OGH 9ObA283/99d

OGH9ObA283/99d1.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Ministerialrat Dr. Robert Göstl und Werner Bayer in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Peter P*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Georg Grießer und Dr. Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei E***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Gerda Kostelka-Reimer, Rechtsanwältin in Wien, wegen S 697.415,14 brutto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juni 1999, GZ 10 Ra 76/99s-11, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 30. September 1998, GZ 28 Cga 91/98a-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

21.915 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.652,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 7. 1. 1969 bis 30. 6. 1994 als technischer Angestellter in der Abteilung "technische Arbeitsvorbereitung" mit einem Monatsgehalt von ca S 43.000 brutto bei der beklagten Partei beschäftigt. Nach einer 1994 durchgeführten Umstrukturierung gab es den vom Kläger bisher eingenommenen Arbeitsplatz mit dem gleichen Tätigkeitsinhalt nicht mehr. Am 30. 1. 1994 wurde der Kläger zum 30. 6. 1994 gekündigt und nach Auflösung seiner Abteilung dienstfrei gestellt. Während der Kündigungsfrist wurden dem Kläger zwei Arbeitsplätze angeboten, die dieser ablehnte. Er erklärte sich lediglich arbeitsbereit, wenn ihm seine "angestammte Tätigkeit" wieder zugewiesen werde. Nach seiner Dienstfreistellung hat der Kläger keine Tätigkeit für die Beklagte mehr verrichtet. Er wurde hiezu auch nicht mehr aufgefordert.

Mit Urteil des ASG Wien vom 24. 2. 1995 wurde die Kündigung des Klägers als rechtsunwirksam aufgehoben und der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt. Mit Urteil vom 7. 2. 1996 wurde dem Kläger unter Anrechnung des bereits von der beklagten Partei an Sonderzahlungen, Urlaubsentschädigung und Abfertigung aus der Endabrechnung erhaltenen Betrages von S 697.415,14 brutto ein weiterer Betrag von S 212.881,29 brutto an Entgelt einschließlich Sonderzahlungen für die Zeit vom 1. 7. 1994 bis 31. 1. 1996 zugesprochen und von der beklagten Partei gezahlt. Die Beklagte überwies dem Kläger in der Folge die laufenden Bezüge bis zum 31. 1. 1998. Neben dem vorerwähnten Betrag von S 697.415,14 brutto hat der Kläger seit 1. 7. 1994 S 800.330 netto erhalten. Mit Urteil des Obersten Gerichtshofes, das den Parteien am 15. 1. 1998 zugestellt wurde, wurde die Kündigung des Klägers zum 30. 6. 1994 im Ergebnis für rechtswirksam erklärt.

