OGH 10Ob2/00t

OGH10Ob2/00t21.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N*****bank AG, *****, vertreten durch Dr. Elisabeth Geymüller, Rechtsanwältin in Krems-Hollenburg, wider die beklagten Parteien 1. Dr. Peter K*****, Arzt, *****, vertreten durch Dr. Peter Lambert, Rechtsanwalt in Wien, und 2. Dr. Gerhard S*****, Management-Trainer, *****, vertreten durch Dr. Christian Burghardt, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 274.986,- sA, infolge außerordentlicher Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 21. Oktober 1999, GZ 13 R 10/99g-45, womit infolge Berufungen der beiden beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 15. September 1998, GZ 1 Cg 1/98k-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

12.960 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.160 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Vorausgeschickt sei, dass die ursprünglich auch gegen eine "D***** OEG" (als erstbeklagte Partei) gerichtete Klage an diese Partei nicht zugestellt werden konnte, da eine solche Gesellschaft mangels Eintragung in das Firmenbuch nicht existiert und auch nie existiert hat.

Die klagende Partei begehrt von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von S 274.966 sA aus dem Titel eines gewährten Kredites. Sie hätten bei ihr am 17. 5. 1994 unter dem Namen "D***** OEG" einen Kontoeröffnungsantrag gestellt und in der Folge Kontoüberziehungen vorgenommen, diese jedoch nicht abgedeckt, weshalb der eingeklagte Betrag unberichtigt aushafte. Durch gemeinsame Eröffnung des Kontos und Unterzeichnung der Kontoeröffnungsunterlagen hätten die Beklagten die Haftung für den Minussaldo übernommen. Nach Pkt 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen (in der Folge AGBKr) würden diejenigen, die das Konto eröffnet hätten, als Mitschuldner zur ungeteilten Hand haften.

Die beiden Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten im Wesentlichen ein, nicht persönlich haftende Gesellschafter einer "D***** OEG" zu sein; eine solche Gesellschaft bestehe in Österreich nicht. Der Stand des Kontos zum 1. 10. 1997 sei auch nicht aktuell. Der Zweitbeklagte brachte überdies vor, ihm gegenüber seien die AGBKr nicht Vertragsbestandteil geworden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Erstbeklagte eröffnete am 17. 5. 1994 bei der klagenden Partei ein Konto unter der Kontobezeichnung "D*****" (ohne den Zusatz OEG). Als Zeichnungsberechtigte ließ er sich selbst und den Zweitbeklagten anführen. Er wies seinen Führerschein und eine Kopei des Führerscheins des Zweitbeklagten vor. Der Bankangestellte überreichte ihm zwei Exemplare der AGBKr, davon eines zur Weiterleitung an den Zweitbeklagten, der den Kontoeröffnungsantrag später in seiner Wohnung unterfertigte. Ein Hinweis auf diesem Antrag lautet:

"Für das oben bezeichnete Konto/Depot sind die oben angeführten Personen einzeln zeichnungsberechtigt, sofern in der Rubrik "zeichnet gem. mit" keine entsprechenden Angaben erfolgt sind. Der/Die Zeichnungsberechtigten ist/sind auch zur Verfügung über das Konto berechtigt, wenn für mich/uns daraus Verpflichtungen entstehen. KZB-Verfügungsberechtigeter Konto/Depotinhaber, ZB-Zeichnungsberechtigter gemäß § 5 AGB."

Neben dem Namen der Beklagten befindet sich jeweils das Kürzel "ZB". Die Beklagten erhielten Euroscheckkarten mit Bankomatfunktion. Der Überziehungsrahmen betrug zunächst S 50.000, seit dem 10. 10. 1995 S 150.000. Am 24. 10. 1996 sollte das Konto ausgeglichen sein, jedoch sank der Kontostand seither nie unter S 240.000.

Punkt 3 Abs 1 der AGBKr lautet: "Konto und Depot können auch für mehrere Personen oder Firmen eröffnet werden (Gemeinschaftskonto). In einem solchen Fall haftet jeder Mitinhaber für die Verbindlichkeiten aus dem Konto in voller Höhe als Mitschuldner zur ungeteilten Hand (Gesamtschuldner)."

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, die AGBKr seien durch Unterzeichnung des Kontoeröffnungsantrages durch beide Beklagten Vertragsbestandteil geworden. Danach bestehe ihre Haftung zur ungeteilten Hand für alle Verbindlichkeiten aus dem Konto in voller Höhe.

