Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit 9.328,80 S (darin 1.554,80 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind Fruchtgenussberechtigte einer Liegenschaft mit einem Haus in Graz. Diese Liegenschaft befindet sich seit über 60 Jahren im Besitz der Familie des Erstklägers. Seit dem Tode seiner Mutter im Jahr 1979 war der Erstkläger Alleineigentümer dieser Liegenschaft. Im Jahre 1993 übertrug er das Eigentum daran an seine beiden Kinder. Ihm und der Zweitklägerin, seiner Ehegattin, wurde das Fruchtgenussrecht an der Gesamtliegenschaft eingeräumt.
Bis zu seiner Berufung als Ordinarius an die Universität in Mainz im Jahr 1962 lebte der Erstkläger - mit seiner Mutter - in diesem Haus, seinem Elternhaus. Das Hauptgebäude weist ein Tiefparterre, ein Hochparterre, einen ersten Stock und einen (ausbaufähigen) Dachboden auf. Dem Hauptgebäude wurde im Jahr 1930 ein unmittelbar angrenzender eingeschoßiger Zubau (Nebengebäude) angefügt, dessen Flachdach gleichzeitig eine vom Hauptgebäude aus begehbare Terrasse ist. Diese beiden Gebäude haben getrennte Eingänge. Im Tiefparterre des Hauses befindet sich das frühere Dienstbotenzimmer (Tiefparterrewohnung), dem 1970 ein neu errichtetes, außerhalb des Raumes gelegenes WC zugeordnet wurde, damit die (seinerzeitigen) Mieter dieser Tiefparterrewohnung - bis 1979 wurde diese regelmäßig an Studenten vermietet - nicht die Klosette im Hochparterre und im ersten Stock benützen müssen. Die Tiefparterrewohnung ist nur über den Eingang des Hauptgebäudes - ohne Durchgang durch die im Hochparterre und im ersten Stock gelegene Wohnung - erreichbar.
Bis zur Vermietung an die Beklagten am 21. 4. 1988 verbrachte der Erstkläger mit seiner Familie (Frau und zwei Kindern) die Ferien in diesem Haus, überdies bewohnte er es auch während seiner häufigen Graz-Aufenthalte im Zusammenhang mit seiner Funktion als Editionsleiter der Gesamtausgabe des Werks des Barockkomponisten Johann Joseph Fux.
Mit dem schriftlichen Mietvertrag vom 21. 4. 1988, der mehrmals, zuletzt bis 31. 5. 1996 schriftlich verlängert wurde, vermietete der Erstkläger als damaliger Alleineigentümer der Liegenschaft zunächst das gesamte Hauptgebäude des Hauses an die Beklagten. Im schriftlichen Mietvertrag vom 23. 5. 1991, dessen schriftlich fixierter Endtermin ebenfalls zuletzt mit 31. 5. 1996 erneuert wurde, vermietete der Erstkläger die Tiefparterrewohnung an den Erstbeklagten. Dieser nützt die Tiefparterrewohnung seit der Anmietung als Werkstätte für Modellbautätigkeiten im Rahmen seines Architektenberufs. Mit schriftlichem Mietvertrag vom 24. 10. 1988 mietete der Erstbeklagte vom Erstkläger befristet das Nebengebäude, nach mehreren Verlängerungen war der letzte schriftlich fixierte Endtermin der 31. 7. 1996. Der Erstbeklagte benützt das Nebengebäude zu geschäftlichen Zwecken.
Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 18. 3. 1996 (im Verfahren 42 C 437/95w) wurde der Übergabsauftrag der Kläger vom 6. 12. 1995 infolge der Einwendungen der Beklagten aufgehoben und das Klagebegehren, die Beklagten schuldig zu erkennen, das Hauptgebäude des Hauses samt Garten und Garage den Klägern zu übergeben, abgewiesen. Das Gericht ging in diesem Verfahren davon aus, dass im Objekt drei gesondert vermietbare Einheiten vorhanden seien und zufolge Vermietung des Nebengebäudes zu Geschäftszwecken kein Wohnhaus im Sinne des § 1 Abs 4 Z 2 MRG vorliege, welche Umstände einer durchsetzbaren Befristung entgegenstünden.
