Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahingehend abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes, das in seinem stattgebenden Teil als unbekämpft unberührt bleibt, wieder hergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.830,56 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 1.971,76 Umsatzsteuer) und die mit S 21.362 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.352 Umsatzsteuer und S 13.250 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist seit 28. 2. 1979 Hausbesorgerin des Hauses *****straße ***** und als solche auch zur Betreuung der mit Gas betriebenen Warmwasser- und Zentralheizungsanlage verpflichtet. Die gegenständliche Heizanlage ist eine Gas-Wärmezentrale vom Fabrikat Hydrotherm/Stiebel Eltron, Type Multitemp S, bestehend aus Feuerungs- und Dampfkesselanlage. In technischer Hinsicht besteht die Feuerungsanlage aus vier Feuerstätten mit je einem eigenen Verbindungsstück und einem gemeinsamen Abgassammler, die Kesselanlage aus vier einzelnen im engen räumlichen Zusammenhang stehenden Dampfkesseln, auch als Heizzellen oder Kesselblöcke bezeichnet, mit einer gemeinsamen Strömungssicherung. Die Anlage ist mit einer Kaskadenschaltung ausgestattet, wodurch sich die einzelnen Kessel nach Bedarf zu- und abschalten können. Ein ordnungsgemäßer Betrieb der Kessel ist nur im Zusammenhang mit der Strömungssicherung gewährleistet. Wirtschaftlich ist die Anlage als einheitliche Kesselanlage zu qualifizieren. Die von der Klägerin zu verrichtende Tätigkeit ist gegenüber einem Einzelkessel mit keinem Mehraufwand verbunden. Ihre Arbeit beschränkt sich auf die Reinigung des Heizraumes sowie die oberflächlichen Reinigungsarbeiten und Kontrollmaßnahmen an der Heizanlage wie zB die Kontrolle der Zündflamme, bzw ob ein Brenner ausgefallen ist, der Pumpen oder des Wasserdrucks bzw Wasserstandes. Mangels erforderlichen Fachwissens wäre eine Erweiterung des Tätigkeitsbereiches auf speziellere Arbeiten nicht im Sinne der Betriebssicherheit. Daher wird die Reinigung, das sogenannte Brennerservice, seit Aufstellung der Anlage von der Servicefirma durchgeführt. Dazu sind umfangreiche Zerlegungsarbeiten erforderlich. Aufgabe der Klägerin ist es, die Heizung im Herbst ein- bzw im Frühjahr auszuschalten. Dies nicht zu einem feststehenden Termin, sondern ganz nach der Wetterlage.
Die Klägerin begehrt S 129.714 brutto und S 6.410 netto sA. Da die Warmwasser- und Zentralheizungsanlage aus vier Kesseln bestehe, hätte sie Anspruch nicht nur auf den unbestrittenen Grundbezug nach dem Mindestlohntarif, sondern auch auf den dort vorgesehenen Zuschlag von S 1.200 monatlich von 1994 bis 1996 und S 1.238 für 1997 pro Kessel.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren hinsichtlich der begehrten Zuschläge von S 129.714 brutto ab. Da die Klägerin die erforderlichen Arbeiten, die den Zuschlag für die Heizanlagenbetreuung rechtfertigen, nicht erbracht habe, sei ihr Anspruch nicht gegeben.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge und sprach ihr vom eingeklagten Betrag S 129.600 brutto sA zu.
Aus dem Wortlaut des Mindestlohntarifes "je Kessel" sei zu entnehmen, dass der Arbeitsaufwand im Zusammenhang mit der Betreuung einer Warmwasser- und Zentralheizungsanlage mit mehr als einem Kessel mit der Größe in einem gewissen Ausmaß steige. Sowohl die Reinigungsarbeiten als auch die Kontrolltätigkeiten erforderten zeitlich einen höheren Aufwand. Da die Heizanlage aus vier Kesselblöcken bestehe, sei daher der Anspruch der Klägerin für drei weitere Kessel für Februar 1994 bis Jänner 1997 gegeben. Soweit im Sommer zwei von vier Kesseln in Betrieb gewesen seien, so rechtfertige dies keine Minderung des klägerischen Anspruches. Nach dem Wortlaut des Mindestlohntarifes sei lediglich der Grundbezug von der tatsächlichen Betriebsdauer der Warmwasser- und Zentralheizungsanlage abhängig, hingegen enthalte der Mindestlohntarif in Bezug auf die Kesselzuschläge keine derartige Einschränkung. Ob die Kessel daher jeweils ununterbrochen im Betrieb standen, sei daher nicht zu berücksichtigen.
Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die Revision zulässig sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, in Abänderung des angefochtenen Urteiles das restliche Klagebegehren zur Gänze abzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei stellt den Antrag, der Revision der beklagten Partei nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Nach dem Mindestlohntarif für die Betreuung und Bedienung von Anlagen und Einrichtungen auf Liegenschaften steht gemäß Punkt V Z 1 lit a dem Hausbesorger für die Betreuung von Warmwasser- und Zentralheizungsanlagen während der tatsächlichen Betriebsdauer ein monatlicher Grundbetrag zu. Wird diese Anlage mit gasförmigen Brennstoffen beschickt, gebührt nach Pkt V Z 1 lit b ein monatlicher Zuschlag je Kessel.
