OGH 10ObS295/99a

OGH10ObS295/99a30.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Walter Kraft (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Leopold Smrcka (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Eva W*****-K*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Kärntner Gebietskrankenkasse, 9021 Klagenfurt, Kempfstraße 8, vertreten durch Dr. Robert Galler, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 51.349 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 1. Juli 1999, GZ 7 Rs 77/99v-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. Dezember 1998, GZ 43 Cgs 116/98s-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen Kostenanteil von S 2.435,52 (darin enthalten S 405,92 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rechtsmittelschrift selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin, bei der eine auf Grund von Epikutantests festgestellte Allergie auf Amalgam und Paladium 2000 vorliegt, stand in der Zeit vom 13. 1. bis 24. 4. 1998 bei Dr. Horvath, Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, als Wahlarzt in Behandlung. Im Zuge dieser Behandlung wurden drei Zähne mit Goldonlays versehen sowie ein Goldinlay und sieben Metallkeramikkronen eingesetzt. Die zahnärztliche Behandlung war medizinisch notwendig. Das hiefür in Rechnung gestellte Honorar von insgesamt S 69.749 entsprach dem Marktpreis für die erbrachten Leistungen und wurde von der Klägerin an den Zahnarzt bezahlt.

Mit Bescheid vom 28. 9. 1998 wies die beklagte Partei den Antrag der Klägerin auf vollen Rückersatz des Wahlarzthonorars von S 69.749 hinsichtlich des den geleisteten Kostenzuschuss von S 18.400 übersteigenden Betrages ab.

Mit ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehrt die Klägerin den Ersatz des Differenzbetrages von S 51.349 samt 4 % Zinsen seit 1. 6. 1998. Sie habe nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Anspruch auf vollen Ersatz der unentbehrlichen Zahnbehandlung im Sinn des § 153 ASVG. Die damit nicht im Einklang stehenden Bestimmungen der Satzung der beklagten Partei seien durch die gesetzliche Ermächtigung des § 153 ASVG zur näheren Regelung nicht gedeckt und verstießen auch gegen den verfassungsrechtlich gewährleisteten Gleichheitsgrundsatz.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im wesentlichen ein, Zahnbehandlung (Inlay und Onlays) sei eine gesetzliche Mindestleistung, die jedoch unter dem Vorbehalt einer Satzungsregelung stehe. Die Satzung habe bei der Festsetzung des Leistungsumfanges auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers Bedacht zu nehmen. Grundsätzlich werde die konservierende-chirurgische Zahnbehandlung im Umfang des Anhanges 1 der Satzung der beklagten Partei als Sachleistung erbracht. Werde keine Sachleistung erbracht, so leiste die beklagte Partei Zuschüsse nach Anhang 2 der Satzung. Im Hinblick auf die bei der Klägerin nachgewiesene Allergie habe die beklagte Partei der Klägerin für die Inlays und Onlays Zuschüsse in der satzungsmäßigen Höhe von S 11.120 geleistet. Die Satzung der beklagten Partei habe für Fälle, in denen die Versorgung mit Vertragsmaterialien nicht möglich sei, einen Zuschuss festgelegt, der ein Vielfaches der Tarife für Vertragsfüllungen (Amalgam) betrage. Zuschüsse nach Maßgabe freier Marktpreise wären unzulässig. Es bestehe keine normative Grundlage für einen höheren Zuschuss für die Onlays bzw das Inlay als von der beklagten Partei ohnehin bereits geleistet.

Zuschüsse für festsitzenden Zahnersatz seien eine satzungsmäßige Mehrleistung, die ebenfalls nur nach Maßgabe der Satzung gebühren. Dies entspreche auch der nunmehrigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, der einen Kostenzuschuss von S 1.000 für eine Metallkeramikkrone als ausreichend beurteilt habe. Der von der beklagten Partei an die Klägerin pro Krone gewährte Kostenzuschuss von S 1.040 sei daher ebenfalls gesetzmäßig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die im wesentlichen bereits eingangs wiedergegebenen Feststellungen und schloss sich in seiner rechtlichen Beurteilung der Rechtsansicht der beklagten Partei an.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es führte in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen aus, dass die Zahnbehandlung (Onlays und Inlay) gemäß § 153 Abs 1 ASVG nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung als Sachleistung zu gewähren sei. In der Mustersatzung des Hauptverbandes 1994 werde der Leistungsumfang konkretisiert (§ 32) und die Zahnbehandlung im Umfang der Anhänge 1 bis 3 geleistet. Während die Mustersatzung 1992 in ihren §§ 37 Abs 3 und 39 Abs 3 bestimmt habe, dass Mehrkosten für Leistungen und Materialien, die nicht Gegenstand der Verträge seien, vom Versicherten selbst zu tragen seien, seien durch die Mustersatzung 1994 sowie durch die damit übereinstimmenden Bestimmungen der Satzung 1995 der beklagten Partei Kostenzuschüsse in einer die Leistungen des Zahnersatzes übersteigenden Höhe eingeführt worden. Das Berufungsgericht habe im Hinblick auf diese relativ großzügigen Kostenzuschüsse keine Bedenken wegen einer allfälligen Gesetzwidrigkeit.