Der im Jahr 1911 geborene Erstkläger ist gebürtiger Grazer, seine rund zwanzig Jahre jüngere Ehefrau, die Zweitklägerin, ist Rheinländerin. Die Kläger bewohnen ein Eigenheim in Mainz, sie verfügen sonst über keine weitere Wohnversorgung. Der Erstkläger wurde erst im Alter von über fünfzig Jahren Vater zweier Kinder. Die Tochter der Kläger zog 1994 mit ihrem Ehegatten nach Norwegen. Der Sohn studiert derzeit in Amerika und wird im nächsten Jahr nach Mainz zurückkehren. Im Jahr 1998 verstarb die hochbetagte Mutter der Zweitklägerin. Mit diesen Ereignissen traten die familiären Bindungen, welche die Kläger in Mainz hielten, in den Hintergrund. Die Zweitklägerin, eine promovierte Musikwissenschafterin, hatte in früheren Jahren Aversionen gegen Graz, ist aber nun bereit, mit dem Erstkläger auf Dauer nach Graz zu übersiedeln. Der Erstkläger hat die deutsche Staatsbürgerschaft nicht angenommen, sondern ist nach wie vor österreichischer Staatsbürger. Er sah sich im Jahr 1962 mangels anderer beruflicher Möglichkeiten (in Österreich) gezwungen, das Ordinariat an der Hochschule in Mainz anzunehmen. Er hatte jedoch seither immer die Absicht, seinen Lebensabend in seiner Heimatstadt Graz zu verbringen. Das Familiengrab der Familie des Erstklägers befindet sich auf einem Grazer Friedhof; er selbst hat bereits festgelegt, er möchte dort bestattet werden, das Trauerzeremoniell sollte auch in Graz stattfinden. Der Erstkläger arbeitet seit über 40 Jahren an Ausgaben des Werks des steirischen Barockkomponisten Johann Joseph Fux; er ist seit Jahren Editionsleiter der Gesamtausgabe der Werke dieses Komponisten, die von der Johann Joseph Fux-Gesellschaft in Graz herausgegeben und einer Druck- und Verlagsanstalt in Graz hergestellt wird. In Graz befindet sich auch das Archiv der Johann Joseph Fux-Gesellschaft, in welchem die Werke in Kopien oder Mikrofilmen aufbewahrt werden. In Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die Johann Joseph Fux-Gesellschaft waren regelmäßig längere Aufenthalte des Erstklägers in Graz erforderlich. Bei diesen dreibis viermal jährlich stattfindenden und jeweils mehrwöchigen Aufenthalten wohnte der Erstkläger in einem rund 18 m**2 großen Gästezimmer, das ihm eine befreundete Familie in ihrem Haus in Graz gegen Bezahlung einer jährlichen Betriebskostenabgeltung von 6.000 S zur Verfügung stellte. In diesem Zimmer befinden sich zwei Betten, ein Schreibtisch, ein Schrank, ein Tisch und ein Kasten. Eine Kochgelegenheit ist dort nicht vorhanden. Für einen längeren Aufenthalt beider Kläger eignet sich dieses Zimmer nicht. Da die Tochter dieser befreundeten Familie mit ihrem Ehemann und drei Kindern in die ehemals elterliche Wohnung einzog, ist es für den Erstkläger nicht mehr möglich, in einem Zimmer dieses Hauses Aufenthalt zu nehmen. Der Erstkläger genießt eine sehr hohe internationale Reputation in der Musikwissenschaft. Er erhielt mehrere hohe Auszeichnungen und erbringt nach wie vor eine Forschungsleistung im Ausmaß eines aktiven Professors.
