OGH 15Os173/99 (15Os174/99)

OGH15Os173/99 (15Os174/99)27.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Jänner 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Handler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Thomas M***** und einen anderen Beschuldigten wegen des Vergehens der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 228 Abs 1 StGB, AZ 15 U 62/99 des Bezirksgerichtes Feldkirch, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen die Strafverfügungen vom 16. Juni 1999 (ON 5 und ON 6), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, jedoch in Abwesenheit der Beschuldigten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Im Verfahren des Bezirksgerichtes Feldkirch zu AZ 15 U 62/99 verletzen die Strafverfügungen vom 16. Juni 1999, mit denen Thomas M***** (ON 5) und Werner M***** (ON 6) jeweils des Vergehens der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 228 Abs 1 StGB schuldig erkannt wurden, § 228 Abs 1 StGB.

Die beiden Strafverfügungen werden aufgehoben und es wird gemäß §§ 288 Abs 2 Z 3, 292 letzter SatzStPO in der Sache selbst erkannt:

Thomas M***** und Werner M***** werden vom wider sie wegen des Vergehens der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 228 Abs 1 StGB erhobenen Antrag auf Bestrafung, sie haben zur Tat des Markus P*****, der am 11. Jänner 1999 bei der Zulassungsstelle der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ein Fahrzeug, bei welchem durch Entfernung der Auspuffdrossel eine wesentliche technische Veränderung im Sinne des § 33 Abs 2 und 7 KFG vorgenommen worden war, unter Vorlage des Typenscheins für ein Motorfahrrad zur Anmeldung brachte und damit bewirkte, dass gutgläubig ein Recht, ein Rechtsverhältnis oder eine Tatsache in einer inländischen öffentlichen Urkunde, nämlich die Type des angemeldeten Fahrzeuges durch dessen Eintragung als Motorfahrrad im Zulassungsschein, unrichtig beurkundet wurde, wobei er mit dem Vorsatz handelte, dass die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes gebraucht werde, dadurch beigetragen, dass sie das bereits vor dem Verkauf an Markus P***** in ein Kleinmotorrad veränderte Fahrzeug diesem in Kenntnis des Umstandes verkauften, dass er das Fahrzeug als Motorfahrrad anmelden werde, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Text

Gründe:

Im Strafverfahren zu AZ 15 U 62/99v des Bezirksgerichtes Feldkirch wurden mit jeweils rechtskräftiger Strafverfügung vom 16. Juni 1999 Thomas M***** (ON 5) und Werner M***** (ON 6) des Vergehens der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 228 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Diesen Schuldsprüchen zufolge haben sie zur Tat des (noch nicht abgeurteilten) Markus P*****, der am 11. Jänner 1999 bei der Zulassungsstelle der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch ein Fahrzeug, bei welchem durch Entfernung der Auspuffdrossel eine wesentliche technische Veränderung im Sinne des § 33 Abs 2 und Abs 7 KFG vorgenommen worden war, unter Vorlage des Typenscheins für ein Motorfahrrad anmeldete und damit bewirkte, dass gutgläubig ein Recht, ein Rechtsverhältnis oder eine Tatsache in einer inländischen öffentlichen Urkunde, nämlich die "Eintragung als Motorfahrrad im Zulassungsschein" (gemeint: die Type des angemeldeten Fahrzeuges durch dessen Eintragung als Motorfahrrad im Zulassungsschein) unrichtig beurkundet wurde, wobei Markus P***** mit dem Vorsatz handelte, dass die Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes gebraucht werde, beigetragen, indem sie das bereits vor dem Verkauf an Markus P***** in ein Kleinmotorrad veränderte Fahrzeug diesem in Kenntnis des Umstandes verkauften, dass er das Fahrzeug als Motorfahrrad anmelden werde.

Zusammenfassend dargestellt haben danach die beiden Verurteilten daran mitgewirkt, dass ein typengenehmigtes Motorfahrrad unter Vorlage des entsprechenden Typenscheins in dem bei der behördlichen Anmeldung ausgestellten Zulassungsschein (gleichfalls) als Motorfahrrad eingetragen wurde, obwohl dieses Fahrzeug durch die vorangeführte Manipulation inzwischen in ein Kleinmotorrad umgewandelt worden war.

Die beiden Strafverfügungen stehen - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Rechtliche Beurteilung

Eine unrichtige Beurkundung nach § 228 Abs 1 StGB bewirkt, wer auf welche Weise auch immer den Aussteller einer inländischen öffentlichen Urkunde dazu veranlasst, in dieser etwas zu beurkunden, was nicht den Tatsachen entspricht (Leukauf/Steininger Komm3 § 228 RN 5a). Wird dagegen in der Urkunde bloß die Tatsache eines Vorbringens bestätigt oder auch ein rechtsbegründender behördlicher Akt dokumentiert, ohne dass es auf die inhaltliche oder sachliche Richtigkeit des festgehaltenen Vorganges ankommt, ist der betreffende Tatbestand nicht erfüllt.

Letzteres ist vorliegend der Fall. Denn im Zulassungsschein wird nur die Tatsache der (vorangegangenen) Erlassung des Zulassungsbescheides für eine bestimmte Person in Ansehung eines bestimmten Kraftfahrzeuges, verbunden mit der erfolgten Zuweisung eines amtlichen Kennzeichens für das zugelassene Fahrzeug, bestätigt. Diese rechtserheblichen Tatsachen wurden unter den gegebenen Umständen richtig bekundet, weil das in Rede stehende Zweiradfahrzeug tatsächlich für Markus P***** zugelassen worden ist. Auf die materielle Richtigkeit der - vorliegendenfalls infolge der erwähnten Manipulation am betreffenden Fahrzeug im Ergebnis zu Unrecht erfolgten - Zulassung kommt es nach § 228 Abs 1 StGB dagegen nicht an. Zudem ist seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl 1987/605, auch die bis dahin dem Tatbestand des § 108 Abs 1 StGB unterstellte Erschleichung eines inhaltlich unrichtigen Hoheitsaktes (wie hier der Zulassung) selbst nicht mehr strafrechtlich erfassbar (vgl hiezu insbesondere Leukauf/Steininger aaO RN 5a und 7, Foregger/Fabrizy StGB7 Rz 2, Kienapfel/Schmoller BT III RN 3/jeweils - mwN - zu § 228 StGB).

Das Thomas und Werner M***** zur Last gelegte Tatverhalten begründet daher weder den Deliktstatbestand des § 228 Abs 1 StGB noch sonst eine zur Zuständigkeit der Gerichte gehörige strafbare Handlung. Die ergangenen Schuldsprüche sind deshalb mit Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO (iVm § 468 Abs 1 Z 4 StPO) behaftet.

Die erlassenen Strafverfügungen verletzen somit das Gesetz in der Bestimmung des § 228 Abs 1 StGB.

Sie waren daher aufzuheben und die beiden Beschuldigten von den wider sie erhobenen Vorwürfen gemäß § 292 letzter Satz StPO freizusprechen.

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