Spruch:
Es verletzten
1. die Verfügung des Leiters der Gerichtsabteilung 15 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 24. Februar 1999 (S 3i verso) § 68 Abs 2 Satz zwei StPO sowie
2. der Beschluss des Vorstehers dieses Bezirksgerichtes vom 4. März 1999 (ON 53 = Jv 609-7a/99-2) § 68 Abs 2 Satz zwei StPO und § 27a Abs 1 und Abs 4 GOG.
Der zu 2. bezeichnete Beschluss wird aufgehoben, der Leiter der Gerichtsabteilung 15 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien ist zur Fortführung des dort zum AZ 15 U 297/98w anhängigen Verfahrens zuständig.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3. September 1998, GZ 15 U 297/98w-37, erachtete sich der Bezirksrichter zur Aburteilung der gegen Robinson O***** und Peter K***** gestellten Anträge auf Bestrafung wegen der Vergehen nach § 83 Abs 1 und § 88 Abs 1 StGB (ON 3 und 4) für nicht zuständig, weil er auf Grund von Verfahrensergebnissen bei O***** (zusätzlich) den Verdacht des Vergehens der versuchten schweren Körperverletzung nach §§ 15 Abs 1, 84 Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB als gegeben erachtete.
Danach soll der vom öffentlichen Ankläger nicht inkriminierte weitere Verdacht vorliegen, dass O***** bei der verfahrensgegenständlichen Auseinandersetzung auch versucht habe, seinen Widersacher K***** mit dem abgebrochenen Restteil eines Flaschenkörpers, sohin mit einem Mittel und auf solche Weise, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, schwer zu verletzen, indem er damit auf sein Opfer zuging.
Der dagegen von der Staatsanwaltschaft erhobenen Berufung wegen Nichtigkeit (ON 44) gab das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 13. November 1998, AZ 13d Bl 672/98 (= ON 51 des U-Aktes), Folge, hob das angefochtene Urteil auf und "verwies die Strafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück" (ohne dem Erstgericht gemäß § 475 Abs 3 StPO aufzutragen, sich der Verhandlung und Urteilsfällung zu unterziehen). In der Begründung wird dazu angeführt, dass - entgegen der Auffassung des Erstrichters - nach den Beweisergebnissen keine (zur inkriminierten vollendeten Tat nach § 83 Abs 1 StGB hinzutretende) ausführungsnahe Handlung im Sinne einer nach § 84 Abs 2 Z 1 StGB qualifizierten Begehungsweise vorliege.
Nach Rücklangen des Aktes übermittelte ihn der Leiter der Gerichtsabteilung 15 mit Verfügung vom 24. Februar 1999 seinem Vertreter (dem Leiter der Gerichtsabteilung 16) "zuständigkeitshalber" (S 3i verso), der den Akt wiederum dem Vorsteher des Bezirksgerichtes mit dem Ersuchen um Feststellung vorlegte, dass eine Ausgeschlossenheit des Leiters der Gerichtsabteilung 15 gemäß § 68 Abs 2 StPO nicht gegeben sei (S 3j).
Dieser stellte ihn mit der (inhaltlich als Beschluss zu wertenden) Entscheidung vom 4. März 1999, Jv 609-7a/99-2 (= ON 53), dem Leiter der Gerichtsabteilung 16 mit dem Bemerken zurück, dass "die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung 16 U gegeben ist", weil die Unbefangenheit eines Richters, dessen Unzuständigkeitsurteil vom Rechtsmittelgericht als rechtsirrig aufgehoben worden ist, in Frage gestellt und dieser daher von der weiteren Verfahrensführung gemäß § 68 Abs 2 StPO ausgeschlossen sei.
Da sich der Leiter der Gerichtsabteilung 16 weiterhin für unzuständig erachtete, führte er eine Entscheidung des Personalsenates des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien herbei (S 3k). Dieser entschied am 25. Mai 1999 den "Zugehörigkeitsstreit" dahin, dass "die Strafsache in den Geschäftskreis der Gerichtsabteilung 15 fällt" (Jv 609-7a/99-4 = S 312 des U-Aktes). Daraufhin führte der Leiter der Gerichtsabteilung 15, der seinerzeit das Unzuständigkeitsurteil gefällt hatte, das Strafverfahren fort, setzte aber in der Folge die bereits für 1. September 1999 anberaumte Hauptverhandlung mit dem Vermerk "Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes" wieder ab (S 31 ff).
