OGH 4Ob89/00t

OGH4Ob89/00t12.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Kurt F*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A***** GmbH, ***** wider die beklagte Partei Dr. Manfred V*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Broesigke, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, infolge Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 21. September 1999, GZ 17 R 142/99y-57, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 23. April 1999, GZ 24 Cg 38/96a-53, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 19.080 S bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 3.180 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A***** GmbH. Der Konkurs wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 29. 11. 1994 eröffnet. Der Beklagte war als Rechtsanwalt für die A***** GmbH tätig.

Die A***** GmbH hat im Jahr 1992 das aus 37 Reihenhäusern bestehende Bauvorhaben "F*****park" geplant. Sie hat den Erwerb des Grundstücks durch einen Kredit der Bank ***** finanziert, den der Beklagte als Treuhänder abwickelte. In der Folge beauftragte ihr Geschäftsführer Walter S***** den Beklagten, die Baukostenfinanzierung durch die Bank ***** zu organisieren. Walter S***** nahm an, dass es durch Vermittlung des Beklagten leichter sein werde, einen weiteren Kredit zu erhalten.

Der Beklagte verlangte eine Akontozahlung auf das Honorar. Walter S***** lehnte die Forderung des Beklagten wegen der angespannten finanziellen Lage der A***** GmbH ab. Er schlug die Vereinbarung eines Erfolgshonorars vor, weil die A***** GmbH ohne Zuzählung des Kredits nicht in der Lage gewesen wäre, das Honorar zu zahlen. Letztlich einigten sich der Beklagte und Walter S*****, dass der Beklagte das Honorar nur erhalten sollte, wenn die A***** GmbH den Kredit erhielt. Als Ausgleich für das damit übernommene Risiko, für seine Leistungen kein Entgelt zu erhalten, verlangte der Beklagte von Walter S*****, im Erfolgsfall auch mit der Errichtung sämtlicher Kaufverträge über die Reihenhäuser betraut zu werden. Da die Beteiligten nicht wussten, ob die Bank ***** wieder die Übernahme einer Treuhandschaft und/oder die Verbücherung eines Pfandrechts verlangen würde, wurde vereinbart, dass auch diese Leistungen durch das vereinbarte Honorar abgegolten sein sollten.

Der Beklagte hielt den ihm mündlich erteilten Auftrag und die Honorarvereinbarung am 11. 11. 1992 in einem von (ua) Walter S***** für die A***** GmbH unterfertigten Aktenvermerk wie folgt fest:

"... Ich werde beauftragt, auf Namen und Rechnung der A***** GmbH die Baukostenvorfinanzierung bei der Bank ***** zu betreiben, die Treuhandschaft zu übernehmen und die Grundstücksdurchführung der Baukostenvorfinanzierungs- pfandrechte zu übernehmen.

Für den Erfolgsfall wird ein Pauschalhonorar von 3 % der Gesamtfinanzierungssumme zzgl. USt und Barauslagen vereinbart. Fällig bei Kreditausschüttung.

Für diesen Erfolgsfall wird Dr. V***** auch beauftragt, die Kaufverträge für die 37 Reihenhäuser, wobei den Kunden eine Pauschale von 2,5 % der Gesamtkaufpreise plus USt, plus Barauslagen verrechnet wird, für Kaufvertragserrichtung, FA-Anzeige, grundbücherliche Durchführung des Eigentumsrechts und Treuhandschaft für den Kaufpreis zwischen den Vertragsparteien."

Um den Kredit zu erhalten, waren der Bank ***** verschiedene Unterlagen vorzulegen, in denen das Projekt so gut dargestellt war, dass die Kreditgewährung völlig unproblematisch war. Die Bank ***** erachtete es auch nicht für notwendig, den Beklagten als Treuhänder zu betrauen. Das Pfandrecht für den in Höhe von 19,000.000 S gewährten Kredit ließ die Bank ***** ohne Einschaltung des Beklagten (oder eines anderen Rechtsanwalts) einverleiben.

Am 14. 1. 1993 teilte die Bank ***** der A***** GmbH mit, dass die zugesagte Baukostenfinanzierung von 19,000.000 S erst dann in Anspruch genommen werden könne, wenn sich "der Treuhänder" Dr. Manfred V***** verpflichte, die grundbücherlich angemerkte Rangordnung für die Veräußerung der Liegenschaft der A***** GmbH ausschließlich für die Einverleibung der Eigentumsrechte der Käufer und nicht gegen das von der Bank ***** noch einzuverleibende Höchstbetragspfandrecht von 24,700.000 S zu verwenden. Mit Schreiben vom 18. 1. 1993 gab der Beklagte die gewünschte Erklärung ab. Im Februar 1993 überwies ihm die Bank ***** als Akonto auf die Kreditsumme 925.000 S. Der Beklagte behielt davon 684.000 S als das vereinbarte Pauschalhonorar ein.

