OGH 13Os138/99

OGH13Os138/993.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. November 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jäger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wadia Moussa Salama S***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 16. Juli 1999, GZ 10 Vr 784/99-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Wadia Moussa Salama S***** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 7. August 1998 in Graz Barbara M***** außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB mit Gewalt, indem er die Genannte mit beiden Händen an den Oberarmen festhielt, sie zu einer Couch schleppte, an den Hüften hielt, ihr die Pyjamahose auszog und ihr die Beine auseinanderzwängte, zur Duldung des Beischlafs genötigt.

Die gegen diesen Schuldspruch gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt zunächst das Zwischenerkenntnis (S 205), mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines psychiatrischen (Sachverständigen-)Gutachtens der (gemeint: über) Barbara M***** zum Beweis dafür, "dass die Anschuldigungen der Zeugin nicht der Realität entsprechen und sie dies fantasiert" (S 154), abgewiesen wurde.

Abgesehen davon, dass eine dazu nötige Untersuchung der Zeugin deren ausdrückliche Zustimmung vorausgesetzt hätte (Mayerhofer StPO4 § 150 E 39, 56), die zu erwirken vom Verteidiger gar nicht versucht wurde (aaO E 58), hätte, zumal die gerichtsärztliche Untersuchung eines Zeugen auf seinen Gesundheitszustand in der Strafprozessordnung ausdrücklich überhaupt nicht vorgesehen ist, eine Psychiatrierung nur dann in Betracht gezogen werden können, wenn objektive Momente die Fähigkeit, Wahrnehmungen zu machen und diese gedächtnisgetreu wiederzugeben, in Frage stellten. Solche Zweifel müssten ganz erheblich sein und somit ihrem Gewicht und ihrer Art nach den in § 11 StGB erfassten Geistesstörungen gleichkommen (aaO E 43, 44 und 52).

Mit der bloßen Behauptung, die Anschuldigungen der Belastungszeugin seien nur ihrer Fantasie entsprungen, bringt der Antragsteller keinen solchen objektiven Zweifelsgrund zur Darstellung, weshalb die nur auf eine Erkundung hinauslaufende Beweisaufnahme zu Recht abgelehnt wurde.

Auch durch die Abweisung (S 204 f) des weiteren Beweisantrages auf Vernehmung des Ehegatten des Tatopfers wurden Verteidigungsrechte nicht verletzt. Dieser Zeuge, der zugegebenermaßen zur Tat keine eigenen Wahrnehmungen gemacht hat, sollte nämlich bekunden, "dass die Angaben der Zeugin Barbara M***** höchst unglaubwürdig sind im Hinblick darauf, dass sie ihm erzählte, dass der Angeklagte mit Gewalt in ihre Wohnung eingedrungen sei, sie mit dem Tod bedroht und anschließend vergewaltigt habe" (S 154), bzw entsprechend der Antragswiederholung, "dass die Angaben der Zeugin nicht glaubwürdig sind" (S 198).

Das im übrigen ebenfalls lediglich auf eine Erkundung zu Tatnebenumständen gerichtete, dem Vorwurf der Vergewaltigung gar nicht widersprechende Beweisbegehren zielt erklärtermaßen nur auf das Untergraben der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin ab. Eine solche Beweisaufnahme konnte fallbezogen im Hinblick darauf, dass sich der Schöffensenat einen persönlichen Eindruck von der Aussageehrlichkeit der Zeugin Barbara M***** im Zusammenhalt mit einer Reihe von Verfahrensergebnissen verschaffen konnte, zu Recht unterbleiben (Mayerhofer StPO4 § 258 E 99), zumal die Begehung der angelasteten Straftat durch die Beweisantragstellung selbst gar nicht in Frage gestellt wurde.

Auf die in der Rechtsmittelschrift enthaltenen, nur die Glaubwürdigkeit des Tatopfers in Zweifel ziehenden Ausführungen war schon infolge unzulässiger Neuerungen nicht einzugehen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 40, 41).

Mit der Dauer der Tat spricht der Beschwerdeführer in der Mängelrüge (Z 5) keine entscheidungswesentliche Tatsache an.

Gleiches gilt für die in der Tatsachenrüge (Z 5a) relevierten Feststellungen zu Telefonaten unmittelbar vor der Tat, zur Bekleidung des Angeklagten zum Tatzeitpunkt, zu kleinen Hämatomen an den Oberarmen der Zeugin M***** und zur Frage, ob die Genannte an psychischen Problemen vor der Tatbegehung gelitten hat. Mit eigenständigen Erwägungen zu diesen Themen bekämpft der Nichtigkeitswerber in Wahrheit bloß in unzulässiger Weise die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung, ohne jedoch aus dem Akteninhalt Bedenken - geschweige denn solche erheblicher Art - an der Richtigkeit schuldrelevanter Urteilskonstatierungen zu wecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als (offenbar) unbegründet bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus sich die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft ergibt (§ 285i StPO).

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Stichworte