OGH 3Ob327/99f

OGH3Ob327/99f20.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Ferdinand K*****, vertreten durch Dr. Otto Hauck und Dr. Julius Bitter, Rechtsanwalts-Partnerschaft in Kirchdorf, gegen die verpflichtete Partei S*****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Räumung, Unterlassung und Erwirkung vertretbarer Handlungen, über die Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 22. September 1999, GZ 23 R 111/99h-5, womit infolge Rekurses der verpflichteten Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes Gmunden vom 16. Juli 1999, GZ 5 E 3430/99i-1, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird zur Gänze, derjenige der betreibenden Partei wird, soweit er sich gegen Punkt II b der Rekursentscheidung richtet, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Akt dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seine Entscheidung dahin zu ergänzen, dass ein Bewertungsausspruch jeweils gesondert zu den Punkten I b und II a getroffen wird.

Text

Begründung

Mit Urteil des Erstgerichtes vom 23. 4. 1998 (idF der bestätigenden Entscheidung des nunmehrigen Rekursgerichtes) wurde die verpflichtete Partei schuldig erkannt,

a) die Bauführung auf den vom Kläger [dem nunmehr betreibenden Gläubiger] gemieteten Teilflächen 1 und 2 des Grundstückes 234/3 der EZ ***** sowie die Ablagerung von Baumaterial und das Abstellen von Baumaschinen aller Art und Kraftfahrzeugen auf der Teilfläche 1 und das Ablagern von Baumaterialien bzw Abstellen von Kraftfahrzeugen und Baumaschinen, ausgenommen zum Zwecke des Be- und Entladens, auf der Teilfläche 2 zu unterlassen und

b) die errichteten Baulichkeiten, soweit diese in die Teilflächen 1 und 2 hineinreichen, bei sonstiger Ersatzvornahme auf Kosten der verpflichteten Partei zu entfernen.

Die betreibende Partei beantragte nunmehr

1. die zwangsweise Räumung der von der verpflichteten Partei neu errichteten Räumlichkeiten nach rechtswidriger Bauführung in dem Bereich des von der betreibenden Partei gemieteten Grundstückes ... im Bereich der Teilfläche 1 (schraffiert von links oben nach rechts unten und rechts oben nach links unten) und Teilfläche 2 (schraffiert von links oben nach rechts unten) des einen integrierenden Bestandteil des Urteils bildenden Planes sowie aus Sicherheitsgründen weitere 5 m innerhalb des Grundstückes 234/5 [gemeint offenbar:

234/3) im verbauten Bereich, die Räumung von abgelagerten Baumaterialien und abgestellten Baumaschinen aller Art sowie von Kraftfahrzeugen auf der Teilfläche 1 sowie von abgestellten Kraftfahrzeugen und Baumaschinen, soweit sie nicht be- und entladen werden, auf der Teilfäche 2 auf Kosten der verpflichteten Partei;

weiters dieser die Bestellung einer Sicherheit von S 50.000,-- für den durch ferneres Zuwiderhandlen entstehenden Schaden aufzutragen;

2. die Bewilligung der Exekution zur Erwirkung der Unterlassung der

Bauführung in einem Bereich des von der betreibenden Partei

gemieteten Grundstückes ... im Bereich der Teilflächen 1 ... und

Teilfläche 2 ... sowie der [im Antrag offenbar irrig: die] Ablagerung

von Baumaterial und des Abstellens [im Antrag: das Abstellen] von

Baumaschinen aller Art sowie von Kraftfahrzeugen auf der Teilfläche 1

und des Abstellens [im Antrag: das Abstellten] von Kraftfahrzeugen

und Baumaschinen, ausgenommen zum Zweck des Be- und Entladens, auf

der Teilfläche 2 durch Androhung von Beugehaft bzw Geldstrafe bis zu

S 50.000,--; die Ermächtigung der betreibenden Partei, auf Kosten der

verpflichteten Partei über deren Auswahl einen dritten Bauunternehmer

mit der Entfernung der auf dem Grundstück ... errichteten

hineinreichenden Baulichkeiten zu beauftragen oder selbst den Abbruch

auf Kosten der betreibenden Partei vorzunehmen, soweit diese

Baulichkeiten in die Teilflächen 1 ... und 2 ... hineinreichen;

zugleich, der verpflichteten Partei aufzuerlegen, die hiedurch entstehenden Kosten der Ersatzvornahme laut beiliegender Kostenschätzung in der Höhe von S 784.332,-- binnen 14 Tagen der betreibenden Partei zu bezahlen; letztlich die Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der aufgelaufenen Exekutionskosten.

