OGH 13Ns23/99 (13Nds64/99)

OGH13Ns23/99 (13Nds64/99)20.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Oktober 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Habl, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wörgötter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Nikolaus M***** und andere Angeklagte wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG, AZ 27 Vr 3269/94 des Landesgerichtes Innsbruck, über den Ablehnungs- und Delegierungsantrag des Wiederaufnahmewerbers Ing. Walter Me***** nach Einsichtnahme durch die Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Dem Antrag auf Ablehnung sämtlicher Gerichtspersonen des Oberlandesgerichtes Innsbruck wird nicht Folge gegeben.

Zur Entscheidung über die Ablehnung der Gerichtspersonen des Landesgerichtes Innsbruck werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

2. Dem Delegierungsantrag wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit (rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. August 1997 (ON 123 iVm 148) wurde unter anderem Ing. Walter Me***** des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG als Bestimmungstäter nach § 11 zweiter Fall FinStrG schuldig erkannt. Anlässlich seines Wiederaufnahmeantrages lehnte er alle Gerichtspersonen des Landes- und Oberlandesgerichtes Innsbruck als befangen ab und stellte einen Delegierungsantrag (ON 190).

Zu 1. Der Antrag bezüglich der Ablehnung sämtlicher Gerichtspersonen des Gerichtshofes zweiter Instanz ist nicht berechtigt.

Gemäß § 72 Abs 1 StPO kann (unter anderem) der Beschuldigte (hier der Wiederaufnahmewerber) Mitglieder des Gerichtes ablehnen, wenn er außer den in §§ 67 bis 69 StPO bezeichneten Fällen (der Ausschließung) andere Gründe anzugeben und darzutun vermag, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit des (der) Abzulehnenden in Zweifel zu ziehen. Dabei müssen die Gründe der Ablehnung genau angegeben und nach Möglichkeit bescheinigt werden (§ 73 zweiter Satz StPO).

Der Verurteilte behauptet lediglich, dass eine unbefangene Führung des Wiederaufnahmeverfahrens (auch) durch das Oberlandesgericht Innsbruck nicht zu erwarten sei, und begründet dies mit einer seiner Meinung nach parteilichen Vorgangsweise der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck, welche eine strafgerichtliche Untersuchung gegen seinen Verteidiger Dr. Mi***** angeregt habe. Mit diesen eine andere Behörde betreffenden Ausführungen wird jedoch kein Zusammenhang mit den beim Oberlandesgericht tätigen Gerichtspersonen hergestellt. Ebensowenig wird mit dem Hinweis auf eine allgemein gehaltene (und nicht präjudizelle) Äußerung des Sprechers des Oberlandesgerichtes Innsbruck, Dr. Gerald C***** (richtig: C*****), im Rahmen eines ORF-Interwievs zu Angriffen des Wiederaufnahmewerbers in Richtung "Politjustiz" ein konkreter Umstand dargetan, welcher (objektiv) die Unvoreingenommenheit aller Gerichtspersonen des Oberlandesgerichtes in Zweifel zu ziehen oder zur Befürchtung Anlass zu geben geeignet ist, jene könnten sich bei ihrer Tätigkeit von anderen als sachlichen Gründen leiten lassen (Mayerhofer StPO4 § 72 E 4 f). Auf bloß subjektive Besorgnis einer Befangenheit kann eine Ablehnung nicht mit Erfolg gestützt werden (Mayerhofer aaO E 7).

Die umfassende Ablehnung des zuständigen Gerichtshofes zweiter Instanz erweist sich somit als nicht gerechtfertigt, weshalb der Antrag diesbezüglich abzuweisen war.

Über die Ablehnung der Gerichtspersonen des Landesgerichtes Innsbruck hat das Oberlandesgericht Innsbruck zu befinden (§ 74 Abs 2 StPO).

Zu 2. Dem Antrag auf Delegierung der Strafsache an das Landesgericht für Strafsachen Wien nur infolge des Wohnortes des Wiederaufnahmewerbers und einiger Zeugen in oder im Nahbereich von Wien kommt keine Berechtigung zu, zumal im Stadium des Wiederaufnahmeverfahrens erforderliche Vernehmungen auch von Rechtshilfegerichten erfolgen können.

Schwergewichtig begründet der Verurteilte den Delegierungsantrag jedoch damit, daß er erhebliche Zweifel an einem objektiven und fairen Verfahren hege, und verweist hiezu auf Reaktionen in der Öffentlichkeit nach der Urteilsfällung sowie neuerlich auf die seiner Meinung nach mangelnde Objektivität der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck. Wie der Wiederaufnahmewerber aber selbst einräumt, sind Befangenheitsgründe nicht als Anlaß für eine Delegierung heranzuziehen (Mayerhofer StPO4 § 62 E 12). Da zum pauschalen Ablehnungsantrag ebenso nur allgemeine Ver- mutungen zur Unvoreingenommenheit von Gerichtspersonen vorgebracht wurden, vermag auch diese Begründung eine Delegierung aus anderen wichtigen Gründen "zur Wahrung des öffentlichen Glaubens an eine freie, unabhängige und unvoreingenommene Rechtsprechung" nicht zu rechtfertigen.

Es war daher der Delegierungsantrag gleichfalls abzuweisen.

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