OGH 3Ob202/98x

OGH3Ob202/98x20.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eva M*****, vertreten durch Rechtsanwalts-Partnerschaft Gabler & Gibel in Wien, gegen die beklagte Partei C*****, vertreten durch Dr. Josef Böck und Dr. Thomas Wiesinger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution (§ 37 EO), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. Mai 1998, GZ 46 R 407/98p-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 13. Jänner 1998, GZ 3 C 661/97d-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S

22.725 (darin enthalten S 3.787,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei, ein Kreditinstitut, ist die Rechtsnachfolgerin der C*****, diese wiederum die Rechtnachfolgerin der R*****- (FN ***** des Landes- als Handelsgerichtes Eisenstadt). In der Folge wird immer - auch wenn deren Rechtsvorgängerinnen betroffen sind - die beklagte Partei genannt.

Die beklagte Partei führt beim Erstgericht gegen die Schwester der Klägerin, Christine T*****, Exekution durch Zwangsversteigerung von Liegenschaftsanteilen, mit denen Wohnungseigentum verbunden ist. Die Klägerin ist Eigentümerin weiterer Anteile an dieser Liegenschaft, mit denen ebenfalls Wohnungseigentum verbunden ist. Die Klägerin und ihre Schwester haben diese Liegenschaftsanteile geerbt. Zum Ausgleich der unterschiedlichen Werte der Liegenschaftsanteile schlossen sie ein Erbenübereinkommen, in dem sie sich verpflichteten, daß Gewinn und Verlust an den jeweiligen Anteilen je zur Hälfte geteilt werden und daß keine der beiden Erbinnen berechtigt ist, diese Liegenschaftsanteile ohne Zustimmung der anderen zu veräußern oder zu belasten.

Zugunsten der beklagten Partei wurde aufgrund der Pfandurkunde vom 12. 5. 1995 auf den Liegenschaftsanteilen der Schwester der Klägerin ein Höchstbetragspfandrecht von S 10,000.000 einverleibt. Die beklagte Partei klagte gegen diese, die nunmehrige Verpflichtete, eine offene Forderung von S 1,000.000 ein; es erging ein klagsstattgebendes Versäumungsurteil. Aufgrund dieses Versäumungsurteils führt die beklagte Partei Exekution durch Zwangsversteigerung der Liegenschaftsanteile der Schwester der Klägerin. In ihrem Antrag begehrte sie nicht, daß die Einleitung des Versteigerungsverfahrens im Rang des Pfandrechts anzumerken sei; die Exekution wurde auch nicht mit diesem Zusatz bewilligt, zumal die Identität der Forderung nicht behauptet wurde.