Der Erstbeklagte ist 41 Jahre alt und ebenso wie die Zweitbeklagte, seine Ehegattin, Architekt. Die Beklagten leben gemeinsam mit ihrer zehnjährigen Tochter, einem Hund und vier Katzen im aufgekündigten Haupthaus. Die Tiefparterrewohnung benützt der Erstbeklagte als Werkstätte für Modellbauten; im Nebengebäude ist das Architekturbüro, das der Erstbeklagte seit 1990 betreibt. Die Zweitbeklagte arbeitet halbtags im Büro des Erstbeklagten mit, halbtags ist sie als selbstständige Gartenarchitektin tätig. Insbesondere für die Zweitbeklagte ist es sehr wichtig, dass Wohnung und Büro nebeneinander gelegen sind, sonst könnte sie Haushalt, Familie und Beruf nicht "unter einen Hut" bringen. Die Beklagten hatten ursprünglich geplant, in einem renommierten Architekturbüro im Ausland zu arbeiten. Es stellte sich aber heraus, dass sie auch in Österreich Karriere machen konnten, weshalb ein Auslandsaufenthalt nicht notwendig wurde. Die Absicht, ins Ausland zu gehen, war aus der Sicht der Beklagten jedoch der Grund für die ursprünglich befristeten Mietverträge mit dem Erstkläger. Bis zum Abschluss des Mietvertrags im Jahr 1988 bewohnten die Beklagten eine 96 m**2 große Wohnung in Graz, die im Eigentum der Zweitbeklagten steht. Diese Wohnung ist seit 1988 vermietet, zuletzt bis zum Jahr 2002. Der Zweitbeklagten gehört weiters ein Haus in Leonding, das ebenfalls vermietet ist. Der Erstbeklagte ist Eigentümer zweier Kleinwohnungen in einem Haus in Graz, die er 1994 als Anlageobjekt für seine Altersversorgung gekauft und aus steuerlichen Gründen auf 10 Jahre befristet vermietet hat.
Die Kläger kündigten den Beklagten das Hauptgebäude des beschriebenen Hauses - mit Ausnahme des Zimmers im Tiefparterre samt außerhalb gelegenem ausgebauten WC - samt Garten und Garage aus dem im Revisionsverfahren allein interessierenden Kündigungsgrund des Eigenbedarfs gemäß § 30 Abs 2 Z 8 MRG gerichtlich auf. Bei dem Haus handle es sich grundsätzlich um ein Einfamilienhaus, das der Erstbeklagte 1988 den beiden Beklagten zu Wohnzwecken vermietet habe. Die weiteren Mietverträge mit dem Erstbeklagten über das Zimmer samt WC im Tiefparterre und über das Nebengebäude habe der Erstkläger nur auf besonderen Wunsch des Erstbeklagten geschlossen. Für den in Graz geborenen Erstkläger, der schon immer seinen Lebensabend nach seiner Pensionierung in Graz in seinem Elternhaus zubringen habe wollen, dies nunmehr auch gemeinsam mit seiner Ehefrau tun wolle und nach wie vor als Editionsleiter für die Herausgabe des Gesamtwerks des bedeutenden österreichischen Barockkomponisten Johann Joseph Fux in Graz tätig sei, bestehe in Graz keine andere Wohnversorgung. Den Klägern entstehe aus der Aufrechterhaltung des aufgekündigten Bestandverhältnisses ein unverhältnismäßig größerer Nachteil als den Beklagten, einem jungen Architektenehepaar mit einem zehnjährigen Kind, aus dessen Auflösung, weil diese in Graz auch weitere zu Wohnzwecken nutzbare Liegenschaften hätten, die sie allerdings selbst auf Zeit anderweitig vermietet hätten.
Die Beklagten beantragten die Aufhebung der Aufkündigung und wandten
- soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - im Wesentlichen ein, zumindest seit 1970 befänden sich auf der gegenständlichen Liegenschaft insgesamt drei abgesonderte Bestandobjekte und auch drei Mietverhältnisse, weshalb es sich nicht um ein Einfamilienhaus handle. Eigenbedarf der Kläger im Sinne eines echten Notstandes liege
- im Zeitpunkt der Aufkündigung - nicht vor. Der 87-jährige Erstkläger wolle lediglich nach Graz übersiedeln, um hier als Herausgeber des Gesamtwerks des Komponisten Johann Joseph Fux - sohin freiberuflich unternehmerisch - tätig zu sein. Die Kläger seien jedoch mit dem in ihrem Eigentum stehenden Reihenhaus in Mainz bestens wohnversorgt. Ein allfälliger Eigenbedarf in Graz wäre von ihnen selbst verschuldet. Die allenfalls vorzunehmende Interessenabwägung müsse ebenfalls klar zu Gunsten der Beklagten als Mieter ausfallen.
Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für wirksam und trug den Beklagten die Räumung des gekündigten Mietobjektes auf. Da über das Gesamtobjekt drei Mietverträge bestünden und das Nebengebäude vom Erstbeklagten als Architekturbüro verwendet werde, sei dem Gesamtobjekt der Charakter eines Einfamilienhauses genommen, weshalb diese Umstände - entgegen den Vertragsabsichten des Erstklägers - zu unbefristeten Mietverträgen geführt hätten. Der Kündigungsgrund des dringenden Eigenbedarfs gemäß § 30 Abs 2 Z 8 MRG sei gegeben, weil das Vorhaben des Erstklägers, eines gebürtigen Grazers, der berufsbedingt jahrzehntelang in Deutschland Aufenthalt genommen habe, jedoch seinen Lebensabend wieder (gemeinsam mit seiner Ehegattin) in seiner Heimatstadt verbringen wolle, berechtigt sei und damit ein dringendes Wohnbedürfnis an dem aufgekündigten Wohnhaus in Graz bewirke, wenn auch die Kläger an einem anderen - weit entfernten - Ort (Mainz) eine ausreichende und gleichwertige Wohnmöglichkeit hätten. Dass die Emeritierung des Erstklägers bereits im Jahr 1980 erfolgt sei und er gemeinsam mit seiner als Fruchtnießerin mitberechtigten Ehefrau erst jetzt (1998) den dringenden Eigenbedarf geltend mache, könne nicht schaden, weil die Familiensituation der Kläger diese noch bis vor kurzer Zeit in Mainz "festgehalten" habe und der Erstkläger bis zum Jahr 1996 davon ausgehen hätte können (und vermutlich ausgegangen sei), das Mietobjekt würde im Sommer 1996 von den Beklagten auf Grund der dann endenden Zeitmietverträge geräumt werden. Dazu komme noch, dass der Erstkläger auf Grund seiner festgestellten wissenschaftlichen Tätigkeit sich seit vielen Jahren jährlich mehrmals (insgesamt bis zu einem halben Jahr) in Graz aufhalte, ohne hier für sich und seine Ehefrau über eine (andere) Wohnversorgung zu verfügen. Somit müsse von einem Wohnungsnotstand der Kläger im Ort der aufgekündigten Wohnung gesprochen werden. Auch die Interessenabwägung falle eindeutig zu Gunsten der Kläger aus. Der Erstkläger habe mehrere Jahrzehnte seines Lebens mit seiner Familie im aufgekündigten Wohnhaus gelebt, sei - trotz seiner beruflichen Übersiedlung nach Deutschland - privat und wissenschaftlich mit seiner Heimatstadt Graz sehr eng verbunden geblieben; die Zweitklägerin sei nunmehr bereit, ihm nach Graz zu folgen. Die jeweils rund 40 Jahre alten Beklagten stünden hingegen in der Blüte ihrer freiberuflichen Tätigkeit und besäßen überdies auch einige "Immobilien", weshalb sie - ginge man davon aus, dass das Mietrechtsgesetz denjenigen Personen soziale Sicherheit geben solle, die ihrer bedürftig seien - nicht zum "engsten Adressatenkreis" zählten. Von den wirtschaftlichen Verhältnissen her sei es zwar sowohl den Klägern, als auch den Beklagten ohne weiteres möglich, sich anderweitig adäquat "wohnzuversorgen". Für die im Berufsleben stehenden Beklagten möge die örtliche Nähe von Wohnung und Büro sehr bequem sein; eine derartige Situation lasse sich aber gerade für Architekten ohne Zweifel auch anderweitig schaffen. Dem stehe aber das sehr hohe Alter insbesondere des Erstklägers gegenüber, dem die Suche nach einer anderen Wohnmöglichkeit in Graz nicht mehr zuzumuten sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten in der Sache nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es billigte im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichts und äußerte weiters noch folgende Ansichten: Bei der Beurteilung des Notstands als Voraussetzung für dringenden