OGH 10ObS196/99t

OGH10ObS196/99t30.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Walter Kraft (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Leopold Smrcka (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Post- und Telekom Austria AG, Direktion Salzburg, Makartplatz 6, 5024 Salzburg, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17 - 19, 1011 Wien, wider die beklagten Parteien 1. Harald S*****, 2. Josef S*****, wegen S 2.698,50 sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Juni 1999, GZ 11 Rs 41/99z-6, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. Dezember 1998, GZ 17 Cgs 233/98k-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrt von den Beklagten als eingeantwortete Erben nach dem am 6. 1. 1998 verstorbenen Versicherten Josef S***** zur ungeteilten Hand die Zahlung des Betrages von S 2.698,50 sA als Pflegegeldübergenuss des Versicherten. Sie hätten die unbedingte Erbserklärung abgegeben, sodass sie für die Verbindlichkeiten des verstorbenen Versicherten gemäß § 801 ABGB haften. Der Versicherte habe Pflegegeld bezogen. Infolge seines Todes am 6. 1. 1998 und des bereits für diesen Monat zur Gänze ausbezahlten Pflegegeldes, ergebe sich nach Kompensation mit dem Pensionsguthaben ein Pflegegeldübergenuss von restlichen S 2.698,50. Ihren Anspruch machte die Klägerin mit Mahnklage im sozialgerichtlichen Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht geltend.

Das Erstgericht wies die Klage von Amts wegen (a limine) zurück, weil über die Pflicht zum Rückersatz kein Bescheid des Pflegegeld gewährenden Rechtsträgers erlassen worden sei. Die sukzessive gerichtliche Kompetenz zur Behandlung der Rechtssache im Wege eines sozialrechtlichen Verfahrens sei daher nicht gegeben.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs gemäß § 46 Abs 1 ASGG zulässig sei.

In einer Leistungssache nach § 65 Abs 1 Z 2 ASGG dürfe eine Klage nur erhoben werden, wenn der Versicherungsträger hierüber mit Bescheid entschieden habe. Der Mangel eines Bescheides bewirke die Unzulässigkeit des Rechtsweges. Die Bestimmungen des ASGG, die sich auf Versicherungsträger beziehen, seien auch auf die sonstigen Entscheidungsträger des § 22 Abs 1 Z 3 bis 8 BPGG anzuwenden; die Bestimmungen, die sich auf Versicherte beziehen, auf alle anderen Parteien. Dies gelte auch bei Leistungen nach dem BPGG. Es sei klargestellt, dass die für Versicherte geltenden Verfahrensvorschriften auch für solche Personen zum Tragen kämen, die nicht selbst versichert seien, sondern ihre Rechte vom Versicherten ableiten. Dies treffe auf die im § 76 ASGG genannten Personen zu. Daher auch auf Personen, denen Sozialversicherungsleistungen im Erbgang nach dem Versicherten zugekommen seien. Eine Sozialrechtssache des § 65 Abs 1 Z 2 ASGG liege vor, wenn der Rückforderungsanspruch auf sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen gestützt werde. Die Klägerin habe ihren Rückforderungsanspruch auf den Pflegegeldüberbezug gestützt. Dieser Überbezug an Pflegegeld sei den Beklagten als Erben des Versicherten zugekommen. Die Vermögensverschiebung sei nicht außerhalb einer sozialversicherungsrechtlichen Leistungsbeziehung erfolgt, die Beklagten leiteten ihre Rechte vom Versicherten ab und seien dem Versicherten in verfahrensrechtlicher Hinsicht gleichgestellt. Daher hätte die Klägerin den Pflegegeldüberbezug durch Erlassung eines Bescheides gegen die Beklagten als Zahlungsempfänger zurückzufordern gehabt. Eine unter Umgehung dieser Rechtslage im ordentlichen Verfahren eingebrachte auf Bereicherung gestützte Klage sei infolge Rechtswegsunzulässigkeit zurückzuweisen.

Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag in Abänderung der Beschlüsse der Vorinstanzen dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund aufzutragen. Im Weiteren wiederholt die klagende Partei mit dem Vorbringen, dass es sich nicht um eine Sozialrechtssache handle und daher die Sache im ordentlichen Verfahren zu behandeln sei, den bereits im Rekurs gestellten Antrag, die Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Salzburg zu überweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Voraussetzung dafür, dass eine Klage nur nach bescheidmäßiger Entscheidung durch den Versicherungsträger bzw die in § 22 Abs 1 BPGG angeführten Entscheidungsträger erhoben werden darf (§ 69 ASGG) ist, dass überhaupt eine Leistungssache nach § 65 Abs 1 Z 2 ASGG vorliegt.

Im Falle eines Rückforderungsanspruches liegt eine solche dann vor, wenn dem Rückforderungsanspruch eine sozialversicherungsrechtliche Leistungsbeziehung zugrunde liegt. Außerhalb der Sozialversicherung Stehende sollen jedoch, soferne sie nicht durch zurechenbare Umstände selbst in den Kreis der Sozialversicherung eingetreten sind, nicht dem Rechtsdurchsetzungssystem des Sozialversicherungsrechts unterliegen (Fink aaO 138; Kerschner, Bereicherung im öffentlichen Recht 58).

Im vorliegenden Fall war das sozialversicherungsrechtliche Grundverhältnis, das der geltend gemachte Vermögensverschiebung zugrunde liegt, der Anspruch des Versicherten auf Pflegegeld. Auf dieser Rechtsgrundlage erfolgte auch die jetzt teilweise zurückgeforderte Leistung an den Versicherten. Die klagende Partei leitet den erhobenen Anspruch daraus ab, dass sie an den verstorbenen Leistungsbezieher eine Überzahlung an Pflegegeld geleistet habe. Der Erbe eines Versicherten wird mit der Einantwortung Universalsukzessor, das heißt er tritt eo ipso in die Rechte und Verpflichtungen des Verstorbenen ein und wird Schuldner der Erbschaftsgläubiger (vgl SSV 10/33; Koziol/Welser, Grundriss Band II10 403). Der Erbe setzt die Person des Erblassers fort. Das bedeutet, dass sich am Rechtsgrund der Forderung des Gläubigers, für die der Erbe allenfalls nach dem von der klagenden Partei herangezogenen Haftungsgrund des § 801 ABGB einzustehen hat, nichts ändert und zu prüfen ist, inwieweit auf Grund der Sozialversicherungsgesetze der Anspruch des verstorbenen Versicherten auf die ausbezahlte Leistung bestand. Insoweit sind die Erben des Versicherten durch die Einantwortung in den Kreis der Sozialversicherung einbezogen worden. Der geltend gemachte Anspruch wird daher auf eine sozialversicherungsrechtliche Grundlage gestützt. Ob es sich dabei um einen Rückforderungsanspruch im Sinne des § 11 Abs 1 BPGG handelt, ist ohne Bedeutung. Es handelt sich jedenfalls nicht um die Geltendmachung eines Anspruches ohne sozialversicherungsrechtliche Leistungsbeziehung.

Den Vorinstanzen ist daher beizupflichten, dass eine Klage in einer Leistungssache nach § 65 Abs 1 Z 2 ASGG vorliegt, die aber, wenn der Versicherungsträger nicht mit Bescheid entschieden hat, gemäß § 73 ASGG wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen ist.

Da eine Sozialrechtssache vorliegt, kommen die Bestimmungen des § 77 ASGG zur Anwendung, die jedoch einen Kostenersatzanspruch nach § 77 Abs 1 Z 1 ASGG für den Versicherungsträger, dem die Entscheidungsträger nach § 22 Abs 1 Z 3 bis 8 BPGG gleichzuhalten sind (SSV-NF 4/141) jedenfalls ausschließen.

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