Dies ärgerte Walter S*****; er hatte sich vorgestellt, dass der Beklagte sein Honorar je nach Bauabschnitt erhalten werde. Besprochen oder vereinbart war eine solche Vorgangsweise jedoch nicht. Der Einbehalt des gesamten Honorars durch den Beklagten war mit ein Grund dafür, dass die A***** GmbH mit Schreiben vom 23. 2. 1993 sämtliche dem Beklagten erteilte Aufträge und Vollmachten widerrief. Ein weiterer Grund lag darin, dass der Beklagte trotz eines mit Alexandra S*****, der Tochter von Walter S*****, vereinbarten Pauschalhonorars für eine Grundstückstransaktion von 45.000 S 70.000 S verrechnet und wegen Nichtzahlung geklagt hatte. Im Verfahren hatte sich herausgestellt, dass dem Beklagten auch nach dessen eigenem Rechtsstandpunkt nur 60.000 S zustanden; zu den 70.000 S war er durch einen Rechenfehler gekommen. Für Walter S***** war durch diese beiden Vorfälle die Vertrauensbasis zwischen ihm und dem Beklagten zerstört.

Der Beklagte hat in der Zeit vom 31. 7. 1992 bis 25. 2. 1993 im Zusammenhang mit der Kreditgewährung für das Bauvorhaben "F*****park" verschiedene Leistungen, wie Konferenzen, Telefonate, Briefe und auswärtige Verrichtungen, erbracht. Für diese Leistungen ist (inklusive Umsatzsteuer) ein Honorar von 244.353,60 S angemessen. Die bloße Übernahme einer Treuhandschaft rechtfertigt kein Honorar.

Bis zur Konkurseröffnung konnte die A***** GmbH zwei Häuser im Rohbau mit Grund zu je 750.000 S und ein unbebautes Grundstück um 350.000 S verkaufen.

Der Kläger begehrt 684.000 S. Der Beklagte habe den ihm erteilten Auftrag nicht ausgeführt. Er habe weder eine Treuhandschaft übernommen noch das Pfandrecht einverleiben lassen. Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars sei nichtig, weil das Honorar in einem Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen stehe. In Wahrheit sei mit dem Beklagten eine Provision für die Kreditvermittlung vereinbart worden. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars auf Provisionsbasis verstoße gegen § 52 RL-BA. Der einem Rechtsanwalt erteilte Auftrag könne jederzeit widerrufen oder gekündigt werden. Ein Widerrufsverzicht wäre sittenwidrig. Der Auftrag sei aber ohnehin aus wichtigem Grund widerrufen worden. Ein allfälliger Schadenersatzanspruch des Beklagten wäre im Übrigen verjährt.

Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Er habe die vereinbarten Leistungen erbracht und das vereinbarte Honorar verrechnet. Zur Übernahme der Treuhandschaft und die Abwicklung der Einverleibung des Pfandrechts sei er bereit gewesen; seine Leistungen seien aber, von der von der Bank ***** geforderten Erklärung über die Ausnützung der Rangordnung abgesehen, insoweit nicht in Anspruch genommen worden. Er habe wegen der Vereinbarung eines Pauschalhonorars kein detailliertes Leistungsverzeichnis geführt, jedenfalls aber so viele Leistungen erbracht, dass das nach den AHR zu verrechnende Honorar die vereinbarte Summe überschritten habe. Die A***** GmbH habe seine Honorarforderung anerkannt. Ihm sei durch den unbegründeten Widerruf des Auftrags, die Kaufverträge für die Reihenhäuser zu errichten, ein Schaden in Millionenhöhe erwachsen. Er werde seine Schadenersatzforderung compensando gegen die Klageforderung ein.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung mit 439.646,40 S zu Recht, die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe und dass der Beklagte daher schuldig sei, der Klägerin 244.353,60 S sA zu zahlen. Die Gemeinschuldnerin habe die Honorarforderung nicht anerkannt. Die mit dem Beklagten getroffene Vereinbarung eines prozentuellen Pauschalhonorars auf Erfolgsbasis sei unzulässig; dem Beklagten stehe daher nur das sich bei Abrechnung seiner Leistungen nach den AHR ergebende Honorar zu. Der Beklagte habe keine Treuhandschaft übernommen; die dafür in Anspruch genommene Vergütung stehe ihm daher nicht zu. Die Schadenersatzforderung des Beklagten bestehe nicht zu Recht. Die A***** GmbH habe den Auftrag aus wichtigem Grund widerrufen. Durch die Vorgangsweise des Beklagten sei die Vertrauensbasis massiv erschüttert worden. Der Beklagte wäre aber keinesfalls in die Lage gekommen, Kaufverträge für sämtliche Reihenhäuser zu errichten, weil bis zur Konkurseröffnung nur zwei Häuser im Rohbau und ein unbebautes Grundstück verkauft worden seien.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das zwischen der A***** GmbH und dem Beklagten vereinbarte Pauschalentgelt sei in Wirklichkeit ein Maklerlohn gewesen, dessen Annahme dem Rechtsanwalt untersagt sei. Dem Beklagten stehe nur das vom Erstgericht festgestellte Honorar zu.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; die Revision ist aber nicht berechtigt.