Auch der unentbehrliche Zahnersatz sei nur nach Maßgabe der Satzung zu leisten. Dazu sei in der Mustersatzung 1994 sowie in der Satzung 1995 der beklagten Partei festgelegt worden, dass der unentbehrliche Zahnersatz nur in Form des abnehmbaren Zahnersatzes geleistet werde. Müsse aus medizinischen Gründen (zB wegen nachgewiesener Allergie gegen ein Vertragsmaterial) für die Herstellung eines unentbehrlichen Zahnersatzes ein Material verwendet werden, das in den Verträgen nicht vorgesehen sei, leiste die Kasse für die Differenzkosten auf das höherwertige Material einen Zuschuss, dessen Höhe im Anhang bestimmt sei. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 17. 10. 1998, V 81/97, einen Kostenzuschuss in der vergleichbaren Höhe von S 1.000 je Krone für verfassungsrechtlich unbedenklich erkannt.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Lösung der Rechtsfrage, ob bei medizinisch notwendiger Zahnbehandlung und Unverträglichkeit gegen Vertragsmaterialien ein voller Kostenersatz nach Marktpreisen gebühre, eine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 46 Abs 1 ASGG zukomme.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer vollinhaltlichen - in eventu im Umfang des Betrages von S 13.129 im Sinne einer teilweisen - Klagestattgebung abzuändern. Hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.

Die Revision ist zwar aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Den Ausführungen in der Revision ist folgendes entgegenzuhalten:

Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass es sich bei den Leistungen Zahnbehandlung und unentbehrlicher Zahnersatz (§ 153 ASVG) um Pflichtleistungen handelt, auf die der Versicherte einen Rechtsanspruch hat (SSV-NF 9/90; 6/114; 4/163 ua). Die Zahnbehandlung ist gemäß § 153 Abs 1 ASVG nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung zu gewähren. Als Leistungen der Zahnbehandlung kommen chirurgische Zahnbehandlung, konservierende Zahnbehandlung und Kieferregulierungen, soweit die Kieferregulierungen zur Verhütung von schweren Gesundheitsschädigungen oder zur Beseitigung von berufsstörenden Verunstaltungen notwendig sind, in Betracht. Diese Leistungen der Zahnbehandlung können in der Satzung des Versicherungsträgers von der Erfüllung einer Wartezeit abhängig gemacht werden. § 121 Abs 3 ASVG gilt entsprechend. Nach dieser Bestimmung kann der Versicherungsträger unter Bedachtnahme auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit und das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten über die gesetzlichen Mindestleistungen hinausgehende Mehrleistungen innerhalb der in den folgenden Bestimmungen festgesetzten Grenzen in der Satzung vorsehen.

Der unentbehrliche Zahnersatz kann gemäß § 153 Abs 2 ASVG unter Kostenbeteiligung des Versicherten gewährt werden. Anstelle der Sachleistung können auch Zuschüsse zu den Kosten eines Zahnersatzes geleistet werden. Das Nähere wird durch die Satzung des Versicherungsträgers bestimmt.

