OGH 9Ob23/00y

OGH9Ob23/00y16.2.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael R*****, Selbstständiger, *****, vertreten durch Dr. Ingo Gutjahr, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Bärbel R*****, Angestellte, *****, 2. Helga H*****, Pensionistin, *****, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Leitner und Dr. Helmut Platzgummer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert S 500.000 sA) über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 28. Oktober 1999, GZ 11 R 60/99w-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9. Februar 1999, GZ 56 Cg 52/98y-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S

14.256 (darin S 2.376 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist der Vater der am 13. 7. 1985 geborenen minderjährigen Caroline R*****, die Erstbeklagte ist die Mutter, die Zweitbeklagte die Großmutter mütterlicherseits. Die Ehe zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten wurde 1987 geschieden, die Obsorge über die Minderjährige wurde der Erstbeklagten übertragen. Im Scheidungsvergleich wurde die Besuchsrechtsregelung einer einvernehmlichen außergerichtlichen Regelung vorbehalten. Mangels Zustandekommens einer solchen begehrte der Kläger im Verfahren 7 P 1140/95x des Bezirksgerichtes Hietzing die Regelung des Besuchsrechtes. Das Erstgericht wies mit Beschluss vom 27. 3. 1998 den Antrag auf Einräumung eines Besuchsrechtes ab. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Mutter und Großmutter dem Vater gegenüber negativ eingestellt seien und insbesondere die Mutter eigene Ängste gegenüber dem früheren Ehegatten auf das Kind projiziere. Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf. In der Folge kam es zu einem Vergleich zwischen dem Kläger und der Beklagten, in welchem dem Kläger ein Besuchsrecht eingeräumt wurde.

Noch vor Abschluss dieses Vergleiches brachte der Kläger die vorliegende Klage ein, mit welcher er begehrte, die beklagten Parteien für schuldig zu erklären, alle Handlungen und Äußerungen gegenüber Dritten zu unterlassen, die der Zuerkennung eines Besuchsrechtes des Klägers betreffend die minderjährige Caroline R*****, geboren am 13. 7. 1985, entgegenstehen; insbesondere es zu unterlassen, die Existenz des Klägers als Kindesvater gegenüber der Minderjährigen zu verheimlichen, im Zuge eines Besuchsrechtsverfahrens notwendige Untersuchungen zu verhindern oder zu stören; weiters, die Erstbeklagte für schuldig zu erklären, es zu unterlassen, sich im Pflegschaftsverfahren betreffend Zuerkennung eines Besuchsrechtes des Klägers zu seiner Tochter gegen die Zuerkennung eines derartigen Besuchsrechtes auszusprechen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die beklagten Parteien, welche im gemeinsamen Haushalt wohnten, die Minderjährige gegen den Kläger beeinflussten und insbesondere die Erstbeklagte unter Ausnutzung ihrer Obsorgeberechtigung alles unternehme, um ein Besuchsrecht des Klägers zu verhindern. Insbesondere habe die Erstbeklagte Gespräche der Minderjährigen mit einem Sachverständigen durch mehrmaliges Erscheinen unterbrochen und weigere sich, ein Gespräche mit einer Sozialarbeiterin zuzulassen.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, dass es an einer rechtlichen Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch fehle.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass mit Unterlassungsklage nur vom materiellen Recht eingeräumte oder vertraglich begründete Ansprüche auf Unterlassung bestimmter Handlungen geltend gemacht werden könnten, durch welche in bestehende Rechte des Klägers eingegriffen werde. Voraussetzung sei daher eine Unterlassungspflicht. Ein solcher Anspruch sei nicht gegeben. Insbesondere könne dem Kläger nicht das Recht zugebilligt werden, von den Beklagten zu verlangen, im Rahmen des Besuchsrechtsverfahrens bestimmte Äußerungen zu unterlassen und ein bestimmtes Verhalten zu setzen. Für die Durchsetzung eines Besuchsrechtes stehe nur das Instrumentarium des Außerstreitverfahrens zur Verfügung.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil. Aus dem seinerzeitigen Scheidungsvergleich könne keine konkrete Verpflichtung der Erstbeklagten in Bezug auf Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit einem zu gewährenden Besuchsrecht abgeleitet werden. Die Durchsetzung des Besuchsrechtes habe im Pflegschaftsverfahren zu erfolge. Verstöße gegen Verpflichtungen, welche sich aus einem eingeräumten Besuchsrecht ergeben, seien gemäß § 19 AußStrG durchzusetzen, im vorliegenden Fall diejenigen Verpflichtungen, welche sich aus dem Vergleich über die Einräumung eines Besuchsrechtes ergäben. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage der Unterlassung von Handlungen und Äußerungen des obsorgeberechtigten Elternteiles oder von Großeltern betreffend die Zuerkennung eines Besuchsrechtes des nicht obsorgeberechtigten Elternteils zu seinem Kind fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern.