Der Beklagte bekämpft die Auffassung des Berufungsgerichts, dass er mit der A***** GmbH einen Maklerlohn vereinbart habe. Seine Aufgabe sei es nicht gewesen, einen Kredit zu vermitteln, sondern ihn abzuwickeln.

Dem hält der Kläger entgegen, dass es Aufgabe des Beklagten gewesen sei, auf die Bank ***** einzuwirken, damit diese der A***** GmbH einen Kredit gewähre. Da nur für den Erfolgsfall ein Entgelt vereinbart gewesen sei, habe es sich dabei um eine verbotene Provision gehandelt.

Der Kläger bezieht sich damit auf § 52 der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs, für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwalts und für die Ausbildung der Rechtsanwaltsanwärter (RL-BA 1977). Danach ist es dem Rechtsanwalt ausnahmslos untersagt, für seine Tätigkeit einen Maklerlohn (Provision) zu vereinbaren oder entgegenzunehmen. Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars ist hingegen zulässig; der Rechtsanwalt darf das Honorar allerdings nur in einem Ausmaß vereinbaren, das an der für durchschnittliche Leistungen gebührenden Entlohnung gemessen nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Wert des Gegenstands, zur voraussichtlichen Leistung oder zum angestrebten Ergebnis steht (§ 50 RL-BA 1977).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte mit der A***** GmbH ein Honorar vereinbart, das ihm in dieser Höhe keinesfalls zusteht, und zwar unabhängig davon, ob es als Maklerlohn oder als Pauschalhonorar gewertet wird. Als Pauschalhonorar steht es in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den zu erbringenden und auch tatsächlich erbrachten Leistungen; als Maklerlohn kann es der Beklagte wegen des in § 52 RL-BA 1977 normierten Verbots nicht fordern. In beiden Fällen hat der Beklagte nur Anspruch auf das angemessene und ihm auch zuerkannte Entgelt für die von ihm tatsächlich erbrachten Leistungen. Es kann daher offen bleiben, ob § 52 RL-BA auch Vereinbarungen erfasst, die, wären sie nicht vom Erfolg abhängig gemacht, als Vereinbarung eines Pauschalhonorars wirksam wären, weil sie nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Wert des Gegenstands, zur voraussichtlichen Leistung oder zum angestrebten Ergebnis stehen.

Soweit der Beklagte behauptet, dass das vereinbarte Entgelt angemessen sei, widerspricht sein Vorbringen dem festgestellten Sachverhalt. Im Widerspruch zu den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen steht auch seine Behauptung, bei der Kreditabwicklung als Treuhänder tätig geworden zu sein. Die Bank ***** hat seine Dienste als Treuhänder nicht benötigt, weil die A***** GmbH bereits Eigentümerin der Bauliegenschaft war. Daran hat auch die Verwahrung des Beschlusses über die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung nichts geändert. Der Beklagte ist weder durch die Verwahrung des Beschlusses noch durch seine Erklärung, den Beschluss nicht dazu verwenden zu wollen, das für die Bank ***** einverleibte Pfandrecht löschen zu lassen, bei der Kreditabwicklung als Treuhänder tätig geworden. Soweit er den Beschluss in Bezug auf die Veräußerung der zu errichtenden Reihenhäuser als Treuhänder verwahrt hat, kann daraus nicht die Berechtigung des von ihm geltend gemachten Zuschlags nach § 3 NTG zu dem für die Kreditabwicklung zustehenden Honorar abgeleitet werden.

Dem Beklagten steht demnach für seine Leistungen nur das vom Erstgericht festgestellte Entgelt zu, welches etwas mehr als ein Drittel des vereinbarten Honorars beträgt. Ob es in Liegenschaftsangelegenheiten ganz allgemein üblich ist, das Honorar in Prozenten der Vertragssumme zu vereinbaren, spielt keine Rolle, weil Pauschalvereinbarungen in jedem Fall unwirksam sind, wenn - wie hier - Leistung und Gegenleistung in einem offensichtlichen Missverhältnis stehen.

Der Beklagte hat für die A***** GmbH anwaltliche Leistungen erbracht. Er hat nie behauptet, dass er als Vermittler tätig geworden wäre, sondern dies, im Gegenteil, immer bestritten. Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Frage, ob ein Rechtsanwalt für nicht anwaltliche Tätigkeit Maklerlohn verlangen kann, stellt sich daher nicht.

Auf die Behauptung des Beklagten, die A***** GmbH habe den Auftrag, die Kaufverträge für die Reihenhäuser zu errichten, ohne Grund widerrufen, sowie auf sein Vorbringen, die Gemeinschuldnerin habe seine Forderung anerkannt, ist nicht weiter einzugehen, weil der Beklagte insoweit nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht.

Die Revision musste erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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