Spruch:
Der Ablehnungsantrag der beklagten Partei und ihre weiteren Anträge, ihr noch vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Kopien sämtlicher Äußerungen iSd § 22 Abs 2 JN zu übermitteln und ihr zur weiteren Glaubhaftmachung eine Frist zu bestimmen, werden zurückgewiesen.
Text
Begründung
Im Verfahren AZ 14 Cg 244/96 des Landesgerichts Innsbruck wies das Erstgericht den Verfahrenshilfeantrag des Klägers ua wegen Bedenken gegen die Richtigkeit des Vermögensbekenntnisses ab, stünde doch erklärten monatlichen Belastungen des Klägers von 14.000 S nur ein Monatseinkommen von etwa 11.000 S gegenüber. Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht bewilligte mit seinem Beschluss vom 13. Februar 1997 ON 10 dem Kläger die Verfahrenshilfe, wenngleich nur im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a bis c und Z 3 ZPO.
Das Landesgericht Innsbruck verhielt die Beklagte, die vormalige Ehegattin des Klägers, mit Urteil vom 30. September 1998 ON 62 zur Zahlung von 124.000 S sA und wies das Mehrbegehren unangefochten ab. Mit Beschluss vom 26. Jänner 1999 wies es den in der Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil enthaltenen Verfahrenhilfeantrag ab.
Mit Schriftsatz vom 22. März 1999 lehnte die Beklagte die im Einzelnen genannten Mitglieder des Senats 2 des Oberlandesgerichts Innsbruck als befangen ab, weil dieser Senat in seiner Rekursentscheidung ON 10 eine völlig unerklärliche Entscheidung getroffen habe; es handle sich dabei um eine derart bedenkliche Fehlbeurteilung und oberflächlich begründete Entscheidung, dass an der Objektivität der beteiligten Richter zu zweifeln sei. Die drei abgelehnten Richter erklärten sich in ihrer Stellungnahme als nicht befangen. Das Oberlandesgericht Innsbruck wies den Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 20. April 1999 als nicht gerechtfertigt zurück; dem dagegen erhobenen Rekurs der Beklagten gab der 2. Senat des Obersten Gerichtshofs mit seinem Beschluss vom 27. Mai 1999, AZ 2 Ob 149/99x (ON 82), nicht Folge, weil eine angebliche Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung nach stRspr grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund bilde. Auch Verfahrensmängel oder eine unrichtige Beweiswürdigung rechtfertigten in der Regel keine Ablehnung, es sei denn, die Verstöße wären so schwerwiegend, dass sie die mangelnde Objektivität des Richters erkennen ließen. Hievon könne hier aber keine Rede sein. Soweit vom abgelehnten Senat des Oberlandesgerichts Innsbruck keine Bedenken gegen die Richtigkeit des Vermögensbekenntnisses geäußert worden seien, stelle dies keinen Verstoß dar, "wie er gravierender kaum denkbar wäre", komme es doch nach der Lebenserfahrung immer wieder vor, dass die Zahlungsverpflichtungen von Personen ihre Einkünfte überstiegen.
In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Innsbruck vom 26. August 1999 lehnte die Beklagte sämtliche Richter und Richterinnen (einschließlich aller Senatsvorsitzenden) des Oberlandesgerichts Innsbruck aus im Einzelnen genannten, hier nicht relevanten Erwägungen als befangen ab. Die Entscheidung über diesen Ablehnungsantrag der Beklagten gegen alle Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck fiel nach der Geschäftsverteilung des - zufolge § 23 JN zuständigen - Obersten Gerichtshofs wiederum dessen