Auch wenn somit Zahnbehandlung und Zahnersatz als gesetzliche Pflichtleistungen zu gewähren sind, ist die konkrete Ausgestaltung der Leistungen den Sozialversicherungsträgern überlassen, die sie in ihren Satzungen festzulegen haben. Während die Zahnbehandlung grundsätzlich als Sachleistung zu gewähren ist, ist der unentbehrliche Zahnersatz entweder in Form einer Sachleistung (gegebenenfalls unter Kostenbeteiligung des Versicherten) oder als Geldleistung ("Zuschuss") zu erbringen. Die Leistungen der Zahnbehandlung und des Zahnersatzes werden durch Vertrags- und Wahlärzte oder aber auch durch Vertrags- und Wahldentisten erbracht. Die Versicherungsträger können diese Leistungen aber auch in Vertragseinrichtungen oder eigenen Einrichtungen (Zahnambulatorien) erbringen. In letzterem Fall dürfen zum Schutz der freiberuflich tätigen Ärzte und Dentisten eventuelle Zuzahlungen des Versicherten zu den Leistungen der Zahnbehandlung und des Zahnersatzes nicht niedriger als bei diesen Vertragspartnern sein und es dürfen keine Leistungen erbracht werden, die von Vertragsärzten oder -dentisten nicht erbracht werden (Brodil/Windisch-Graetz, Sozialrecht in Grundzügen3 82; Schrammel in Tomandl, SV-System 8. ErgLfg 111; Binder in Tomandl aaO 264/8 f; SSV-NF 11/96 ua).

Die Revisionswerberin vertritt weiterhin den Standpunkt, dass nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (G 245/91, V 189/91) und des Obersten Gerichtshofes (SSV-NF 6/114) der Versicherungsträger dem Versicherten die vollen Kosten einer Zahnbehandlung zu ersetzen habe, sofern das vom Wahlarzt verrechnete Honorar die üblichen Marktpreise nicht überschreite und die Verwendung eines bestimmten Materials medizinisch notwendig sei.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem zitierten Erkenntnis vom 25. 6. 1992, G 245/91, V 189/91, einen Gesetzesprüfungsantrag des Obersten Gerichtshofes betreffend § 153 Abs 1 Satz 1 ASVG und einen Verordnungsprüfungsantrag betreffend § 32 Abs 1 lit b sowie § 34 Abs 1 und 3 der Satzung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse abgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof führte in diesem Erkenntnis unter anderem aus, § 153 Abs 1 erster Satz ASVG behalte die Bestimmung der Ansprüche, die beim Versicherungsfall der Zahnbehandlung zustehen, der Satzung vor und konstituiere damit eine Verordnungsermächtigung im Sinne eines Satzungsvorbehaltes für festzulegende Pflichtleistungen. Der Gesetzgeber gehe bei der Regelung des § 153 Abs 1 erster und zweiter Satz ASVG nach dem gleichen Grundsatz vor, der in § 133 Abs 2 ASVG für die Krankenbehandlung allgemein festgelegt worden sei, nämlich, dass sich die Zahnbehandlung (ausgenommen Kieferregulierungen) am "Notwendigen" zu orientieren habe. Daraus sei aber allgemein abzuleiten, dass der Gesetzgeber im Abschnitt über die Zahnbehandlung und den Zahnersatz an die für die Krankenbehandlung getroffenen Regelungen grundsätzlich anknüpfe und daher die für die Krankenbehandlung getroffene Regelung auch für den 5. Unterabschnitt - wenn auch unter dem Gebot erforderlicher Anpassungen - maßgeblich sei. § 153 Abs 1 Sätze 2 bis 4 und Abs 2 ASVG sowie insbesondere die §§ 121 Abs 3, 133 Abs 2 und 135 Abs 2 ASVG bewirkten eine im Sinne des Art 18 B-VG hinreichende Determinierung der angefochtenen Regelung, sodass § 153 Abs 1 erster Satz ASVG keine Verfassungswidrigkeit wegen formalgesetzlicher Delegation anzulasten sei. Auch der Vorwurf, § 34 Abs 3 der in Rede stehenden Satzung enthalte eine dynamische Verweisung, sei nicht berechtigt, weil diese Bestimmung dahin verstanden werden müsse, dass die Kosten für die notwendige Zahnbehandlung dem Versicherten selbst dann zu ersetzen seien, wenn sie auf Grund der jeweils geltenden Verträge mit den Zahnbehandlern nicht für die Rechnung der Kasse zu gewähren seien; Gleiches gelte für die Verwendung eines Materials, welches in den Verträgen nicht vorgesehen sei.