Das Gericht zweiter Instanz gab den Berufungen der beiden Beklagten nicht Folge. Der Rechtsansicht des Erstbeklagten, er sei nur Zeichnungsberechtigter, nicht aber Inhaber des Kontos hielt es entgegen:

Abgesehen davon, dass die klagende Partei vorgebracht habe, die Beklagten hätten einen Kontoeröffnungsantrag unter dem Namen der im Firmenbuch nicht eingetragenen "D***** OEG" gestellt, habe das Erstgericht unbekämpft festgestellt, der Erstbeklagte habe ein Konto unter der Kontobezeichnung "D*****" eröffnet und es sei der Kontoeröffnungsantrag auch vom Zweitbeklagten unterfertigt worden. Daher könne in der Inanspruchnahme des Erstbeklagten nach Punkt 3 Abs 1 AGBKr als Mitschuldner zur ungeteilten Hand kein Rechtsirrtum erblickt werden.

Auch der Einwand, es seien keine Feststellungen zur Höhe der Klagsforderung getroffen worden, sei verfehlt. Die Beklagten hätten den Kontostand zum 1. 10. 1997 mit aushaftenden S 278.179 außer Streit gestellt. Mangels substantiierter Bestreitung habe es weder einer Aufschlüsselung des Saldos noch der Feststellung bedurft, welchen Saldo das Konto bei Schluss der Verhandlung aufgewiesen habe, weil eine Zahlung zur Abdeckung des eingeklagten Saldos nicht behauptet worden sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Erstbeklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Abweisung des gegen ihn gerichteten Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragte in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist entgegen dem - nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur hier maßgeblichen Frage der Person des "Kontoinhabers" fehlt. Sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber wirft dem Berufungsgericht vor, es habe die Frage, wer im vorliegenden Fall als "Kontoinhaber" im Sinne der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen (AGBKr) anzusehen sei, unrichtig beurteilt. Nach den Feststellungen sei das Konto zwar von den Beklagten eröffnet worden, jedoch unter der Bezeichnung der "D***** OEG", die damit Inhaberin des Kontos geworden sei. Eine Haftung des Revisionswerbers für den Überziehungssaldo bestehe nicht, da er auch nicht "Mitinhaber" des Kontos sei. Das Klagebegehren werde aber nur darauf gestützt, dass nach Punkt 3 Abs 1 AGBKr jeder Mitinhaber eines Kontos für Verbindlichkeiten aus dem Konto in voller Höhe als Mitschuldner zur ungeteilten Hand hafte.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Der Kontoeröffnungsvertrag ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, in dem sich die kontoführende Bank verpflichtet, die Verbuchung der in das Konto eingestellten gegenseitigen Forderungen und Leistungen vorzunehmen, und der andere Teil, etwaige Spesen, Gebühren usw zu tragen. Da somit aus einer Kontobeziehung beiderseits Rechte und Pflichten entstehen und die Bank wissen muss, wer ihr Gläubiger bzw Schuldner aus dem Konto ist, hat sie ein verständliches Interesse an einer einfachen und klaren Bestimmung ihres Vertragspartners, die ihr eine möglichst sichere Ermittlung des Berechtigten und Verpflichteten aus dem Konto ermöglicht. Kontoinhaber ist derjenige Bankkunde, der Gläubiger und Schuldner der betreffenden Forderung(en) aus dem Konto ist. Deshalb sieht Punkt 1 Abs 1 AGBKr vor, dass die betreffende Person - der "Kontoinhaber" - mit ihrem Namen (ihrer Firma) zu bezeichnen und ihre Identität nachzuweisen ist (Iro in Avancini/Iro/Koziol, Öst. Bankvertragsrecht I 189 Rz 4/4 mwN bei FN 3; vgl auch Canaris, Bankvertragsrecht3 I Rz 143; SZ 38/223 ua). In diesem Sinn definiert Punkt 1 Abs 1 AGBKr den Kontoinhaber als "die Person (physische, juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft), die aus dieser Geschäftsverbindung der Kreditunternehmung gegenüber berechtigt oder verpflichtet sein soll."

Bei der Kontoeröffnung, die auch durch Stellvertreter erfolgen kann (ÖBA 1997, 377 mit zust Anm von Iro), ist also die Person des Kontoinhabers mit ihrem Namen (Firma) zu bezeichnen und ihre Identität nachzuweisen. Zur Verfügung über das Konto ist lediglich der Kontoinhaber berechtigt (Punkt 2 Abs 1 AGBKr). Der Kontoinhaber kann aber auch anderen Personen die Berechtigung erteilen, über das Konto zu verfügen (Zeichnungsberechtigung - Punkt 4 AGBKr). Diejenigen Personen, die über das Konto verfügungsberechtigt bzw zeichnungsberechtigt sein sollen, haben bei der Kreditunternehmung ihre Unterschrift zu hinterlegen (Punkt 5 AGBKr). Nach einhelliger Ansicht haftet nun für Überziehungen des Kontos nur der Kontoinhaber, nicht auch der Zeichnungsberechtigte (Canaris aaO; Iro aaO Rz 4/56 ff; 7 Ob 724/81 mwN). Die Erteilung einer Zeichnungsberechtigung ist im Zweifel nur als Bevollmächtigung und das Handeln des Zeichnungsberechtigten daher als Handeln im Namen des Kontoinhabers zu verstehen (SZ 71/62).