Die Auslegung eines Mindestlohntarifes hat nach den §§ 6 und 7 ABGB zu erfolgen. Zunächst ist vom Wortsinn im Zusammenhang der auszulegenden Worte und Sätze mit anderen Worten und Sätzen der betreffenden Gesamtregelung sowie ihrer systematischen Stellung auszugehen. Bei verbleibender zweifelhafter Ausdrucksweise ist der Sinn einer Bestimmung unter Bedachtnahme auf den Zweck der Regelung zu erfassen (Arb 9429, 9627, 10.997).
Danach ergibt sich zunächst zweifelsfrei, dass Pkt V Z 1 lit a und b als einheitliche Regelung zu sehen sind, weil Z 1 lit a nur den Grundbezug und Z 1 lit b den zum Grundbezug gebührenden Zuschlag regeln. Wenn daher der Grundbezug nur während der tatsächlichen Betriebsdauer gebührt, bedarf es beim hievon abhängigen Zuschlag entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes keiner gleichartigen Einschränkung. Es gilt selbstverständlich diese Einschränkung auch für den Zuschlag, weil die Betreuungsnotwendigkeit sich auch an der Betriebsdauer orientiert. Die Betreuung oder die Betriebsbereithaltung außerhalb der tatsächlichen Betriebsdauer ist nicht von der vereinbarten Betreuung der Heizungsanlage, die sich nur auf die tatsächliche Betriebsdauer beschränkt, umfasst und müsste nach § 4 Abs 3 HBG ausdrücklich vereinbart werden (Arb 10.335), zumal, wie das Berufungsgericht ausführt, es sich von selbst ergibt, dass damit ein gewisser, von den sonstigen Arbeiten zu unterscheidender Arbeitsaufwand verbunden ist.
Dem Berufungsgericht ist auch beizupflichten, dass der Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen der Z 1lit b, wonach der Zuschlag je Kessel gebührt, für sich allein betrachtet, für seine Auffassung spricht, dass für jeden der im vorliegenden Fall vorhandenen vier einzelnen, im engen räumlichen Zusammenhang stehenden Dampfkessel der Zuschlag gebührt. Es kommt aber nicht nur auf den Wortlaut der Bestimmung an, damit aber auch nicht darauf, was technisch als Kessel anzusehen ist. Es ist davon auszugehen, dass der Normgeber eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen und einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen und eine Ungleichbehandlung der Normadressaten vermeiden wollte (Arb 11.412 ua).
Schon aus dieser Überlegung ergibt sich, dass der Mindestlohntarif ein angemessenes Entgelt nur für einen entsprechenden zusätzlichen, einen gewissen nicht zu vernachlässigenden Mehraufwand erfordernden Arbeitsaufwand festsetzen wollte, der mit einer Betreuung von Heizungsanlagen verbunden ist. Es ist daher entscheidend, ob die aus vier Kesselblöcken bestehende aber an sich einheitliche Heizanlage überhaupt einen Mehraufwand deshalb erfordert, weil sie auf Grund der technischen Entwicklung und Gegebenheiten nicht nur aus einem Heizkessel bestand. Schon die Feststellungen schließen einen solchen Mehraufwand objektiv aus, weil die einzelnen Tätigkeiten bei den einzelnen Kesselblöcken, wie die oberflächliche Reinigung, Kontrolle der Zündflamme, ob ein Brenner ausgefallen ist, der Pumpen oder des Wasserdrucks bzw Wasserstandes objektiv kein ins Gewicht fallender messbarer Mehraufwand gegenüber einem Kessel ist. Die einen besonderen Aufwand erforderlichen seinerzeit vereinbarten Reinigungsarbeiten des Brenners werden ohnehin durch eine Servicefirma durchgeführt.
Heizanlagen können von unterschiedlicher Dimension sein. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes kommt es aber nicht darauf an, dass die zu reinigenden Flächen der Anlage allenfalls bei vier Heizkesselblöcken größer sind als bei einem Kessel. Der Mindestlohntarif nimmt nämlich nicht auf ein bestimmtes zu reinigendes Flächenausmaß Bezug. Beispielsweise hat der Mindestlohntarif Me 4/78-6 vom 15. 12. 1978 (ARD-HB 1979, 682) bei Heizkesseln unter 5 m2 Heizfläche einen Grundbezug nach Z 1 lit a von 200 S und einen Zuschlag nach Z 1 lit b je Kessel von S 150 vorgesehen. Daraus ergibt sich aber, dass der historische Normengeber bei gleichlautendem Wortlaut des Punktes V Z 1 lit a und b offenbar aus der technischen Konstruktion hervor den Kessel mit der Heizanlage gleichgesetzt hat, so dass nur je Heizanlage der Grundbezug, aber auch der brennstoffabhängige Zuschlag gebührt.
Die rein visuellen Kontrollmaßnahmen und die oberflächliche Reinigung der vier Kesselblöcke rechtfertigen daher bei einem einheitlichen, keinen besonderen Aufwand erforderlichen Betreuungsvorgang einer einheitlichen in einem Raum integrierten Anlage nur einen Zuschlag. Nur wenn etwa mehrere Heizanlagen oder Heizanlagen mehrerer Häuser zu betreuen wären, wäre für jede Anlage grundsätzlich gleichviel Arbeitsaufwand erforderlich, so dass jede das volle Betreuungsentgelt bestehend aus Grundbezug und Zuschlag rechtfertigen könnte (MietSlg 29.552 = Arb 9627).
Das Urteil des Erstgerichtes war daher wieder herzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)