2. Senat zur Erledigung zu.
Die Beklagte lehnte sodann mit dem am 17. November 1999 beim Obersten Gerichtshof eingelangten Schriftsatz alle Mitglieder des 2. Senats mit den Begründung ab, die in der Begründung der Vorentscheidung AZ 2 Ob 149/99x enthaltene Begründung sei nicht nur falsch, sondern "gänzlich absurd". Der 2. Senat führe seine Gedanken an der Aktenlage und am damals relevierten Befangenheitssachverhalt völlig vorbei. Der Kläger habe niemals behauptet, seine Zahlungsverpflichtungen würden seine wirklichen Einkünfte übersteigen; das sei eine rein hypothetische "Formulierung" des Obersten Gerichtshofs, der den relevanten Sachverhalt einfach nicht zur Kenntnis nehmen wolle. Auch der Oberste Gerichtshof habe errechnet, dass 11.000 S minus 14.000 S den "negativen Betrag" von 3.000 S ergebe; somit liege zumindest der Anschein vor, er habe schon deshalb gewusst, dass der Kläger diese 3.000 S nicht durch Kreditaufnahme oder -ausweitung oder durch andere Zuwendungen finanziert habe, sondern die angegebenen 11.000 S zwingend unrichtig sein müssten. Angesichts solcher Umstände lägen bei den nun abgelehnten Richtern des Obersten Gerichtshofs so schwerwiegende Verstöße vor, dass sie deren mangelnde Objektivität erkennen ließen.
Der Vorsitzende des 2. Senats legte mit Verfügung vom 18. November 1999 den Akt dem nach der Geschäftsverteilung des - nach § 23 JN zuständigen - Obersten Gerichtshofs zur Entscheidung über Ablehnungsanträge gegen bestimmte seiner Mitglieder berufenen 1. Senat ohne Äußerungen der betroffenen Richter vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Ablehnungsantrag ist unzulässig.
Nach der Rspr des erkennenden Senats (1 N 506/99 = EvBl 1999/139; 1 N 523/99) ist ein Ablehnungsantrag ohne vorherige inhaltliche Äußerung der betroffenen Richter zu den Ablehnungsgründen gemäß § 24 JN sofort als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Ablehnungswerber seine Behauptung, Mitglieder des Obersten Gerichtshofs seien befangen, ausschließlich darauf stützt, sie hätten als dessen Spruchkörper in einer anderen, ihn betreffenden Rechtssache unrichtig entschieden. Eine Äußerung der abgelehnten Richter könnte sich nur mit Erläuterungen der gefällten Vorentscheidung befassen. Solche Erläuterungen verbieten aber die Endgültigkeit der Urteile und Beschlüsse des Obersten Gerichtshofs. Wegen des in der Entscheidung EvBl 1999/139 im Einzelnen begründeten Nachprüfungsverbots können derartige Erläuterungen bei der Entscheidung über den Ablehnungsantrag auch gar nicht berücksichtigt werden. Diese Grundsätze wurden in der Entscheidung 1 N 523/99 wegen der im Kern gleichen Ausgangslage auch dann als gegeben angesehen, wenn als Ablehnungsgrund behauptet wird, die abgelehnten Richter hätten als Spruchkörper des Obersten Gerichtshofs in einer Vorentscheidung derselben Rechtssache unrichtig entschieden, könnte doch zu einem solchen Ablehnungsantrag in der Sache gleichfalls nur unter Verletzung des Verbots der Nachprüfung einer endgültigen und im innerstaatlichen Instanzenzug nicht mehr überprüfbaren Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Stellung genommen werden.
Daran kann im Ablehnungsverfahren auch die Behauptung der beklagten Ablehnungswerberin nichts ändern, die abgelehnten Richter hätten die Vorentscheidung AZ 2 Ob 149/99x als Spruchkörper des Obersten Gerichtshofs "gänzlich absurd" begründet.
Der Ablehnungsantrag der Beklagten ist demnach zurückzuweisen. Es bedurfte bei dieser Rechtslage keiner Äußerung der Mitglieder des 2. Senats zum Ablehnungsantrag. Auch der Antrag der Beklagten, ihr noch vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs eine Kopie sämtlicher Äußerungen iSd § 22 Abs 2 JN zu übermitteln und ihr zur weiteren Glaubhaftmachung eine Frist zu bestimmen, ist demnach zurückzuweisen.
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