Ausgehend von diesen Grundsätzen zeigt sich, dass das Berufungsgericht mit seiner Schlussfolgerung, der Erstbeklagte habe das Konto unter der Bezeichnung der "D***** OEG" eröffnet, es könne "daher" in seiner Inanspruchnahme nach Punkt 3 Abs 1 AGBKr als Mitschuldner zur ungeteilten Hand kein Rechtsirrtum erblickt werden, das eigentliche Rechtsproblem verkannt hat. Dennoch ist das von den Vorinstanzen gefundene Ergebnis einer Haftung des Erstbeklagten aus folgenden Überlegungen richtig:

Das vorliegende Klagebegehren wird ausschließlich auf eine Haftung der Beklagten als Kontoinhaber (Mitinhaber) gestützt. Bei der Bestimmung des Kontoinhabers ist unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, wer nach dem erkennbaren Willen des Kontoerrichters Gläubiger und Schuldner der Bank sein soll (Canaris aaO Rz 151). Durch die namentliche Festlegung des Vertragspartners ist zunächst einmal klargestellt, auf wen der Vertrag "zielt", die Bank braucht daher grundsätzlich nicht damit zu rechnen, dass eine andere Person als die Bezeichnete Kontoinhaber wird. Jedoch kann sich aus dem ausdrücklich erklärten oder den Umständen entnehmbaren Willen des Kontoeröffners ergeben, dass Kontoinhaber nicht der Namensträger, sondern jemand anderer, etwa der Handelnde selbst werden soll, so etwa, wenn der angegebene Name erkennbar nur als Deckname dienen soll (Iro aaO Rz 4/4; Canaris aaO Rz 154 ff). Errichtet ein Einzelkaufmann ein Konto unter seiner Firma (Punkt 1 Abs 1 AGBKr), so ist er Kontoinhaber, auch wenn die Firma wegen Namensänderung oder Firmenfortführung nicht mit seinem Namen übereinstimmt (Iro aaO Rz 4/5 mwN). Eröffnen die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Gemeinschaftskonto, dann sind mangels abweichender Vereinbarung alle Gesellschafter Mitinhaber des Kontos im Sinne des Punkt 3 Abs 1 AGBKr. Bei Eröffnung eines Kontos unter einer gar nicht existenten Firma wird derjenige Kontoinhaber, der sich der Bank gegenüber als Träger dieser Firma ausgibt (Iro aaO Rz 4/8).

Im vorliegenden Fall eröffnete der Erstbeklagte das Konto unter dem Namen "D*****" (ohne Zusatz "OEG"), also unter dem Namen einer nicht existenten Firma. Die ursprünglich als "D***** OEG" Mitbeklagte hat (und hatte) mangels Eintragung im Firmenbuch keine rechtliche Existenz (§ 3 Abs 1 EGG). Schon deshalb geht die Auffassung des Revisionswerbers fehl, diese Gesellschaft sei Kontoinhaberin. Vielmehr hat sich der Erstbeklagte gegenüber der klagenden Partei bei der Kontoeröffnung durch seinen Wunsch, das Konto mit diesem Namen zu bezeichnen, als Träger einer nicht existenten Firma ausgegeben, weshalb er selbst Konto(mit)inhaber geworden ist. Da eine nichtexistente Person nicht Inhaber eines Kontos sein kann, gäbe es bei Richtigkeit des vom Revisionswerber eingenommenen Standpunkts überhaupt keinen Kontoinhaber. An seiner Passivlegitimation besteht daher kein Zweifel.

Wenn der Revisionswerber schließlich noch geltend macht, es fehlten Feststellungen zur Höhe der Klagsforderung, lässt er außer Acht, dass die Vorinstanzen von einer Außerstreitstellung des offenen Saldos ausgegangen sind und darauf hingewiesen haben, dass die Beklagten nicht behauptet haben, dieser Saldo sei in der maßgeblichen Zeit bis zum Schluss der Verhandlung - etwa durch Tilgung oder Gutschriften - kleiner geworden. Aber selbst in der Revision wird nicht konkret behauptet, der offene Saldo habe sich seit dessen Außerstreitstellung verringert. Mit der grundsätzlichen Pflicht eines Klägers, die Höhe einer bestrittenen Forderung nachvollziehbar aufzuschlüsseln, hat dies nichts zu tun.

Insgesamt erweist sich die Revision als nicht berechtigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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