Eigenbedarf sei jede Art des Bedarfs nach dem Bestandgegenstand zu berücksichtigen, die sich für den Vermieter aus einem wichtigen persönlichen oder wirtschaftlichen Bedürfnis ergebe, das nur durch Benützung der aufgekündigten Wohnung befriedigt werden könne. Wegen des Grundsatzes der freien Verfügbarkeit des Eigentums dürfe aus der Beschränkung der Eigenbedarfskündigung auf den Fall der unbedingten Notwendigkeit noch nicht abgeleitet werden, dass ein Vermieter zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses grundsätzlich auf eine nicht in seinem Eigentum stehende Wohnmöglichkeit verwiesen werden dürfe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Eigentümer eines zu Wohnzwecken geeigneten Objekts in erster Linie sein Eigentum zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses heranziehen wolle. Verfüge er über keine aureichende Wohnmöglichkeit, dürfe er im Allgemeinen mit seiner Eigenbedarfskündigung nicht schon deshalb auf die Verschaffung einer Wohnmöglichkeit in einem ihm nicht gehörigen Haus verwiesen werden, weil es ihm durch seine finanzielle Lage möglich wäre, sich eine solche Wohnung zu beschaffen. Wenngleich die in den letzten Jahren zu § 30 Abs 2 Z 8 MRG ergangene Rechtsprechung den zitierten Grundsatz in seiner vollen Tragweite lediglich für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser nach § 30 Abs 2 Z 8 lit a und b MRG gelten lasse, sei nach Ansicht des Berufungsgerichts insbesondere im vorliegenden Fall, "bei dem es sich nicht um ein typisches Mietshaus handle", auch von diesen Grundsätzen, allerdings mit der Ausnahme auszugehen, dass eine Interessenabwägung stattzufinden habe. Dem Erstkläger, der gebürtiger Grazer sei und immer beabsichtigt habe, seinen Lebensabend in Graz zu verbringen, sei es insbesondere im Hinblick auf seine nach wie vor ausgeübte wissenschaftliche Tätigkeit in Graz jedenfalls zuzubilligen, in seinem Haus Wohnung zu nehmen. Da er in Graz über keine andere Wohnmöglichkeit verfüge - er sei lediglich Miteigentümer eines Reihenhauses in Mainz - liege bei ihm "gerade noch" der von der Rechtsprechung geforderte (Wohnungs-)Notstand in Graz vor, weshalb der Kündigungsgrund gerade erfüllt sei, zumal er auch nicht auf eine andere nicht in seinem Eigentum stehende Wohnmöglichkeit verwiesen werden könne. Beim gegenständlichen Mietobjekt handle es sich nicht um ein "privilegiertes" Einfamilienhaus. Dies habe jedoch nicht zur Folge, dass die Frage des Eigenbedarfs grundsätzlich strenger zu prüfen sei, zumal es sich nicht um ein typisches Mietshaus handle. Der Eigenbedarf der Kläger sei auch nicht selbstverschuldet, weil der Erstkläger ohnedies immer nur befristete Mietverträge abgeschlossen habe. Dass diese sich nachträglich als nicht durchsetzbar erwiesen hätten, könne ihm nicht zum Nachteil gereichen. Solange die Befristungen gelaufen seien, habe sich der Erstkläger jedenfalls "vertragskonform" verhalten. Bei der Interessenabwägung seien alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten zu berücksichtigen. Diese Interessenabwägung könne nur dann zu Gunsten des Vermieters ausfallen, wenn seine gefährdeten Interessen gegenüber jenen des Mieters ohne jeden Zweifel überwögen. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes könne der erstinstanzlichen Interessenabwägung zu Gunsten der Kläger nur beigepflichtet werden, zumal es für die Beklagten schon auf Grund ihres Alters leichter möglich sei, sich eine angemessene Wohnversorgung in Graz zu besorgen, als für die Kläger.
Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil gerade die Frage der Eigenbedarfskündigung nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG in den letzten Jahren im Wandel begriffen und daher schon aus diesem Grund eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs für die Rechtsentwicklung von erheblicher Bedeutung sei, sowie überdies das Berufungsgericht die vom Obersten Gerichtshof für die Aufkündigung von Eigentumswohnungen und Einfamilienhäusern entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet habe, ohne dass diesbezüglich eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts erhobene Revision der Beklagten ist aus den von der zweiten Instanz genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
Gemäß § 30 Abs 2 Z 8 MRG ist es als wichtiger Grund anzusehen, der den Vermieter zur Kündigung des Mietvertrags berechtigt, wenn der Vermieter die gemieteten Wohnräume für sich selbst dringend benötigt und ihm aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Mieter aus der Kündigung. Dieser Kündigungsgrund setzt also dringenden und unverschuldeten Eigenbedarf an Wohnräumen zu Gunsten des Vermieters (oder wie hier: der Fruchtnießer) und ein klares Überwiegen der Interessenabwägung zu Gunsten des Vermieters (Fruchtnießers) voraus (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 § 30 Rz 49 mwN). Dieser Kündigungstatbestand entspricht dem des § 19 Abs 2 Z 5 MG. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei unter dringendem Eigenbedarf eine zumindest (wohnungs-)notstandsähnliche Situation zu verstehen, die nur dann zu bejahen sei, wenn der Wohnbedarf des Vermieters (Fruchtnießers) nicht oder nur so unzulänglich gedeckt sei, dass eine unabweisliche Notwendigkeit vorliege, diesen Mangel so bald als möglich zu beseitigen. Die wörtliche Übernahme des Kündigungstatbestands des § 19 Abs 2 Z 5 MG in die neue Regelung spreche für die Annahme, dass die jahrzehntelange Auslegung der alten Bestimmung, die sich an den tristen Verhältnissen der Kriegs- und Nachkriegszeit orientiert habe, weiter aufrecht zu erhalten sei, wäre es doch dem Gesetzgeber freigestanden, einer anderen Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "dringend benötigt" entsprechend den geänderten Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt Durchbruch zu verschaffen. Der für das Erfordernis des dringenden Wohnbedarfs angelegte Maßstab dürfe daher nicht gelockert werden, wenngleich im Einzelfall recht unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden (WoBl 1994/29; WoBl 1991/17; MietSlg 41.355/19 EvBl 1998/155 mwN;). Gegen diese restriktive Rechtsauffassung (der herrschenden Rechtsprechung) wurden in der Lehre zum Teil erhebliche Bedenken geäußert (siehe die Hinweise in EvBl 1998/155 sowie Würth/Zingher aaO Rz 47), die im vorliegenden Fall zwar nicht abschließend zu behandeln sind, aber doch zu einem gemäßigteren Verständnis der in der bisherigen Rechtsprechung verankerten Begriffe "Notstand" und "Existenzgefährdung" führen. Nach wie vor gilt in der im bürgerlichen Recht in § 354 ABGB normierte Grundsatz der freien Verfügbarkeit über das Eigentum, der nur dort nicht zum Tragen kommt, wo entgegenstehende Bestimmungen wie etwa die Kündigungsbeschränkungen des MRG eine Ausnahme verfügen. Auch wenn diese Bestimmungen die Eigenbedarfskündigung auf den Fall der unbedingten Notwendigkeit einschränken, kann daraus noch nicht abgeleitet werden, dass der Vermieter zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses grundsätzlich auf eine nicht in seinem Eigentum stehende Wohnmöglichkeit verwiesen werden müsse. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Eigentümer einer Wohnung in erster Linie sein Eigentum zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses heranziehen wolle und dürfe (EvBl 1998/155 mwN). Durch die Bestimmungen über den Entfall einer Interessenabwägung nach § 30 Abs 2 Z 8 lit a und b MRG lässt der Gesetzgeber erkennen, er wolle die Absicht einer Person, den Wohnbedarf in seiner Eigentumswohnung oder seinem Einfamilienhaus zu befriedigen, dadurch privilegieren. Daraus folgt, dass der Vermieter, der über keine ausreichende Wohnmöglichkeit verfügt, im Allgemeinen mit seiner Eigenbedarfskündigung nicht schon deshalb auf die Möglichkeit einer anderweitigen Wohnungsnahme verwiesen werden darf, weil eine solche Wohnmöglichkeit an sich gegeben wäre (vgl hiezu Würth/Zingher aaO Rz 46 mwN). Zu prüfen ist also, ob die Kläger über eine "ausreichende Wohnmöglichkeit" verfügen, die einen Wohnsitzwechsel (aus dem Ausland) und damit verbunden die Kündigung nicht als unabweislich notwendig erscheinen ließe. Bei dieser Beurteilung muss jede Art der Benötigung des Bestandgegenstands berücksichtigt werden, die sich für den Vermieter (Fruchtnießer) aus einem wichtigen persönlichen oder wirtschaftlichen Bedürfnis ergibt, das nur durch Benützung der gekündigten Wohnung befriedigt werden kann (EvBl 1988/155; WoBl 1988/92 mwN).
