OGH 4Nd519/99

OGH4Nd519/9911.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf und Dr. Vogel als weitere Richter in der zu 11 Cg 210/99x des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Dr. Manfred R*****, vertreten durch Dr. Eva Roland, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Franz P*****, vertreten durch Dr. Peter Bartl und Dr. Anton Cuber, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 150.140 sA, über den Antrag der klagenden Partei auf Delegierung in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Anstelle des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz wird das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache bestimmt.

Text

Begründung

Der im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien wohnhafte Kläger erhob beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz gegen den beklagten Werkunternehmer, der Arbeiten an der Fassade der Hauses des Klägers ausgeführt hat, Klage auf Rückzahlung des gezahlten Werklohns infolge Aufhebung des Werkvertrags wegen wesentlicher unbehebbarer Mängel. Zum Beweis seines Vorbringens beruft er sich auf seine Vernehmung als Partei, auf die Vernehmung von fünf in Wien bzw. nahe von Wien wohnende Zeugen, Lokalaugenschein und Gutachten eines Sachverständigen.

Der Beklagte hat seinen allgemeinen Gerichtsstand im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz. Er beruft sich zum Beweis seines Vorbringens neben seiner Vernehmung auf Arbeiter als Zeugen, deren Namen und Anschriften noch gesondert bekanntgegeben werden.

Der Kläger beantragt die Delegierung an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien. Er verweist auf seinen Wohnsitz sowie jenen der von ihm beantragten Zeugen und auch darauf, daß die Befundaufnahme in Wien durchzuführen sein werde.

Der Beklagte tritt einer Delegierung entgegen. Sein allgemeiner Gerichtsstand befinde sich in Graz, die von ihm namhaft zu machenden Zeugen wohnten im Sprengel des Prozessgerichts erster Instanz. Die Befundaufnahme erfolge ohne Anwesenheit des Gerichts.

Das Prozessgericht erster Instanz erachtet die Delegierung im Hinblick auf den beantragten Ortsaugenschein und die erforderliche Befundaufnahme für zweckmäßig, zumal die vom Beklagten angekündigten Zeugen in einem Dienstverhältnis zu diesem stünden.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist berechtigt.

Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei an Stelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in den anderen sind dem Obersten Gerichtshof vorbehalten (§ 31 Abs 2 JN). Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (Fasching, Zivilprozeßrecht**2 Rz 209; 4 Nd 1/94; 8 Nd 1/98; 4 Nd 517/98; 4 Nd 512/99 uva). Für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer Delegierung ist in erster Linie der Wohnort der Parteien und der Zeugen maßgebend (4 Nd 1/94; 4 Nd 517/98 uva). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß der Durchführung des Beweisverfahrens vor dem erkennenden Gericht gegenüber der Zuständigkeitsordnung der Vorrang gebührt (4 Ob 517/98 mwN).

Im vorliegenden Fall haben sowohl der Kläger als auch die von ihm namhaft gemachten fünf Zeugen ihren Wohnsitz in Wien; auch die Befundaufnahme und der beantragte Ortsaugenschein sind in Wien durchzuführen. Im Sprengel des an sich zuständigen Gerichts hat - nach den bisher vorliegenden Beweisanboten - nur der Beklagte seinen Wohnsitz. Ob und wieviel Zeugen mit Wohnsitz in Graz er tatsächlich namhaft machen wird, steht nach der - für die Entscheidung maßgeblichen - derzeitigen Aktenlage nicht fest; dieses - mangels Bestimmtheit - unwirksame Beweisanbot kann daher nicht berücksichtigt werden.

Dem Delegierungsantrag war daher stattzugeben.

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