OGH 4Ob257/99v

OGH4Ob257/99v19.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Wolfgang Horst M*****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Elfriede M*****, vertreten durch Hasch, Spohn, Richter & Partner, Anwaltskanzlei KEG in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 270.000 S), infolge Revisionsrekurses des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 23. Juli 1999, GZ 4 R 143/99y-8, mit dem der Beschluß des Landesgerichts Wels vom 2. Juni 1999, GZ 2 Cg 70/99t-3, bestätigt wurde, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger war Inhaber eines Yachtcharterunternehmens, das er zuerst in L***** und ab 1989 in A***** betrieb. 1996 legte der Kläger seinen Gewerbeschein für die Handelsagentur und das Yachtchartergeschäft zurück und überließ das Betriebsvermögen der Beklagten, seiner damaligen Ehegattin. Für 1997 und 1998 vereinbarten die Streitteile ein Nutzungsentgelt.

Während dieses Zeitraums trat die Beklagte im Geschäftsverkehr unter der Bezeichnung auf.

Im November 1998 eröffnete der Kläger in L***** ein Yachtchartergeschäft. Er ist seit 1. 11. 1998 Inhaber einer Gewerbeberechtigung für Privatgeschäftsvermittlung beschränkt auf die Vermittlung der Vermietung von Booten. Der Kläger verwendete als Geschäftsbezeichnung den Namen "M*****" mit der Darstellung der Sonne und einer Welle, bei der "M*****" gleich wie in der Geschäftsbezeichnung der Beklagten gestaltet war.

Mit einstweiliger Verfügung vom 27. 11. 1998 verbot das Landesgericht Linz auf Antrag der Beklagten dem Kläger, diese Geschäftsbezeichnung zu verwenden. Am 5. 2. 1999 wurde die Ehe der Streitteile einvernehmlich geschieden. Punkt 11 und 12 des Scheidungsfolgenvergleichs lauten:

"11. Einvernehmlich wird festgehalten, dass als Unterscheidungsmerkmal zwischen den Firmen 'Yachtcharter-M***** L*****' und 'M*****-Yachtcharter A*****' bei jedem Schriftstück der volle Name Horst M*****/Elfi M***** gezeichnet werden muss.

12. Im Verfahren vor dem Landesgericht Linz 1 Cg 165/98z erfolgt seitens der klagenden und gefährdeten Partei mit Rechtskraft der Scheidung die Klagsrückziehung unter Anspruchsverzicht bei gegenseitiger Kostenaufhebung."

Auf Grund dieser einvernehmlichen Lösung zog die Beklagte Klage und Sicherungsantrag zurück. Sie verwendet seither folgende Geschäftsbezeichnung:

Auf dem Geschäftspapier ist "A*****" über die ganze Breite des Papiers geschrieben; "Inh. Elfie M*****, A-**** A*****, Au***** 71" scheint in wesentlich kleinerem Druck am unteren Rand auf. Auf den Briefkuverts ist "Inh. Elfie M*****, A-***** A*****, Au***** 71" unmittelbar unter dem Wort "A*****" angeführt; im Segelkatalog scheinen diese Angaben auf der hinteren Umschlagseite auf. Zu Gunsten des Klägers war seit 21. 1. 1999 beim Österreichischen Patentamt die Wortbildmarke

für die Klasse 39 (Vermittlung von Buchungen für die Vermietung von Booten, Segel- und Motoryachten) geschützt.

Die Fax-Mitteilung des Klägers vom 11. 4. 1999 ist mit einer Geschäftsbezeichnung versehen, deren Gestaltung der zu Gunsten des Klägers registrierten Marke entspricht. Der Segelkatalog "Segeln '99-Yachtcharter weltweit" des Klägers trägt hingegen folgende Geschäftsbezeichnung:

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu gebieten, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, ihren Familiennamen graphisch wie folgt zu gestalten