Der Kläger begehrt S 697.415,14 brutto an Sonderzahlungen, Urlaubsentschädigung und Abfertigung für das durch Kündigung der beklagten Partei zum 30. 6. 1994 beendete Dienstverhältnis. Dieser Betrag sei von der beklagten Partei bereits anlässlich der Endabrechnung der seinerzeit ausgesprochenen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses bezahlt worden. Er habe diese Kündigung angefochten und diese sei zu 24 Cga 199/94y des ASG Wien als rechtsunwirksam aufgehoben worden. Dieses Urteil sei gemäß § 61 Abs 1 Z 1 ASGG vorläufig verbindlich gewesen, so dass dem Kläger der Anspruch auf die laufenden Entgelte für die Zeit vom 1. 5. 1994 bis 31. 6. 1996 und auch weiterhin zugestanden sei, wobei er die für den erstgenannten Zeitraum fälligen Entgelte mit einer Leistungsklage zu 29 Cga 256/95v geltend gemacht habe. In diesem Verfahren habe er die ihm aus der Endabrechnung überwiesenen Beträge von insgesamt S 697.415,14 verrechnet, so dass ihm der Differenzbetrag auf S 910.296,34 mit S 212.881,29 brutto urteilsmäßig zugesprochen und von der beklagten Partei bezahlt worden sei. Der Oberste Gerichtshof habe mit Urteil vom 22. 10. 1997 jedoch die Anfechtungsklage des Klägers abgewiesen. Die Entscheidung sei am 15. 1. 1998 zugestellt worden, so dass die Verbindlichkeitswirkung des ersten Urteils damit erloschen sei. Infolge der dadurch feststehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die seinerzeit ausgesprochene Dienstgeberkündigung sei die beklagte Partei zur Bezahlung der vom Kläger bereits erhaltenen aber aufgerechneten Sonderzahlungen, der Urlaubsentschädigung und der Abfertigung von S 697.415,14 verpflichtet. Die Verpflichtung ergebe sich auch daraus, dass dem Kläger für die Zeit vom 1. 7. 1994 bis 15. 1. 1998 gemäß § 61 Abs 1 Z 1 ASGG ein Entgeltanspruch zugestanden sei. Die beklagte Partei habe seine Arbeitsleistung ungeachtet seiner Arbeitsbereitschaft nicht entgegengenommen. Durch diese Nichtentgegennahme der Arbeitsleistung könne sich die Beklagte gemäß § 1155 ABGB der Zahlung des Entgelts nicht entziehen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Dem Kläger seien die geltend gemachten Beträge bereits anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Endabrechnung überwiesen worden. Darüber hinaus sei ihm das weiter laufende Gehalt bis zum 31. 1. 1998 im Betrag von insgesamt S 800.330 bezahlt worden. Seine Arbeitsbereitschaft sei nur zum Schein gegeben gewesen, weil er die ihm angebotenen Tätigkeiten nicht angenommen habe, sondern sich lediglich bereit erklärt habe, die "angestammte Tätigkeit" wieder aufzunehmen, obwohl er wusste, dass der Arbeitsplatz des Klägers aus organisatorischen Gründen nicht mehr vorhanden gewesen sei. Ungeachtet der vorläufigen Verbindlichkeitswirkung des ersten Urteils bleibe ein Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers gemäß § 61 Abs 2 ASGG bestehen. Gutgläubigkeit könne der Dienstnehmer nicht einwenden. Die beklagte Partei habe demnach einen Rückforderungsanspruch gemäß § 1435 ABGB in der Höhe von S 800.330 sA, der kompensando eingewendet werde. Außerdem sei die Verjährung des Klageanspruches eingetreten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Bis zur endgültigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes sei im Kündigungsanfechtungsverfahren von einem aufrechten Arbeitsverhältnis auszugehen gewesen. Auch bei bloßer Arbeitsbereitschaft hätte der Kläger Anspruch auf das laufende Entgelt gehabt. Auf Grund der Verbindlichkeitswirkung dieses ersten Urteils sei auch das verurteilende Leistungserkenntnis ergangen. Durch das die Anfechtungsklage abweisende Urteil des Obersten Gerichtshofes sei die Rechtsgrundlage, das erhaltene Entgelt zu behalten, weggefallen, da die Arbeitsbereitschaft, die nicht auf einem vertraglichen Arbeitsverhältnis beruhe, für Entgeltansprüche nicht genüge. Der Rückforderungsanspruch der Beklagten gemäß § 1435 ABGB bestehe daher zu Recht. Die Ansprüche aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses seien von der beklagten Partei bereits befriedigt worden.

Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der klagenden Partei gab das Berufungsgericht nicht Folge. Es bestätigte das erstgerichtliche Urteil mit der Maßgabe, dass es der Aufrechenbarkeit der Gegenforderung durch die Fassung eines mehrgliedrigen Urteilsspruches Rechnung trug. Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die Revision zulässig sei.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, in Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend festzustellen und dem Leistungsbegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision des Klägers keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Durch die zum 30. 6. 1994 ausgesprochene Dienstgeberkündigung wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers beendet. Urteilen über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 61 Abs 1 Z 1 und § 62 Abs 3 ASGG können auch Rechtsgestaltungsklagen zugrunde liegen, mit denen eine zunächst schwebend rechtswirksame Kündigung gemäß § 105 Abs 7 ArbVG rückwirkend für rechtsunwirksam erklärt wird (9 ObA 190/90 = ecolex 1990, 769). Lediglich durch die Bestimmung des § 61 Abs 1 Z 1 Abs 2 ASGG trat die Verbindlichkeitswirkung des der Kündigungsanfechtungsklage stattgebenden ersten Rechtsgestaltungsurteiles des Gerichtes erster Instanz vorläufig bis zur Beendigung des Verfahrens ein. Diese Verbindlichkeitswirkung erlischt jedoch mit seiner rechtskräftigen Abänderung (Kuderna ASGG2 395). Die Folge der Verbindlichkeitswirkung war, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bis zu dem die Anfechtung abweisenden Urteil des Obersten Gerichtshofes, wenn auch nur vorläufig, fortbestand (Schrank, Wichtige Anwendungsfragen zur vorläufigen Wirksamkeit erstinstanzlicher Urteile nach § 61 ASGG RdW 1987, 86 f; Grießer, Zur Wirkung klageabweisender Urteile gemäß § 61 Abs 1 ASGG DRdA 1997, 10 [13]).

Der vorläufige Weiterbestand des Arbeitsverhältnisses ermöglichte die Anwendbarkeit des § 1155 ABGB, der ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraussetzt (Krejci in Rummel ABGB2 Rz 3 zu § 1155 mwN). Danach hat der Arbeitgeber ungeachtet seines durch das Festhalten an der Kündigung und im Anfechtungsverfahren zum Ausdruck gebrachten Rechtsstandpunktes das aus dem aufrechten Arbeitsverhältnis geschuldete Entgelt zu leisten, auch wenn Dienstleistungen nicht zustande gekommen sind, wenn der Arbeitnehmer zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seiten des Arbeitgebers liegen, daran verhindert worden ist. Dies kann hier der Fall sein, da dem arbeitsbereiten Kläger nicht seine "angestammte Tätigkeit" für die Dauer des Anfechtungsverfahrens angeboten wurde. Ob und inwieweit er zur Leistung der angebotenen Tätigkeit, die nicht der angestammten Tätigkeit entsprach, auf Grund seines Arbeitsvertrages verpflichtet gewesen wäre und daher in Wahrheit keine echte, sondern nur eine vorgetäuschte Arbeitsbereitschaft vorlag oder er die angebotene Tätigkeit nur im Falle einer rechtswirksamen Versetzung im Sinne des § 101 ArbVG hätte ausüben müssen, ist nicht zu klären und nicht entscheidend.

Im ersten Fall lagen die Voraussetzungen des § 1155 ABGB mangels einer echten Arbeitsbereitschaft ohnehin nicht vor. Im zweiten Fall lagen die Umstände, die zur Verhinderung der Dienstleistung führten - der Kläger wäre auf Grund seines Arbeitsvertrages hiezu nicht verpflichtet gewesen - in der Sphäre des Arbeitgebers. Die Folge ist in beiden Fällen die Rückforderbarkeit der erbrachten Entgeltleistungen des Arbeitgebers; im zweiten Fall mit Rechtskraft des die Anfechtungsklage abweisenden Urteils. Ob sich dabei der Arbeitgeber weigerte, die vom Arbeitnehmer angebotenen Dienste bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens anzunehmen, ändert nichts an der Rückzahlungsverpflichtung des Dienstnehmers.

Während bislang eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Rückforderbarkeit von im Sinne des § 1155 ABGB erbrachten Entgelten ungeachtet einer Weigerung des Arbeitgebers, die Dienstleistung des arbeitsbereiten Arbeitnehmers anzunehmen, fehlt, ist die Literaturmeinung zu dieser Frage kontroversiell, worauf insbesondere Grießer (Vorläufige Entgeltzahlungspflicht nach Urteil über aufrechtes Arbeitsverhältnis, RdW 1999, 353) hinweist:

Konecny (Wirkungen erstinstanzlicher Urteile in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten gemäß § 61 ASGG, ZAS 1986, 155) bejaht die Rückzahlungspflicht, wenn der Arbeitnehmer auf Grund des Ersturteils weiter entlohnt, aber nicht beschäftigt wurde.

