Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich des als unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Teils - insgesamt wie folgt zu lauten hat:
"Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin gegenüber der Beklagten auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der Beklagten ab sofort und bis zur Rechtskraft des über diese Klage ergehenden Urteils geboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei der Akquisition von Werbeeinschaltungen im/für einen von der Beklagten erstellten bzw. zu erstellenden Ortsplan, insbesondere im/für einen Stadtplan von G*****, die Behauptung zu unterlassen, der Ortsplan, insbesondere der Stadtplan G*****, werde von der jeweiligen Tourismusorganisation der Gemeinde, insbesondere dem Tourismusbüro der Stadt G*****, verbreitet oder verteilt, wenn die Beklagte weder mit der jeweiligen Gemeinde, insbesondere der Stadt G*****, noch mit deren Tourismusorganisation eine Vereinbarung über die Verbreitung eines solchen Ortsplans getroffen hat.
Das Mehrbegehren, der Beklagten auch die Behauptung zu untersagen, der Stadtplan werde von sonstigen Ämtern oder Behörden verbreitet oder verteilt, wird abgewiesen.
Die Beklagte hat ihre Äußerungskosten endgültig selbst zu tragen."
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin betreibt einen kartografischen Verlag, aus dem (ua) der offizielle Stadtplan für G***** stammt. Der - durch Inserate finanzierte - Stadtplan wird von der G***** GmbH aufgrund einer Vereinbarung mit der Klägerin exklusiv vertrieben.
Die Stadt G***** ist an der G***** GmbH mit 51 % beteiligt. Aufgabe der G***** GmbH ist es, für G***** zu werben und touristische Belange auf dem Gebiet des Fremdenverkehrs und Tourismus wahrzunehmen.
Auch die Beklagte verlegt einen Stadtplan für G*****, der ebenfalls durch Werbeeinschaltungen finanziert wird. Sie hat vom Vorstand der Abteilung 15 des Magistrats der Stadt G*****, dem Amt für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung, die Erlaubnis erhalten, den Stadtplan im Eingangsbereich des Amts aufzulegen. Auf ihrer - bei der Anzeigenakquisition unbestrittenermaßen vorgezeigten - Verteilerliste führt die Beklagte das "Tourismusbüro der Stadt G*****" an; von ihr gemeint ist damit die Magistratsabteilung 15, die als "Tourismusbüro der Stadt G*****" bezeichnet wird.
Am 7. 10. 1999 verständigte die G***** GmbH die Beklagte, dass sie nicht in der Lage sei, den Stadtplan der Beklagten zu verteilen, weil mit einem anderen Unternehmen ein Exklusivvertrag bestehe. Die Beklagte machte ihre Mitarbeiter darauf aufmerksam, dass das auf der Verteilerliste angeführte "Tourismusbüro der Stadt G*****" nicht mit der G***** GmbH identisch sei. Sie wollte dadurch verhindern, dass bei der Anzeigenakquisition irrtümlich Aussagen über eine - nicht bestehende - Zusammenarbeit mit der G***** GmbH gemacht würden.
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu gebieten, ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei der Akquisition von Werbeeinschaltungen im/für einen von der Beklagten erstellten bzw. zu erstellenden Ortsplan, insbesondere im/für einen Stadtplan von G*****, die Behauptung, dass der Ortsplan, insbesondere der Stadtplan G*****, von der jeweiligen Tourismusorganisation der Gemeinde, insbesondere dem "Tourismusbüro der Stadt G*****", oder von sonstigen Ämtern oder Behörden verbreitet oder verteilt werde, zu unterlassen, wenn die Beklagte weder mit der jeweiligen Gemeinde, insbesondere der Stadt G*****, noch mit deren Tourismusorganisation oder sonstigen Ämtern oder Behörden eine Vereinbarung über die Verbreitung eines solchen Ortsplans getroffen hat. Die Beklagte verstoße gegen § 2 UWG, weil sie bei der Anzeigenaquisition tatsachenwidrig behaupte, ihr Stadtplan werde von der Stadt G***** bzw. von deren Tourismusorganisation verbreitet. Das Interesse an einem derartigen Inserat sei um so größer, je größer die Nähe des Stadtplans zu offiziellen Stellen, wie des jeweiligen Fremdenverkehrsverbands, sei. Die Verbreitung durch solche Organisationen verbürge eine entsprechende Effizienz der Werbung. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben betraute Behörden, wie Polizei- oder Gendarmerie-Dienststellen, für die Geschäfte der Beklagten eingespannt werden.
Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Weder sie noch ihre Mitarbeiter hätten je behauptet, mit der G***** GmbH zusammenzuarbeiten. Sie sei ein auf polizei- und behördenbezogene Publikationen spezialisiertes Unternehmen. Diese Erfahrungen und Verbindungen nütze sie, um den Stadtplan von G***** auch über Polizei- und Gendarmeriedienststellen zu verbreiten.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Klägerin habe ihren Unterlassungsanspruch nicht ausreichend bescheinigt. Nach dem festgestellten Sachverhalt habe die Beklagte nicht wettbewerbswidrig gehandelt. Sie erwecke im Zuge der Anzeigenakquisition nicht den Anschein, gleichsam einen offiziellen Stadtplan der Stadt G***** zu verbreiten, noch werbe sie mit einer Verteilung ihres Stadtplans durch die G***** GmbH. Auf ihrer Verteilerliste führe sie nur das "Tourismusbüro der Stadt G*****" und damit die Magistratsabteilung für Wirtschaft und Tourismus an. Wettbewerbsrechtlich bedeute es keinen Unterschied, ob der Stadtplan "verteilt" oder "aufgelegt" werde; der Werbeeffekt sei in beiden Fällen gleich. Für das Begehren, der Beklagten die Behauptung zu untersagen, ihr Stadtplan würde von sonstigen Ämtern und Behörden verbreitet/verteilt, finde sich im festgestellten Sachverhalt überhaupt keine Grundlage.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Sicherungsbegehren der Klägerin stelle auf "die jeweilige Tourismusorganisation der Gemeinde ... oder sonstige Ämter und Behörden..." und damit eindeutig auf den hoheitlichen Bereich ab. Die Beklagte habe bescheinigt, dass der Vorstand der Magistratsabteilung 15 der Auflage ihres Stadtplans im Eingangsbereich des Amtes zugestimmt hat. Die Magistratsabteilung 15 sei als - zum Hoheitsbereich zählende - Tourismusorganisation der Stadt G***** zu betrachten. Die beanstandete Behauptung sei daher nicht tatsachenwidrig und damit auch nicht wettbewerbswidrig.
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin bekämpft diesen Beschluss insoweit, als der auf die Unterlassung der Behauptung, der Ortsplan, insbesondere der Stadtplan G*****, werde von der jeweiligen Tourismusorganisation der Gemeinde, insbesondere dem Tourismusbüro der Stadt G*****, verbreitet oder verteilt, gerichtete Sicherungsantrag abgewiesen wird; ihr außerordentlicher Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Der Klägerin ist zuzustimmen, dass das Rekursgericht den Inhalt des Sicherungsantrags verkannt hat. Wie sich sowohl aus dem Begehren als auch aus seiner Begründung ergibt, strebt die Klägerin nicht ein Verbot an, das die Beklagte hindert, die Verteilung ihres Stadtplans im Rahmen der Hoheitsverwaltung zu behaupten, sondern sie will erreichen, dass die Beklagte nicht den Anschein erwecken darf, ihr Stadtplan werde von der "Tourismusorganisation" der Gemeinde, dem "Tourismusbüro der Stadt G*****", verteilt. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich eindeutig, dass sie damit entgegen der Auffassung des Rekursgerichts nicht den hoheitlichen Bereich meint. Dass sie im Anschluss daran von "sonstigen Ämtern und Behörden" spricht, bezieht sich auf die Verbreitung des Stadtplans über Polizeidienststellen und Gendarmerieposten. Insoweit bleibt der Beschluss des Rekursgerichts unangefochten, womit dem Begehren der Beklagten nach "Einschränkung" des Unterlassungsgebots Rechnung getragen ist.
Ob die Behauptung der Beklagten, ihren Stadtplan auch über das "Tourismusbüro der Stadt G*****" zu verteilen, zur Irreführung geeignet ist, bestimmt sich in erster Linie danach, was die angesprochenen Verkehrskreise unter "Tourismusbüro der Stadt G*****" verstehen.
Nach dem festgestellten Sachverhalt wird die Magistratsabteilung 15 als "Tourismusbüro der Stadt G*****" bezeichnet. Daraus folgt noch nicht, dass dies ganz allgemein für die angesprochenen Verkehrskreise gilt. Gegen ein solch allgemeines Verständnis spricht, dass die Stadt G***** die G***** GmbH beauftragt hat, für G***** zu werben, und dass die Beklagte es für notwendig erachtet hat, ihre Mitarbeiter darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem auf der Verteilerliste angegebenen "Tourismusbüro der Stadt G*****" nicht um die G***** Tourismus GmbH handle. Ist der Ausdruck aber mehrdeutig, dann muss die Beklagte die für sie ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (stRsp ua ecolex 1993, 760 = ÖBl 1993, 161 = WBl 1994, 31 - Verhundertfachen Sie Ihr Geld mwN).
Wird unter dem auf der Verteilerliste angegebenen "Tourismusbüro der Stadt G*****" (auch) die G***** GmbH verstanden, dann ist diese Angabe zur Irreführung geeignet, weil der Stadtplan der Beklagten von der G***** GmbH nicht verteilt wird. Der Stadtplan wird im übrigen auch von der Magistratsabteilung 15 nicht verteilt, sondern darf dort nur zur Entnahme aufgelegt werden. Dieser Unterschied ist für die Werbewirkung der Inserate keineswegs bedeutungslos. Es liegt nämlich auf der Hand, dass die auf dem in einem Amt zur Entnahme aufgelegten Stadtplan aufgedruckten Inserate weniger Personen erreichen werden als die auf einem von der offiziellen Tourismusorganisation verteilten Stadtplan.
Der Sicherungsantrag ist demnach insoweit berechtigt, als der Beklagten die Behauptung untersagt werden soll, dass der Ortsplan, insbesondere der Stadtplan G*****, von der jeweiligen Tourismusorganisation der Gemeinde, insbesondere dem "Tourismusbüro der Stadt G*****" verbreitet oder verteilt werde.
Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 43 Abs 2, § 50 ZPO. Die Teilabweisung betrifft nur einen verhältnismäßig geringfügigen Teil des Anspruchs, dessen Geltendmachung keine besonderen Kosten verursacht hat.
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