OGH 3Ob326/98g

OGH3Ob326/98g20.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Heinz M*****, vertreten durch Dr. Michael Mathes, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Gottfried H*****, vertreten durch Dr. Eugen Wiederkehr und Dr. Werner Loos, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 200.776,76 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14. September 1998, GZ 14 R 50/98w-89, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 15. November 1997, GZ 5 Cg 10/93i-73, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.665,-- (darin enthalten S 1.777,50 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war Mehrheitsgesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der C***** GmbH, deren Geschäftstätigkeit im wesentlichen im Verkauf von EKG-Geräten der amerikanischen Firma M***** bestanden hatte. Über ihr Vermögen wurde am 14. 8. 1984 der Konkurs eröffnet. Der Kläger war darüber hinaus als Einzelunternehmer tätig.

Der Kläger lernte den Beklagten im Dezember 1984 kennen, als er einen Servicetechniker zur Betreuung der EKG-Geräte suchte. Der Beklagte begleitete ihn zunächst in Krankenhäuser, damit er die Geräte kennenlerne. Soweit dabei auch Reparaturen durchgeführt wurden, war der Kläger federführend, weil der Beklagte noch nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfügte. Im Zuge dieser Einschulung gelangten M***** Boards, das sind bestückte Leiterplatten, ein Motor und ein DEC-CPU E 23, das sind Ersatzteile bzw Servicematerial, von Dezember 1984 bis Februar 1985 nach und nach in den Besitz des Beklagten. In der Folge kam es über Vermittlung des Klägers zu einem Angestellten- oder freien Dienstverhältnis zwischen der Firma M***** und dem Beklagten, aufgrund dessen der Beklagte als Servicetechniker die Geräte betreuen sollte. Diese Zusammenarbeit begann im Frühjahr 1985. Der Beklagte bestätigte kurz vor oder nach Abschluß des Vertrages dem Kläger auf dessen Wunsch, daß er unter anderem 31 Boards, einen Motor und einen DEC-CPU E 23 leihweise übernommen habe. Dabei handelte es sich um jene Teile, die dem Beklagten bereits zur Verfügung standen und die nunmehr inventarisiert wurden. Es ging darum, daß sie der Beklagte als Angestellter der Firma M***** weiterbenützen könne. Die vom Kläger handschriftlich angefertigte Inventarliste war schon bei der Unterfertigung durch den Beklagten mit den Worten "für Gottfried leihweise" überschrieben.

Als der Kläger die Gegenstände kurze Zeit später zurückforderte, verweigerte der Beklagte deren Rückgabe. Er war nämlich von der Firma M***** informiert worden, daß die Gegenstände deren Eigentum seien. Der Beklagte erklärte sich nur dann zur Rückgabe bereit, wenn der Kläger sein Eigentum nachweist. Nachdem die Firma M***** in Großbritannien mit der Angelegenheit beschäftigt worden war, richtete der dort tätige Konsulent John T***** am 3. 12. 1985 ein Schreiben an den Kläger, in dem er ihn um die Übersendung einer saldierten Rechnung, die die Eigentümerschaft an den Leiterplatten beweist, ersuchte; dann werde er die Ausfolgung an ihn veranlassen. Der Kläger kam dieser Aufforderung nicht nach.

Die C***** GmbH hatte die Ersatzteile und das Servicematerial im wesentlichen von der Firma M***** USA, aber auch von anderen Firmen, eingekauft und geliefert erhalten. Dies trifft auch auf die Ursache der Klage bildenden Komponenten zu.

Der Kläger begehrt mit der am 3. 7. 1990 eingebrachten Klage Zahlung von US-$ 13.469,59, umgerechnet in österreichische Schilling, und von S 39.136,76 sA; hiebei handle es sich um den Einstandswert dieser dem Beklagten zur Durchführung von Servicearbeiten geliehenen Gegenstände, deren Rückgabe er verweigere, sowie um die darauf entfallenden Frachtkosten. Die Rückgabe der dem Beklagten geliehenen Gegenstände und die Bezahlung der Frachtkosten seien seit spätestens 31. 12. 1984 fällig. Er habe die Geräte gemäß Rechnung vom 18. 7. 1984 von der C***** GmbH erworben und im Verrechnungsweg bezahlt. Die C***** GmbH habe die Gegenstände wiederum von der Firma M*****, USA bezogen und bezahlt.

Der Beklagte wendete Verjährung ein; er verwahre die Gegenstände im Auftrag der Firma M*****; weiters seien weder der Kläger noch die C***** GmbH Eigentümer dieser Komponenten gewesen; der Kläger habe sich unrechtmäßig in ihren Besitz gesetzt.