Aus diesen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes leitete der Oberste Gerichtshof im Anlassfall SSV-NF 6/114, der das Kostenersatzbegehren einer Versicherten für den Austausch der bei ihr vorhandenen Amalgamfüllungen gegen teurere Füllungen aus anderem Material zum Gegenstand hatte, ab, dass der beklagte Krankenversicherungsträger dem Kläger für die medizinisch notwendige Inanspruchnahme des Wahlzahnarztes die vollen Kosten zu erstatten habe, sofern das vom Zahnarzt verrechnete Honorar angemessen sei. Mangels Regelung in den jeweils geltenden Verträgen mit den Zahnbehandlern für die dem Kläger angefertigten Keramik-Inlays müsse der Krankenversicherungsträger mangels anderer Anhaltspunkte die üblichen Marktpreise für derartige Leistungen ersetzen. Diese Ansicht stieß in der Literatur teilweise auf Kritik (vgl insbesondere Kletter, Die höchstgerichtliche "Neuregelung" von Zahnbehandlung und Zahnersatz, ZAS 1994, 43 ff [48 ff mwN]).

Auf diese Frage muss jedoch im vorliegenden Fall nicht eingegangen werden, weil, wie bereits das Berufunggericht zutreffend ausgeführt hat, insoweit mittlerweile eine Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Während nämlich noch die Mustersatzung 1992 (SoSi 1992, 582 ff) in ihren §§ 37 Abs 3 und 39 Abs 3 bestimmte, dass Mehrkosten für Leistungen und Materialien, die nicht Gegenstand der Verträge sind, vom Versicherten selbst zu tragen sind, wurde durch die Mustersatzung 1994 für solche Fälle die Gewährung von Zuschüssen für den Versicherungsträger eingeführt. Nach § 32 der Mustersatzung 1994 (SoSi 1995, 33 ff) sowie den entsprechenden Bestimmungen in der Satzung 1995 der beklagten Partei (SoSi 1995, 365 ff) wird die Zahnbehandlung von der Kasse im Umfang der Anhänge 1, 2 und 3 geleistet. Nach § 33 Mustersatzung und Satzung der beklagten Partei wird die konservierende Zahnbehandlung im Umfang des Anhanges 1 als Sachleistung (Vertragsleistung oder Kostenerstattung) erbracht. Im Anhang 1 sind im einzelnen die Leistungen angeführt, die entsprechend der Honorarordnung für Vertragsfachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde bzw Vertragsdentisten als Sachleistung erbracht werden. Insoweit im medizinisch begründeten Einzelfall (zB wegen nachgewiesener Allergien gegen Vertragsmaterialien) eine im Anhang 1 angeführte Leistung nicht erbracht werden kann, leistet die Kasse Zuschüsse nach Anhang 2. Die Kasse hat bei der Festsetzung der Höhe der Zuschüsse auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kasse und das wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten Bedacht zu nehmen. Nach Anhang 2 leistete die Kasse im Jahr 1995 für Inlays aus Gold oder Keramik bei einer Mehrflächenfüllung einen Kostenzuschuss von S

1.760 und für ein Onlay aus Gold oder Keramik (Höckerdeckung) einen Kostenzuschuss von S 2.400. Durch diese Bestimmungen wird somit nunmehr leistungsmäßig auch für den Fall vorgesorgt, dass Vertragsmaterial im medizinisch begründeten Einzelfall nicht verabreicht werden kann, und es wird darauf Rücksicht genommen, dass aus gesundheitlichen Gründen lediglich eine kostspieligere Leistungserbringung in Betracht kommt; finanzielle Erwägungen des Versicherungsträgers werden dadurch zurückgedrängt (vgl Binder, Zur Kostendeckung alternativmedizinischer Behandlungsmethoden durch die Krankenversicherung, RdM 1997, 39 ff [41]).

Die beklagte Partei verweist in ihrer Revisionsbeantwortung in diesem Zusammenhang zutreffend darauf, dass diese Kostenzuschüsse ein Vielfaches der Tarife für Vertragsfüllungen, die im Normalfall abgerechnet werden, betragen und dass auch nach der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, V 81/97, bei der Festsetzung von Kostenzuschüssen für Leistungen, für die es keine Vertragstarife gibt, nicht auf Marktpreise, sondern auf bestehende Vertragstarife für vergleichbare Leistungen abzustellen ist, wobei es bei der Bemessung des Kostenzuschusses nicht auf den Vergleich der wirtschaftlichen Belastung des Versicherten, sondern auf jenen der finanziellen Aufwendungen des Krankenversicherungsträgers ankommt (vgl SoSi 1998, 961 ff mit Anm Kletter).

