OGH 5Ob234/99v

OGH5Ob234/99v12.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragstellerin Dr. Sylvia S*****, vertreten durch Dr. Karl Zingher und Dr. Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in 1010 Wien, gegen die Antragsgegner 1. Ing. Otto S*****, 2. Dr. Brigitte W*****, 3. Doris M*****, 4. Dr. Elfriede Z*****, 5. Hermine S*****, 6. Bernhard U*****, 7. Ulrike M*****, 8. Susanne C*****, 9. Dr. Josef T*****, 10. Walter N*****, 11. Dipl.-Ing. Julius F*****, 12. Alexander S*****, 13. Karl R*****, 14. Anton N*****, 15. Regina B*****, 16. Egon W*****, 17. Josef G*****,

18. Gertraude C*****, 19. Peter S*****, 20. Engelbert H*****, 21. Maria T*****, 22. Edith I*****, 23. Dr. Dipl.-Ing. Renate K*****, 24. Erich S*****, 25. Edith S*****, 26. Anna B*****, 27. T***** GmbH, *****, 28. Maria U*****, 29. Richard K*****, 30. Cornelia W*****, 31. Edith P*****, 32. Helga D*****, 33. Gustav Axel A*****, 34. Richard Z*****, 35. Gerlinde Z*****, 36. Karl N*****, 37. Elfriede W*****,

38. Karl R*****, 39. Hedwig H*****, 40. Johanna P*****, 41. Sylvia G*****, 42. Wolfgang R*****, 43. Gabriella B*****, 44. Irmgard K*****, 45. Dr. Elfriede H*****, 46. Magdalena W*****, 47. Dr. Elisabeth R*****, 48. Mag. Elias B*****, 49. Elisabeth B*****, 50. Dr. Wolfgang M*****, 51. Liselotte M*****, 52. Mag. Heidetraud B*****, 53. Dr. Frank B*****, 54. Dr. Gerhard Paul W*****, 55. Dr. Cornelia W*****, 56. Johann D*****, 57. Marianne D*****, 58. Dipl.-Ing. Friedrich R*****, 59. Gerlinde B*****, 60. Ferdinand B*****, 61. Rudolf T*****, 62. Margit T*****, 63. Nina K*****, die 40.-Antragsgegnerin vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen § 26 Abs 1 Z 4 WEG, infolge Revisionsrekurses der 40.-Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. Februar 1999, GZ 39 R 2/99d-25, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 28. September 1998, GZ 5 Msch 22/98a-18, bestätigt wurde, folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist ua zu 216/6232-tel Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft mit dem Haus N*****. Mit dem genannten Liegenschaftsanteil ist Wohnungseigentum an der im Erdgeschoß der Stiege 2 gelegenen Wohnung top 2 verbunden. Sie erwarb diese Wohnung mit Kaufvertrag vom 25. 11. 1987. Zu diesem Zeitpunkt führte eine Metallstiege von der Wohnung in den Gemeinschaftsgarten der Liegenschaft. Diese Stiege wurde über Auftrag des Hausverwalters vom 22. 8. 1995 entfernt. Ein deshalb von der Antragstellerin angestrengtes Besitzstörungsverfahren endete mit einem bislang nicht erfüllten Wiederherstellungsauftrag.

Am 18. 3. 1998 faßte die Mehrheit der Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft einen Beschluß folgenden Inhalts:

"Im Bereich der Fassaden, welche den Gemeinschaftsgarten des Hauses N***** zum Gebäude der Stiege 2 begrenzen, ist die Herstellung eines Zugangs vom Garten zu den Wohnungen im anschließenden Gebäudeteil untersagt, wobei insbesondere die Herstellung von gemauerten oder Metallstiegen hiefür jedermann verboten wird."

Diesen Beschluß bekämpfte die Antragstellerin mit einem am 26. 3. 1998 beim Erstgericht zu Protokoll gegebenen, gegen alle anderen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft gerichteten Antrag, der auf die Nichtgenehmigung des Beschlusses abzielt.

Das Erstgericht gab dem Sachantrag statt. Es ging dabei im wesentlichen von folgenden weiteren Feststellungen aus:

Der Gemeinschaftsgarten der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft hat eine Größe von ca 60 m2. Er wird zeitweise von der Hausbesorgerin betreut, von den Wohnungseigentümern faktisch aber nicht benützt. Für die Wohnungseigentümer besteht ein Zugang über die im Keller gelegene Waschküche. Eine den Garten betreffende Benützungsvereinbarung konnte nicht festgestellt werden, doch wird von der Hausverwaltung eine solche angestrebt.

