OGH 4Ob102/00d

OGH4Ob102/00d23.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gottfried Korn und Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei G***** AG & Co, *****, vertreten durch Wolf, Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 450.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 25. Februar 2000, GZ 2 R 157/99v-12, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 24. August 1999, GZ 37 Cg 76/99a-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche wird der Beklagten ab sofort bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils geboten, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,

Die Beklagte hat ihre Äußerungskosten endgültig selbst zu tragen."

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Medieninhaberin der periodischen Druckschriften "p*****" und "t*****"; die Beklagte ist Medieninhaberin der periodischen Druckschriften "H*****" und "s*****".

In der Ausgabe der Zeitschrift "H*****" Nr. 2/99 vom 22. 3. 1999 war ein Inserat eingeschaltet, in dem mit der Ankündigung "Sechsmal Häuser und den Handy Pen gratis" um Abonnenten geworben wurde und in dem ein Bestellcoupon abgedruckt war:

"Wenn Sie jetzt H***** für ein Jahr abonnieren (DM 78,- statt DM 90,- am Kiosk), schenken wir Ihnen den Handy Pen. Mit ihm sehen Sie sofort, wenn jemand anruft. Einfach das Handy stumm schalten, den Stift einstecken oder auf den Tisch legen. Blinkt das Lämpchen an der Oberseite, werden Sie angerufen. Natürlich können Sie auch einfach nur mit ihm schreiben. Länge des Stiftes: 13,5 cm. Effektive Reichweite: bis 1,5 Meter. Best-Nr. 14638F.

...

Ja, ich will H***** ab sofort für ein Jahr zum Preis von z. Z. DM 13,- pro Heft (statt 15,- am Kiosk). Das Abo verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht sechs Wochen vor Ablauf schriftlich gekündigt wird.

...

Widerrufsrecht: Mir ist bekannt, dass ich diese Vereinbarung innerhalb einer Woche beim H*****-Kunden-Service, *****, schriftlich widerrufen kann. Die Frist beginnt einen Tag nach Absendung dieser Bestellung. Den Handy Pen darf ich in jedem Fall behalten. Ich bestätige dies mit meiner 2. Unterschrift.

...."

In der Beilage "s***** tv-Magazin" zur Zeitschrift "s*****" Nr. 24/99 warb die Beklagte wie folgt:

"Nutzen Sie die Gunst der Stunde.

Ein S*****-Mini-Abo beschert nicht nur 13 Wochen lang S*****-Genuss in vollen Zügen, sondern auch noch die wasserdichte Bahnhofsuhr fürs Handgelenk. So ersparen Sie sich den Weg zum Kiosk und verpassen nie den Anschluss.

...

Alles klar! Ich will das S*****-Mini-Abo.

...

Für die Lieferung der Hefte erhalte ich eine Rechnung. Wenn ich innerhalb einer Woche nach Eintreffen des 10. Heftes nichts von mir hören lasse, möchte ich den S***** weiterhin im Abo (jederzeit kündbar) beziehen. Ansonsten genügt eine kurze Mitteilung an den Abonnenten-Service. Ich bin damit einverstanden, dass ich über interessante Zeitschriftenangebote auch telefonisch informiert werde (ggf. streichen). Die Uhr kann ich in jedem Fall behalten, auch wenn ich meine Bestellung widerrufe.

Datum, 1. Unterschrift des Abonnenten

Widerrufsrecht: Mir ist bekannt, dass ich diese Vereinbarung innerhalb einer Woche beim S***** Abonnenten-Service, ***** schriftlich widerrufen kann. Die Frist beginnt einen Tag nach Absendung der Bestellung (Poststempel). Ich bestätige dies mit meiner

2. Unterschrift.

Datum, 2. Unterschrift des Abonnenten

..."