Die beklagten Parteien beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Mit der Unterlassungsklage werden vom materiellen Recht unmittelbar eingeräumte oder vertraglich begründete Ansprüche auf Unterlassung bestimmter Handlungen (eines bestimmten Verhaltens) des Beklagten geltend gemacht, durch welche in bestehende Rechte des Klägers eingegriffen wird (Fasching ZPR2 Rz 1069).

Soweit sich der Kläger auf ein konkretes Recht auf Grund des Scheidungsvergleiches beruft, ist ihm entgegenzuhalten, dass dort eine Besuchsrechtsregelung ausdrücklich einer einvernehmlichen Regelung vorbehalten blieb. Schon der klare Wortsinn "Vorbehalt" verhindert die Annahme eines konkreten Rechtes.

Verfehlt ist ferner das Begehren auf Unterlassung eines bestimmten Verhaltens durch die obsorgeberechtigte Mutter im anhängigen Besuchsrechtsverfahren. Der Mutter kommt, wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, im Besuchsrechtsverfahren Beteiligtenstellung zu. Das Begehren des Klägers, bestimmte Verfahrensschritte nicht zu setzen, würde aber einer Beschränkung der der Mutter durch das Gesetz eingeräumten Verfahrensstellung mit sich bringen und wäre daher rechtswidrig (RIS-Justiz RS0012038, insbes 1 Ob 24/91).

Die im Zuge einer Besuchsrechtsregelung übernommenen Verpflichtungen sind nicht selbständig, sondern nur als Teil der Besuchsrechtsregelung und ausschließlich nach § 19 AußStrG durchsetzbar (SZ 55/141). Die Erziehungsrechte der Eltern sind nichts anderes, als zur Ausübung der Erziehungspflicht notwendige Befugnisse (EvBl 1964/42);weiters sind in Wahrheit die Kinder Träger der aus einer Besuchsrechtsregelung erfließenden Rechte (SZ 55/141). Gerade die Neuordnung des Kindschaftsrechtes und die bei jeder Maßnahme gebotene Beurteilung des Kindeswohls (§ 178a ABGB) erfordert auch bei der Durchsetzung des Rechts auf persönlichen Verkehr, also auch der Abwehr die Kinder gefährdenden Verhaltens, die ausschließliche Befassung des Pflegschaftsrichters (SZ 55/141). Verstöße gegen ein mittels Vergleiches oder Beschlusses des Pflegschaftsgerichtes eingeräumtes Besuchsrecht sind daher ausschließlich im Außerstreitverfahren auszuhandeln, weil auch dort die Gewähr besteht, dass dem Kindeswohl Rechnung getragen wird. Gerade die vorliegende Klage zeigt deutlich auf, dass den Grundsätzen des Kindeswohls im streitigen Verfahren, in welchem das Kind weder Partei ist noch ein Anhörungsrecht hat, in keiner Weise entsprochen werden kann.

Darüberhinaus ist aber auch ein Rechtsanspruch des Klägers auf die Unterlassung eines bestimmten Verhaltens der beklagten Parteien zu verneinen, auch wenn - dies trifft insbesondere auf die Zweitbeklagte zu -, eine Regelung des persönlichen Verkehrs noch gar nicht erfolgt ist. Da eine Regelung des persönlichen Verkehrs immer unter der Maxime des Kindeswohls steht, kann es keinen davon losgelösten Rechtsanspruch eines nicht obsorgeberechtigten Elternteils darauf geben, dass entweder der obsorgeberechtigte Elternteil oder andere Angehörige ein bestimmtes Verhalten im Bezug auf das Kind unterlassen. Gefährden Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des minderjährigen Kindes, sei es jetzt dadurch, dass sie selbst ein schädliches Verhalten setzen oder aber, obwohl es in ihrer Macht stünde, schädliches Verhalten Dritter abzustellen unterlassen, haben die im Außerstreitverfahren durchzusetzenden Maßnahmen im Sinne der §§ 176 f ABGB Platz zu greifen, nicht aber davon losgelöste, im streitigen Rechtsweg durchzusetzende Maßnahmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO, wobei zu berücksichtigen ist, dass für die Kostenbemessung von einem Streitwert in Höhe von S 270.000 auszugehen ist, welcher vom Erstgericht gemäß § 7 RATG festgesetzt wurde.

Stichworte