Im Kaufvertrag der Antragstellerin vom 25. 11. 1987 ist die von der Wohnung top 2 in den Gemeinschaftsgarten führenden Stiege nicht erwähnt. Die Stiege scheint auch nicht im Parifizierungsbescheid als zur Wohnung gehörig auf. Sie war aber bei Ankauf der Wohnung bereits vorhanden.

Die Antragstellerin bewohnt die Wohnung nicht selber, sondern hat sie vermietet.

Aus den Bauakten ergibt sich, daß die Magistratsabteilung 36 Bauamt am 10. 1. 1964 eine Planänderung bewilligte, derzufolge ein Vorzimmerfenster in der Mieteinheit Nr. 2 in eine Türöffnung umgewandelt und eine eiserne Nebenstiegenanlage zwecks Schaffung eines Nebenausgangs in de Hof errichtet werden durfte. Die bewilligte Stiege sollte allerdings von der Türe weg gerade in den Hof führen; tatsächlich errichtet wurde eine Stiege, die parallel an der Hauswand entlang verläuft. Am 29. 5. 1964 erfolgte die Endbenützungsbewilligung.

Die Stiege wurde von den Mietern der Antragstellerin benutzt. Es sitzen insbesondere deren Kinder auf der Stiege, und es wird Wäsche im Garten aufgehängt. Durch die Figuration der Stiege können Personen, die auf der Stiege sitzen, direkt in die Wohnung der Antragsgegnerin Johanna P***** hineinsehen. Dies wäre nicht möglich, wenn die Stiege der Bauordnung entsprechend (gemeint ist offenbar der Baubewilligung entsprechend) errichtet worden wäre.

Mit Schreiben vom 27. 7. 1995 beschwerte sich Johanna P***** bei der Hausverwaltung, daß die ausländischen Mieter der Wohnung top 2 ihre Teppiche, Decken, Bettzeug, Schuhe, Spielzeug, Leibwäsche, Unterhosen in jeder möglichen Farbe und Größe vor das Fenster hängen, obwohl sie keinen rechtlichen Zutritt zum Garten hätten. In letzter Zeit kämen noch spielende Kinder und Erwachsene dazu, die sie in der Wohnung beobachten. Diese Beschwerde führte zur eingangs geschilderten Entfernung der Stiege.

Im Zuge des Exekutionsverfahrens zur Durchsetzung des im Besitzstörungsverfahren ergangenen Wiederherstellungsauftrags wurden die Miteigentümer des Hauses am 18. 3. 1998 zu einer Hausversammlung in die Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. Franz S***** geladen. Miteigentümer mit einem Gesamtanteil von ca 70 % gaben Dr. S***** Vollmacht, im Sinne des vorbereiteten (eingangs wiedergegebenen) Beschlusses zu stimmen. Der Großteil der Vollmachten besteht darin, daß auf einem Deckblatt Dr. S***** bevollmächtigt wird, den Beschluß zu fassen; angeheftet ist eine Liste mit den Namen der jeweiligen Wohnungseigentümer, wobei teilweise bei den Namen unterschrieben wurde. Nur einige Miteigentümer, jedenfalls weniger als 50 % unterfertigten direkt auf diesem Deckblatt. Bei der Hausversammlung selbst waren Dr. Franz S*****, die Antragstellerin und Frau Dr. Ernestine B***** als Abwesenheitskuratorin für die Miteigentümerin Hedwig H***** anwesend. Sie und Dr. S***** stimmten für den Beschluß, die Antragstellerin stimmte dagegen. Darüber wurde ein Protokoll verfaßt.

Evident ist, daß die Antragsgegner und Miteigentümer des Hauses durch den am 18. 3. 1998 gefaßten Beschluß die Wiederherstellung der vom Hausverwalter eigenmächtig entfernten Stiege verhindern wollen. Man erhofft sich davon, einer exekutionsrechtlichen Klage zum Erfolg zu verhelfen.