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten ab sofort zu gebieten, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,

Die Streitteile stünden in einem Wettbewerbsverhältnis, weil sie gleichartige Waren verkauften. Sowohl der Handy Pen als auch die Bahnhofsuhr würden als Zugaben angekündigt; es handle sich dabei nicht um Reklamegegenstände. Die Zugabenankündigungen seien auch nach deutschem Recht unzulässig; das begehrte Verbot sei aber ohnehin mit Art 28 EG vereinbar, weil es zur Wahrung der Medienvielfalt in Österreich notwendig sei.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Zwischen den Streitteilen bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Die von ihnen vertriebenen Zeitschriften sprächen völlig andere Leserkreise an. Es liege auch keine unzulässige Zugabe vor, weil der Besteller des Abonnements Handy Pen und Bahnhofsuhr auch dann behalten dürfe, wenn er das Abonnement widerrufe. Bei beiden Artikeln handle es sich überdies um geringwertige Kleinigkeiten. Auf den Kunden werde auch kein psychologischer Kaufzwang ausgeübt. Die Ankündigung sei nach deutschem Recht zulässig. Das begehrte Verbot sei nicht erforderlich, um die Medienvielfalt zu wahren. Eine Nachfrageverlagerung sei wegen der unterschiedlichen Zielgruppen nicht zu befürchten; als Unternehmen der M*****-Gruppe sei die Klägerin aber jedenfalls in der Lage, gleichwertige Zuwendungen zu gewähren. Sie habe nicht einmal behauptet, dass aufgrund konkreter Umstände eine Gefährdung der Medienvielfalt und eine Verlagerung der Nachfrage zu befürchten sei.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Mit dem in § 14 UWG verwendeten Begriff der Waren oder gewerblichen Leistungen "gleicher oder verwandter Art" seien Waren oder Leistungen gemeint, die geeignet sind, den gleichen Bedarf zu decken. Nicht in diesem Sinn gleich oder verwandt seien die Zeitschrift "H*****" und die von der Klägerin vertriebenen Zeitschriften "t*****" und "p*****". Die Zeitschrift "H*****" befasse sich ausschließlich mit Architektur, Design und Kunst; diese Themen würden in den Zeitschriften der Klägerin wenn überhaupt, so nur am Rande, erwähnt. Hingegen würden die in "t*****" und "p*****" erörterten politischen und wirtschaftspolitischen Themen in der Zeitschrift "H*****" nicht behandelt. Die Zeitschriften der Klägerin erschienen dem Leser daher nicht als Alternative zur Zeitschrift "H*****", wohl aber zur Zeitschrift "s*****", weil sich sowohl "s*****" als auch "t*****" und "p*****" jeweils auch mit ausländischen politischen und wirtschaftspolitischen Themen befassten. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin sei aber dennoch unbegründet, weil - sowohl nach österreichischem als auch nach deutschem Recht - keine Zugabe vorliege. Der Besteller erhalte die Zuwendung auch dann, wenn er das Abonnement widerrufe. Die Werbeaktion verstoße auch nicht gegen § 1 UWG. Dem Kunden werde es nicht peinlich sein, die Bestellung zu widerrufen. Die in Aussicht gestellten Vorteile seien auch nicht geeignet, die Entscheidungsfreiheit des Kunden unsachlich zu beeinflussen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zwischen den Streitteilen bestehe schon deshalb ein Wettbewerbsverhältnis, weil ihre Zeitschriften Werbeinserate enthielten; ob die Leserkreise verschieden seien, sei nicht entscheidend. Es liege aber keine Zugabe vor, weil wegen der Widerrufsmöglichkeit der erforderliche Zweckzusammenhang zwischen Haupt- und Nebenware fehle. Auf die Widerrufsmöglichkeit werde ausdrücklich hingewiesen. Für den Kunden sei damit in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise klar, dass der Erhalt des Geschenks nicht an den Bezug eines Abonnements gebunden sei. Bestellcoupons könnten nicht mit Plakaten verglichen werden; der durchschnittlich aufmerksame Kunde werde den Vordruck durchlesen, um sich über das Angebot zu informieren. Er werde die Ankündigung dahin verstehen, dass er das Geschenk jedenfalls erhalte, und zwar unabhängig davon, ob er tatsächlich irgendeine Verpflichtung eingehe. Er gerate somit auch nicht in eine psychische Zwangslage, so dass die Aktion auch nicht gegen § 1 UWG verstoße. Dies gelte auch nach deutschem Recht; die Grundsätze der Laura-Entscheidung seien nicht anzuwenden.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Zugabe im Sinne des § 9a Abs 1 UWG ist ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware (Hauptleistung) ohne besondere Berechnung angekündigt wird, um den Absatz der Hauptware oder die Verwertung der Hauptleistung zu fördern. Ob eine Zuwendung vom Abschluss eines Hauptgeschäfts abhängt, richtet sich nicht danach, was der Werbende bezweckt; es kommt vielmehr darauf an, ob für die beteiligten Verkehrskreise der Eindruck der Abhängigkeit der Zuwendung vom