Die Klägerin begehrt das Urteil, die Vornahme dieser Exekution sei unzulässig; weiters erhebt sie das Eventualbegehren, die beklagte Partei sei binnen 14 Tagen schuldig, die Einstellung dieses Zwangsversteigerungsverfahrens zu erklären, sodaß die Erklärung mit Rechtskraft dieses Urteils als abgegeben gelte; zwischen den Streitteilen werde festgestellt, daß die beklagte Partei in Hinkunft der klagenden Partei für alle Schäden aufgrund dieses rechtswidrig eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahrens hafte. Zur Begründung dieser Begehren brachte die Klägerin vor, sie habe der beklagten Partei mit Schreiben vom 24. 8. 1995 mitgeteilt, daß ihre Schwester aufgrund der getroffenen Vereinbarung nicht berechtigt sei, Belastungen hinsichtlich der in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaftsanteile vorzunehmen. Die beklagte Partei stehe nach wie vor in enger Geschäftsbeziehung mit dem Gemeinschuldner Herbert T*****, dem Ehegatten der Verpflichteten; die rechtswidrigen Verpfändungen seien in eindeutigem Zusammenhang mit dessen Konkursverfahren zu sehen. Es sei weiters davon auszugehen, daß die beklagte Partei den Gemeinschuldner sowohl vor als auch nach der Konkurseröffnung unterstützt und mit ihm engstens kooperiert habe. Ihre Schwester und deren Ehegatte versuchten im Zusammenwirken mit der beklagten Partei, sie zu schädigen und ihrer Rechte zu entledigen. Die beklagte Partei versuche, durch die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens in bewußtem dolosen Zusammenwirken mit den beiden die Tatsache der Anfechtbarkeit der Verpfändungen dadurch zu umgehen, daß sie offenbar in Absprache mit ihnen die Klage eingebracht und aufgrund des offenkundig abgesprochenen Nichterscheinens ein Versäumungsurteil erwirkt habe, um in der Folge das Zwangsversteigerungsverfahren einzuleiten. Es sei eindeutig zu ersehen, daß es der beklagten Partei im Zusammenwirken mit der Verpflichteten und deren Ehegatten darum gehe, sie (die Klägerin) um ihre berechtigten vertraglichen Ansprüche zu bringen. Die beklagte Partei greife im Ergebnis in bewußter Kenntnis in die zwischen ihr (der Klägerin) und ihrer Schwester bestehende Vertragsbeziehung ein; dies habe zweifellos die Gefahr des vollständigen Verlustes der Rechte zur Folge. Sie stütze die Klage weiters auf Sittenwidrigkeit gemäß § 879 ABGB, auf das Schikaneverbot gemäß § 1295 ABGB sowie insbesondere auf Exszindierung gemäß § 37 EO und sonst auf jeden erdenklichen Rechtsgrund. Weiters stütze sie das Eventualbegehren im Sinn des rechtswidrigen, bewußt schädigenden Vorgehens auf Schadenersatz und ebenso auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, zumal die beklagte Partei in bewußter Kenntnis sowie in dolosem Zusammenwirken rechtswidrig schuldhaft in die aufgrund des Erbenübereinkommens bestehende Vertragsbeziehung eingreife. Die beklagte Partei sei daher im Wege der Naturalrestitution zu verhalten, die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens zu veranlassen; sie sei weiters verpflichtet, ihr in Hinkunft alle Nachteile aufgrund der von ihr zu vertretenden Mitwirkung am Vertragsbruch zu ersetzen.

Die beklagte Partei wendete ein, die Verpflichtete habe sie nicht darauf hingewiesen, daß sie außerbücherlich mit der Klägerin ein Belastungsverbot vereinbarte; ihre (der beklagten Partei) Schlechtgläubigkeit habe erst nach Erhalt des Schreibens des Klagevertreters vom 24. 8. 1995 eintreten können. Wenn aber ein Pfandrecht rechtswirksam begründet wurde, sei der Gläubiger natürlich auch berechtigt, die Hereinbringung der Schuld durch Verwertung des Pfandgegenstandes zu betreiben.

Das Erstgericht wies die Klage zur Gänze ab. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, das Belastungs- und Veräußerungsverbot zwischen der Klägerin und der Verpflichteten sei gemäß § 364c ABGB nicht verbücherbar und könne daher nur Wirkung zwischen den Parteien, nicht jedoch gegen Dritte haben. Die beklagte Partei sei auch bei Kenntnis eines derartigen Belastungs- und Veräußerungsverbots nicht gehalten gewesen, darauf Rücksicht zu nehmen. Ein Anspruch gemäß § 37 EO bestehe daher nicht. Mangels eines rechtswidrigen Verhaltens bestünden auch die eventualiter geltend gemachten Ansprüche nicht.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil im Hinblick auf die Entscheidung 3 Ob 554, 555/79, in der sich der Oberste Gerichtshof eingehend mit der Frage des Schutzes obligatorischer Ansprüche befaßt habe, eine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO genannten Qualifikation zur Entscheidung nicht vorgelegen sei.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, das Intabulationsgebot des § 364c ABGB impliziere zunächst, daß das Veräußerungs- und Belastungsverbot für den Fall der Nichteintragung gegenüber Dritten keine Rechtswirkungen entfalte. Das bedeute, daß Dritte grundsätzlich so agieren dürften, als bestünde das Veräußerungs- und Belastungsverbot nicht. Daß die beklagte Partei die obligatorisch Verbotsverpflichtete aktiv zum Vertragsbruch verleitet hätte, lasse sich den Prozeßbehauptungen der klagenden Partei im erstinstanzlichen Verfahren in keiner Weise entnehmen. Der Oberste Gerichtshof habe in 3 Ob 554, 555/79 ausgesprochen, daß bloße Schlechtgläubigkeit infolge Kenntnis vom vertragswidrigen Verhalten des Veräußerers nur in Fällen der Doppelveräußerung zum Schutz des gutgläubigen Sachbesitzers als für einen Schadenersatzanspruch ausreichend anzusehen sei, nicht aber auch in Fällen der Verletzung eines rein obligatorischen Anspruchs durch einen nicht am Vertragsverhältnis beteiligten Dritten.

