R***** lässt sich durch eine über die Tage 31. Jänner 1999 bis 3. Februar 1999 hinausgehende meteorologische Auskunft zur Bestätigung, dass am 31. Jänner Schnee fiel, nicht erweisen, weil R***** seiner Aussage zufolge den Gehsteig vor seinem Wohnhaus nicht nur bei Neuschneezugang, sondern schon bei "Schneematsch" reinigte (S 733/II, 113/V). Der darauf abzielende Beweisantrag verfiel daher zu Recht der Ablehnung.

Gleiches gilt für den als reinen Erkundungsbeweis formulierten und schon deshalb nicht zu beachtenden Antrag auf Einholung eines psychologischen Gutachtens "über" allfällige besondere Gemütsbewegungen zum Zeitpunkt seines Handgemenges mit der Mutter seiner Lebensgefährtin (S 163/V), zumal sich aus den Verfahrensergebnissen Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit oder Anhaltspunkte für das Bestehen einer heftigen Gemütsbewegung im Sinne des § 76 StGB nicht ergeben.

Das Unterlassen der Stellung von Eventualfragen in Richtung der Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83, 86 StGB und des Totschlags nach § 76 StGB sowie nach dem Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB macht der Beschwerdeführer als Verletzung von Vorschriften über die Fragestellung (§ 345 Abs 1 Z 6 StPO), die Abweisung eines Antrages auf Stellung derartiger Eventualfragen (prozessual verfehlt, vgl Mayerhofer StPO4 § 345 Z 5 E 5) "hilfsweise" als Verfahrensmangel unter Z 5 leg cit geltend.

Diese Eventualfragen waren weder nach der Verantwortung des Angeklagten noch sonst nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens indiziert. Bloß abstrakt denkbare Möglichkeiten können aber nicht Gegenstand einer Eventualfrage sein (Mayerhofer aaO § 314 E 16a, 19, 19a, 41).

Im vorliegenden Verfahren hat sich der Angeklagte nur der Körperverletzung schuldig bekannt, jeden Zusammenhang mit dem Tode Sieglinde E***** geleugnet und hiefür einen unbekannten Nachtäter verantwortlich gemacht (vgl ua S 20 f, 37 f, 131, 167/V). Die von ihm zugestandenen Angriffshandlungen (zweimaliges Zubodenstoßen und bloß kurzfristiger Würgeangriff von 20 bis 30 Sekunden) kommen indes nach dem gerichtsmedizinischen Gutachten als Todesursache nicht in Betracht, vielmehr wäre dafür eine zumindest fünf Minuten andauernde Drosselung erforderlich gewesen. Andernfalls tritt eine rasche Erholung des Opfers ohne weitere (physische) Folgen ein (vgl S 148/V).

Weil somit weder aus der Verantwortung des Angeklagten noch sonst Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Djamel M***** den Tod der Sieglinde E***** als Folge einer bloß auf Körperverletzung gerichteten Angriffshandlung fahrlässig herbeigeführt hat, war eine Eventualfrage nach §§ 83 Abs 1, 86 StGB nicht zu stellen.

Das Beweisverfahren bietet aber auch kein Substrat für eine Eventualfrage nach § 76 StGB; abgesehen davon, dass der Angeklagte einen Tötungsvorsatz entschieden in Abrede stellte, findet sich in seiner Aussage auch kein Hinweis darauf, dass er sich zur Tat in einer (allgemein begreiflichen) heftigen Gemütsbewegung hinreissen ließ. Vielmehr will er nur tätliche Angriffe Sieglinde E***** abgewehrt und deren Versuche, telefonisch Anzeige zu erstatten, unterbunden haben.

Soweit der Angeklagte daran anknüpfend das Fragenschema wegen einer fehlenden Eventualfrage in Richtung "der eingestandenen Nötigung hinsichtlich des Telefonierens" (S 167/V, ersichtlich gemeint: in Richtung § 105 Abs 1 StGB) bemängelt, führt er die Nichtigkeitsbeschwerde nicht zum Vorteil aus. Gewalt zur Verhinderung von Telefonierversuchen Sieglinde E***** will der Angeklagte nach seiner Verantwortung nur vor seinen zur Körperverletzung der Genannten führenden tätlichen Angriffen angewendet haben (vgl S 18 f/V). Eine derartige, realkonkurrierende Straftat würde den Schwurgerichtshof - unter der weiteren Voraussetzung, dass sie auch vom Anklagevorwurf umfasst ist - aber nur zur Stellung einer weiteren Hauptfrage, nicht hingegen einer weiteren (der Abschwächung des Anklagevorwurfes dienenden) Eventualfrage verpflichten.

Die Instruktionsrüge (Z 8), mit welcher eine Unrichtigkeit der schriftlichen Rechtsbelehrung mangels Aufklärung der Geschworenen über die Privilegierung des Tötungsdeliktes im Sinn des § 76 StGB bei vorliegender allgemein begreiflicher heftiger Gemütsbewegung des Täters behauptet wird, geht schon deshalb fehl, weil eine Rechtsbelehrung zu einer gar nicht gestellten Frage überflüssig und nicht zu erteilen ist.

