OGH 14Os23/00

OGH14Os23/0021.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. März 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Greinert als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alfred H***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23. September 1999, GZ 12 Vr 105/99-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Alfred H***** der Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I.), der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (II.) und des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (III.) sowie der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (IV.) und der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (V.) verurteilt.

Darnach hat er in R***** und T*****

I. nachstehende unmündige Personen auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht, und zwar

A) im Jahr 1992 über einen Zeitraum von ca zwei Monaten die am 4. November 1982 geborene Elisabeth H***** in mehrfachen Angriffen, indem er sie im Bereich der Brüste und ihres Geschlechtsteils berührte sowie einen Finger in ihre Scheide einführte bzw einzuführen versuchte;

B) zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 1994 die am 13. April 1984 geborene Silvia H*****, indem er sie im Bereich ihres Geschlechtsteiles berührte und seinen Finger in ihre Scheide einführte; sowie

C) von Juni 1992 bis November 1993 die am 8. Dezember 1981 geborene

Gabriele H***** in mehreren Angriffen, indem er sie im Bereich der Brüste und ihres Geschlechtsteiles berührte;

II. nachstehende unmündige Personen außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB mit Gewalt zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs genötigt, und zwar

A) im Jahr 1992 über einen Zeitraum von ca zwei Monaten Elisabeth

H***** mehrmals, indem er sich auf sie legte, ihre Beine auseinanderpresste und mit seinem Penis in sie eindrang und sie veranlasste, sich auf ihn zu setzen, wobei er sie an den Hüften festbzw zurückhielt, ihren Mund zuhielt, um ein Schreien zu verhindern und von hinten mit seinem Penis in sie eindrang;

B) Gabriele H*****

1. im Zeitraum November 1993 bis April 1994 mehrmals, indem er sich auf sie legte und trotz ihrer Versuche ihn wegzustoßen mit seinem Penis in sie eindrang,

2. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt Jänner/Feber 1997 indem er sich auf sie legte, wobei sie sich in einem Schlafzustand befand, sein Glied in sie einführte und auch nicht von ihr abließ, als sie sich nach dem Erwachen durch Beissen und Kratzen zur Wehr setzte;

III. mit unmündigen Personen den außerehelichen Beischlaf unternommen, und zwar

A) durch die zu II. A) und B) 1. dargestellten Tathandlungen und

B) im Jahr 1992 über einen Zeitraum von ca zwei Monaten mit Elisabeth

H***** mehrmals, indem er mit seinem Penis in sie eindrang;

IV. durch die zu I., II. und III. B) dargestellten Tathandlungen seine minderjährigen Kinder zur Unzucht missbraucht; sowie

V. durch die zu II. und III. B) dargestellten Tathandlungen mit Personen, die mit ihm in gerader Linie verwandt sind, den Beischlaf vollzogen.

Die vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge (Z 5) lässt mit ihrer Behauptung, dass es "nach der Aktenlage (Tat-)Zeugen geben müsste", welche das Gericht nicht gehört habe, eine gehörige Konkretisierung vermissen. Insofern sie damit ersichtlich auf eine unterbliebene Einvernahme der Tatopfer in der Hauptverhandlung abstellt, ist ihr entgegenzuhalten, dass keine diesbezügliche, für die erfolgreiche Relevierung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO maßgebliche Antragstellung vorlag, und zudem nicht behauptet wird, dass die Kinder, welche nach der kontradiktorischen Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter gebeten hatten, einer Ladung zur Hauptverhandlung nicht Folge leisten zu müssen, weil sie sich im Falle der Einvernahme der Aussage entschlagen würden (S 169), nun aussagebereit wären.

Von einer Verletzung des "Unmittelbarkeitsgrundsatzes" (inhaltlich Z 3) kann angesichts der unwidersprochenen Verlesung der - durch ein technisches Gebrechen nicht videodokumentierten (S 262 f) - kontradiktorischen Vernehmung der Tatopfer (ON 13) in der Hauptverhandlung (S 336) keine Rede sein.

Im Übrigen hat das Gericht auch Kontrollbeweise (Angehörige, Psychologen, Tagebuchaufzeichnungen, Briefe) aufgenommen und einer logisch und empirisch einwandfreien Würdigung unterzogen (US 10 ff).

Mit dem neuerlichen Hinweis auf seine leugnende Verantwortung vermag der Angeklagte auch keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu wecken (Z 5a).

Dass der zur Aufdeckung der Taten des Beschwerdeführers führende Selbstmordversuch Elisabeth H*****s nicht allein durch jene motiviert war, hat das Erstgericht ohnehin konstatiert (US 9), das bis dahin erfolgte langfristige mitteilungslose Erdulden der Übergriffe durch die Kinder aber mit Scham und Angst vor dem Vater erklärt (US 10 ff).

Die im Wesentlichen das Vorbringen der Mängel- und Tatsachenrüge wiederholende Rechtsrüge (Z 9 lit a) lässt eine prozessordnungsgemäße Darstellung vermissen, weil unter Feststellungsmängeln hier nur auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhende Lücken der Tatsachenfeststellungen zu verstehen sind, die Beweisfrage betreffende Unzukömmlichkeiten aber lediglich als formelle Nichtigkeit zu rügen sind.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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