Spruch:
Die Voraussetzung des § 9 Abs 4 AHG für die Bestimmung eines anderen Gerichts liegen nicht vor.
Der Akt wird dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zurückgestellt.
Text
Begründung
Der Kläger stützt sein Amtshaftungsbegehren auf mehrere - seiner Ansicht nach unvertretbar rechtswidrige - fremdenpolizeiliche Maßnahmen, in deren Folge es unter anderem zur Einleitung eines Strafverfahrens gegen ihn wegen der Vergehen des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt und der schweren Körperverletzung kam. Von diesem Strafantrag wurde der Kläger rechtskräftig gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Im folgenden Verfahren auf Zuerkennung einer Haftentschädigung und eines Beitrags zu den Kosten der Verteidigung entschied das Oberlandesgericht Wien insgesamt dreimal über Rechtsmittel des Klägers.
Die Kosten dieser Beschwerden führte der Kläger unter anderem in seiner Klagsausdehnung ON 8 an und brachte dazu vor, dass er in der Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien "falsch des Widerstandes und der schweren Körperverletzung beschuldigt" worden sei (AS 77); die Beklagte hafte als Rechtsträger "für die Vollziehung des allgemeinen Sicherheitswesens für die infolge oben dargestellten unvertretbar rechtswidrigen Verfolgung anerlaufenen Vertretungskosten sowie den Ersatz der Unbilden des Strafverfahrens ..." (AS 79). In der Tagsatzung vom 1. 10. 1999 (ON 10) trug der Klagevertreter unter anderem diesen Schriftsatz vor und führte aus "... dass die Anzeige gegen den Kläger rechtswidrig und schuldhaft erfolgt sei und daher alle damit in Zusammenhang stehenden Kosten des Klägers zur Rechtsverteidigung kausal und adäquat seien, und zwar einschließlich der Kosten im Verfahren zur Erlangung einer strafrechtlichen Entschädigung" (AS 113 f).
Das Erstgericht legte daraufhin den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 9 Abs 4 AHG vor, weil die Klage auch auf die Kosten einer Beschwerde gestützt werde, der das Oberlandesgericht Wien keine Folge gegeben habe.
Die Voraussetzungen einer Delegierung gemäß § 9 Abs 4 AHG liegen nicht vor.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 9 Abs 4 AHG ist vom übergeordneten Gericht unter anderem dann ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus einer Entscheidung eines Oberlandesgerichts abgeleitet wird; nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist ein anderes Erstgericht zu bestimmen, weil es nicht möglich ist, die Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz unverändert zu belassen und bloß ein anderes Oberlandesgericht als Rechtsmittelgericht zu bestimmen (1 Nd 9/85 u. a.). Zweck der Bestimmung des § 9 Abs 4 AHG ist es, alle im Zusammenhang betroffenen Gerichte, aus deren Entscheidung ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, von der Entscheidung über diesen Anspruch auszuschließen, damit nicht Richter eines Gerichtshofs über das Verhalten irgendeines Mitglieds dieses Gerichtshofs zu erkennen haben (1 Ob 356/97b; 1 Nd 10/99 u.v.a.).
Ein derartiger Fall liegt aber hier nicht vor, weil der Kläger seinen Kostenersatzanspruch ausdrücklich nur aus der - seiner Ansicht nach - rechtswidrigen Anzeigeerstattung ableitet und dem Oberlandesgericht Wien, das in die meritorische Beurteilung des zur Anzeige führenden Sachverhalts gar nicht eingebunden war, kein Fehlverhalten vorwirft.
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