Warenbezug erweckt wird (stRsp ua ecolex 1993, 252 = MR 1993,69 = ÖBl

1993, 24 = WBl 1993, 128 - Welt des Wohnens; MR 1999, 157 = ÖBl 1998, 349 = WBl 1998/307 - KURIER-Schnupperabo, jeweils mwN). Auch nach deutschem Recht ist maßgebend, was der Kunde bei verständiger Würdigung annehmen muss (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht21 § 1 ZugabeVO Rz 8 mwN).

Das Zugabenverbot erfasst - sowohl nach österreichischem als auch nach deutschem Recht - nur Zuwendungen, die als zusätzliche, unentgeltliche Nebenleistungen zu bestimmten Hauptgeschäften in Aussicht gestellt oder gewährt werden und, indem sie diese als besonders vorteilhaft erscheinen lassen, zum Kauf verleiten. Unterschiedslos Käufern und Nichtkäufern gemachte Zuwendungen sind nicht geeignet, einzelne Hauptgeschäfte besonders vorteilhaft erscheinen zu lassen, denn der Vorteil wird auch gewährt, wenn es nicht zum Abschluss eines Hauptgeschäfts kommt. Das Gleiche gilt, wenn die Zuwendung ausdrücklich nicht vom entgeltlichen Bezug der Hauptware abhängig gemacht wird (Hoth/Gloy, Zugabe und Rabatt 103).

Keine Zugabe liegt daher vor, wenn eine dem Warenbezug gleichwertige

Möglichkeit geboten wird, die Zuwendung zu erhalten (MR 1998, 157 =

ÖBl 1998, 349 = WBl 1998/307 - KURIER-Schnupperabo; ecolex 1998, 929

= MR 1998, 296 = ÖBl 1998, 351 - Millionenhaus ua) oder wenn der

Interessent die Zuwendung unabhängig davon erhält, ob er die Ware kauft (s ÖBl 1979, 66 - Sektspiel; MR 1986 H 6, 22 - Aquaplancton). In diesem Sinn hat auch der BGH das Vorliegen einer Zugabe in einem Fall verneint, in dem der Besteller eines Abonnements die als unentgeltliches "Dankeschön" für das gezeigte Interesse angekündigten Gegenstände (Pocket-case und Leseleuchte) in jedem Fall und damit auch dann erhalten sollte, wenn er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machte. Die Bestellkarten enthielten den Bestelltext mit anschließender Unterschriftszeile und darunter die vorgedruckte, vom Besteller gesondert zu unterschreibende Erklärung, dass die Bestellung innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden könne, sowie den Hinweis, dass er, auch wenn er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch mache, Pocket-case und Leseleuchte in jedem Fall erhalten werde (BGH GRUR 1989, 366 - Wirtschaftsmagazin).