Wie der Generalprokurator in der gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, stehen sowohl die Verfügung des Leiters der Gerichtsabteilung 15 vom 24. Februar 1999 als auch der Beschluss des Vorstehers des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. März 1999 mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Rechtliche Beurteilung
Muss eine Hauptverhandlung nach erfolgreicher Urteilsanfechtung wiederholt werden, sind gemäß § 68 Abs 2 Satz zwei StPO von der neuen Hauptverhandlung jene Richter ausgeschlossen, die an der ersten Hauptverhandlung teilgenommen haben. Damit soll jeder Anschein einer Voreingenommenheit eines im ersten Rechtsgang vom Rechtsmittelgericht in der Entscheidung über die Schuldfrage korrigierten Richters vermieden werden (EvBl 1989/10; 12 Os 74, 75/98).
Im Hinblick auf einen wegen der Vorbefasstheit (vgl JA 1157 BlgNR XVIII. GP, 7) nicht auszuschließenden Anschein der Voreingenommenheit normierte der Gesetzgeber in Fortführung dieser Grundsätze mit dem StPÄG 1993 im § 68 Abs 3 StPO bei der Wiederaufnahme einen Ausschlussgrund für jene Richter, die im Grundverfahren als Untersuchungsrichter tätig waren oder an der Hauptverhandlung teilnahmen. Dadurch soll das Gericht gegen den Vorwurf geschützt werden, schon auf Grund der Beteiligung am Grundverfahren voreingenommen zu sein. Dem Verurteilten soll die naheliegende Besorgnis genommen werden, die Richter des Grundverfahrens könnten schon infolge des verurteilenden Erkenntnisses für das Wiederaufnahmeverfahren nicht die nötige Objektivität aufbringen (vgl JA 1157 BlgNR XVIII. GP, 7).
In gleicher Weise legte das StRÄG 1996 in § 68 Abs 4 StPO zur Vermeidung jeden Anscheins, ein in dieser Sache (in welcher Funktion auch immer) tätig gewordener Richter könnte wegen seiner Beteiligung im früheren Verfahren voreingenommen sein, einen Ausschlussgrund bei der Erneuerung des Verfahrens fest (vgl RV 33 BlgNR XX. GP, 66).
Die Strafprozessnovelle 1999 (BGBl 1999/55) sieht darüber hinaus im mit 1. Jänner 2000 in Kraft getretenen § 68 Abs 5 StPO vor, dass von der Mitwirkung am weiteren Strafverfahren auch jener Richter ausgeschlossen ist, der in derselben Sache als (zur Diversionsentscheidung berufener, diese aber nicht umsetzender) Untersuchungsrichter tätig gewesen ist oder an der früheren Hauptverhandlung (und damit an einer die Diversion ausschließenden Sachentscheidung) teilgenommen hat, ohne die vom Rechtsmittelgericht bejahten Voraussetzungen des IXa. Hauptstücks wahrzunehmen (vgl RV 1581 BlgNR XX. GP, 27).
Ein Richter ist daher von der Mitwirkung und Entscheidung in der Hauptverhandlung dann ausgeschlossen, wenn er entweder (dem Untersuchungsgrundsatz folgend) als Untersuchungsrichter tätig war oder bei einer Sachentscheidung (Schuld- oder Freispruch; Verfahrensführung ohne Wahrnehmung der möglichen Einstellungsvoraussetzungen nach dem IXa. Hpst der StPO) mitwirkte, die im Rechtsmittel- oder Erneuerungsverfahren zumindest teilweise abgeändert wurde, oder wenn über den Bestand dieser Sachentscheidung im Wiederaufnahme- oder Erneuerungsverfahren zu befinden ist.
Nach dem unmissverständlichen Gesetzeswortlaut erweitert § 68 Abs 4 StPO bei der Entscheidung über eine Erneuerung des Verfahrens sowie bei der Mitwirkung im anschließend neu durchzuführenden Verfahren die Ausschlusswirkung auf alle im Grundverfahren zuvor tätig gewordenen Richter, unabhängig von der Art ihrer entfalteten richterlichen Tätigkeit, wobei nach den Gesetzesintentionen eine dem Ausschlussgrund nach § 68 Abs 3 StPO (Vorbefasstheit im Wiederaufnahmeverfahren) analoge Regelung angestrebt worden war (vgl RV 33 BlgNR XX. GP, 66).