Schrank (aaO 92) spricht sich für eine grundsätzliche Rückzahlungspflicht insoweit aus, als den Entgelten keine Arbeitsleistung aus dem faktischen Arbeitsverhältnis gegenübersteht. Macht der Arbeitgeber aber von seinem Recht, die Arbeitsaufnahme als Maßnahme der Risikobegrenzung zu fordern, nicht Gebrauch, trägt er für den Fall, dass der Anfechtungsklage stattgegeben wird, das volle Entgeltrisiko, ohne dass dem nachzuleistenden Entgelt Arbeitsleistungen gegenübergestanden wären.

Kuderna (Die sofortige Vollstreckbarkeit nach § 61 ASGG, DRdA 1988, 89 f) vertritt den Rechtsstandpunkt, dass mit rechtskräftiger Abänderung des Anfechtungsurteiles durch Abweisung die Verbindlichkeitswirkung ec tunc erlischt und daher der rechtliche Grund aufhört, vom Dienstgeber auf Grund des vorläufigen verbindlichen Urteiles erhaltene Geldleistungen zu behalten (§ 1435 ABGB).

Rebhahn (Die Rechtslage während eines arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzprozesses, DRdA 1988, 16) hat sich am ausführlichsten mit dem vorliegenden Problem auseinandergesetzt: Eine alleinige Rückabwicklung nach den bereicherungsrechtlichen Regelungen sei nicht angebracht, da schon die Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers und die dadurch eingeräumte Dispositionsbefugnis des Arbeitgebers, die Leistungen des Arbeitnehmers anzunehmen oder auszuschlagen, die von § 1155 ABGB vorgesehene Vermögensverschiebung rechtfertigen könne. Da der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bewusst nicht zur Arbeit zugelassen habe, wäre die Unmöglichkeit der Rückstellung ihm zuzurechnen, woran die rückwirkende Kraft des endgültigen Urteils nichts ändere, weil es um die tatsächlichen Voraussetzungen des Bereicherungsanspruches gehe. Der Gesetzgeber habe aber die Obliegenheit des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise angeordnet. Dies zeige sich aus § 61 Abs 2 und § 62 Abs 3 ASGG. Beide Bestimmungen ließen erkennen, dass Ersturteile, die letztlich nicht aufrecht erhalten werden, auch für die Zeit vorher nicht mehr maßgebend sein sollen. § 61 ASGG sei anstelle der in der Regierungsvorlage vorgesehenen einstweiligen Verfügung getreten (7 BlgNR 16. GP 18, 62 f). Durch diese einstweilige Verfügung sollte offensichtlich auch § 394 EO mit seiner strengen verschuldensunabhängigen Haftung gelten, die jedenfalls bei betriebsbedingten Kündigungen die Rückforderung begründet habe. Die unwiderrufliche Begründung eines gesetzlichen Arbeitsverhältnisses durch die Anfechtungsklage bzw das ihr stattgebende Endurteil würde weiters eine "Sicherungsmaßnahme" darstellen, die weit über die normalen Sicherungsmittel des Zivilprozessrechts hinausginge. Typologisch sei sie daher eher dem materiellen Recht zuzurechnen. Im Zweifel sei daher zu vermuten, dass der Gesetzgeber sie nicht in einem Prozessrechtsgesetz untergebracht habe. Außerdem mache der Entfall des Rückzahlungsanspruches den Rechtsschutz des Arbeitgebers in einem sehr wesentlichen Bereich ineffektiv, soweit es um die Zeit bis zur rechtskräftigen Prozessbeendigung gehe. Bei schließlicher Erfolglosigkeit der Anfechtungsklage habe der Arbeitnehmer daher das Empfangene nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückzuzahlen.

