Spruch:
Der Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 5. Juli 1994, GZ 8 U 261/94-6, mit welchem die Gerhard K***** mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 19. März 1992, GZ U 164/92-12, gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen wurde, verletzt § 494a Abs 3 erster und zweiter Satz StPO.
Dieser Beschluss wird aufgehoben und dem Bezirksgericht Hall in Tirol die Entscheidung über den Widerrufsantrag aufgetragen.
Text
Gründe:
Mit (am 4. Mai 1999 in Rechtskraft erwachsenem) Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 5. Juli 1994, GZ 8 U 261/94-6, wurde Gerhard K***** des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. In Stattgebung eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages des Bezirksanwaltes (S 27) erging auch der gleichfalls in Rechtskraft erwachsene Beschluss, dass gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO die vom Bezirksgericht Hall in Tirol gemeinsam mit der Strafverfügung vom 19. März 1992, GZ U 164/92-12, gewährte bedingte Strafnachsicht (deren Probezeit anlässlich der Strafverfügung des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 17. Jänner 1994, GZ 8 U 13/94-3, auf fünf Jahre verlängert worden war) widerrufen werde.
Dieser Widerrufsbeschluss steht, wie der Generalprokurator in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffen aufzeigt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Rechtliche Beurteilung
Nach der Bestimmung des § 494a Abs 3 StPO hat das Gericht vor einer Entscheidung gemäß Abs 1 leg. cit. ua den Angeklagten zu hören (erster Satz). Von der Anhörung (nach dem zweiten Satz) kann bei Fällung eines Abwesenheitsurteiles nur dann abgesehen werden, wenn ein Ausspruch nach § 494a Abs 1 Z 1 oder 2 StPO erfolgt. Ist aber das Gericht - wie im vorliegenden Fall - zur Anhörung nicht in der Lage und fällt es ein Abwesenheitsurteil, dann kommt die Entscheidung nach § 494a Abs 1 Z 3 oder 4 StPO dem sonst nach § 495 Abs 1 StPO zuständigen Gericht zu (SSt 60/17; EvBl 1992/130; 14 Os 20/99 = EvBl 1999/153).
Die vom Richter des Bezirksgerichtes Hall in Tirol am 15. Mai 1997 im Verfahren zum AZ 30 Vr 436/92 (ON 29) beschlossene endgültige Strafnachsicht, die von ihm nach Kenntnis des Abwesenheitsurteiles des Bezirksgerichtes Innsbruck zum AZ 8 U 261/94 und dem damit verbundenen Widerrufsbeschluß (GZ 30 Vr 436/92-91) im Hinblick auf diese Entscheidung "ersatzlos aufgehoben" wurde, konnte weder den zuvor beschlossenen Widerruf der bedingten Strafnachsicht beseitigen, noch sonst Rechtsfolgen für den Verurteilten nach sich ziehen. Die konstitutive Wirkung des Widerrufsbeschlusses blieb vielmehr unberührt, ist doch ein Widerrufsbeschluss ab seiner Verkündung insoweit mit Sperrwirkung ausgestattet, als kein anderes Gericht ohne vorangegangene Kassation dieses Beschlusses über den Entscheidungsgegenstand neuerlich absprechen darf.
Bei der Entscheidung über den Widerrufsantrag wird zu prüfen sein, ob die Widerrufsfrist noch offen ist.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)