OGH 1Ob26/00f

OGH1Ob26/00f22.2.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** A*****-Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Albin Ortner, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Vinzenz S*****, vertreten durch Dr. Walter Vasoll, Rechtsanwalt in Hermagor, wegen S 65.436,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsstreitwert S 32.718,--) gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 16. Juli 1999, GZ 1 R 52/99p-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hermagor vom 14. Dezember 1998, GZ 1 C 41/98p-25, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das erstgerichtliche Urteil zur Gänze wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 14.471,92 (darin S 1.860,32 Umsatzsteuer und S 3.310,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist Haftpflichtversicherer eines Unternehmers, der ein Selbstbedienungs-Sonnenstudio mit zwei Sonnenliegen betreibt. Am 8. 8. 1996 stellte dieser fest, dass der Schütz der Sonnenliege in einer der Kabinen nicht ordnungsgemäß funktionierte, und beauftragte den Beklagten mit der Durchführung einer "entsprechenden" Reparatur. Ein beim Beklagten beschäftigter Elektroinstallateur baute am 9. 8. 1996 einen neuen Schütz ein, wobei er fälschlicherweise ein neues Relais mit Einschaltverzögerung verwendete. Dies hatte zur Folge, dass im Gerät ein Wärmestau ausgelöst wurde, was den Defekt zweier Röhrenfassungen für die UV-Leuchtstofflampen und das Verbiegen eines diese Lampen abdeckenden Plexiglases hervorrief. Als am 12. 8. 1996 neuerlich Probleme auftraten, setzte der Betreiber des Studios die Sonnenliege dieser Kabine außer Betrieb und verständigte den Beklagten. Ein bei diesem beschäftigter Elektroinstallateur erkannte die Notwendigkeit des Austausches des Relais, baute am 16. 8. 1996 ein (richtiges) Nachlaufrelais ein und behob den bei den Fassungen bestehenden Massenschluss. Dann entfernte er das im Auftrag des Betreibers an der Kabine befestigte Warnplakat und setzte diese wieder in Betrieb. Im Zuge der Benützung dieser Kabine am 16. 8. 1996 und am 20. 8. 1996 erlitten drei Frauen Verbrennungen. Die klagende Partei bezahlte den drei Frauen an Schmerzengeld und sonstigen Kosten insgesamt S 65.436.

Die klagende Partei begehrte vom Beklagten die Erstattung des zuletzt genannten Betrags, wobei sie sich auf die gemäß § 67 VersVG eingetretene und unbestritten gebliebene Legalzession berief. Durch die unsachgemäße Reparatur der beim Beklagten beschäftigten Elektroinstallateure seien am Bräunungsgerät Schäden entstanden, insbesondere ein durch den Ausfall der Lüftung bedingter Sprung des Glases des linken Gesichtsbräunungsfeldes, was Verbrennungen ersten und zweiten Grades bei den drei Frauen, die die Sonnenliege benutzten, hervorgerufen hätten. Der zuletzt tätige Elektroinstallateur habe das über Auftrag des Beklagten angebrachte Warnplakat entfernt, ohne die Funktion der Sonnenliege überprüft zu haben. Der Betreiber des Solariums habe dieses ordnungsgemäß beaufsichtigt.

Der Beklagte wendete ein, die Reparaturen seien ordnungsgemäß ausgeführt worden, weshalb er die Verbrennungen nicht zu verantworten habe. Zu diesen sei es vielmehr deshalb gekommen, weil es an der nötigen Beaufsichtigung des Sonnenstudios gemangelt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der durch den Einbau des (falschen) Relais verursachte Hitzestau habe Schäden am Gerät herbeigeführt und letztlich die Verbrennungen verursacht. Der Rückgriffsanspruch der klagenden Partei sei berechtigt, weil leichtes Versehen der einen Schaden herbeiführenden Person genüge. Der Beklagte hafte gemäß § 1313a ABGB für die bei ihm beschäftigten Monteure.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es unter Zugrundelegung einer Schadensteilung im Verhältnis 1 : 1 dem Beklagten lediglich die Zahlung von S 32.718 sA auferlegte, das Mehrbegehren in gleicher Höhe hingegen abwies. Es sprach letztlich aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Ebenso wie das Erstgericht ging es davon aus, dass der Grund für den Sprung in der Gesichtsfeld-Filterscheibe in dem durch die fehlerhafte Reparatur aufgetretenen Hitzestau gelegen sei. Der Beklagte bzw dessen Erfüllungsgehilfen hätten sich bei der Durchführung des Reparaturauftrags objektiv vertragswidrig verhalten. Obwohl der zuletzt tätig gewesene Installateur damit habe rechnen können, dass die Überhitzung noch andere Schäden am Solarium verursacht haben könnte, habe er die Kabine durch Entfernung des Warnplakats wieder in Betrieb genommen. Dem Betreiber des Solariums sei aber ein Mitverschulden anzulasten. Er habe nach der ersten (fehlerhaften) Reparatur die betroffene Kabine außer Betrieb gesetzt, weil Schäden aufgetreten seien. Nach dem Einbau des richtigen Relais sei er davon benachrichtigt worden, dass auch zwei Röhrenfassungen der Sonnenliege defekt gewesen seien. Diese Umstände hätten ihn im Rahmen seiner Schutz- und Sorgfaltspflichten veranlassen müssen, die nicht das Fachgebiet des Elektrikers betreffende Funktion der Sonnenliege - so die Gesichtsfeld-Filterscheibe - vor Inbetriebnahme der Sonnenliege zu überprüfen.

