OGH 6Ob150/99y

OGH6Ob150/99y9.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Prager, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Alfred N*****, Konditor, *****, vertreten durch Dr. Christa A. Heller, Rechtsanwältin in Wien, wegen 140.279,36 S (Revisionsinteresse 132.095,36 S) über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16. Februar 1999, GZ 1 R 742/98h-49, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 15. Juni 1998, GZ 15 C 3473/95k-43, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 8.112 S (darin enthalten 1.352 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte beauftragte die Klägerin im Jahr 1988 und mit einem Zusatzauftrag im Jahr 1989 mit der Errichtung einer Lüftungsanlage in seiner Konditorei. Die Klägerin stellte ihm am 14. 12. 1988 330.000 S und am 17. 5. 1990 aus dem Zusatzauftrag 90.840 S in Rechnung. Ersteren Betrag beglich der Beklagte bis auf 49.439,36 S. Der zweite Rechnungsbetrag ist zur Gänze offen.

Mit ihrer am 28. 11. 1995 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von insgesamt 140.279,36 S. Nach der Behebung sämtlicher Mängel der Lüftungsanlage durch sie sei die Fälligkeit der Restforderung eingetreten.

Der Beklagte bestritt, dass die Klägerin Mängelbehebungsarbeiten durchgeführt habe. Die gesamte Anlage sei funktionsuntüchtig. Der Klageanspruch sei im Hinblick auf den Zeitpunkt der Rechnungslegung verjährt. Weiters wendete der Beklagte eine Gegenforderung von 133.445 S kompensando ein, die sich aus Schadensbehebungskosten ergebe.

Während des Verfahrens erster Instanz führte die Klägerin, die nach den Feststellungen der Vorinstanzen einige Mängel bereits vor dem vom Beklagten angestrengten Beweissicherungsverfahren im Jahr 1992 und weitere Mängel 1993 oder 1994 behoben hatte, ebenfalls wiederholt Mängelbehebungsarbeiten durch.

Vor Schluss der Verhandlung erster Instanz war nur mehr die Dichtung einer Bypassklappe anzubringen, wofür ein Aufwand von 500 S zu veranschlagen ist, sowie ein Kondensat- und Ablaufstutzen um 80 S nachzuliefern. Hiefür sah das Erstgericht einen Aufwand (einschließlich Arbeitszeit, Wegzeit und Umsatzsteuer) von 700 S als angemessen an (§ 273 ZPO).

Das Erstgericht erkannte das Klagebegehren mit 139.079,36 S, die eingewendete Forderung mit 6.984 S zu Recht bestehend und verpflichtete daher den Beklagten zur Zahlung von 132.095,36 S. Das Mehrbegehren wies es ab. Da der Beklagte die Verbesserungsarbeiten durch die Klägerin zugelassen habe, könne er sich nicht auf Verjährung berufen. Ihm stehe zwar eine Preisminderung von 1.200 S zu. Im Hinblick auf die Relation des Betrags zu den Kosten des Gesamtauftrages sei auch der Einwand der magelnden Fälligkeit wegen nicht ordnungsgemäßer Durchführung der Arbeiten nicht berechtigt. Die Klägerin habe dem Beklagten lediglich Kosten von 6.984 S für die Überprüfung von Reinigungsmöglichkeiten verursacht, sodass die Gegenforderung nur in diesem Umfang berechtigt sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es dem Beklagten "nur durch die von ihm gewählte Taktik" gelungen sei, eine funktionsfähige Lüftungsanlage zu erlangen, sodass die am Schikaneverbot orientierte Judikatur des Obersten Gerichtshofes zum Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers im vorliegenden Fall "nicht ganz passend" erscheine.

Die ordentliche Revision des Beklagten ist jedoch entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes besteht ein Zurückbehaltungsrecht betreffend den Werklohn bis zur vollständigen Verbesserung dann nicht, wenn die Ausübung dieses Rechts zur Schikane ausartet (RdW 1997, 449 ua). Schikane liegt nach neuer Rechtsprechung vor, wenn das unlautere Motiv der Handlung die lauteren Motive eindeutig überwiegt, es also augenscheinlich im Vordergrund steht, oder auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des Anderen ein krasses Missverhältnis besteht (EvBl 1993/101 ua). Die Interessenabwägung ist nach den Umständen des Falles vorzunehmen (1 Ob 214/97t). Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, dass etwa bei einem Verbesserungsaufwand von 5 % des (noch offenen) Werklohnes keine Schikane vorliege (EvBl 1993/101).

Im vorliegenden Fall beträgt der Verbesserungsaufwand etwa 0,85 % vom noch offenen Werklohn und etwa 0,3 % vom Rechnungsgesamtbetrag (420.840 S), sodass von einer Verkennung der Rechtslage betreffend das Schikaneverbot bei Zurückbehaltung des Werklohnes keine Rede sein kann. Der Umstand, dass noch während des Verfahrens Verbesserungsarbeiten durchgeführt wurden, durch die letztlich die weitgehende Mängelfreiheit der Lüftungsanlage herbeigeführt wurde, vermag an den Erwägungen zum Schikaneverbot nichts zu ändern, ist doch auf die Situation im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz abzustellen, zu dem der Beklagte immer noch nicht zur Anerkennung und Zahlung der noch offenen Werklohnforderung - unter Berücksichtigung seiner berechtigten Gegenforderung und eines Abzuges für die noch verbliebenen geringfügigen Mängel - bereit war.

Die Revisionsausführungen zur Verjährung der Klageforderung stehen im Widerspruch zum vom Beklagten ebenfalls vertretenen Standpunkt, dass die Vorinstanzen zu Unrecht von einer schikanösen Zurückbehaltung des Werklohnes wegen Geringfügigkeit der noch vorhandenen Mängel ausgegangen seien. Letzteres Argument stellt nicht auf die Bejahung der Verjährung, sondern - im Gegenteil - auf die mangelnde Fälligkeit des gesamten Werklohnrestes ab.

Zum Verjährungseinwand ist auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu verweisen, dass die Verjährung von Werklohnforderungen zu laufen beginnt, wenn der Geltendmachung des Anspruches kein rechtliches Hindernis mehr im Wege steht. Im Fall einer berechtigten Einrede des nicht erfüllten Vertrages wegen offener Verbesserungen beginnt die Verjährung erst mit der Behebung der die Fälligkeit des Werklohnes hinausschiebenden Mängel (1 Ob 2341/96p mwN) oder nachdem klargestellt ist, dass eine zunächst in Aussicht genommene Verbesserung des Kaufgegenstandes nicht erfolgt (JBl 1986, 107 ua).

Die Klägerin hat immer wieder Mängelbehebungsarbeiten durchgeführt. Wie der Beklagte in seiner Revision selbst betont, hat er die angebotene Verbesserung niemals abgelehnt. Er hat bis zuletzt die Behauptung aufrecht erhalten, dass das erbrachte Werk nicht mängelfrei sei. Dieser Einwand war auch bis zur Durchführung der Verbesserungsarbeiten durch die klagende Partei im Zuge dieses Verfahrens im Wesentlichen berechtigt. In der Ansicht der Vorinstanzen, dass daher die Verjährung der Werklohnforderung nicht vor dem Zeitpunkt, ab dem die Klägerin sämtliche relevante Mängel beseitigt hat, zu laufen beginnen konnte, kann ein Abweichen von der aufgezeigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht erblickt werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision mangels erheblicher Rechtsfragen hingewiesen und diese Ansicht ausreichend begründet, sodass die Revisionsbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig zu honorieren war. Die Kostenbemessungsgrundlage beträgt allerdings nur 132.095,36 S.

Stichworte