Eine prozessuale Entscheidung kann jedoch selbst im Fall der Prüfung einer die Schuldfrage tangierenden (in Haftfragen notwendig sogar qualifizierten) Verdachtslage mit einer Entscheidung in der Sache selbst nicht gleichgestellt werden, weil die bloß vorläufige Beurteilung der Beweislage eine spätere, mit der Verdachtsbeurteilung nicht konforme Entscheidung in der Schuldfrage keineswegs zwangsläufig ausschließt. Demgemäß kann der Ausschließungstatbestand des § 68 Abs 2 erster Fall StPO bei gebotener verfassungsorientierter Auslegung (vgl EGMR in EuGRZ 1992, 99; ÖJZ-MRK 1993/28; 1993/37; 1995/1) unter Heranziehung der Grundsätze des Art 6 MRK etwa auf eine richterliche Tätigkeit in Haftsachen im Hinblick auf die dann notwendige Verdachtsprüfung nicht generell ausgedehnt werden (vgl Foregger/Kodek StPO7 § 181 Anm III; EvBl 1992/33; zuletzt 14 Os 152/97). Ein Haftbeschluss des erkennenden Gerichts begründet somit - wie schon aus dem Gesetz klar ableitbar (vgl §§ 181 Abs 3, 485 Abs 2 StPO) - keine Ausgeschlossenheit der an dieser Entscheidung beteiligten Richter. Nur wenn mit der Haftentscheidung auch eine sonstige untersuchungsrichterliche Tätigkeit - etwa die Einleitung der Voruntersuchung nach § 180 Abs 1 StPO - einhergeht, ist der Ausschlussgrund nach § 68 Abs 2 erster Fall StPO erfüllt.
Beim Ausschluss der an der Entscheidung über den Anklageeinspruch beteiligten Richter von der Mitwirkung und Entscheidung in der Hauptverhandlung (§ 68 Abs 2 zweiter Fall StPO) wird konsequenterweise an das im Zeitpunkt der Entscheidung nach dem XVI. Hauptstück der StPO noch immer dem Untersuchungsgrundsatz folgende Verfahrensstadium angeknüpft: Richter, die solcherart über die zur Anklageerhebung notwendige Verdachtslage entscheiden, dürfen wegen des damit nicht auszuschließenden Anscheins der Voreingenommenheit an der Sachentscheidung in der Hauptverhandlung nicht mehr mitwirken.
Eine Wiederholung der Hauptverhandlung infolge einer Rechtsmittelentscheidung im Sinne des § 68 Abs 2 letzter Fall StPO schließlich vermag nur bei einer im ersten Rechtsgang getroffenen Sachentscheidung einen unabhängig vom Einzelfall nicht auszuschließenden Anschein einer Voreingenommenheit des vorbefassten Richters zu begründen.
In § 68 Abs 2 bis 5 StPO in der seit 1. Jänner 2000 geltenden Fassung ist die Ausgeschlossenheit eines ein Unzuständigkeitsurteil fällenden Richters - im Gegensatz zu anderen taxativ aufgezählten Ausschlussgründen eines vorbefassten Richters - von der weiteren Verfahrensführung nicht explizit normiert.