Die in § 345 Abs 1 Z 9 StPO bezeichneten Mängel können nur aus dem Wahrspruch selbst, nicht aber aus der gemäß § 331 Abs 3 StPO zu verfassenden Niederschrift der Geschworenen abgeleitet werden (Mayerhofer aaO, § 345 Abs 1 Z 9, E 6 und 7).

Letztlich vermag der Beschwerdeführer in der Tatsachenrüge (Z 10a) keine aktenkundigen Umstände aufzuzeigen, welche nach den Denkgesetzen oder nach allgemein menschlicher Erfahrung erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch festgestellten entscheidenden Tatsachen aufkommen ließen. Anhaltspunkte für einen Todeseintritt Sieglinde E***** nach 22.00 Uhr des 1. Februar 1999, somit für einen Zeitpunkt, in dem sich der Angeklagte laut eigener Verantwortung nicht mehr in Salzburg aufgehalten hat, ergeben sich nämlich - der Beschwerde zuwider - weder aus seinen Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 345 Abs 1 StPO noch aus sonstigen, in der Tatsachenrüge aufgezeigten Beweisergebnissen.

Ihre Aussage vor der Polizei, sie habe am 2. Februar 1999, 0.30 Uhr im Haus ein gedämpftes Geräusch vernommen, das sich wie das Wimmern eines Kindes oder eines Tieres anhörte, und anschließend aus dem Stiegenhaus schnellere Schritte gehört (S 141/II), hat die im selben Haus wie Sieglinde E***** wohnhafte Zeugin Margit E***** in der Hauptverhandlung dahingehend aufgeklärt, dass sie die Herkunft des Geräusches nicht näher zuordnen konnte und Schritte im Stiegenhaus nichts ungewöhnliches sind (S 97 ff/V). Aus dieser Aussage lässt sich daher ebenso wie aus der von der gerichtsmedizinischen Sachverständigen getroffenen Feststellung über eine postmortale Veränderung der Leiche (S 307/III, 157/V) für den Beschwerdestandpunkt nichts gewinnen.

Aus dem Abstellen eines Kochtopfes (in dem Sieglinde E***** nach den Angaben ihrer Tochter regelmäßig Frankfurter gekocht haben soll) in der Küche neben anderem Geschirr (vgl Tatortfoto 44 auf S 172/III) lässt sich ein Schluss auf den Zeitpunkt seiner letzten Benützung und die damals darin enthaltenen Nahrungsmittel nicht ziehen.

Unerheblich ist auch der Hinweis auf einen im Wohnzimmer der Toten aufgefundenen Zahlschein, der den Vermerk "abgebucht 31. Jänner 1999" und die zusätzliche handschriftliche Eintragung "bezahlt 2. Februar 1999" aufwies (S 63/I), ist doch nicht bekannt, ob, wann und von wem die Einzahlung tatsächlich erfolgte.

Schließlich wird die Beschwerdebehauptung, Sieglinde E***** habe am Vormittag des 2. Februar noch gelebt, auch durch die Tatsache, dass die in ihrer Wohnung aufgefundenen Milchpackungen den 7. Februar 1999 als Ablaufdatum aufwiesen, nicht bestätigt, wurden diese Produkte doch bereits in der Nacht zum 1. Februar 1999 ausgeliefert und waren damit schon am 1. Februar zu erwerben (vgl Telefax der Alpenmilch Salzburg Milch GmbH - ON 62).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als unbegründet zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren und wertete dabei als erschwerend die grausame Tatbegehung, als mildernd hingegen die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten sowie ein nicht auszuschließendes provokantes Verhalten des Tatopfers. Damit werden die in Betracht kommenden Strafzumessungsgründe im Wesentlichen vollständig erfasst.

Dabei kommt der lediglich eine Körperverletzung zugestehenden Verantwortung des Angeklagten, der seine Anwesenheit in Salzburg zunächst überhaupt bestritten hatte und sogar seine Lebensgefährtin zur Bestätigung eines falschen Alibis zu bewegen suchte, keine strafmildernde Wirkung zu. Andererseits sind die Bemühungen des Angeklagten, seine Täterschaft zu verschleiern, nicht als erschwerend zu werten. Den von der Staatsanwaltschaft hervorgehobenen Qualen, denen das Opfer ausgesetzt war, wurde durch den Erschwerungsgrund der grausamen Tatbegehung ohnedies Rechnung getragen. Bei Abwägung der strafrelevanten Elemente fällt allerdings die Ausnützung eines persönlichen Naheverhältnisses durch den Angeklagten zusätzlich als erschwerend ins Gewicht, sodass eine Aufhebung des Strafmaßes auf siebezehn Jahre gerichtfertigt ist.

In diesem Umfang war der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, während der Angeklagte mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen war.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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