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, der Antragstellerin sei jedenfalls das Recht zuzubilligen, den Beschluß der Miteigentümer-Mehrheit bei Gericht anzufechten, weil dieser nichts anderes als die nachträgliche Zustimmung zur Entfernung der von der Antragstellerin benützten Stiege beinhalte. Der Beschluß laufe auf eine Veränderung an allgemeinen Teilen der Liegenschaft hinaus, weil die Stiege nicht Teil des parifizierten Wohnungseigentumsobjektes der Antragstellerin sei. Diese Veränderung greife in die Interessen der Antragstellerin - die als einzige über eine derartige Stiege verfügte - in wesentlich größerem Ausmaß ein als in die der übrigen Wohnungseigentümer, sodaß es sich um eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung handle. Die überstimmte Miteigentümerin könne gegen einen solchen Beschluß das Gericht anrufen, das unter Abwägung der Vor- und Nachteile eine inhaltliche Prüfung vorzunehmen habe. Diese falle zugunsten der Antragstellerin aus. Da keine Benützungsvereinbarung nachgewiesen worden sei, wonach der auch über den Keller betretbare Gemeinschaftsgarten überhaupt nicht benützt werden dürfe, sei jeder Miteigentümer grundsätzlich hiezu berechtigt. Deshalb sei die (Wieder-)Errichtung der Stiege auch nicht sinnlos. Überdies befinde sich in der Wohnung der Antragstellerin jetzt eine Türe, die "ins Leere geht". Die (Wieder-)Errichtung der Stiege sei auch deshalb sinnvoll, um den gefährlichen und bauordnungswidrigen Zustand (Tür in den Abgrund) zu beseitigen. Daß die beseitigte Stiege nicht der baubehördlichen Bewilligung entsprochen habe, hindere die Antragstellerin nicht, eine neue Stiege in baukonsenskonformem Zustand zu errichten. Die 40.-Antragsgegnerin, die sich durch die Benützung der Stiege in ihrer Wohnqualität beeinträchtigt fühlt, müsse eine - durch den Zugang über die Stiege erleichterte - Gartenbenützung in Kauf nehmen, weil eine solche keinem Miteigentümer untersagt und auch über den allgemeinen Zugang möglich sei. Da die beschlossene Maßnahme wesentlich in die Interessen der Antragstellerin eingreife, sei dem "formmäßig ordnungsgemäß zustandegekommenen Beschluß" die Genehmigung zu versagen.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Auszugehen sei davon, daß es nicht um die Einräumung von Sonderrechten an die Antragstellerin gehe, sondern vielmehr die Antragsgegner den Versuch unternehmen, bestehende Rechte der Antragstellerin zu beschneiden.

Unstrittig sei, daß mit Bescheid der MA 36 vom 10. 1. 1964 die Umwandlung des Vorzimmerfensters in der Mieteinheit Tür Nr 2 in eine Türöffnung und die Herstellung einer eisernen Nebenstiegenanlage zwecks Schaffung eines Nebenausganges in den Hof bewilligt wurden. Dieser Bewilligung müsse gemäß § 63 Abs 1 lit c der Bauordnung für Wien die Zustimmung aller Miteigentümer der Liegenschaft zugrunde gelegen sein. Auch wenn sich weder im Parifizierungsbescheid noch im Kaufvertrag ein Hinweis auf die Stiege findet, sei dennoch die Bewilligung derselben mit Zustimmung der damaligen Miteigentümer erfolgt, was alle Rechtsnachfolger binde.

Durch den verfahrensgegenständlichen Beschluß der Miteigentümermehrheit würde der Antragstellerin die Möglichkeit genommen, eine dem Bewilligungsbescheid entsprechende Stiege, mit deren Errichtung die seinerzeitigen Miteigentümer einverstanden waren, wieder herzustellen. Eine solche Maßnahme würde massiv gegen die Interessen der Antragstellerin, die ja eine über eine Außenstiege mit dem Garten verbundene Wohnung erwarb, verstoßen, und könnte schon deshalb nicht als solche der ordentlichen Verwaltung angesehen werden (Würth/Zingher20 Rz 9 zu § 14 WEG).

Es könne dahingestellt bleiben, ob es sich bei der beschlossenen Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung um eine solche handelt, die auch die in der ausschließlichen Nutzung der Antragstellerin stehende Wohnung betrifft, in welchem Falle eine erleichterte Beschlußfassung nach § 14 Abs 3 WEG gar nicht in Betracht komme (5 Ob 2330/96z), oder um eine dem § 14 Abs 3 WEG zuzuordnende Maßnahme, weil die Antragstellerin ohnedies sowohl innerhalb der in § 14 Abs 3 WEG als auch der in § 13b Abs 4 lit d WEG genannten Frist das Gericht angerufen habe, ihr jedenfalls ein Interesse an der Beseitigung des Beschlusses zugebilligt werden müsse und aus später darzustellenden Gründen schon wegen der Beeinträchtigung der Antragstellerin eine Genehmigung des Beschlusses nicht in Betracht komme. Dabei sei es nicht entscheidend, ob sich die Antragstellerin auf § 13b Abs 4 WEG oder § 14 Abs 3 WEG stützt und ob sie den Beschluß "anficht" oder beantragt, dessen Genehmigung zu versagen, weil nach § 26 Abs 1 Z 4 WEG in den Fällen der §§ 13b und 14 Abs 3 WEG nur über die Rechtswirksamkeit des Beschlusses zu entscheiden ist und ohnedies nur dessen Bejahung oder Verneinung in Frage komme (Würth/Zingher20 Rz 13 zu § 13b WEG). Ob dies in Form einer "Nichtgenehmigung" oder "Unwirksamerklärung" erfolgt, sei nicht von Bedeutung.

