OGH 13Os25/00

OGH13Os25/0012.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. April 2000 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Podrazil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Brigitte S***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall und 15 StGB sowie eines weiteren Deliktes über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 17. Jänner 2000, GZ 37 EVr 2598/99-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Schützenhofer jedoch in Abwesenheit der Verurteilten und ihres Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg vom 17. Jänner 2000, GZ 37 EVr 2598/99-31, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 31 und 43a Abs 3 StGB.

Das Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, wird in seinem Ausspruch nach § 43a Abs 3 StGB aufgehoben und in diesem Umfang gemäß den §§ 292, 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Gemäß § 43a Abs 3 StGB wird ein Teil der über Brigitte S***** verhängten Freiheitsstrafe von fünf Monaten und zehn Tagen unter Belassung der im Ersturteil gesetzten Probezeit bedingt nachgesehen.

Text

Gründe:

Mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Salzburg vom 5.August 1999 (rechtskräftig seit 2. September 1999), GZ 29 U 270/99p-4, wurde Brigitte S***** des am 27. März 1999 verübten Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15 Abs 1, 127 StGB schuldig erkannt; hiefür wurde unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Salzburg vom 6. April 1999 (rechtskräftig seit 16. Juni 1999), GZ 27 U 93/99v-6, eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen a 30,-- S, für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Tagen, verhängt.

Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg vom 26. November 1999 (rechtskräftig seit 30. November 1999), GZ 35 EVr 3056/98-27, wurde Brigitte S***** gemeinsam mit einer Mittäterin des am 27. Februar 1999 begangenen Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1 StGB schuldig gesprochen und gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das "Urteil" des Bezirksgerichtes Salzburg vom 5. August 1999, GZ 29 U 270/99p-4, zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.

Mit gemäß §§ 488 Z 7, 458 Abs 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg vom 17. Jänner 2000, GZ 37 EVr 2598/99-31, rechtskräftig vom selben Tag, wurde Brigitte S***** schließlich wegen der zwischen 28. Oktober und 11. November 1999 begangenen Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall und 15 Abs 1 StGB sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 15 Abs 1 StGB schuldig erkannt und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 26. November 1999, GZ 35 EVr 3056/98-27, zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde ein Teil dieser Zusatzstrafe von vier Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Über Antrag der Staatsanwaltschaft, die in einem ankündigte, eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes anzuregen, wurde die Verurteilte am 19. Jänner 2000 enthaftet.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in der von ihm gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, verletzt das Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg vom 17. Jänner 2000, GZ 37 EVr 2598/99-31, das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 31 und 43a Abs 3 StGB.

Da die im Verfahren 37 EVr 2598/99 des Landesgerichtes Salzburg abgeurteilten Straftaten zwischen dem 28. Oktober und dem 11. November 1999, demzufolge zwar vor dem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 26. November 1999, aber nach den Strafverfügungen des Bezirksgerichtes Salzburg vom 6. April 1999 und vom 5. August 1999 verübt wurden, war § 31 StGB im Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 17. Jänner 2000 nicht mehr anwendbar (Foregger/Fabriziy StGB7 § 31 Rz 10; EvBl 1983/109; EvBl 1995/99).

Überdies ist das Landesgericht Salzburg jedoch rechtsirrig davon ausgegangen, dass nicht die (achtmonatige) Zusatzstrafe, sondern die (zwölfmonatige) "Gesamtstrafe" für die Bestimmung des nicht bedingt nachgesehenen Teils der (Freiheits-)Strafe maßgeblich sei:

Gemäß § 43a Abs 3 zweiter Satz StGB darf bei Gewährung der bedingten Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe der nicht bedingt nachgesehene Teil nicht mehr als ein Drittel der Strafe betragen. Im Falle der (hier rechtsirrigen, sich allerdings lediglich zu Gunsten der Verurteilten auswirkenden) Anwendung der §§ 31, 40 StGB ist ausschließlich die Zusatzstrafe - und nicht die unter Einrechnung der im früheren Urteil ausgesprochenen Freiheitsstrafe sich ergebende "Gesamtstrafe" - maßgeblich (Leukauf/Steininger Komm3 § 31 RN 18; Ratz in WK2 § 31 Rz 7; Foregger/Fabrizy StGB7 § 31 Rz 12). Bei einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von acht Monaten hätte daher der nicht bedingt nachgesehene Teil der Strafe höchstes zwei Monate und zwanzig Tage betragen dürfen.

Diese Gesetzesverletzung begründet eine Urteilsnichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO, die der Verurteilten zum Nachteil gereicht, sodass ein Vorgehen nach § 292 letzter Satz StPO (allerdings nur) zu einer dem Gesetz entsprechenden Richtigstellung der Relation zwischen dem zu vollstreckenden unbedingten und dem bedingt nachgesehenen Teil der Freiheitsstrafe erforderlich war.

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