Das Erstgericht wies die Klage ab; es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest, konnte jedoch nicht feststellen, daß die C***** GmbH vor Konkurseröffnung diese Komponenten an den Kläger verkauft oder sonst veräußert bzw übergeben hätte, weiters, daß sie der Beklagte mit dem Vorsatz zurückhält, sich oder die Firma M***** zu bereichern.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, wenn jemandem eine unverbrauchbare Sache bloß zum unentgeltlichen Gebrauch auf eine bestimmte Zeit übergeben werde, so entstehe ein Leihvertrag (§ 971 ABGB). Bei einem Streit über die Dauer des Gebrauches müsse der Entlehner das Recht auf den längeren Gebrauch beweisen (§ 975 ABGB). Die Beweislast für die längere Dauer des Gebrauchs treffe den Entlehner. Dem Kläger sei der Beweis gelungen, die Gegenstände dem Beklagten leihweise übergeben zu haben. Da der Beklagte eine längere Dauer des vereinbarten Gebrauchs nicht behauptet habe, sei von der Fälligkeit der Rückgabe auszugehen. Wenn der Beklagte die Rückgabe der Gegenstände verweigere, hafte er für einen dem Kläger daraus entstandenen Schaden. Schadenersatzansprüche verjährten gemäß § 1489 ABGB grundsätzlich innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers. Spätestens mit Erhalt des Schreibens vom 3. 12. 1985 habe dem Kläger bekannt sein müssen, daß er ohne Nachweis seines Eigentums die Sachen nicht zurückerhalten würde. Damit habe die Verjährungsfrist zu laufen begonnen. Der Verjährungseinwand des Beklagten sei daher berechtigt. Bereicherungsansprüche scheiterten hingegen schon daran, daß der Kläger sein Eigentum an den verliehenen Gegenständen nicht nachweisen habe können.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung des Klägers dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, ob schon bei Verweigerung der Rückgabe ohne Behauptung einer Untunlichkeit oder Unmöglichkeit derselben der Wertersatz der Gegenstände begehrt werden könne, nur eine ältere höchstgerichtliche Rechtsprechung vorgefunden worden sei. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus, der Entleiher sei nach Ende des Leihvertrags zur Rückgabe der entliehenen Gegenstände verpflichtet. Der Kläger begehre aber nicht die Rückgabe der verliehenen Gegenstände, wozu er als Verleiher berechtigt wäre, wobei er sein Eigentum daran nicht nachweisen müsse, sondern den Ersatz der von der C***** GmbH bzw von ihm für die Beschaffung gemachten Aufwendungen. Daß die Rückstellung der Gegenstände unmöglich oder untunlich sei, sei nicht vorgebracht worden. Nur unter diesen Voraussetzungen hätte er aber einen Anspruch auf Wertersatz nach schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten. Ein Schadenersatz wegen verspäteter Rückgabe oder ein Benützungsentgelt würden aber nicht gefordert.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger hat sein Zahlungsbegehren ausschließlich darauf gestützt, er habe dem Beklagten Gegenstände geliehen, die ihm dieser nicht zurückstelle. Der Beklagte verweigerte die Rückstellung mit der (an sich nicht beachtlichen: SZ 60/157; Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 973; Binder in Schwimann, ABGB2 Rz 10 zu § 973) Einwendung, der Kläger könne sein Eigentum an diesen Gegenständen nicht nachweisen. Nach § 979 ABGB steht dem Verleiher dann ein Anspruch auf Ersatz des Wertes der geliehenen Sache zu, wenn sie aus Verschulden des Entlehners "beschädigt oder zugrunde gerichtet" wurde. Der Entlehner hat von ihm verschuldete, über gewöhnliche Abnützungserscheinungen hinausgehende Wertminderung oder Zerstörung mittels Geldersatz auszugleichen (Binder in Schwimann, ABGB2 Rz 1 zu § 979). Der Kläger hat jedoch nie vorgebracht, dass die Gegenstände nicht mehr vorhanden seien. § 979 ABGB kann keine Rechtsgrundlage dafür bieten, anstelle der an sich möglichen Herausgabe den Ersatz des Wertes der Gegenstände zu begehren. Lediglich bei Unmöglichkeit oder Untunlichkeit der Naturalrestitution ist gemäß § 1323 ABGB Wertersatz nach schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten zu leisten (Binder in Schwimann2 Rz 7 zu § 972; vgl GlUNF 5999).

Der Kläger kann hier auch nicht den Wertersatz in Geld nach den Grundsätzen der §§ 1331 f ABGB begehren. Ein Schadenersatzanspruch richtet sich nämlich gemäß § 1323 ABGB primär auf Naturalrestitution, dh hier Rückgabe der vorenthaltenen Gegenstände. Umstände, aus denen sich die Untunlichkeit des Naturalersatzes ergeben würde, hat der Kläger nicht vorgebracht; sie sind auch nicht offenkundig (wie etwa bei einem jahrelang vorenthaltenen Mantel: RdW 1992, 242). Allein auf Grund der Leistungsverweigerung steht dem Verleiher nicht das Recht zu, den Ersatz des Wertes der Gegenstände zu begehren.

Soweit der Kläger auch den Ersatz von Frachtkosten begehrt, ist mangels konkreten Tatsachenvorbringens eine Rechtsgrundlage hiefür nicht nachvollziehbar, zumal hiezu auch in der Revision nichts vorgebracht wird.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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