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Vorwurf der klagenden Partei, das Berufungsgericht habe seine Mitteilungspflicht gemäß § 473a ZPO verletzt, zuträfe. Selbst wenn nämlich der Betreiber des Sonnenstudios unmittelbar am 16. 8. 1996 vom Defekt zweier Röhrenfassungen verständigt worden wäre - so die allein bekämpfte Feststellung des Gerichts zweiter Instanz -, ist ihm kein Verschulden am Schadenseintritt (Verletzungen der drei Frauen) anzulasten und damit die Revision berechtigt:

Der Beklagte gab Elektroinstallationsarbeiten in Auftrag, weil der Schütz einer Sonnenliege nicht ordnungsgemäß funktionierte. Da die Sonnenliege nach dieser (ersten) Reparatur noch nicht funktionierte, setzte der Betreiber des Solariums die Liege neuerlich außer Betrieb und veranlasste eine (zweite) Reparatur durch den Beklagten. Soweit der Elektroinstallateur nach der zweiten Reparatur den Beklagten davon verständigte, dass zwei Röhrenfassungen defekt gewesen seien, und dieser Installateur den Betrieb der vom Beklagten stillgelegten Kabine wieder ermöglichte, indem er das vom Beklagten angebrachte Warnplakat entfernte, ist nicht zu erkennen, inwiefern dem Betreiber des Solariums die Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten angelastet werden könnte: Er durfte darauf vertrauen, dass die Instandsetzungsarbeiten ordnungsgemäß durchgeführt worden waren; demgemäß durfte er aber auch annehmen, der Elektroinstallateur würde ihn von Problemen, die im Zuge der Entstehung des Schadens bzw dessen Behebung aufgetreten sein könnten, verständigen, insbesondere wenn das Gerät selbst einen - sichtbaren - Schaden aufwiese. Allein daraus, dass die erste Reparatur nicht zum gewünschten Erfolg geführt und dass der Installateur nach der zweiten Reparatur den Beklagten vom Defekt zweier Röhrenfassungen der Sonnenliege verständigt hatte, musste er (noch) nicht den Schluss ziehen, es könnten noch weitere Schäden bestehen, die er - auf welche Weise immer - noch untersuchen (lassen) müsse. Die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichts hieße die Sorgfaltspflicht des Beklagten überspannen. Schließlich ist auch die Gesundheitsschädigung der drei Frauen nicht durch den Defekt der beiden Röhrenfassungen eingetreten, sondern durch die Beschädigung eines anderen Anlagenteils.

Eine Haftung des Beklagten wäre nur dann in Frage gekommen, wenn der Betrieb eines Sonnenstudios als "gefährlicher Betrieb" einzustufen wäre. Der Begriff des gefährlichen Betriebs darf nicht zu weit ausgelegt werden. Es müsste sich um einen Betrieb handeln, bei dem die Interessen Dritter nicht erst infolge zufälliger konkreter Umstände, sondern schon infolge seiner allgemeinen Beschaffenheit in einer das normale Maß der im modernen Leben stets bestehenden Gefährdung wesentlich übersteigenden Art gefährdet würden. Die besondere Haftung des Betriebsinhabers tritt nicht schon dann ein, wenn ein an sich ungefährlicher Betrieb im Einzelfall unter gewissen Umständen zu einem gefährlichen wird, sie ist vielmehr erst dann zu bejahen, wenn eine solche Gefahr nach der Art des Betriebs regelmäßig und allgemein vorhanden ist. Noch dazu muss dabei auch die Gefahr des Eintritts eines außergewöhnlich hohen Schadens bestehen (ZVR 1998/18; EvBl 1992/132; JBl 1985, 556; EvBl 1982/129; SZ 46/36 ua). Das ist hier indes zu verneinen.

In Stattgebung der Revision ist das Ersturteil demnach zur Gänze wieder herzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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