Eventualiter begehrt der Kläger, der Beklagten zu untersagen, ihren Familiennamen bei Verwendung der Schreibweise

ohne ausreichenden unterscheidungskräftigen Zusatz wie Vorname oder Etablissementbezeichnung herauszustellen bzw. zu verwenden. Die Beklagte habe - wozu sie sich im Scheidungsvergleich verpflichtet habe - ihre gegen den Kläger eingebrachte Unterlassungsklage unter Anspruchsverzicht zurückgezogen. Sie wisse von der zu seinen Gunsten registrierten Marke, verwende den geschützten Schriftzug aber weiterhin. Dadurch werde zumindest Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn hervorgerufen. Die Rechte der Beklagten seien nicht prioritätsälter, weil der Kläger den Schriftzug bereits seit 1986 verwendet habe. Die Beklagte habe den Schriftzug allenfalls 1997 und 1998 nutzen dürfen; die zugrunde liegende Nutzungsvereinbarung sei aber durch den Scheidungsvergleich erloschen. Selbst wenn die Beklagte berechtigt wäre, den Schriftzug zu verwenden, reichte die von ihr gewählte Gestaltung nicht aus, um Verwechslungen zu vermeiden.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Sie habe die gegen den Kläger eingebrachte Unterlassungsklage ohne Anspruchsverzicht zurückgezogen. Bei den Gesprächen über den Scheidungsfolgenvergleich sei ihr nicht bekannt gewesen, dass der Kläger einen Antrag auf Markenregistrierung gestellt hatte. Sie habe davon ausgehen können, dass mit dem Scheidungsfolgenvergleich eine endgültige Regelung getroffen worden sei. Der Kläger habe die Marke in einem Zeitpunkt registrieren lassen, in dem er nicht mehr berechtigt gewesen sei, die damit geschützte Etablissementbezeichnung zu verwenden. "M*****" sei als Allerweltsname nicht nach § 9 UWG geschützt; die registrierte Marke sei ein schwaches Zeichen, das nur bei Verkehrsgeltung schutzfähig wäre. Die Beklagte habe aber jedenfalls alles ihr Zumutbare und im Scheidungsfolgenvergleich Vorgesehene getan, um Verwechslungen zu vermeiden. Schon durch die räumliche Entfernung sei jede Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Der Familienname der Streitteile habe als Allerweltsname keine Kennzeichnungskraft. Daran ändere auch die grafische Gestaltung nichts. Bei schwachen Zeichen genügten schon geringe Abweichungen, um die Verwechslungsgefahr auszuschalten. Der Zusatz "A*****" in der Geschäftsbezeichnung der Beklagten verhindere Verwechslungen. Die Beklagte habe sich an die Vereinbarung im Scheidungsfolgenvergleich gehalten und die dort angegebenen Zusätze verwendet. Die Vereinbarung könne nur dahin verstanden werden, dass beide Teile den Familiennamen "M*****" in der vom Sicherungsantrag erfaßten grafischen Gestaltung verwenden dürfen. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Kläger verfüge mit Punkt 11 des Scheidungsfolgenvergleichs bereits über einen Exekutionstitel. Mit dieser Bestimmung verpflichteten sich beide Teile, die Etablissementbezeichnungen "Yachtcharter-M***** L*****" und "M*****-Yachtcharter A*****" nicht ohne ihren vollen Namen zu verwenden. Dem Anspruch des Klägers stehe das materielle Hindernis der verglichenen Sache entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete ordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass sich die Beklagte im Scheidungsfolgenvergleich nicht ausdrücklich verpflichtet hat, die beanstandete Bezeichnung nicht mehr zu verwenden. Nur wenn dies der Fall wäre, träfe die Auffassung des Rekursgerichts zu, dass dem Kläger mit dem Vergleich ein Exekutionstitel zur Verfügung stehe. Ein Vergleich bildet nämlich nur dann einen Exekutionstitel, wenn sich eine Partei darin ausdrücklich verpflichtet, etwas zu tun oder zu unterlassen. Die Festlegung einer Rechtslage, aus der sich eine Verpflichtung ergibt, genügt ebensowenig wie eine Verpflichtung, auf die der Inhalt des Vergleichs bloß schließen lässt (EvBl 1967/161; JBl 1978, 383 mwN; 3 Ob 26/82 ua).