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zwar zulässig, weil die im folgenden behandelten, im Zusammenhang mit einem nicht verbücherbaren Belastungs- und Veräußerungsverbot auftretenden, in der Bedeutung über den Anlaßfall hinausgehenden Rechtsfragen im Interesse der Rechtsentwicklung einer Klarstellung bedürfen; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Auch zwischen Personen, die - wie hier Geschwister - nicht im Angehörigkeitsverhältnis des § 364c ABGB stehen, kann an sich ein bloß schuldrechtlich wirksames Verbot begründet werden (Oberhammer in Schwimann, ABGB**2 Rz 3 zu § 364c). Im vorliegenden Fall wurde im Erbenübereinkommen zwischen der Klägerin und ihrer Schwester festgelegt, daß keine der beiden Erbinnen berechtigt ist, die Liegenschaftsanteile ohne Zustimmung der anderen zu veräußern oder zu belasten. Aufgrund des zeitlichen Ablaufs muß das - an sich beachtliche (vgl Oberhammer in Schwimann**2 Rz 4 zu § 364c; Apathy in Schwimann**2 Rz 29 zu § 859 jeweils mwN) und entgegen der unzutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes in erster Instanz tatsächlich erstattete - Klagsvorbringen, die beklagte Partei habe die Verpflichtete wissentlich zum Vertragsbruch verleitet, jedenfalls erfolglos bleiben:

Die klagende Partei hat nach ihrem Vorbringen der beklagten Partei jedenfalls am 24. 8. 1995 mitgeteilt, daß die Verpflichtete nicht berechtigt ist, aufgrund der getroffenen Vereinbarung Belastungen hinsichtlich der in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaftsanteile vorzunehmen. Ausgehend von einer Kenntnis der beklagten Partei zu diesem Zeitpunkt ergibt sich folgendes: Die beklagte Partei hat bereits vorher, nämlich am 12. 5. 1995, mit der Verpflichteten eine Pfandurkunde errichtet, aufgrund derer sie erst nach dieser Mitteilung die Einverleibung des Höchstbetragspfandrechts auf dem Liegenschaftsanteil der Verpflichteten erreichte. In weiterer Folge erwirkte sie, gestützt auf die erwähnte Pfandurkunde vom 12. 5. 1995, gegen die Verpflichtete ein Versäumungsurteil, aufgrund dessen sie die Zwangsversteigerung der Liegenschaft beantragte.

Selbst wenn diese weiteren Schritte in bewußtem Zusammenwirken mit der Verpflichteten erfolgt wären, kann dies von der Verbotsberechtigten nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Die beklagte (betreibende) Partei hatte nämlich ihre Rechte aus der Pfandurkunde bereits früher erworben; unabhängig von einer Verbücherung standen ihr somit bereits vor der Klage gegen die Verpflichtete Forderungen auf Rückzahlung von Krediten zu (vgl zum Gutglaubensschutz des Liegenschaftseigentümers SZ 68/194). Daß diese Forderungen nicht mehr aufrecht bestünden, wurde von der Klägerin nie vorgebracht.

