OGH 4Ob244/99g

OGH4Ob244/99g19.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel in der Rechtssache der klagenden Partei Ferdinand H*****, vertreten durch Mag. Arthur Lambauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Theatergruppe N*****, 2. Dr. Bernhard J*****, beide vertreten durch Dr. Herbert Gartner und Dr. Thomas Furherr, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 460.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 26. Juli 1999, GZ 4 R 85/99w-7, mit dem der Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 4. März 1999, GZ 1 Cg 27/99w-2, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die einstweilige Verfügung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagten haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger ist als Sänger selbstständig tätig; er erhält Aufträge von verschiedenen Veranstaltern, meist von Theaterbetreibern, aber auch von kommunalen Kulturämtern. Die Erstbeklagte ist ein Verein mit Sitz in G*****, der musikalische Darbietungen produziert; der Zweitbeklagte ist der Vereinsobmann.

Der Kläger wirkte 1997 an Produktionen der Beklagten mit, und zwar an "The Songs of Andrew Lloyd Webber" und an "Broadway Melody". Beide Produktionen sollten auch 1998 aufgeführt werden. Die Beklagten sandten (ua) an das Kulturamt der Stadt B***** Werbeblätter, in denen sie ihre Musicalproduktionen anboten. Auf beiden Werbeblättern war der Kläger als Mitwirkender angeführt und abgebildet. In der Folge beendete er seine Zusammenarbeit mit den Beklagten.

Im April 1998 interessierte sich das Kulturamt der Stadt B***** für die Produktion "The Songs of Andrew Lloyd Webber". Aus finanziellen Gründen sollten nur drei Sänger und ein Pianist mitwirken. Am 25. 5. 1998 schloss die Erstbeklagte mit dem Kulturamt eine Vereinbarung über eine Aufführung der Produktion "The Songs of Andrew Lloyd Webber" am 12. 9. 1998. In der Vereinbarung wurde festgehalten, dass drei Sänger und ein Pianist auftreten; Namen wurden nicht genannt. Die Beklagten übermittelten dem Kulturamt für Werbezwecke ein Foto, das die Künstler Luzia N*****, Markus R***** und Gaby K***** zeigte.

Das Kulturamt der Stadt Baden warb für die Veranstaltung mit einer Pressemitteilung, die Anlass für einen Artikel der B***** Zeitung war. Im Bericht hieß es ua: "Klingende Namen wie Luzia N*****, Gaby K*****, Ferdinand H***** und Markus R***** bringen eine Hommage an einen der größten Musicalkomponisten unserer Zeit". Der Artikel war mit einem Foto illustriert, auf dem der Kläger nicht abgebildet war.

Die Beklagten haben dem Kulturamt gegenüber die Namen der mitwirkenden Künstler nie genannt. Sie haben das Kulturamt auch nicht darauf hingewiesen, dass der Kläger dem Ensemble nicht mehr angehörte. Mit Schreiben ihres Vertreters vom 9. 11. 1998 haben die Beklagten erklärt, seit 29. 11. 1997 nicht mehr zu behaupten, dass der Kläger Ensemblemitglied sei.

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, insbesondere bei der Bewerbung musikalischer Darbietungen, Angaben zu machen, insbesondere unbefugt den Namen des Klägers zu nennen, die geeignet sind, den irrigen Eindruck zu erwecken, der Kläger wirke an den beworbenen musikalischen Darbietungen mit. Die Beklagten hätten zu Zwecken des Wettbewerbs unrichtige Angaben gemacht. Der Zweitbeklagte habe wissen müssen, dass das Kulturamt die Werbeblätter verwenden würde, um Werbematerial zu gestalten. Die Nennung des Klägers sei zur Irreführung geeignet gewesen; sie habe einen nicht unbeträchtlichen Personenkreis veranlasst, die Veranstaltung zu besuchen. Die Beklagten hätten für das Verhalten des Kulturamts einzustehen. Die Presseaussendung sei auch für sie von Vorteil gewesen. Der Kläger stütze sein Begehren auf §§ 1, 2, 9 UWG und auf § 43 ABGB.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung, ohne den Sicherungsantrag den Beklagten zur Äußerung zugestellt zu haben. Das öffentliche Ankündigen der Mitwirkung von Künstlern, die ihre Mitwirkung nicht bindend zugesagt haben, verletze deren Namensrechte. Die Beklagten hätten den Irrtum des Kulturamts veranlasst; sie hätten darüber aufklären müssen, dass der Kläger dem Ensemble nicht mehr angehörte. Die wahrheitswidrige Angabe, dass der Kläger mitwirken werde, sei auch wettbewerbswidrig.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Beklagten hätten den Irrtum des Kulturamts nicht veranlasst. Sie hätten keinerlei Handlungen oder Unterlassungen begangen, die in irgendwelche Rechte des Klägers eingegriffen hätten. Der Kläger habe auch gar nicht vorgebracht, inwiefern die behauptete Unterlassung geeignet gewesen sein solle, den eigenen Wettbewerb auf Kosten des Klägers zu fördern. Das Unterlassen der Aufklärung sei auch nicht geeignet gewesen, den Entschluss der Stadtgemeinde B***** zu beeinflussen, mit der Erstbeklagten einen Vertrag abzuschließen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, weil die Entscheidung der zu § 18 UWG ergangenen Rechtsprechung widerspricht; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Unstrittig ist, dass der Kläger in einem Zeitungsartikel als Mitwirkender einer Veranstaltung genannt wurde, an der er in Wahrheit nicht teilnehmen sollte und an der er auch nicht teilnahm. Unstrittig ist auch, dass der Fehler auf eine Presseaussendung zurückzuführen ist, mit der das Kulturamt der Stadt B***** für die Veranstaltung geworben hat. Die tatsachenwidrige Nennung des Klägers als Mitwirkender ist eine Angabe im Sinne des § 2 UWG. Sie begründet einen Wettbewerbsverstoß, wenn sie geeignet war, den Entschluss, sich mit dem Angebot näher zu befassen, in irgendeiner Weise zu beeinflussen (stRsp ua ÖBl 1994, 68 - Elektrodenproduktionsautomat; ÖBl 1997, 172 - D-Schulen, jeweils mwN).

