OGH 13Os174/99

OGH13Os174/9915.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. März 2000 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Podrazil als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alfred H***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 26. Mai 1999, GZ 12 Vr 104/97-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurde Alfred H***** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Wartberg an der Krems als Baubeauftragter der ***** GmbH und Vermieter des Wohnobjektes EZ ***** Wartberg/Krems ein Gut, das ihm anvertraut worden ist, in einem 500.000 S übersteigenden Wert sich oder einem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder den Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern, und zwar (zusammengefasst)

I. in den Jahren 1994 und 1995, indem er von 27 Mietern Baukostenzuschüsse zwischen 37.000 S und 99.740 S kassierte, die Rückzahlung nach Auflösung des Mietverhältnisses zusicherte, die vereinnahmten Baukostenzuschüsse aber nicht an die *****GmbH weiterleitete;

II. im Jahre 1995 (allenfalls einmal im Jahre 1994) und zuletzt am 4. Februar 1996, indem er von 22 Mietern jeweils Beiträge von 6.000 S für die Errichtung eines Kabelfernsehanschlusses kassierte, wobei er diese Gelder nicht dem vorgegebenen Zweck zuführte bzw an die ***** GmbH weiterleitete; und

III. in den Jahren 1994 und 1995, indem er von 13 Mietern Mietkautionen zwischen 7.917,30 S und 23.065,20 S kassierte, diese Beträge jedoch weder auf Sonderkonten verwahrte noch an die *****GmbH weiterleitete.

Dagegen richtet sich eine auf die Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, deren Ausführungen hilfsweise auch als Mängelrüge (Z 5) geltend gemacht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Zutreffend führt die Beschwerde (dem Inhalt nach Z 5) zu den Schuldspruchspunkten I. und II. ins Treffen, dass der Ausspruch, die dem Angeklagten als Verwahrer von den Mietern übergebenen Geldbeträge (Baukostenzuschüsse und Beiträge für die Errichtung eines Kabelfernsehanschlusses) wären von ihm der ***** Gesellschaft abzuführen gewesen, unzureichend begründet ist (was auch für die Mietzinskautionen - III des Schuldspruches - gilt, worauf noch zurückzukommen sein wird). Denn weder im zu Grunde liegenden Immobilienleasingvertrag noch in den Mietverträgen und auch nicht in den Zeugenaussagen (der Mieter und der Vertreter der ***** GmbH) findet sich eine Stütze für eine derartige Ableitung (oder für eine Verpflichtung, die übergebenen Gelder in einem bestimmten Sinn zu verwenden).

Vielmehr ergibt sich aus dem Leasingvertrag und den Aussagen der Vertreter der ***** GmbH die (bloße) Verpflichtung des Angeklagten zur Zahlung von auf den tatsächlichen Baukosten beruhenden Leasingraten (was auch für die Kabelfernsehanschlussbeiträge gilt, die vorerst von der Leasinggesellschaft getragen wurden).

Der bekämpfte Ausspruch kann aber auch aus einer gesetzlichen Bestimmung nicht abgeleitet werden, desgleichen nicht aus der allgemeinen Pflicht, einen Vertrag zu erfüllen, oder aus dem Umstand, jemandem eine bestimmte Sache oder Summe zu schulden (hier:

Rückerstattung der von den Mietern geleisteten Baukostenzuschüsse und Kabelfernsehanschlussbeiträge ihnen nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzuzahlen). Daraus allein ist nämlich noch keine den Erfordernissen des § 133 StGB genügend sachbezogene Verpflichtung gegründet, die Beträge einer bestimmten Verwendung zuzuführen (Leukauf-Steininger Komm3 § 133 RN 3).