Grießer (aaO RdW 1999, 353) meint, dass dem Arbeitgeber, der trotz der Verbindlichkeitswirkung des ersten Urteiles die Arbeitsleistung des arbeitsbereiten Arbeitnehmers ablehnt, im Vergleich zu einem sich rechtsrichtig (die Leistung annehmenden) verhaltenden Arbeitgeber eine bessere Rechtsposition gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer ungeachtet einer von der Judikatur in manchen Fällen bejahten Beschäftigungspflicht zukomme. Es sei auf Grund der Regelung des § 61 ASGG von einer interimsweisen Begründung eines Arbeitsverhältnisses, das dem vormaligen entspricht, mit vollen Rechten und Pflichten bis zum Vorliegen der endgültigen Entscheidung auszugehen. Der Gesetzgeber wollte durch die Regelung des § 61 ASGG dem sogenannten "Aushungern" des Arbeitnehmers durch eine überlange Verfahrensdauer entgegentreten, indem das erste der Anfechtung stattgebende fiktive Urteil wie ein klagestattgebendes endgültiges Urteil behandelt wird. Es sei unabhängig vom endgültigen Verfahrensausgang die Urteilswirkung des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses mit allen seinen Rechten und Pflichten zu beachten. Der Hinweis auf den Rückzahlungsanspruch soll keinen solchen schaffen, sondern habe den Zweck, den gutgläubigen Verbrauch auszuschließen. Der Arbeitgeber sei durch die Zustellung des ersten Urteiles zur tatsächlichen Weiterbeschäftigung verpflichtet, so dass der Arbeitgeber unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreites zur Zahlung des Entgelts verpflichtet sei. Lediglich für die Zeit der Entgeltleistung bis zum Vorliegen des ersten klagestattgebenden Urteils sei der Arbeitgeber zur Rückforderung des geleisteten Entgelts berechtigt, weil er vor Zustellung des ersten Urteiles keine Kenntnis von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung habe.

