OGH 2Ob65/00y

OGH2Ob65/00y16.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 1. Oktober 1980 geborenen Maria K*****, über den Rekurs des Vaters Arthur Ferdinand *****, vertreten durch Dr. Günter Medweschek, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 22. Dezember 1999, GZ 2 R 339/99a-14, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 14. Oktober 1999, GZ 3 P 159/99k-9, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Im Rahmen der Erziehungshilfe ist die mittlerweile volljährig gewordene Maria K***** im "Betreuten Wohnen" der L***** untergebracht. Der Jugendwohlfahrtsträger stellte gemäß § 40 JWG den Antrag, ihren ehelichen Vater ab 1. 10. 1999 zu einem monatlichen Kostenersatz für die genannte Maßnahme von S 4.000 zu verpflichten.

Das Erstgericht wies den Antrag ohne Erhebungen mit der Begründung ab, dass die Fortführung der vollen Erziehung über die Minderjährigkeit hinaus unter anderem grundsätzlich nur dann zulässig sei, wenn sich der Betroffene zum Kostenersatz verpflichtet habe, sodass kein Raum bleibe, die Eltern des bereits volljährigen Kindes nach § 40 JWG zum Kostenersatz zu verpflichten.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Jugendwohlfahrtsträger statt, hob den Beschluss des Erstgerichts auf, trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof - mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung - zulässig sei. Es führte Folgendes aus:

Es sei zwar richtig, dass nach den Intentionen des Jugendwohlfahrtsgesetzes Erziehungshilfe in erster Linie Minderjährigen zuteil werden solle. § 31 Abs 4 JWG sehe aber vor, dass Hilfen zur Erziehung nach Erreichung der Volljährigkeit mit Zustimmung des Jugendlichen längstens bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres fortgesetzt werden können, wenn dies zur Sicherung des Erfolges bisheriger Erziehungshilfen notwendig sei. § 33 JWG regle die Möglichkeit, Kostenersatz für die volle Erziehung des Minderjährigen zu erlangen. Nach § 40 JWG entscheide, soweit eine Vereinbarung über das Tragen und den Ersatz der Kosten der vollen Erziehung im Sinn des § 33 JWG nicht zustande komme, darüber unabhängig vom Alter des Kindes auf Antrag des Jugendwohlfahrtsträgers das Pflegschaftsgericht im Verfahren außer Streitsachen. Das Rekursgericht teile daher die im Rechtsmittel vertretene Meinung, dass in erster Linie die Unterhaltspflichtigen zum Kostenersatz heranzuziehen seien - die betroffene Tochter sei nach dem Akteninhalt nicht selbsterhaltungsfähig - , weil die Wortfolge "unabhängig vom Alter des Kindes" nur den Schluss zulasse, dass es nicht auf Minderjährigkeit oder Volljährigkeit der betroffenen Person ankommen könne. Denn dass der Minderjährige und seine Unterhaltspflichtigen kostenersatzpflichtig seien, regle bereits § 33 JWG, auf welche Bestimmung § 40 JWG überdies verweise. Es hätte also der zitierten Wortfolge nicht bedurft, sollten nur die Unterhaltspflichtigen eines minderjährigen Kindes im Verfahren außer Streitsachen herangezogen werden. Völlig bedeutungslos sei in diesem Zusammenhang das im Kärntner Jugendwohlfahrtsgesetz genannte Kriterium der Verpflichtung zum Ersatz der Kosten der Maßnahme durch die Betroffene (§ 33 Abs 1 lit c KrntJWG), weil schon nach dem Inhalt des Aktes die Betroffene weder Vermögen noch Einkommen habe. Das Erstgericht werde daher nach den in der Judikatur entwickelten Kriterien Erhebungen zu pflegen und danach die Entscheidung über den begehrten Kostenersatz zu treffen haben.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Rekurs des Vaters wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluss wieder herzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber macht im Wesentlichen geltend, § 31 Abs 4 JWG sei durch die Novelle 1998 in das JWG aufgenommen worden. Dessen § 40 könne sich hierauf nicht beziehen. Auch aus § 33 JWG sei zu entnehmen, dass sich der Kostenersatz nicht auf eine allfällige Verlängerung der Erziehungshilfe für ein großjähriges Kind beziehe. Unterhaltsansprüche Großjähriger auch abgeleiteter Art seien im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen. Der Rechtsmittelwerber habe als Betroffener im Sinne des § 33 KrntJWG weder der Verlängerung zugestimmt, noch sich zum Kostenersatz verpflichtet.

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß § 40 JWG ist über den Ersatz der Kosten der vollen Erziehung unabhängig vom Alter des Kindes im gerichtlichen Außerstreitverfahren zu entscheiden. Hiefür ist es somit bedeutungslos, ob das Verfahren vor oder nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes eingeleitet wird. Der Jugendwohlfahrtsträger erfüllt eine eigene, ihm durch Gesetz auferlegte Verpflichtung und erbringt keine Unterhaltsleistung für den Unterhaltspflichtigen (SZ 60/191); auf die Verfahrensart bei Geltendmachung gesetzlicher Unterhaltsansprüche von Kindern (vgl Schwimann, Unterhaltsrecht2 101 mwN) kommt es hier nicht an. Es spricht daher nichts dafür, die Bestimmung der Kosten für die nach Erreichen der Volljährigkeit fortgesetzte Erziehungshilfe, wie sie in § 31 Abs 4 JWG (angefügt durch die JWG-Novelle 1998 BGBl I 53; vgl früher schon § 33 Abs 1 KrntJWG) vorgesehen wurde, vom Anwendungsbereich des § 40 JWG auszunehmen.

§ 31 Abs 4 JWG enthält keine eigene Kostentragungsregel; § 33 Abs 1 KrntJWG erwähnt lediglich eine Ersatzpflicht des Betroffenen, das ist entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers nicht er selbst, sondern seine Tochter. Die maßgebliche Kostentragungsregel findet sich im § 33 JWG (§ 32 Abs 2 KrntJWG). Die Kostentragung erfolgt demzufolge nach bürgerlichem Recht, das heißt nach familienrechtlichem Unterhaltsrecht (MSA Jugendwohlfahrtsrecht § 33 JWG Anm 1; vgl RIS-Justiz RS0078933). Damit im Einklang heißt es auch in den Gesetzesmaterialien zu § 31 Abs 4 JWG (RV 1556 BlgNR 20. GP 9), dass finanzielle Verpflichtungen der Erziehungsberechtigten im Fall der Fortsetzung einer Hilfe zur Erziehung über die Volljährigkeit hinaus (nicht schon durch die Zustimmung des Jugendlichen sondern ausschließlich) im Rahmen der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht begründet werden können.

Die Kosten sind somit in erster Linie aus eigenen Einkünften des Kindes zu decken (§ 140 Abs 3 ABGB), in zweiter Linie durch Unterhaltsleistungen der Eltern (§ 140 Abs 1 und 2 ABGB). Deren Unterhaltspflicht hängt nicht von der Volljährigkeit des Kindes ab, sondern von dessen - hier offenbar fehlender - Selbsterhaltungsfähigkeit (vgl nur Koziol/Welser II10 256 mwN).

Es hat somit beim rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluss zu bleiben, weshalb dem Rechtsmittel ein Erfolg zu versagen war.

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