Dass der Angeklagte nach Auflösung des Leasingvertrages vom 25. Jänner 1996 (S 147/I) und demzufolge durch den Eintritt des Leasingunternehmens in die Mietverträge allenfalls nach § 1120 ABGB verpflichtet war, aus den Mietverträgen gezogene Vorteile an die Gesellschaft herauszugeben, vermag zur Begründung der bemängelten Feststellung nichts beizutragen, da diese Herausgabeverpflichtung nach dem Kontext der Urteilsgründe erst nach den dem Angeklagten angelasteten Zueignungshandlungen entstanden ist (ausgenommen Faktum II/1.: 4. Februar 1996) und allein das zivilrechtliche Rechtsverhältnis zwischen dem Angeklagten und der Leasinggesellschaft betrifft, nicht aber jenes zwischen dem Angeklagten und den ausschließlich ihm die Beträge übergebenden Wohnungsmietern (siehe Faktum II 1., da aber auch die geringe Zeitspanne zwischen Kündigung des Leasingvertrages und der Zahlung). Diese gegenüber der Leasinggesellschaft bestehende lediglich zivilrechtliche Herausgabepflicht des Angeklagten ist jedoch ohne strafrechtliche Relevanz im angenommenen Sinn.

Zur weiters angelasteten Veruntreuung von erlegten Mietkautionen (Punkt III. des Urteilsspruches) vermag die Beschwerde allerdings einen formellen Begründungsmangel nicht aufzuzeigen, ergibt sich die Verpflichtung zu einer gesonderten Verwahrung doch schon aus der Natur einer Barkaution. Eine solche darf der Empfänger nur dann verbrauchen oder verwenden, wenn ihm dies ausdrücklich oder stillschweigend (mit Vorbehalt des Ersatzes) vom Erleger gestattet wurde (Leukauf-Steininger Komm3 § 133 RN 8), wofür sich jedoch kein Anhaltspunkt ergibt (und auch von der Beschwerde nicht behauptet wird).

Dass hinsichtlich dieser Beträge im Sinne der Beschwerde keine Abführungsverpflichtung zu Gunsten der Leasinggesellschaft (während dieses Vertragsverhältnisses) bestand, wurde dargelegt, betrifft jedoch im Hinblick auf die Natur als Barkaution (siehe oben) in diesem Schuldspruchpunkt keine entscheidungswesentliche Tatsache.

Zutreffend ist jedoch der Beschwerdeeinwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), welche zu allen Schuldspruchfakten einen Feststellungsmangel zur subjektiven Tatseite behauptet.

Bei der Prüfung des Vorsatzes auf unrechtmäßige Bereicherung stellte das Erstgericht nämlich fest, dass der Angeklagte die einkassierten Baukostenzuschüsse, Beiträge für Kabelfernsehanschlüsse und Mietkautionen "letztendlich" anderweitig verwendete, für diese ihm anvertrauten Beträge jedoch kein präsenter Deckungsfonds errichtet wurde, sodass er "letztendlich" nicht in der Lage war, diese Beträge nach berechtigter Rückforderung an die Mieter zurückzuzahlen (US 12). Aus dem Kontext der Urteilsgründe (weil der Angeklagte die Rückzahlung verweigerte und die Mieter an die ***** GmbH verwies) ist zu erschließen, dass diese Konstatierungen offenbar eine Zeit nach Auflösung des Leasingvertrages bzw des jeweiligen Zeitpunktes der Kündigung der Mietverträge (welche ebenfalls nicht festgestellt wurden) abstellt, nicht aber auf die jeweiligen Tat(Zueignungs-)Zeitpunkte. Das Urteil enthält somit keine Feststellung über die hier allein entscheidende Tatsache, ob der Angeklagte bei der Zueignung (der anderwärtigen Verwendung) der ihm von den Mietern übergebenen Beträge über einen ausreichenden Deckungsfonds verfügte (bzw mit der Notwendigkeit eines solchen in bestimmter Höhe zu rechnen hatte).

Da das Urteil sohin an Begründungs- und Feststellungsmängeln leidet, welche vom Obersten Gerichtshof nicht beseitigt werden können, zeigt sich, dass die Sache noch nicht spruchreif ist und einer Verfahrenserneuerung und -ergänzung in erster Instanz bedarf. Das Urteil war demnach in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde - in Übereinstimmung mit der Meinung der Generalprokuratur - bereits bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (§ 285e StPO), was weiters die Verweisung des Angeklagten mit seiner Berufung auf die kassatorische Entscheidung zur Folge hat.

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