In Punkt 11 des Scheidungsfolgenvergleichs halten die Parteien einvernehmlich fest, "dass als Unterscheidungsmerkmal zwischen den Firmen 'Yachtcharter-M***** L*****' und 'M*****-Yachtcharter A*****' bei jedem Schriftstück der volle Name Horst M*****/Elfi M***** gezeichnet werden muss". Ob die Angabe des jeweiligen Vor- und Zunamens als Unterscheidungsmerkmal ausreicht und beide Parteien den Namen "M*****" in der im Sicherungsantrag angegebenen grafischen Gestaltung verwenden dürfen, ist zwischen den Parteien strittig. Nach dem Vorbringen des Klägers soll die Beklagte darauf verzichtet haben; dies zeige die Rücknahme ihrer gegen den Kläger gerichteten Klage unter Anspruchsverzicht in Kenntnis der zu seinen Gunsten registrierten Marke. Die Beklagte behauptet hingegen, nach wie vor berechtigt zu sein, das streitgegenständliche Logo zu verwenden. Sie wirft dem Kläger vor, die im Scheidungsverfahren getroffene Vereinbarung gebrochen zu haben. Beide Parteien haben sich zur Bescheinigung ihres Vorbringens auf ihre Vernehmung berufen; sie sind vom Erstgericht nicht vernommen worden.

Das Erstgericht hat den Wortlaut von Punkt 11 des Scheidungsfolgenvergleichs festgestellt, ohne sich mit der zugrunde liegenden Parteienvereinbarung zu befassen. Damit ist offen geblieben, wessen Behauptungen zutreffen. Haben sich die Parteien, wie der Kläger behauptet, geeinigt, dass nur er das zu seinen Gunsten als Marke geschützte Logo verwenden darf, so ist sein Hauptbegehren berechtigt. In diesem Fall folgte sein Unterlassungsanspruch aus der zu seinen Gunsten registrierten Marke (§ 9 Abs 3 UWG iVm § 42 Abs 1 UWG), der im Hinblick auf die eigenartige grafische Darstellung der Buchstaben ***** und ***** hinreichende Unterscheidungskraft zukommt. Einer Bescheinigung der Gefährdung bedürfte es nicht (§ 24 UWG). Treffen hingegen die Behauptungen der Beklagten zu und sollte die vom Begehren erfasste grafische Gestaltung ihres Familiennamens beiden Parteien offenstehen, so wären der Haupt- und der Eventualantrag des Klägers nicht berechtigt. Sein Eventualantrag richtet sich gegen die Verwendung des Logos ohne ausreichenden unterscheidungskräftigen Zusatz. Diese Frage haben aber die Parteien im Scheidungsfolgenvergleich (Pkt 11) geregelt. Damit kommt als Grundlage des Eventualantrags des Klägers nur die im Scheidungsfolgenvergleich getroffene Vereinbarung der Parteien in Betracht. Zur Sicherung eines vertraglichen Anspruchs kann jedoch eine einstweilige Verfügung nur erlassen werden, wenn die Gefährdung des Anspruchs im Sinne des § 381 EO bescheinigt ist; § 24 UWG ist insoweit nicht anzuwenden. Der Kläger hat nicht behauptet, dass und aus welchen Gründen sein Anspruch gefährdet wäre; die Gefährdung ist auch nicht offenkundig. Schon aus diesem Grund müsste sein Eventualantrag erfolglos bleiben.

Sollte das Bescheinigungsverfahren ergeben, daß der Beklagten infolge Vorbenützung die Priorität an dem für den Kläger registrierten Zeichen zukommt, wird durch Erforschung des Parteiwillens in Ansehung des Pkt 12 des Scheidungsfolgenvergleichs zu klären sein, ob die Beklagte auf ihr Benützungsrecht oder nur auf ihren Unterlassungsanspruch gegenüber dem Kläger verzichtet hat. Das Erstgericht wird das Verfahren in diesem Sinn zu ergänzen und neuerlich zu entscheiden haben. Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO.

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