OGH 1Nd501/00

OGH1Nd501/003.5.2000

1Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei K***** Gesellschaft mbH, *****vertreten durch Krömer & Nusterer Rechtsanwälte Partnerschaft in St. Pölten, wegen Feststellung (Streitwert 500.000 S) über den Antrag der klagenden Partei auf Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Klagenfurt in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Gesellschaft beauftragte nach den Klageangaben die in St. Pölten domizilierte beklagte Gesellschaft als Generalplaner mit der Planung und Bauüberwachung bei der Errichtung einer näher genannten größeren Anlage, die durch dritte Professionisten errichtet werden sollte. Gegenstand des beim Landesgericht St. Pölten am allgemeinen Gerichtsstand der beklagten Partei anhängigen Rechtsstreits ist das Feststellungsbegehren, die beklagte Partei habe für sämtliche Schäden, die sie der klagenden Partei im Zusammenhang mit der Errichtung dieser Anlage rechtswidrig und schuldhaft verursacht habe, zu haften. Bereits im Klageschriftsatz beantragte die klagende Partei aus prozessökonomischen Gründen die Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht Klagenfurt, weil der Ortsaugenschein und der Sachverständigenbeweis in dessen Sprengel durchzuführen seien und die von ihr beantragten acht Zeugen im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt ihren Wohnsitz hätten.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren mit einer Reihe von Einwänden, ua mit dem der fehlenden aktiven Klagslegitimation, weil ihre Vertragspartnerin nicht die klagende Partei, sondern die T***** GmbH & Co KG gewesen sei. Sie sprach sich ferner gegen die beantragte Delegierung aus, weil mit ihrer Vertragspartnerin als Erfüllungsort und Gerichtsstand St. Pölten vereinbart worden sei. Dazu legte sie ihr Angebot vom 31. Mai 1994 vor, nach dessen Punkt 13. Erfüllungsort und Gerichtsstand der Sitz des Büros des Auftragnehmers, somit St. Pölten ist, sowie die von der T***** GmbH & Co KG - auf der Basis des Anbots - unterfertigte Auftragsbestätigung vom 10. Juni 1994.

Der Delegierungsantrag der klagenden Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden.

Zweckmäßigkeitsgründe bilden etwa der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen oder die Lage des Augenscheinsgegenstands. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit (EFSlg 82.065 uva; Fasching, Lehrbuch2 Rz 209; Mayr in Rechberger2, § 31 JN Rz 4 mwN). Dies ist ua dann der Fall, wenn das Beweisverfahren oder der maßgebliche Teil desselben vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, weil die Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes bedeutsamer erscheint als die Einhaltung der örtlichen Zuständigkeitsordnung.

Beim derzeitigen Aktenstand kann das Vorliegen der Voraussetzungen des § 31 Abs 1 JN für eine Delegierung, die ja nur einen Ausnahmefall darstellen soll (Mayr aaO), nicht bejaht werden, ist doch offenbar vorerst die Frage der Aktivlegitimation zu prüfen, bei der nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass die von der klagenden Partei für ihren Delegierungsantrag ins Treffen geführten Beweismittel, im besonderen der Ortsaugenschein und der Sachverständigenbeweis von Belang sind. Überdies liegt eine Gerichtsstandsvereinbarung, wenngleich mit einem Dritten - den die beklagte Partei als ihre Vertragspartnerin bezeichnet - vor. Wenn der Zuständigkeit eines angerufenen Gerichts (auch) eine Gerichtsstandsvereinbarung zugrundeliegt, ist, abgesehen von einem hier nicht gestellten allseitigen entsprechenden Antrag (6 Nd 513/87, 3 Nd 508/89 ua), eine Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen nur zulässig, wenn nachträglich wesentliche, für die Zweckmäßigkeit der Delegierung sprechende Umstände eintreten, auf die die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung nicht Bedacht nehmen konnten (SZ 33/7; RZ 1987/107 ua, zuletzt 7 Nd 516/99). Dies wurde von der klagenden Partei hier nicht behauptet. Der von Mayr (Die Delegation im zivilgerichtlichen Verfahren in JBl 1983, 293 ff, 299) vertretenen Auffassung, dass der Vereinbarung des Gerichtsstands (§ 104 JN) oder des Erfüllungsorts (§ 88 Abs 1 JN) kein größeres Gewicht beizumessen sei als der gesetzlichen Zuständigkeit, vermochte sich der Oberste Gerichtshof nicht anzuschließen (4 Nd 502/92). Auf die übrigen Einwendungen der beklagten Partei, im besonderen, dass eine Reihe weiterer Zeugen, auch von den das Gewerke ausführenden Unternehmen, zu vernehmen wären, die ihren Wohnsitz nicht im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt haben, muss nicht mehr eingegangen werden.

Der Delegierungsantrag ist abzuweisen, ohne dass zuvor dem Erstgericht noch eine Erklärung nach § 31 Abs 3 JN - die es offenbar versehentlich unterließ - abzufordern gewesen wäre, weil die Entscheidung über den Antrag keiner weiteren "Aufklärung" iSd Gesetzes bedurfte und sich auch der Erstrichter nur zu dem bereits bekannten Akteninhalt hätte äußern können (vgl 3 Nd 507/99).

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