Im vorliegenden Fall enthalten die Bestellkarten ebenfalls einen ausdrücklichen und gesondert zu unterschreibenden Hinweis auf das Widerrufsrecht; die Zuwendung wird aber nicht als Dank für das gezeigte Interesse zugesichert, sondern demjenigen versprochen, der ein Abonnement bestellt. Es wird auch nicht erklärt, dass der Besteller die Zuwendung in jedem Fall erhalten werde, sondern der Besteller erfährt nur, dass er den Handy Pen und die Bahnhofsuhr auch dann behalten könne, wenn er seine Bestellung widerrufe.

Der vorliegende Sachverhalt kann demnach dem der Entscheidung des BGH GRUR 1989, 366 - Wirtschaftsmagazin zugrunde liegenden Fall nicht gleichgehalten werden. Auch die von der Beklagten zitierten österreichischen Entscheidungen (ÖBl 1979, 66 - Sektspiel; MR 1986 H 6, 22 - Aquaplancton) betreffen Sachverhalte, die nicht oder nur bedingt vergleichbar sind. Das gilt vor allem für die Entscheidung ÖBl 1979, 66 - Sektspiel. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Werbeaktion, in der demjenigen eine Flasche Sekt versprochen wurde, der sich 6 Wochen hindurch wöchentlich einen Spielbon in einem Supermarkt abstempeln ließ. Gegenstand der Entscheidung MR 1986 H 6, 22 - Aquaplancton war hingegen die Ankündigung, dem Besteller mit der Bestellung ein Geschenk zu übermitteln, das dieser auch dann behalten dürfe, wenn er von seinem garantierten Rückgaberecht Gebrauch mache.

Im vorliegenden Fall ist dem Rekursgericht zuzustimmen, dass der Besteller den Hinweis auf das Widerrufsrecht nicht übersehen wird und dass - entgegen der Auffassung der Klägerin - kleingedruckte Teilnahmebedingungen auf einem großflächigen Plakat (ecolex 1998, 929 = MR 1998, 296 = ÖBl 1998, 351 - Millionenhaus) mit gesondert zu unterschreibenden Erklärungen auf Bestellcoupons nicht verglichen werden können; seiner Schlussfolgerung - für den Kunden sei in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise klargestellt, dass die Zuwendungen nicht an den Bezug der Abonnements geknüpft sind - kann aber nicht beigepflichtet werden.

Der Kunde entnimmt den Inseraten, dass er die jeweilige Zuwendung erhält, wenn er ein Abonnement bestellt ("Wenn Sie jetzt H***** für ein Jahr ... abonnieren, schenken wir Ihnen den Handy Pen"; "Ein S*****-Mini-Abo beschert nicht nur 13 Wochen lang S*****-Genuss in vollen Zügen, sondern auch noch die wasserdichte Bahnhofsuhr fürs Handgelenk"); er sieht, wenn er den Bestellcoupon ausfüllt, dass er die Bestellung innerhalb einer Woche widerrufen kann, den Handy Pen und die Bahnhofsuhr aber trotzdem behalten darf. Das setzt jedoch voraus, dass er sie erhält; zumindest ein Teil der angesprochenen Interessenten wird zweifeln, ob er die Geschenke noch vor Ablauf der Widerrufsfrist erhält und damit überhaupt in die Situation kommt, sie behalten zu können, und, wenn nicht, ob er sie auch nach einem allfälligen Widerruf erhalten wird. Dem Besteller wird nämlich, anders als in dem der Entscheidung MR 1986 H 6, 22 - Aquaplancton zugrunde liegenden Fall, nicht erklärt, dass er das Geschenk mit der Bestellung erhalte und es auch dann behalten könne, wenn er die Ware zurückgebe; ihm wird auch, anders als in dem der Entscheidung BGH GRUR 1989, 366 - Wirtschaftsmagazin zugrunde liegenden Fall, nicht zugesichert, dass er das Geschenk in jedem Fall erhalten werde. Die von der Inseratenwerbung der Beklagten angesprochenen Interessenten konnten hingegen bei verständiger Würdigung der Ankündigung nicht mit Sicherheit annehmen, dass ihnen die Zuwendung unabhängig vom Zustandekommen des Abonnementvertrags gewährt werde.