Dazu brachte der betreibende Gläubiger vor, dass die verpflichtete Partei zwischenzeitig laut beigeschlossenen Lichtbildern wieder Baumaterialien auf der Teilfläche 1 ablagere und Baumaschinen aller Art sowie Kraftfahrzeuge auf der Teilfläche 1 abstelle. Weiters lagere sie Baumaterialien auf der Teilfläche 2 und stelle dort Kraftfahrzeuge und Baumaschinen nicht nur zum Zwecke des Be- und Entladens ebenfalls ab. Ihm entstünden Kosten durch die Lagerung auf fremdem Grund, wenn die verpflichtete Partei wieder auf den verbotenen Flächen abstelle bzw ablagere. Die Sicherheitszone von 5 m erscheine für die Räumung notwendig, damit keine unnützen Schäden am in die Hallen eingelagerten Gut bzw an den dort abgestellten Fahrzeugen entstünden.

Das Erstgericht bewilligte in Form eines Bewilligungsvermerks nach § 112 Abs 1 Geo die beantragte Exekution zur Gänze und bestimmte die Kosten der betreibenden Partei mit S 3.156,08.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem Rekurs der verpflichteten Partei gegen die Exekutionsbewilligung teilweise Folge. Während es den Auftrag an die verpflichtete Partei zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme von S 784.332,-- und die Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsverfahrens aufhob (Punkte III a und IV), bestätigte es die Bewilligung der zwangsweisen Räumung der von der verpflichteten Partei auf den Teilflächen 1 und 2 neu errichteten Räumlichkeiten und weiterer 5 m innerhalb des Grundstücks richtig: 234/3 (Punkt I a), wies dagegen den Antrag auf Bewilligung der zwangsweisen Räumung der unverbauten Teile der Flächen 1 und 2 ab (Punkt I b); änderte den Beschluss auf Bewilligung der Unterlassungsexekution und auf Bestellung einer Sicherheit von S 50.000,-- für durch ferneres Zuwiderhandeln entstehenden Schaden dahin ab, dass es die Anträge abwies (Punkt II a); bestätigte schließlich die Bewilligung der Exekution durch Ermächtigung der betreibenden Partei auf Ersatzvornahme (Punkt III a). Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die nachfolgenden Rechtsfragen seien grundsätzliche Natur im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO und bedürften einer Leitjudikatur des Höchstgerichtes: In welchem Umfang kann zur Vorbereitung einer Exekutionsführung nach § 353 EO eine Räumungsexekution bewilligt werden? Gestattet ein nur ein Unterlassungsgebot aussprechender Exekutionstitel auch die Duchsetzung eines Beseitigungsanspruches? Ist das Fehlen eines Strafantrages in Exekutionsanträgen nach § 355 EO bzw die im Gesetz nicht mehr vorgesehene Antragstellung auf Androhung von Geld- oder Haftstrafen verbesserungsfähig?

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse beider Parteien. Während die verpflichtete Partei den rekursgerichtlichen Beschluss in seinem gesamten bestätigenden Umfange anficht und die "Aufhebung" (gemeint wohl: Abänderung) dieser Entscheidungsteile, hilfsweise aber die Aufhebung derselben und die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht begehrt, bekämpft die betreibende Partei die rekursgerichtliche Entscheidung in ihren abändernden Teilen und beantragt insoweit die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses, allenfalls unter Berücksichtigung der von ihr im Revisionsrekursverfahren erstatteten Verbesserung; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist jedenfalls unzulässig. Dasselbe gilt für das Rechtsmittel der betreibenden Partei, soweit es sich gegen Punkt II b der Rekursentscheidung richtet. Dagegen steht der Entscheidung über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei im Übrigen vorerst das Fehlen einer differenzierten Bewertung der Entscheidungsgegenstände des Rekursgerichtes entgegen.

Nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn (mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme) der angefochtene erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist. In diesem Punkt ist der Gesetzgeber mit der WGN 1989 bewusst zur Rechtslage vor der ZVN 1983 zurückgekehrt und damit auch zu den Grundsätzen des Judikates 56 neu = SZ 24/335 (3 Ob 312/97x mwN; Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 4 zu § 528). Für die Anfechtbarkeit der einzelnen Teile eines rekursgerichtlichen Beschlusses, mit dem die Entscheidung des Erstgerichtes teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, ist daher maßgeblich, ob der bestätigende und der abändernde Teil der Entscheidung in einem unlösbaren Sachzusammenhang stehen, sodass die Zulässigkeit deren Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann, bzw ob eine Zusammenrechnung der Ansprüche nach § 55 JN zu erfolgen hat (3 Ob 312/97x mwN; Kodek aaO). Ein derart enger innerer Zusammenhang fehlt dann, wenn die einzelnen Entscheidungsteile ein eigenes rechtliches Schicksal haben können (3 Ob 312/97x, 3 Ob 207/99h; 3 Ob 288/99w; 3 Ob 302/99d ua). Ein solcher Zusammenhang wurde vom erkennenden Senat bereits bei der Bewilligung der Exekution auf mehrere der Art nach verschiedene Exekutionsobjekte und durch verschiedene Exekutionsmittel (3 Ob 142/79; 3 Ob 288/98v; 3 Ob 302/99d), so beispielsweise auch bei Verbindung von Herausgabeexekution und Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Kosten des Titelverfahrens (3 Ob 312/97x), verneint.

