OGH 5Ob79/00d

OGH5Ob79/00d28.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil sowie die Hofrätin des Obersten Gerichthofes Dr. Hurch als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers Walter S*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr. Karl Zingher, Dr. Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Elisabeth H*****, Pensionistin, 2. Heinrich H*****, Pensionist, beide *****, beide vertreten durch Dr. Werner Heissig, Rechtsanwalt in Wien, wegen §§ 21, 37 Abs 1 Z 12 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. Dezember 1999, GZ 40 R 522/99g-10, womit infolge Rekurses der Antragsgegner der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 25. August 1999, GZ 5 Msch 23/99m-6, bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsgegner sind Eigentümer der Liegenschaft T*****. An den einzelnen Objekten des Hauses ist Wohnungseigentum begründet, Wohnungseigentümer sind die beiden Antragsgegner. Der Antragsteller war Mieter des Objekts top 1 bis 5 in diesem Haus. Am 22. 4. 1983 war es zu einer Flächenaufstellung des Hauses durch einen Architekten gekommen, wonach sich das Objekt des Antragstellers mit 283,51 m2 errechnete. In einem zunächst bei der Schlichtungsstelle anhängig gemachten und dann zum Gericht abgezogenen (5 Msch 137/96x-31 des Bezirksgerichtes Döbling) Verfahren beantragte der Antragsteller, den Betriebskostenschlüssel für die Wohnung ***** top Nr 1 bis 5, zu berichtigen. Erst vor dem Gericht stellte er den Antrag, festzustellen, dass sämtliche Betriebskostenvorschreibungen für obiges Bestandobjekt für den Zeitraum November 1992 bis Oktober 1996 unzulässig seien. Den Antrag auf Berichtigung des Betriebskostenschlüssels wies das Erstgericht damals - unangefochten - ab. Aus Anlass des Rekurses der damaligen Antragsgegner gegen den Beschlussteil, womit festgestellt wurde, dass Betriebskostenvorschreibungen unzulässig gewesen seien, hob das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht diesen mit seinem Beschluss vom 10. 11. 1998, GZ 40 R 490/98z-35, als nichtig auf und wies den diesbezüglichen Sachantrag des Antragstellers zurück. Das Rekursgericht begründete seine damalige Entscheidung damit, dass dieser Antrag erstmalig vor Gericht gestellt worden sei, sodass dessen Behandlung die Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges entgegenstehe. Mit seinem Beschluss vom 26. Jänner 1999, 5 Ob 345/98s (= immolex 1999, 198) bestätigte der erkennende Senat die Entscheidung des Rekursgerichtes. Wenngleich als obiter dictum, billigte der Oberste Gerichtshof ausdrücklich die Rechtsansicht, wonach in Einklang mit MietSlg 41/11 (= WoBl 1989/62) erkannt worden sei, dass die Verletzung der Mitwirkungspflicht des Vermieters bei der Ermittlung der Nutzflächen des Hauses einem Verzicht auf das ihm an sich zustehende Recht gleichzuhalten sei, vom Mieter den Ersatz des auf dessen Mietgegenstand entfallenden Anteils an Betriebskosten zu verlangen, was zur Folge haben könne, dass mangels Verpflichtung zur Entrichtung dieser anteiligen Kosten der Mieter kein Rechtsschutzinteresse an einer abstrakten Nutzflächenfeststellung habe, sodass sein darauf gerichteter Antrag zurückzuweisen sei. Dies habe aber entgegen der Ansicht der Rekurswerber nicht zur Folge, dass hiedurch eine Durchbrechung der in § 39 MRG normierten Prozessvoraussetzung der Anrufung der Schlichtungsstelle für ein Begehren auf Rückzahlung zu Unrecht bezahlter Betriebskosten eintrete. Zu einer Feststellung der Unzulässigkeit von Betriebskostenvorschreibungen könne es nur dann kommen, wenn diesbezüglich ein wirksamer Antrag vor der Schlichtungsstelle gestellt worden sei.

Mit dem nun vorliegenden Antrag begehrte der Antragsteller die Feststellung der Unzulässigkeit sämtlicher Betriebskostenvorschreibungen für das Bestandobjekt im Zeitraum November 1992 bis Februar 1997. Das Erstgericht gab nach seiner Anrufung diesem Antrag statt.

