Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 25.512,70 S (darin 4.252,12 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin betreibt in L***** das Einkaufszentrum "U*****-Shopping", in dem über 70 Einzelhandels- und Dienstleistungsunternehmen in einem auf hohem Niveau stehenden Branchenmix eingemietet sind. Die Erstbeklagte, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Drittbeklagte ist, betreibt in P*****, rund einen Kilometer vom Einkaufszentrum der Klägerin entfernt, das Einkaufszentrum "P***** City", das mit seinen zahlreichen Mietern (Einzelhandels- und Dienstleistungsunternehmen) ebenfalls einen auf hohem Niveau stehenden Branchenmix erreicht. Der Zweitbeklagte ist Prokurist der Erstbeklagten und geschäftsführender Gesellschafter der Drittbeklagten.
Die Mieter beider Einkaufszentren zahlen eine Umsatzmiete mit einer fixen Komponente; der wirtschaftliche Erfolg der Mieter wirkt sich somit auf die Ertragslage der Klägerin und der Erstbeklagten aus. Die Vermieter unterstützen ihre Mieter daher in deren Geschäftstätigkeit durch Gemeinschaftswerbung, Gemeinschaftsveranstaltungen, ansprechende Gestaltung der Einkaufszentren und der Gemeinschaftsflächen und sind daran interessiert, einen attraktiven Branchenmix aufrechtzuerhalten.
Mit Vertrag vom 11. 8. 1988 hat die Erstbeklagte Räumlichkeiten in ihrem Einkaufszentrum vermietet; der Vertrag enthält folgende Klausel:
"Der Mieter verpflichtet sich, in einem Einkaufszentrum im Umkreis von einem Radius von 5 km der Shopping City P***** keine weitere Betriebsstätte unter der selben Geschäftsbezeichnung zu unterhalten oder Dritten das Recht einzuräumen, ein Geschäft mit jener Geschäftsbezeichnung, mit der der Mieter in der Shopping City P***** auftritt, in einem in diesem Gebiet gelegenen Einkaufszentrum zu betreiben. Von dieser Regelung ausgenommen sind jene Betriebsstätten, die der Mieter zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses bereits innerhalb des genannten Gebietes betreibt."
Der Mietvertrag kann erstmals zum 31. 12. 2000 gekündigt werden. Nicht in allen Mietverträgen, die die Erstbeklagte mit den Mietern ihres Einkaufszentrums abgeschlossen hat, finden sich gleichartige Bestimmungen.
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit den Beklagten bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils verboten werde,
a) auf Zuhaltung der zwischen einem Bestandnehmer des Einkaufszentrums "P*****-City" in P***** getroffenen Vereinbarung, wonach es dem Bestandnehmer während der aufrechten Dauer seines Bestandverhältnisses untersagt ist, im U*****-Einkaufszentrum in L***** eine weitere Betriebsstätte zu unterhalten, jedenfalls nach Ablauf von fünf Jahren ab Beginn des jeweiligen Bestandverhältnisses, zu bestehen, und
b) mit Bestandnehmern des Einkaufszentrums "P*****-City" in P***** Vereinbarungen zu treffen, die es diesen für die aufrechte Dauer des Bestandverhältnisses ohne zeitliche Beschränkung, insbesondere nach Ablauf von fünf Jahren ab Beginn des jeweiligen Bestandverhältnisses, untersagen, eine weitere Betriebsstätte im U*****-Einkaufszentrum in L***** zu unterhalten.
Die beanstandete Wettbewerbsschutzklausel sei praktisch ausschließlich gegen die Klägerin gerichtet und schränke den freien Wettbewerb sittenwidrig ein. Die Erstbeklagte sichere und erweitere ihren eigenen Kundenkreis auf Kosten der Klägerin, indem sie ihre Mieter kneble und ihnen die Möglichkeit nehme, in einem bestimmten Gebiet ein verdichtetes Netz von Verkaufsstätten zu schaffen, obwohl diese daran interessiert seien. In diesem Verhalten liege auch eine Gebietsbeschränkung, also ein Verstoß gegen § 10 KartG. Die Klägerin nütze ihre marktbeherrschende Stellung als Vermieterin rechtsmissbräuchlich aus. Die beanstandete Wettbewerbsklausel sei - wenn überhaupt - nur für eine Höchstdauer von drei bis fünf Jahren zulässig.
Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrags. Die Zulässigkeit einer gleichartigen Klausel sei bereits in drei Instanzen festgestellt worden. Bei den Einkaufszentren der Streitteile handle es sich um eine europaweit einzigartige Situation. Von einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten könne keine Rede sein. Die Erstbeklagte sei bestrebt, das Angebot in ihrem Einkaufszentrum höherwertig zu halten als jenes im Einkaufszentrum der Klägerin. Diesem Ziel diene die beanstandete Regelung, von der auch die Mieter profitierten, werde doch damit die Abwanderung von Unternehmen bzw der willkürliche Wechsel von Bestandnehmern zwischen den Einkaufszentren verhindert und damit der Branchenmix und die Qualität des Standorts sichergestellt. Eine uniformierte Bestandnehmerstruktur für beide Einkaufszentren wäre schädlich, weil dann für den Konsumenten keine Unterscheidungskriterien vorlägen. Nachvertraglicher Wettbewerb sei nicht verboten. Das Wettbewerbsverbot sei im Vergleich mit der Rechtsprechung zu Bierbezugsverträgen auch aus zeitlicher Sicht nicht unzulässig.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Ein Konkurrenzausschließungsvertrag sei selbst ohne zeitliche und örtliche Beschränkung nicht sittenwidrig, solange es keine Beschränkungen in übergroßem Umfang auferlege oder die wirtschaftliche Selbständigkeit übermäßig einschränke. Die beanstandete Klausel gelte nur während aufrechten Mietvertrags in einem Umkreis von fünf Kilometern und nur für eine Betriebsstätte unter derselben Geschäftsbezeichnung; sie sei im Interesse beider Vertragsparteien zur Qualitätssicherung und Ertragssteigerung zulässig. Von einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten könne keine Rede sein.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Im Prozessrechtsverhältnis zwischen dem Betreiber eines Einkaufszentrums und seinem Mieter sei ein Konkurrenzverbot nach Art des hier beanstandeten vom Obersten Gerichtshof als unbedenklich beurteilt worden; gleiches habe auch hier zu gelten. Zwischen den Streitteilen herrsche Waffengleichheit in dem Sinne, dass es auch der Klägerin freistehe, mit ihren Mietern gleichartige Vereinbarungen zu treffen. Eine Wettbewerbsbeschränkung nach § 10 KartG liege nicht vor, weil es der Klägerin freistehe, beliebige andere Mieter in ihr Einkaufszentrum hineinzunehmen. Eine Beeinträchtigung des Handels auf dem gemeinsamen Markt sei nicht zu erkennen, weil dieser nicht verlange, dass ein Unternehmer zwei Standorte in benachbarten Objekten innnerhalb derselben Gemeinde haben müsse.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Klägerin ist entgegen der Meinung der Beklagten zulässig, weil ein vergleichbarer Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof bisher nicht entschieden worden ist; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Die Klägerin vertritt den Standpunkt, die beanstandete Vertragsklausel sei ausschließlich gegen sie gerichtet und differenziere unsachlich, weil sie nur ein weiteres Verkaufslokal in einem Einkaufszentrum untersage. Die Regelung behindere massiv den freien Wettbewerb zwischen den Streitteilen und enge die Mieter der Erstbeklagten in ihrer wirtschaftlichen Selbständigkeit gravierend ein, zumal sie unbefristet für die gesamte Vertragsdauer gelte. Letzteres mache die Gebietsbeschränkung (auch unter gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten) kartellrechtlich relevant. Dem kann nicht beigepflichtet werden.
Niemand hat im Wettbewerb Anspruch auf die Wahrung seiner Position; nur die Art und Weise, wie die Beeinträchtigung des Mitbewerbers geschieht, kann eine Wettbewerbshandlung unzulässig machen (EvBl 1993/99 = ÖBl 1993, 13 - Nissan-Kundendienst; ÖBl 1997, 61 - Stiftsparkplatz; ÖBl 1997, 158 - S-Powerfrauen). Jede Wettbewerbshandlung ist schon ihrer Natur nach geeignet, den Mitbewerber in seinem Streben nach Geschäftsabschlüssen und Gewinn zu beeinträchtigen. Nicht jeder Wettbewerb, der den Mitbewerber schädigt und verdrängt, ist daher bereits ein Behinderungswettbewerb; Sinn und Zweck des wirtschaftlichen Wettbewerbs ist es ja, in den Kundenkreis des Mitbewerbers einzudringen und ihm durch die Güte und die Preiswürdigkeit der eigenen Leistung Kunden abzunehmen.
Sittenwidriger Behinderungswettbewerb liegt erst dann vor, wenn ein
Unternehmer durch das Mittel der Behinderung des Konkurrenten zu
erreichen sucht, dass dieser Mitbewerber seine Leistung auf dem Markt
nicht oder nicht mehr rein zur Geltung bringen kann; in diesem Fall
ist die Verdrängung des Mitbewerbers vom Markt nicht eine
unvermeidliche, begriffswesentliche Folge des Wettbewerbs, sondern im
Gegenteil die Folge der Ausschaltung des Mitbewerbers vom
Leistungswettbewerb. Ein solches Vorgehen beeinträchtigt nicht nur
die freie wirtschaftliche Betätigung des Konkurrenten; sie gefährdet
zugleich das Bestehen des Wettbewerbs als solchen, welchen § 1 UWG im
Interesse der Gesamtheit der Mitbewerber und darüber hinaus der
Allgemeinheit schützen will. Daraus folgt, dass jedenfalls Maßnahmen,
die ihrer Natur nach allein der Behinderung des Mitbewerbers dienen,
regelmäßig wettbewerbswidrig sind; typische Mittel des
Leistungswettbewerbs sind dagegen grundsätzlich erlaubt und nur unter
Hinzutreten besonderer Umstände, die den Leistungs- zum
Behinderungswettbewerb machen, unlauter (ÖBl 1993, 216 = MR 1993, 232
= ecolex 1994, 109 - Jahresbonifikation mwN; ecolex 1994, 181 = ÖBl
1994, 60 - Indikationszeugnis; ÖBl 1998, 229 = WBl 1998, 320 -
Nintendo; MR 1999,244 = ÖBl 1999, 275 - Anzeigenzeitung "Go"; RdW
1999, 657 = WBl 1999, 475 = ÖBl 2000, 82 - Jahresbonus).