Nach § 153 Abs 3 ASVG dürfen in den Satzungen und im Vertrag nicht vorgesehene Leistungen in den Zahnambulatorien nicht erbracht werden. Insoweit Zuzahlungen zu den Leistungen der Zahnbehandlung des Zahnersatzes vorgesehen sind, müssen diese in den Zahnambulatorien und bei den freiberuflich tätigen Vertragsfachärzten und Vertragsdentisten gleich hoch sein. Daraus ist zu schließen, dass das ASVG bei der Zahnbehandlung und beim Zahnersatz mit der Unvollständigkeit von Gesamtverträgen rechnet. Dies hängt offenbar damit zusammen, dass die jahrzehntelange Praxis der Vertragsparteien - im Unterschied zur Situation bei der ärztlichen Hilfe - nicht auf die Vollständigkeit der Gesamtverträge ausgerichtet war. Vielmehr sollten bloß "Standardleistungen" erbracht werden. Der Gesetzgeber hat diese Praxis ganz offenkundig akzeptiert (vgl Mosler in Strasser, Arzt und gesetzliche Krankenversicherung 198).

Die Zulässigkeit von Kostenzuschussregelungen für notwendige außervertragliche Leistungen wurde jüngst auch von Schrammel, Die Durchsetzung von Leistungsansprüchen in der sozialen Krankenversicherung, FS-Tomandl 1998, 679 ff [695 f] für den Bereich der Krankenbehandlung ausdrücklich anerkannt. Danach haben die Versicherungsträger die Möglichkeit, die Erstattung von Kosten für außervertragliche Leistungen betragsmäßig zu begrenzen und es wird dadurch der sozialversicherungsrechtliche Leistungsanspruch - für die Versicherten voraussehbar - modifiziert. Diese für die Leistungsansprüche in der Krankenversicherung vertretene Auffassung muss nach zutreffender Ansicht der beklagten Partei aber umso mehr für den hier zu beurteilenden Bereich der Zahnbehandlung gelten, für den gemäß § 153 Abs 1 ASVG die Eingrenzung und Konkretisierung des Leistungsanspruches selbst ausdrücklich der Satzung übertragen ist. In der (diesbezüglich verbindlichen) Mustersatzung 1994 wird der Leistungsumfang konkretisiert. Die Mustersatzung 1994 bzw die Satzung 1995 der beklagten Partei sehen neben den vertraglichen Leistungen für außervertragliche Leistungen der Zahnbehandlung im Sinne der oben dargelegten Ausführungen zulässige, betragsmäßig begrenzte Kostenzuschüsse vor, die die Klägerin auch bereits erhalten hat, so dass sich ihr auf einen vollen Kostenersatz dieser Leistungen der außervertraglichen Zahnbehandlung nach Marktpreisen gerichtetes Klagebegehren als nicht berechtigt erweist. Angesichts der Höhe der in der Satzung der beklagten Partei für die hier in Rede stehenden außervertraglichen Leistungen der Zahnbehandlung vorgesehenen Kostenzuschüsse, die ein Vielfaches der für vergleichbare vertragliche Leistungen bestehenden Tarife betragen, teilt der erkennende Senat auch nicht die Ansicht der Revisionswerberin, dass die diesbezügliche Regelung in der Satzung der beklagten Partei gesetz- oder verfassungswidrig wäre. Der erkennende Senat sieht daher keine Veranlassung zu der von der Revisionswerberin angeregten Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof.

Der nicht weiter begründeten Ansicht der Revisionswerberin, Zahnkronen seien nicht als Zahnersatz anzusehen, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, dass Zahnkronen in der bisherigen Judikatur dem Bereich Zahnersatz und nicht dem Bereich der Zahnbehandlung zugeordnet wurden, diese Zuordnung dem allgemeinen Sprachgebrauch und auch der Bestimmung des § 32 Abs 4 der Mustersatzung 1994 sowie der Satzung 1995 der beklagten Partei entspricht.

Die Ausführungen in der Revision erweisen sich somit insgesamt als nicht berechtigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 46 Abs 1 ASGG abhängt, entspricht es der Billigkeit, der Klägerin die Hälfte der Kosten des Revisionsverfahrens zuzuerkennen (SSV-NF 6/59 mwN ua). Die beklagte Partei hingegen hat als Versicherungsträger ihre Kosten ohne Rücksicht auf den Verfahrensausgang jedenfalls selbst zu tragen (§ 77 Abs 1 Z 1 ASGG).

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