Nach Lehre und Rechtsprechung bewirkt ein zu Unrecht gefälltes Unzuständigkeitsurteil keinen Ausschluss der daran beteiligten Richter für das weitere Strafverfahren (Lohsing/Serini Österreichisches Strafprozessrecht4 S 127, Roeder Lehrbuch des österreichischen Strafverfahrensrechtes2 S 62, Bertel Strafprozessrecht5 Rz 189, Gebert/Pallin/Pfeiffer Das österreichische Strafverfahrensrecht III. Band/1. Teil E 15 zu § 68, Foregger/Kodek aaO Anm I zu § 68; EvBl 1961/165, 1963/333). Dieser Standpunkt gründet sich formal auf den vom Rechtsmittelgericht zu erteilenden Auftrag an das Erstgericht, "sich der Verhandlung und Urteilsfällung zu unterziehen" (§§ 288 Abs 2 Z 2, 475 Abs 3 StPO) und solcherart das Verfahren fortzusetzen. Demgegenüber wird bei Aufhebung eines Sachurteiles dem Erstgericht die Durchführung einer (im Sinne des § 68 Abs 2 StPO) neuen Hauptverhandlung bzw deren Wiederholung aufgetragen (§§ 288 Abs 2 Z 3, 475 Abs 1 StPO). Inhaltlich stützt sich diese Differenzierung darauf, dass bei einem Unzuständigkeitsurteil eine umfassende, auf einer Würdigung sämtlicher Verfahrensergebnisse beruhende Prüfung der Schuldfrage zu unterbleiben hat und eine Entscheidung lediglich auf Grund einer Verdachtslage getroffen werden kann.
Demgemäß lässt sich allein aus der Beteiligung eines Richters an einem zu Unrecht gefällten Unzuständigkeitsurteil - im Gegensatz zur Beteiligung an einem mit Mängeln behafteten Sachurteil - keine ernste und ohne Bezug auf den Einzelfall objektiv begründete Besorgnis folgern, dass von einem solchen Richter in aller Regel eine unbefangene Teilnahme am weiteren Verfahren nicht zu erwarten wäre und die vom Rechtsmittelgericht korrigierte Vorentscheidung somit einen generellen Ausschluss dieses vorbefassten Richters von der weiteren Verfahrensführung rechtfertigen würde.
In ähnlicher Weise sah die frühere Judikatur einen Ausschlussgrund nach § 68 Abs 2 StPO dann nicht gegeben, wenn das Urteil, an dem ein Richter mitgewirkt hatte, nur teilweise aufgehoben wurde und die neue Hauptverhandlung lediglich zur Festsetzung einer neuen Strafe diente, weil auch in diesen Fällen die Hauptverhandlung nicht "wiederholt", sondern an die bereits durchgeführte frühere Verhandlung angeschlossen und diese gewissermaßen fortgesetzt wird (SSt 56/64 und EvBl 1952/79 jeweils mit Hinweis auf SSt 9/89; vgl auch Foregger/Kodek aaO Anm I zu § 68; Bertel aaO Rz 189 und 923; Lohsing/Serini aaO S 128).
In teilweiser Abkehr von dieser Judikatur hat der Oberste Gerichtshof unter Berücksichtigung der durch das StPÄG 1993 und das StRÄG 1996 erfolgten Gesetzesänderungen nunmehr ausgesprochen (vgl 12 Os 74, 75/98), dass Richter von der neuen Hauptverhandlung selbst dann ausgeschlossen sind, wenn diese nur dazu dient, zu den bestätigenden Schuldsprüchen eine Strafe zu verhängen, sofern das Urteil, an dem sie mitgewirkt haben, (im Schuldspruch) teilweise aufgehoben wurde; soll doch der nicht regelmäßig auf eine abermalige Mitwirkung und (Sach-)Entscheidung in einer zu wiederholenden Hauptverhandlung beschränkbare Anschein einer Voreingenommenheit eines im ersten Rechtsgang vom Rechtsmittelgericht in der Entscheidung über die Schuldfrage korrigierten Richters vermieden werden. Diese extensivere Auslegung zu § 68 Abs 2 StPO vermag aber keine Änderung der insoweit nicht vergleichbaren Judikatur zur mangelnden Ausgeschlossenheit des ein Unzuständigkeitsurteil fällenden Erstrichters für das weitere Verfahren zu begründen.
Der Oberste Gerichtshof hält daher weiter daran fest, dass - unter generalisierender und fallbezogene Feststellungen naturgemäß dabei außer Acht zu lassender Betrachtung - bei einem zu Unrecht gefällten Unzuständigkeitsurteil mangels abschließender Prüfung von Beweisergebnissen zur Schuldfrage sowie angesichts einer Entscheidung nur auf Basis eines Verdachts von (den Anklagesachverhalt) qualifzizierenden Umständen der Anschein einer Voreingenommenheit des vorbefassten Richters im Fall der Fortsetzung der Hauptverhandlung nicht vorliegt. Ein Unzuständigkeitsurteil zieht somit grundsätzlich den Ausschlussgrund nach § 68 Abs 2 letzter Fall StPO nicht nach sich.