Kein derartiger Zusammenhang besteht auch zwischen dem Begehren auf zwangsweise Räumung der bebauten Teile der von der betreibenden Partei gemieteten Teilflächen 1 und 2 und der Räumung deren unbebauter Teile (so bereits 3 Ob 288/99w).

Mangels eines untrennbaren Zusammenhanges ist die Entscheidung des Rekursgerichtes jedenfalls getrennt zu beurteilen, soweit sie die Bewilligung der zwangsweisen Räumung (Punkt I) und der Unterlassungsexekution (Punkt II a) betrifft. Die abändernden Teile der Entscheidung des Rekursgerichtes hätten in diesen Punkten demnach auch getrennt bewertet werden müssen.

Kein untrennbarer Zusammenhang besteht ferner zwischen den Punkten II

a und II b sowie III a und III b der Rekursentscheidung. Zwar kann

ein Antrag auf Auferlegung einer Sicherheitsleistung nach § 355 Abs 2

EO mit einem Antrag nach § 355 Abs 1 EO verbunden werden, dieser

Antrag kann aber auch (abgesondert) erst nach Bewilligung der

Exekution gestellt werden. Auch wenn es sich dabei nach der Rechtsprechung um ein subsidiäres Exekutionsmittel handelt (zu all dem JBl 1980, 602; Heller/Berger/Stix 1592), zeigen diese Ausführungen, dass die Anträge nach §§ 355 Abs 1 und 2 EO durchaus ein unterschiedliches Schicksal haben können, weshalb sie sowohl getrennt zu bewerten als auch im Hinblick auf die volle Bestätigung gesondert zu betrachten sind. Die Bewilligung des Antrages nach § 355 Abs 2 EO setzt eben nicht nur, wie auch der Exekutionsantrag nach § 355 Abs 1 EO, ein Zuwiderhandeln des Verpflichteten gegen den Exekutionstitel voraus, daneben ist vielmehr auch vom betreibenden Gläubiger ein durch ferneres Zuwiderhandeln zu erwartender Schaden zu behaupten (JBl 1980, 602). Dass auch die Anträge auf Bewilligung der Exekution nach § 353 Abs 1 EO und darauf, dem Verpflichteten die Vorauszahlungen der Kosten der Ersatzvornahme aufzutragen, ein gesondertes rechtliches Schicksal haben können, kann nicht bezweifelt werden (wie im Übrigen auch die rekursgerichtliche Entscheidung zeigt, die im ersten Punkt bestätigte und im zweiten aufhob).

Angewandt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies zunächst, dass der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei jedenfalls unzulässig ist, weil das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichts, was die Bewilligung der Ersatzvornahme durch Entfernung der zu Punkt I a genannten Baulichkeiten und deren Zwangsräumung betrifft, zur Gänze bestätigt hat und kein untrennbarer Zusammenhang mit den abändernden und aufhebenden Teilen seiner Entscheidung, insbesondere auch nicht mit der Abweisung des die unbebauten Teile der Grundstücke betreffenden Räumungsbegehrens (Punkt I b) und der Aufhebung des Auftrags zur Kostenvorauszahlung (Punkt III b), besteht. Dieses Rechtsmittel ist daher sogleich zurückzuweisen. Dasselbe gilt für jenes der betreibenden Partei, soweit es Punkt II b der Rekursentscheidung betrifft, weil der insoweit in Geld bestehende Entscheidungsgegenstand den Betrag von S 52.000,-- nicht übersteigt (§ 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO).

Im Übrigen kann jedoch im Hinblick auf den bloß globalen Bewertungsausspruch des Rekursgerichtes nicht beurteilt werden, ob der Entscheidungsgegenstand für jeden der verbleibenden angefochtenen und bezüglich der Zulässigkeit des Revisionsrekurses getrennt zu beurteilenden Teile seiner Entscheidung S 52.000,-- übersteigt, was im Fall der Verneinung zur Zurückweisung nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO iVm § 78 EO führen müsste. Das Rekursgericht wird daher seinen Ausspruch im Hinblick auf die durch abändernde Sachentscheidung erledigten Teile seines Beschlusses (mit Ausnahme von Punkt II b) nach den dargelegten Grundsätzen zu ergänzen haben.

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