Angebot in diesem Sinn ist die Einladung, die Veranstaltung des Kulturamts der Stadt B***** zu besuchen, und nicht das Angebot der Beklagten, mit dem Kulturamt einen Vertrag über die Musicalproduktion abzuschließen. Maßgebend ist daher, ob die Nennung des Klägers als Mitwirkender geeignet war, den Entschluss, die Veranstaltung zu besuchen, in irgendeiner Weise positiv zu beeinflussen. Der Kläger behauptet dies; für die Unrichtigkeit seiner Behauptung gibt es keine Anhaltspunkte.

Damit liegt ein Verstoß gegen § 2 UWG vor, für den die Beklagten aber nur haften, wenn die Voraussetzungen des § 18 UWG erfüllt sind. Nach dieser Bestimmung hat der Unternehmer auch für das Handeln sonstiger Geschäftspartner einzustehen, wenn diese in seinem geschäftlichen Interesse und im Zusammenhang mit seinem Betrieb tätig werden und er aufgrund seiner vertraglichen Beziehungen zum Dritten in der Lage gewesen wäre, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Dabei kommt es nur auf die - sich aus dem Wesen des Rechtsverhältnisses zum Dritten ergebende - rechtliche Möglichkeit an, für die Abstellung des Wettbewerbsverstoßes zu sorgen. Dass eine Tätigkeit im Interesse seines Unternehmens entfaltet wurde und diesem zugute kommt, reicht hingegen in der Regel nicht aus (ÖBl 1995, 78 - Perlweiß II mwN).

Die Beklagten haben demnach für die wahrheitswidrige Angabe einzustehen, wenn sie auch in ihrem geschäftlichen Interesse lag und wenn sie die rechtliche Möglichkeit gehabt hätten, sie zu verhindern.

Beide Voraussetzungen sind erfüllt:

Die Werbung für die Veranstaltung kam nicht nur dem Kulturamt zugute, sondern auch den Beklagten. Je besser die Veranstaltung besucht wurde, desto eher war damit zu rechnen, dass sich das Kulturamt auch für andere Produktionen der Beklagten interessieren werde. Die Werbung lag daher auch dann in ihrem geschäftlichen Interesse, wenn für die Produktion eine Fixgage vereinbart war und es für das ihnen für diese Veranstaltung zukommende Entgelt ohne Bedeutung war, wie gut die Veranstaltung besucht wurde.

Die Erstbeklagte hätte auch die rechtliche Möglichkeit gehabt, den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Dazu hätte sie nur in die mit dem Kulturamt geschlossene Vereinbarung entsprechende Bestimmungen aufnehmen müssen. Sie hätte (zB) vorsehen können, dass allfällige Presseaussendungen mit ihr abzustimmen waren oder sie hätte den wesentlichen Inhalt solcher Aussendungen vorgeben können.

Damit sind alle Voraussetzungen erfüllt, die gegeben sein müssen, damit die Beklagten für das wettbewerbswidrige Verhalten ihrer Geschäftspartnerin einzustehen haben. Auf die Frage, ob die Beklagten Aufklärungspflichten verletzt oder in Namensrechte des Klägers eingegriffen haben, kommt es nicht mehr an.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

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