Das Rekursgericht bestätigte den Sachbeschluss des Erstgerichtes und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursgericht hat die Frage, ob im vorliegenden Fall die mangelnde Mitwirkung der Vermieter an der Nutzflächenermittlung ihr Recht auf Vorschreibung der Betriebskosten untergehen ließ, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die ausführliche Begründung im Sachbeschluss des Rekursgerichtes hinzuweisen (§ 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionsrekurswerber entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat in der schon zitierten Entscheidung vom 7. 3. 1989, 5 Ob 18/89 (= MietSlg 41/11 = WoBl 1989/62 [Würth, Call]) bereits ausgesprochen, dass die Weigerung eines Vermieters, seiner Mitwirkungspflicht am Verfahren zu entsprechen, zur Folge hätte, dass der allein maßgebliche Aufteilungsschlüssel nicht festgestellt werden kann. Im Hinblick auf den zwingenden Charakter des § 17 MRG und die Bindungswirkung einer Entscheidung nach § 37 Abs 1 Z 9 MRG für allfällige künftige Mieter und Vermieter sei es nicht möglich, dass sich das Gericht mit der Feststellung eines von anderen Maßen ausgehenden Verteilungsschlüssels begnüge; mangels Kenntnis des Vorhandenseins entsprechender Raumeinteilungen im Inneren des Gebäudes lasse sich nicht beurteilen, in welchem tatsächlichen Ausmaß der innerhalb der Aussenmauern befindliche Bodenfläche Nutzflächencharakter zukomme. Verhindere der Vermieter in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 9 oder 12 MRG die Feststellung des maßgeblichen Verteilungsschlüssels, so sei ein solches Verhalten des Vermieters einem Verzicht auf das ihm an sich zustehende Recht, vom Mieter oder den Mietern den Ersatz des auf dessen/deren Mietgegenstand nach dem Gesetz entfallenden Anteils an den Gesamtkosten des Hauses sowie des Anteils an den Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben und den anderen Aufwendungen zu verlangen, gleichzuhalten. Komme ein solches Verhalten aber rechtlich einem Verzicht auf die Überwälzung dieser Kosten des Hauses auf den/die Mieter rechtlich gleich, so fehle dem antragstellenden Mieter das Rechtsschutzinteresse der von ihm begehrten gerichtlichen Entscheidung. Der Mangel des Rechtsschutzbedürfnisses - unter diesen Umständen sei der Mieter ja auch nicht verpflichtet, die ihm vom Vermieter vorgeschriebenen Beträge zu bezahlen - führe zur Zurückweisung des Antrages.

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen kam es im gegenständlichen Haus zu maßgeblichen Umbauten in mehreren Mietobjekten, was Änderungen der Nutzfläche nach sich gezogen hat. Es ist der Lehre dahin zu folgen, dass Veränderungen der Nutzfläche sich bei denjenigen Metzinsbestandteilen unverzüglich auswirken, deren Höhe gesetzlich determiniert ist, insbesondere also auf den Schlüssel für Betriebskosten (Würth in Rummel ABGB II2, Rz 7b zu § 17 MRG). Auch Call-Tschütscher (Mietrechtsgesetz 100 Fälle mit Lösungsvorschlägen, 1986, Fall 46) vertreten die Meinung, dass die einmal ermittelte Nutzfläche keine erstarrte Größe, sondern durchaus änderbar ist. Eine solche Änderung könne daher die Neuberechnung des Verteilungsschlüssels für die Betriebskosten notwendig machen.

In ihrer Stellungnahme im früheren Verfahren haben die Antragsgegner bloß lapidar darauf verwiesen, dass eine Vermessung der Bestandeinheiten des Hauses aus mehreren Gründen nicht möglich gewesen sei: Einerseits würde ein Teil der Wohnungen von den Mietern nur sporadisch benützt, weil sich diese zum überwiegenden Teil im Ausland bzw in anderen Bundesländern aufhielten und dort arbeiteten; andererseits weigerten sich einige Mieter, fremde Personen in ihre Wohnungen zu lassen. Diesen Standpunkt haben die Antragsgegner auch im gegenständlichen Verfahren aufrechterhalten. Sie haben nicht einmal behauptet, dass sie - außer durch eine Bekanntgabe am schwarzen Brett - einzelne Mieter, welche sich weigerten, zu ihren Wohnungen Zutritt zu geben, je in geeigneter Weise aufgefordert hätten, den Vermietern oder von ihnen beauftragten Personen Zutritt zum Mietobjekt zu gewähren, wozu sie gemäß § 8 Abs 2 MRG zweifelsohne berechtigt gewesen wären (MietSlg 41/11 mwN).

Zutreffend hat daher das Rekursgericht das passive Verhalten der Vermieter als unbegründete Verweigerung ihrer Mitwirkungspflicht beurteilt, was zu den von der Rechtsprechung anerkannten Folgen (MietSlg 41/11, immolex 1999, 198) führt.

Stichworte