Die Streitteile vermieten in unmittelbarer räumlicher Nähe gewerblich zu nutzende Räume an Unternehmen. Die beanstandete Vertragsklausel, die die Erstbeklagte mit manchen ihrer Mieter vereinbart, ist als (räumlich beschränkter) Exklusivbindungsvertrag zu beurteilen, hat sie doch zur Folge, dass der dadurch gebundene Mieter mit Wettbewerbern des Vermieters (innerhalb des örtlichen Geltungsbereichs der Exklusivbindung) nicht mehr kontrahieren kann. In wettbewerbsrechtlicher Sicht ist eine solche Vereinbarung deshalb einer exklusiven Bezugsbindung vergleichbar. Eine solche ist nach Lehre und Rechtsprechung im Regelfall mit § 1 UWG vereinbar (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 33 Rz 30; SZ 49/146 = ÖBl 1977, 93 - Treuebonus). Bezugsbindungen können allerdings unter besonderen Umständen auch im Verhältnis zu Mitbewerbern wettbewerbswidrig werden, so insbesondere dann, wenn dadurch für die Zukunft ein echter Leistungsvergleich ausgeschlossen, ein Mitbewerber verdrängt und damit der freie Wettbewerb ausgeschlossen wird (SZ 49/146 = ÖBl 1977, 93 - Treuebonus mwN).
Im Lichte dieser Grundsätze ist den Vorinstanzen darin beizupflichten, dass die beanstandete Vertragsklausel mit § 1 UWG vereinbar ist. Zwar wirkt die Konkurrenzklausel ausschließlich zu Lasten der Klägerin, die als einzige Mitbewerberin im vereinbarten örtlichen Geltungsbereich ein Einkaufszentrum betreibt, und erschwert es ihr möglicherweise, Mieter für ihr Einkaufszentrum zu gewinnen. Dies allein macht das Verhalten der Erstbeklagten aber noch nicht wettbewerbswidrig. Hinzutretende besondere Umstände einer Behinderung sind nämlich nicht ersichtlich. Der Klägerin ist es nicht völlig unmöglich, auf Grund der bekämpften Verhaltensweise der Beklagten ihre eigenen Leistungen auf dem Markt zur Geltung zu bringen:
Einerseits verlangt die Erstbeklagte nicht jedem ihrer Mieter die beanstandete Vertragsklausel ab; andererseits steht einem Gewerbetreibenden, der sich in der betreffenden Gemeinde in einem Einkaufszentrum einmieten möchte, die uneingeschränkte Wahlmöglichkeit offen, sich auf Grund eigener unternehmerischer Entscheidung entweder für die Erstbeklagte oder für die Klägerin als Vermieterin zu entscheiden, sodass letzlich die Attraktivität der angebotenen Konditionen im Leistungswettstreit zwischen den Vermietern den Ausschlag geben wird. Selbst eine einmal getroffene Entscheidung zugunsten eines bestimmten Vermieters kann nachträglich (durch Kündigung des Mietvertrags) wieder korrigiert werden, weil die Konkurrenzklausel nur während des aufrechten Vertragsverhältnisses Gültigkeit besitzt.
Ein an sich zulässiges Marktverhalten kann bei Hinzutreten des verwerflichen Zwecks, den Mitbewerber zu schädigen oder zu vernichten, wettbewerbswidrig sein (vgl Baumbach/Hefermehl UWG21 UWG § 1 Rz 255 und Koppensteiner aaO § 33 Rz 54 jeweils zur Fallgruppe des Preisunterbietens). Anhaltspunkte dafür, es komme den Beklagten durch die Verwendung der Konkurrenzklausel nicht nur darauf an, ihre Mitbewerberin zu überflügeln, vielmehr sei deren Vernichtung das Hauptziel ihres Verhaltens, liegen nicht vor.
Die Klägerin hat weder behauptet noch bescheinigt, dass die Beklagten auf dem inländischen örtlichen Teilmarkt für Geschäftsraumvermietung in Einkaufszentren (der angesichts der Mobilität der Konsumenten nicht nur die betroffene Gemeinde, sondern wegen dessen unmittelbarer Nachbarschaft zumindest auch das Gebiet der Landeshauptstadt L***** umfasst) einen Anteil von mehr als 25 % besitze (§ 16 KartG); umso weniger ist im Sachverhalt eine auf dem Gemeinsamen Markt spürbare Wettbewerbsbeschränkung zu erkennen. Schon aus diesem Grund ist den kartellrechtlichen Überlegungen der Rechtsmittelwerberin der Boden entzogen. Dem Revisionsrekurs war deshalb insgesamt ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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