Die Klägerin muß aber bei dieser Sachlage gegen sich gelten lassen, daß eine spätere Kenntnis der beklagten Partei von einem obligatorisch begründeten Veräußerungs- und Belastungsverbot nicht ihren früher aus der Verpfändung dieser Liegenschaft erworbenen Anspruch beseitigen kann.

Der Umstand, daß die beklagte Partei im Exekutionsantrag auf das bereits begründete Pfandrecht nicht hingewiesen hat, schadet nicht, weil ihre Befriedigung in diesem Rang zu erfolgen hat.

Darüber hinaus hat die Klägerin jedoch auch vorgebracht, die beklagte Partei habe bereits vor Zugang des Schreibens vom 24. 8. 1995 Kenntnis ua von der vertraglichen Bindung der Verpflichteten gehabt. Die beklagte Partei beabsichtigte über ihren vertraglichen Anspruch auf Befriedigung aus der zu ihren Gunsten einverleibten Hypothek hinaus die Klägerin zu schädigen; es bestehe eine enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen der beklagten Partei und der Verpflichteten und deren Familie.

Auch mit diesem Vorbringen kann jedoch der Klage weder mit ihrem Hauptbegehren noch mit ihren Eventualbegehren ein Erfolg beschieden sein. Auszugehen ist nämlich von der unstrittigen Tatsache, daß die betriebene Forderung der beklagten Partei gegen die Verpflichtete nach wie vor aufrecht besteht. Gegen die Gültigkeit der Verpfändung des Liegenschaftsanteils zur Sicherung dieser Forderung (Pfandurkunde vom 12. 5. 1995) hat die Klägerin ebenfalls keine konkreten Tatsachen vorgebracht. Insbesondere hat sie nicht konkret vorgebracht, wann die beklagte Partei bereits vor Zugang des Schreibens vom 24. 8. 1995 Kenntnis von der vertraglichen Bindung der Verpflichteten erlangt haben soll. Ein bloßes Äußern eines Verdachtes bzw ein Bestreiten, daß die beklagte Partei auch vor Zugang dieses Schreibens keine Kenntnis erlangt hätte, reicht nicht aus, um der der Klägerin obliegenden Behauptungslast zu genügen.

Die aufrechte Forderung der beklagten Partei, zu deren Hereinbringung sie Exekution durch Zwangsversteigerung eines Liegenschaftsanteils führt, ist somit durch ein gültig auf diesem Liegenschaftsanteil begründetes Pfandrecht gesichert. Die Klägerin zeigt in keiner Weise auf, inwieweit bzw daß überhaupt die Möglichkeit für die beklagte Partei besteht, diese Forderung auf andere Weise einbringlich zu machen.

Wenn auch die von der beklagten Partei betriebene Zwangsversteigerung dieses Liegenschaftsanteils den der Klägerin gegen die Verpflichtete aufgrund des Erbenübereinkommens zustehenden (bloß) obligatorischen Anspruch, eine Veräußerung oder Belastung dieses Liegenschaftsanteils zu unterlassen, beeinträchtigt, ist doch maßgeblich, daß die beklagte Partei ihr Pfandrecht zur Sicherung dieser Forderung gültig erworben hat. Selbst wenn die beklagte Partei entsprechend den Behauptungen der Klägerin die Verpflichtete wissentlich zum Bruch eines zugunsten der Klägerin vereinbarten, jedoch bloß obligatorischen, nicht verbücherten Veräußerungs- und Belastungsverbotes durch ein abgesprochenes Versäumungsurteil und anschließende Exekutionsführung verleitet hätte, könnte dies einen Schadenersatzanspruch der Klägerin nicht begründen, weil die beklagte Partei infolge des ihr zustehenden Pfandrechts nicht rechtswidrig gehandelt hätte. Schon aus diesem Grund ist eine unzulässige Beeinträchtigung von Rechten der Klägerin durch die Exekutionsführung zu verneinen, weshalb der Klage ein Erfolg versagt bleiben mußte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41, 50 ZPO.

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