OGH 7Ob345/99g

OGH7Ob345/99g11.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Max Reinhold D*****, Dienstnehmer, ***** vertreten durch Dr. Josef Pollan, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Maike J*****, Dienstnehmerin, ***** vertreten durch Dr. Birgit Lajtai-Nagl, Rechtsanwältin in Villach, wegen S 10.800,-- und Feststellung (Gesamtstreitwert S 140.400,-- sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 9. September 1999, GZ 2 R 245/99b-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 12. Juli 1999, GZ 2 C 67/99a-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.370,-- (darin enthalten S 1.395,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Lebensgemeinschaft der beiden Streitparteien, die bis 1996 dauerte, entstammen zwei Kinder, die am 17. 2. 1994 und am 28. 11. 1996 geboren wurden. Der Kläger, der die Vaterschaft zu diesen beiden Kindern anerkannt hat, ist zu Unterhaltsleistungen von je S 1.800 verpflichtet. Er schloss mit der Beklagten am 3. 9. 1997 eine Vereinbarung mit folgendem Inhalt:

"Betrifft: Unterhaltszahlung und Vaterschaftsrechte.

Ich, J***** M***** und D***** M***** haben vereinbart, ab sofort mit 3. September 1997, dass er keine Alimente und Besuchsrechte und sonstigen Rechte auf die Kinder J***** D***** und J***** M***** hat. Dies gilt bis auf Lebzeiten". Eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung dieser Vereinbarung liegt nicht vor.

Der Kläger begehrte zuletzt (AS 17) S 10.800 samt 4 % Zinsen seit 18. 5. 1999 sowie die Feststellung, dass die Beklagte den Unterhalt für die Kinder alleine zu tragen und den Kläger im Falle der Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten habe. Er sei von den Kindern zur Unterhaltszahlung verhalten worden. Zum Abschluss der Vereinbarung sei es über Wunsch der Beklagten gekommen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wandte im Wesentlichen die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung ein. Der Kläger habe sie schon während der Lebensgemeinschaft misshandelt. Nach deren Auflösung habe es bei der Ausübung des Besuchsrechtes durch den Kläger zahlreiche Komplikationen durch dessen Provokationen gegeben. Der Kläger habe dann die verzweifelte Situation der Beklagten ausgenützt und den Vorschlag zum Abschluss der Vereinbarung gemacht. Dieser sei im Übrigen kein Verzicht auf die Einhebung des Kindesunterhaltes zu entnehmen. Die Beklagte beziehe nur ein geringfügiges Einkommen, sodass im Falle der Wirksamkeit der Vereinbarung über einen Unterhaltsverzicht eine Beeinträchtigung des Wohles der Kinder vorliege.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es folgerte dabei rechtlich, dass die Verknüpfung des Besuchsrechtsverzichtes mit dem Verzicht auf die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen als Einheit zu sehen sei und der Verzicht auf das Besuchsrecht mangels pflegschaftsbehördlicher Genehmigung nicht wirksam sei, was sich auf die Gesamtregelung erstrecke.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und führte im Wesentlichen aus, dass eine Trennung der Vereinbarung über den Unterhalt mit jener über das Besuchsrecht nicht möglich sei. Die Vereinbarung erweise sich als sittenwidrig, da das Recht auf persönlichen Verkehr zum Gegenstand einer entgeltlichen Vereinbarung gemacht worden sei. Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht zulässig.

Im Allgemeinen sind Vereinbarungen, wonach ein Gatte die Versorgung der mj Kinder auf sich nimmt und auf einen Rückersatz verzichtet, zwischen den vertragschließenden Elternteilen zur Regelung gegenseitiger Ansprüche auch dann wirksam, wenn eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung versagt bzw gar nicht eingeholt wird, es sei denn, dass dadurch das Kindeswohl etwa durch die mangelnde Leistungsfähigkeit des verpflichteten Teils gefährdet wäre (vgl EFSlg 47.661 mwN, ebenso EFSlg 40.107, Krejci in Rummel ABGB2 Rz 160 zu § 879 uva).

Andererseits hat der Oberste Gerichtshof eine Vereinbarung, mit der der Vater eines noch nicht geborenen Kindes im Wesentlichen eine völlige Abwälzung der Verantwortung für die Folgen einer intimen Partnerschaft und der unerwünschten Schwangerschaft auf die Frau beabsichtigt, als sittenwidrig eingestuft, wenn diese unter dem Druck der Aufrechterhaltung der Gemeinschaft geschlossen wurde (vgl JBl 1995, 46). Feststellungen zu den näheren Umständen bei Abschluss der Vereinbarungen wurden nicht getroffen.

Wesentlich ist auch, dass die Vereinbarung ja auch die Abwendung der Ausübung des Besuchsrechtes durch den Kläger zum Inhalt hat. In seiner Entscheidung vom 10. 4. 1997, 6 Ob 2398/96g (ÖA 1997, 168) hat der Oberste Gerichtshof ausdrücklich festgehalten, dass das gemäß § 148 Abs 1 ABGB dem Elternteil, der die Pflege und Erziehung nicht hat, zustehende Recht, mit dem Kind persönlich zu verkehren, ein aus der Eltern-Kind-Beziehung abgeleitetes Grundrecht darstellt, dessen Zweck darin besteht, den auf Blutsverwandtschaft beruhenden Zusammenhang aufrecht zu erhalten und eine Entfremdung zu verhindern (mwH auf EFSlg 53.878 und EFSlg 68.624). Es wurde festgehalten, dass dies nicht nur ein Recht des Elternteils ist, sondern dass auch das Kind einen Anspruch auf den persönlichen Verkehr hat, sohin den Elternteil eine Pflicht zur Ausübung des Besuchsrechtes trifft (vgl 6 Ob 2398/96g mit Hinweis auf Ebert, JBl 1995, 69, insbesondere 79 Fn 93, Klein in ÖA 1992, 6; Ferrari-Hofmann-Wellenhof, Familienrecht 1992, 749 ff), wenngleich diese nicht erzwingbar ist.

Inwieweit nur eine unzulässig getroffene Vereinbarung über den Verzicht der Ausübung des Besuchsrechtes nach dem Normzweck, der Wahrung des Kindeswohls durch Ausübung des persönlichen Verkehrs innerhalb der getroffenen Besuchsrechtsregeln es gebietet, auch damit in Zusammenhang stehenden Vereinbarungen keine Wirksamkeit zuzuerkennen, ist jedoch eine Frage des Einzelfalles und damit keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO.

Die Revision ist daher unabhängig von dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes (§ 500a Abs 1 ZPO) als unzulässig zu beurteilen.

Soweit die von der Beklagten geltend gemachten negativen Auswirkungen der Ausübung des Besuchsrechtes durch den Kläger tatsächlich bestehen sollten, wird dies im Rahmen einer Besuchsrechtsregelung im Sinn des § 148 Abs 1 ABGB vom Pflegschaftsgericht zu berücksichtigen sein.

Insgesamt war daher die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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