Die Kläger bewohnen derzeit noch ihr - unbestrittenermaßen dort für ihre Wohnbedürfnisse ausreichendes - Reihenhaus in Mainz. Sie müssten aber, wollte man schon daraus auf fehlenden "dringenden Bedarf" in Graz schließen (wie dies die Beklagten beharrlich tun) entweder ihre Lebensplanung (Lebensabend in Verbindung mit der weiteren berufsspezifischen Tätigkeit des Erstklägers in Graz) "zu Gunsten der Beklagen" ändern oder aufgeben oder andererseits sich trotz vorhandener (und ihnen als Fruchtnießern an sich auch zustehender) Wohnmöglichkeit im Elternhaus des Erstklägers in Graz eine andere Wohnmöglichkeit (etwa durch Wohnungsmiete oder dergleichen) erst schaffen. Ein solches Verständnis eines dringenden Wohnbedarfs, welches dazu führte, dass ein Hauseigentümer (Fruchtnießer) seine Lebensplanung (und die seiner Ehegattin und/oder Kinder) ohne Einbeziehung seines Liegenschafts-/Hauseigentums treffen müsste, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Wie bereits dargelegt, ist bei der Beurteilung, ob der Vermieter über eine "ausreichende Wohnmöglichkeit" verfügt, die einen Wohnsitzwechsel und damit verbunden die Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht als unabweislich notwendig erscheinen ließe, jede Art der Benötigung des Bestandgegenstands zu berücksichtigen, die sich für den Vermieter (Fruchtnießer) aus einem wichtigen persönlichen oder wirtschaftlichen Bedürfnis ergibt, das nur durch die Benützung des gekündigten Wohnobjekts befriedigt werden kann. Erfordert es danach aber die "gerechtfertigte" Lebensplanung und/oder berufliche Betätigung des Vermieters (hier des fruchtgenussberechtigten Erstklägers und seiner Ehegattin), den Wohnsitz im Ausland (möglicherweise durch Überlassung an ihren Sohn) aufzugeben und nach Graz zu übersiedeln, dann folgt daraus ein wichtiges persönliches und wirtschaftliches Wohnbedürfnis der Kläger, das in Graz nur durch das strittige Mietobjekt gedeckt werden kann, weil den Klägern dort jegliche andere (nicht erst von ihnen zu beschaffende) Wohnmöglichkeit fehlt. Dieser Mangelzustand muss daher als "dringender Wohnbedarf" im Sinn des § 30 Abs 2 Z 8 MRG beurteilt werden, wie dies schon die Vorinstanzen zutreffend taten. Das hat unabhängig davon zu gelten, dass das hier aufgekündigte Mietobjekt eher einem Einfamilienhaus als einem typischen "Mietshaus" zuzuordnen ist.
Der von den Vorinstanzen vorgenommenen, klar zu Gunsten der Kläger ausschlagenden Interessenabwägung ist ebenfalls beizupflichten, weil der hochbetagte Erstkläger seinen mit weiterer beruflicher Tätigkeit verknüpften Lebensabend gemeinsam mit seiner Ehegattin in Graz nicht (durch Anmietung einer anderen Wohnung) "neben" seinem Elternhaus in Graz verbringen müssen soll, während die Beklagten - junge beruflich aktive Architekten mit nicht unbedeutenden Immobilienbesitz in Graz, den sie allerdings anderweitig vermietet haben - nur aus Bequemlichkeit durch die angenehme Verbindung von Beruf(-sort) und Familie (ein Kind und mehrere Haustiere) im gekündigten Wohnhaus verbleiben können sollten. Aus der Aufrechterhaltung des Mietvertrags entstünde nämlich den Klägern ein unverhältnismäßig größerer Nachteil als den Beklagten aus dessen Aufhebung, zumal sie - wie schon das Erstgericht zutreffend hervorhob - im vorliegenden Fall nicht zu dem durch die Kündigungsbeschränkung des § 30 Abs 2 Z 8 MRG vorrangig geschützten Personenkreis zu zählen sind.
Aus den dargelegten Gründen bleibt die Revision der Beklagten ohne Erfolg.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 46 Abs 2 und 50 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)