Die Gegenteiliges vertretende Äußerung des Beschuldigten O***** vermag dieser Rechtsansicht nichts Wesentliches entgegenzusetzen.
Entsteht jedoch im Einzelfall aus besonderen Gründen der Anschein einer Voreingenommenheit des im ersten Rechtsgang sonst beteiligt gewesenen Richters (vgl den Befangenheitsantrag des Beschuldigten in ON 62), so sind diese unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Befangenheit iSd § 72 Abs 1 StPO zu prüfen.
Demgemäß erweist sich die sowohl vom Leiter der Gerichtsabteilung 15 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien in der Übersendungsnote vom 24. Februar 1999 als auch vom Vorsteher dieses Bezirksgerichtes in der Entscheidung vom 4. März 1999 angenommene Ausgeschlossenheit des im ersten Rechtsgang befassten Richters (ohne Notwendigkeit weiterer Überlegungen) als gesetzwidrig (§ 68 Abs 2 Satz zwei StPO).
Bei Zurückweisung der Sache an dasselbe Gericht geht die gerichtsinterne Zuständigkeit des erstbefassten Richters grundsätzlich schon mit Wirksamkeit der die Verfahrenserneuerung anordnenden Rechtsmittelentscheidung auf den durch die Geschäftsverteilung bestimmten Vertreter über (abermals EvBl 1999/10; 12 Os 74, 75/98). Wenn hingegen die Frage der Ausgeschlossenheit strittig ist, bedarf es darüber einer Entscheidung des Gerichtsvorstehers (§ 22 Abs 1 und 3 GOG iVm § 74 StPO).
Vorliegend hat der Leiter der Gerichtsabteilung 15 rechtsirrig einen durch Urteilsaufhebung bewirkten gerichtsinternen Zuständigkeitsübergang angenommen. Sein Vertreter (der Leiter der Gerichtsabteilung 16) verneinte aber die behauptete Ausgeschlossenheit. Mit Beschluss des Vorstehers des Bezirksgerichtes vom 4. März 1999 wurde in der Folge nicht nur eine nach § 22 Abs 1 und 3 GOG iVm § 74 Abs 3 StPO unanfechtbare Entscheidung getroffen, der zufolge der Leiter der Gerichtsabteilung 15 von der weiteren Verfahrensführung ausgeschlossen ist, womit im Ergebnis ohnehin der nach der Geschäftsverteilung vorgesehene Vertreter des Leiters der Gerichtsabteilung 15 zur Fortsetzung des Strafverfahrens berufen wurde, sondern gleichzeitig auch unzulässigerweise (vgl § 27a Abs 1 und 4 GOG) eine Änderung der Geschäftsverteilung verfügt, wonach in dieser Strafsache nunmehr "die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung 16 U" gegeben ist.
Diese ebenso rechtsirrig getroffene, indes bindende Wirkung entfaltende Feststellung der Ausgeschlossenheit des Leiters der Gerichtsabteilung 15 hätte im Hinblick darauf, dass der Personalsenat lediglich die Rückabtretung der Strafsache in die Abteilung 15 angeordnet hat, die Verfahrensfortführung durch den Vertreter des Leiters der Gerichtsabteilung 15 zur Folge haben müssen. In Wirklichkeit wurde das Strafverfahren jedoch vom zwar tatsächlich zuständigen, nach der formalen Aktenlage gemäß dem (bindenden) Beschluss des Vorstehers des Bezirksgerichtes aber ausgeschlossenen Leiter der Gerichtsabteilung 15 fortgesetzt.
Diese besonders gelagerte Verfahrenssituation erfordert demnach - im Sinne der Beschwerde - nicht nur die Feststellung der aufgezeigten Gesetzesverletzungen, sondern wegen des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf den gesetzlichen Richter (Artikel 83 Abs 2 B-VG) in Bezug auf den Beschluss des Vorstehers des Bezirksgerichtes auch die Zuerkennung einer konkreten Wirkung (§ 292 StPO).
Somit war in Stattgebung der Wahrungsbeschwerde spruchgemäß zu erkennen.
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