OGH 2Ob91/00x

OGH2Ob91/00x13.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Markus Groh, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ***** Versicherungs AG, ***** vertreten durch Dr. Oswald Karminski-Pielsticker, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 212.044,61 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14. Dezember 1999, GZ 15 R 182/99s-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 12. August 1999, GZ 23 Cg 70/97a-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 151.179,25 samt 4 % Zinsen ab 16. 9. 1996 zu bezahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung von S 60.865,36 samt 4 % Zinsen ab 16. 9. 1996 wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 34.627,72 bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

20.849 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.487,80 und Barauslagen von S 11.920) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Gustav B***** wurde am 2. 1. 1995 bei einem Verkehrsunfall, für dessen Folgen die beklagte Partei als Haftpflichtversicherung aufzukommen hat, verletzt.

Die klagende Partei begehrt die Zahlung von S 212.044,61 sA mit der Begründung, Gustav B***** sei in ihrem Unternehmen als Kraftfahrer beschäftigt gewesen. Wegen der Unfallsfolgen sei er vom 2. Jänner 1995 bis zum 29. Februar 1996 krank gemeldet gewesen und per 1. März 1996 in die Berufsunfähigkeitspension eingetreten. Die klagende Partei sei gesetzlich zur Lohnfortzahlung verpflichtet gewesen, sie habe den Klagsbetrag von S 212.044,61, darin enthalten eine Urlaubsentschädigung in der Höhe von S 60.865,36, bezahlt.

Die beklagte Partei wendete ua ein, die Urlaubsentschädigung könne nicht als unfallsbedingter Verdienstentgang gewertet werden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte im Wesentlichen fest, Gustav B***** sei aufgrund seiner schweren, beim Unfall vom 2. 1. 1995 erlittenen Verletzungen vom 2. 1. 1995 bis 28. 2. 1996 im Krankenstand gewesen und beziehe ab 1. 3. 1996 eine Berufsunfähigkeitspension. Da er bis Ende Februar 1996 im Krankenstand gewesen sei, habe er seinen Urlaub im Ausmaß von 42 Tagen nicht konsumieren können. Die Entschädigung für 42 Tage Werktage nicht konsumierten Urlaubs betrage S 60.865,36.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Schädiger bzw seine Haftpflichtversicherung hätten den auf den Dienstgeber überwälzten Schaden des Dienstnehmers zu ersetzen. Die von der klagenden Partei bezahlte Urlaubsentschädigung sei ebenso wie die Leistungen im Rahmen der Entgeltfortzahlung auf den Schädiger überwälzbar.

Das gegen den Zuspruch eines Teilbetrages von S 60.865,36 (Urlaubsentschädigung) von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte die angefochtene Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, es könne keine Rede davon sein, dass die Urlaubsentschädigung einer anderen Person als dem Dienstnehmer zukäme. Dieser habe grundsätzlich Anspruch auf Urlaub, wobei die arbeitsfreie Zeit in die Höhe des Gehaltes während des Urlaubsjahres einkalkuliert werde. Sei der Dienstnehmer infolge eines mehr als einjährigen unfallskausalen Krankenstandes bis zu seiner Pensionierung nicht in der Lage, seinen Urlaub zu konsumieren, dann stehe ihm eine entsprechende Urlaubsentschädigung zu. Diese Regelung habe zur Folge, dass der geschädigte Dienstnehmer geschützt werde, der Dienstgeber während dieser Zeit aber nicht nur das reguläre Grundgehalt weiterbezahlen müsse, sondern dazu auch noch die Urlaubsentschädigung. Da dies aus Gründen erfolge, die der Schädiger zu vertreten habe, erweise sich auch dies als ein Fall der Schadensverlagerung mit der Konsequenz, dass die beklagte Partei dem klagenden Dienstgeber ersatzpflichtig sei.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil keine grundsätzliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Schadensverlagerung bei Urlaubsentschädigung gefällt worden sei.

Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben bzw dahin abzuändern, dass das Mehrbegehren über den vom Erstgericht zugesprochenen Betrag von S 151.179,25 sA abgewiesen werde.

Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Partei keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Der erkennende Senat hat sich erst jüngst in der Entscheidung vom 25. 11. 1999, 2 Ob 187/98h, mit der Frage der Ersatzfähigkeit der Urlaubsentschädigung befasst. In dieser Entscheidung wurde unter Berufung auf die Lehre (Krejci, Schadenersatz wegen Verdienstentganges trotz Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers, ZVR 1995, 8 [17]) ausgeführt, die Urlaubsentschädigung drücke in Geld aus, was dem Dienstnehmer dadurch entgehe, dass er angesichts der gegebenen Umstände seinen Urlaub nicht konsumieren könne; diese Anspruchswandlung habe der Schädiger zwar verursacht, darin sei aber kein Verdienstentgang zu sehen, weshalb der Dienstgeber vom Schädiger die ausbezahlte Urlaubsentschädigung nicht im Regressweg fordern dürfe. Ein allfälliger zusätzlicher immaterieller Schaden, dass der Urlaub nicht genossen werden könne, sei durch die Urlaubsentschädigung nicht abgegolten, doch sei diesbezüglich für den Fall, dass auch dieser ideelle Schaden zu ersetzen sei, allein der Dienstnehmer anspruchsberechtigt.

Von dieser Rechtsprechung abzugehen besteht im vorliegenden Fall kein Anlass, weshalb der Revision stattzugeben und das Begehren auf Zahlung einer Urlaubsentschädigung abzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 43, 50 ZPO. Im Verfahren erster Instanz ist die klagende Partei mit etwa 70 % durchgedrungen, weshalb sie Anspruch auf Ersatz von 40 % ihrer Kosten (ohne Barauslagen) und von 70 % der Barauslagen hat. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz (ohne Barauslagen) betrugen S 45.769,80 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 7.628,30), 40 % hievon ergeben S 18.307,92. Die Barauslagen betrugen S 23.314, 70 % hievon ergeben S 16.319,80. Daraus erfolgt eine Kostenersatzpflicht der beklagten Partei für das Verfahren erster Instanz in der Höhe von S 34.627,72. Im Rechtsmittelverfahren ist die beklagte Partei voll durchgedrungen, weshalb die klagende Partei insoweit kostenersatzpflichtig ist.

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