Mussten sie aber befürchten, die Zuwendungen ohne den Abschluss des Abonnementvertrags nicht erlangen zu können, dann sind die Zuwendungen - und zwar sowohl nach österreichischem als auch nach deutschem Recht - verbotene Zugaben, nachdem - wie schon das Rekursgericht zutreffend ausführt - von geringwertigen Kleinigkeiten keine Rede sein kann. Aus dem Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes auch nach deutschem Recht folgt, dass sich die Frage einer Vereinbarkeit des Unterlassungsgebots mit dem Gemeinschaftsrecht und damit auch einer Anwendung der Grundsätze der Entscheidung des EuGH vom 26. 6. 1997, C-368/95 - Laura (Slg I 1997, 3689 = ecolex 1997, 586 = MR 1997, 157 = ÖBl 1997, 229 = WBl 1997, 333) nicht stellt, weil von vornherein keine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne des Art 28 EG vorliegt (ÖBl 1999, 197 = ZfRV 1999, 157 - Laura II; MR 1999, 114 = ÖBl 1999, 240 = ZfRV 1999/55 - TV-Movie; zuletzt 4 Ob 132/00s).

Die Beklagte kommt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf ihre - vom Rekursgericht nicht geteilten - Bedenken gegen die Aktivlegitimation der Klägerin zurück. Sie meint, dass Medienunternehmen auch in Bezug auf Inseratenkunden nur dann miteinander im Wettbewerb stünden, wenn ihre Produkte zumindest teilweise substituierbar seien.

Die Beklagte übersieht, dass aus der mangelnden Substituierbarkeit für den Zeitungskäufer nicht auch die mangelnde Substituierbarkeit für den Inserenten folgen muss. Sind zwei Zeitungen oder Zeitschriften für den Zeitungskäufer nicht substituierbar, weil sie völlig verschiedene Themen behandeln und damit auch verschiedene Interessen ansprechen, so bedeutet das nicht, dass sich die Leserkreise nicht überschneiden könnten. Wer sich für "H*****" interessiert, mag auch "p*****" oder "t*****" lesen; er wird zwar nicht zwischen "H*****" und "p*****" oder "t*****" wählen, sich aber möglicherweise sowohl für "H*****" als auch für die beiden anderen Zeitschriften oder eine von ihnen entscheiden, weil er sich nicht nur für politische und wirtschaftliche Themen, sondern auch für Architektur, Design und Kunst interessiert. Für den Inseratenkunden können demnach auch Zeitschriften, die völlig verschiedene Themen behandeln, substituierbar sein; das gilt gerade für Zeitschriften, die vor allem gut ausgebildete, besser verdienende und vielseitig interessierte Leser ansprechen.

Die Substituierbarkeit wird nicht dadurch gehindert, dass deutsche und österreichische Zeitschriften einander gegenüberstehen. Das zeigt ein Blick auf die Inserenten, von denen viele ihre Produkte sowohl in Österreich als auch in Deutschland anbieten. Zielpublikum eines Inserenten sind regelmäßig die Leser im gesamten Verbreitungsgebiet; wer in einer deutschen, auch in Österreich vertriebenen Zeitschrift inseriert, will auch österreichische Leser erreichen, wenn er sein Produkt auch auf dem österreichischen Markt anbietet. Dass er in einer österreichischen Zeitschrift inserieren wird, wenn er in erster Linie österreichische Kunden gewinnen will, spricht nicht dagegen, weil deutsche Zeitschriften, jedenfalls in der Regel, weniger österreichische Leser haben als vergleichbare heimische Medien.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

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