Von allen diesen Meinungen ist Rebhahn insofern zu folgen, dass der Gesetzgeber des ASGG keine Regelung über eine Rückzahlungsverpflichtung geschaffen, sondern dies offenbar dem materiellen Recht überlassen hat. Unzweifelhaft ist allerdings, dass der Gesetzgeber einen allfälligen Rückzahlungsanspruch schon auf Grund der Vorläufigkeit der Verbindlichkeitswirkung des ersten der Kündigungsanfechtung stattgebenden Urteils im Auge hat, worauf hinweist, dass Urteile über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach § 62 Abs 3 ASGG zurückwirken. Daher ist das durch die Stattgebung des ersten Urteils fingierte Arbeitsverhältnis mit allen seinen Rechten und Pflichten von der rechtskräftigen Bestätigung dieses ersten Urteiles abhängig. Es ist auch richtig, dass die Erwähnung eines allfälligen Rückzahlungsanspruches in § 61 Abs 2 ASGG nicht den Rückzahlungsanspruch als solchen begründen, sondern den gutgläubigen Verbrauch des empfangenen Entgelts ausschließen soll (SZ 64/47 = Arb 10.922). Dass § 61 Abs 1 ASGG keinen endgültigen Entgeltanspruch begründen soll, ergibt sich ferner aus der historischen Entwicklung (Kuderna, Anm zu DRdA 1995/22), wonach § 61 ASGG aus § 86 der Regierungsvorlage, die den vorläufigen Entgeltanspruch in Streitigkeiten über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer einstweiligen Verfügung sichern sollte, hervorgegangen ist, so dass sich schon aus der vorläufigen Fiktion des Arbeitsverhältnisses mit allen Rechten und Pflichten ein Rückzahlungsanspruch ergibt (7 BlgNR 16. GP 63). Darüber hinaus hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass bei verfassungskonformer Interpretation des § 61 ASGG, was auch für die derzeitige Fassung zu gelten hat, eine Partei nicht unabhängig vom Erfolg ihres Rechtsmittels endgültig die Folgen einer rechtswidrigen Entscheidung zu tragen hat und dass eine Partei auch nicht einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung für den Zeitraum bis zur endgültigen Erledigung des Rechtsmittels belastet wird (SZ 64/47 = Arb 10.922). Daher ergibt sich schon ungeachtet der Fiktion eines aufrechten Arbeitsverhältnisses bis zur Rechtskraft der endgültigen Entscheidung, dass die Folgen des fiktiv aufrechten Arbeitsverhältnisses bedingt von der Bestätigung des ersten Urteiles sind. Bedingte Rechte und Rechtsverhältnisse sind feststellungsfähig (Fasching Kommentar zur ZPO III, 57). Die im Urteil ausgesprochene Rechtsfolge der Rückzahlungspflicht wegen Wegfalls des bedingten Arbeitsverhältnisses ist eine aus dem festgestellten Sachverhalt ableitbare mit dem Gesetz im Einklang stehende Rechtsfolge (Fasching aaO 565) und nicht mit einer bedingten Prozesshandlung vergleichbar (Fucik in Rechberger ZPO Rz 5 zu § 177). Der Abweisung eines Rechtsgestaltungsbegehrens wohnt insofern Feststellungscharakter inne, als der zur Rechtsgestaltung geltend gemachte Grund als nicht bestehend festgestellt wird (Grießer, Zur Wirkung klageabweisender Urteile gemäß § 61 Abs 1 ASGG, DRdA 1997, 10 [15]; DRdA 1995/22 [Kuderna]). Durch Wegfall des fiktiv fortbestandenen Arbeitsverhätnisses nach Abänderung des der Kündigungsanfechtungsklage stattgebenden ersten Urteiles ist aber auch die Anwendbarkeit des § 1155 ABGB nicht mehr gegeben, so dass im Sinne Rebhahns und Kudernas die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung vorzunehmen ist. Danach ist aber die Rückstellung des Entgelts (Rummel in Rummel ABGB2 Rz 10 zu § 1435 mwN) einschließlich der Nutzung (Arb 10.922) geschuldet, weil der rechtliche Grund, das Entgelt zu behalten, weggefallen ist. Die Berufung auf die ein aufrechtes Arbeitsverhältnis voraussetzende Regelung des § 1155 ABGB und die dem Dienstgeber dort eingeräumte Dispositionsmöglichkeit schlägt fehl, weil im Hinblick auf das Ende des fiktiven Arbeitsverhältnisses durch das Urteil des Obersten Gerichtshofes der sonst mit dem Bereicherungsrecht in Konkurrenz stehende Vorrang des Vertrages durch Eintritt der auflösenden Bedingung weggefallen ist (Honsell/Mader in Schwimann ABGB2 Band 7 611).

Auch wenn die Leistung des Entgelts auf Grund der Rechtskraft eines Leistungsurteiles erfolgte, das die Vorfrage des fiktiv aufrechten Arbeitsverhältnisses auf Grund des der Kündigungsanfechtung stattgebenden ersten Urteils und der Verbindlichkeitswirkung des § 61 ASGG beantworten musste (9 ObA 37/94 = Arb 11.178), steht dies der Geltendmachung eines Bereicherungsanspruches mangels Identität des Anspruches nicht entgegen (Rechberger in Rechberger ZPO, Rz 7 zu § 411). Ein Vorbehalt der Rückforderbarkeit, der im Übrigen nur aus Klarstellungsgründen gefordert wird (Schrank, Die wichtigsten Neuerungen im ASGG, RdW 1985, 154 [156]; Konecny aaO 165) war schon deshalb nicht erforderlich (Kuderna aaO), weil die Rückforderbarkeit die gesetzliche Folge des § 1435 ABGB iVm § 61 Abs 2 ASGG ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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