Vertrete man den Standpunkt, daß die beschlossene Maßnahme die Nutzung der Wohnung top Nr 2 betrifft, weil diese jetzt nur mehr erschwert in Richtung Garten verlassen werden kann, so handle es sich um keine Veränderung an gemeinsamen Teilen und Anlagen der Liegenschaft, sodaß eine erleichterte Beschlußfassung nach § 14 Abs 3 WEG nicht in Betracht komme. Der Beschluß über eine über den Regelungsinhalt nach § 14 Abs 3 WEG hinausgehende außerordentliche Verwaltungsmaßnahme könnte nur einstimmig gefaßt werden (vgl 5 Ob 2330/96z). Ein dennoch mehrstimmig gefaßter Beschluß wäre nach § 13b Abs 4 lit d WEG mangels Zulässigkeit einer Mehrheitsentscheidung erfolgreich anfechtbar (vgl Palten Wohnungseigentumsrecht2 Rz 126, 127).

Wolle man hingegen die Angelegenheit als solche beurteilen, die § 14 Abs 3 WEG zu unterstellen ist, so sei die Genehmigung zu versagen, weil die Antragstellerin durch die Veränderung übermäßig beeinträchtigt würde. Auch wenn sie nicht selbst die Wohnung bewohnt, sondern sie Mietern überläßt, bedeute die Unmöglichkeit, eine bei Erwerb des Objektes vorhandene Stiege zum Garten, für die es eine baubehördliche Bewilligung gab, wiederherzustellen, eine wesentliche Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit des Objektes. Dies stünde einer Genehmigung entgegen.

Es habe daher bei der antragsstattgebenden Entscheidung des Erstgerichtes zu bleiben.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß eine Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die Untersagung der Wiederherstellung einer baulichen Anlage, für deren Errichtung bereits einmal die Zustimmung aller Miteigentümer vorlag, eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung darstellt.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs hält die Rechtsmittelwerberin (die 40.-Antragsgegnerin) an ihrer Auffassung fest, daß der Beschluß der Miteigentümermehrheit vom 18. 3. 1998 gar nicht anfechtbar, jedenfalls aber rechtswirksam, also zu genehmigen bzw das Begehren der Antragstellerin, ihn nicht zu genehmigen, abzuweisen sei. Dementsprechend soll in Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen der Sachantrag der Antragstellerin zurück- oder abgewiesen werden; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Für die Annahme des Rekursgerichtes, es handle sich beim Wohnungseigentumsobjekt der Antragstellerin um eine "mit dem Garten verbundene Wohnung" fehle jegliche Rechtsgrundlage. Rechte der Antragstellerin an der strittigen Stiege könnten sich nur aus dem Parifizierungsbescheid bzw aus einer Benützungsvereinbarung der Miteigentümer ergeben; die Stiege sei aber im Parifizierungsbescheid gar nicht erwähnt und auch eine Benützungsvereinbarung - betreffend den Gemeinschaftsgarten, zu dem die Stiege führte - bestehe nicht. Außerdem stimme nicht, daß eine baubehördliche Bewilligung für die beim Erwerb der Wohnung durch die Antragstellerin vorhandene Stiege existiere, sodaß die Antragstellerin auch aus der Baubewilligung keinerlei Rechte ableiten könne. Aus einer baukonsenswidrig errichteten Stiege lasse sich keine Zustimmung der ursprünglichen Miteigentümer ableiten, die auch deren Rechtsnachfolger binde.

Die abgerissene Stiege könne, da sie nicht der Baubewilligung entsprochen habe, nicht wieder errichtet werden. Die ursprüngliche Baubewilligung sei auch längst unwirksam geworden. Es bliebe also nur die Möglichkeit, eine neue Stiege zu errichten, wofür die Antragstellerin die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer der Liegenschaft beibringen müßte. Allein schon die Weigerung der Rechtsmittelwerberin, einem solchen Vorhaben zuzustimmen, schließe das aus. Ein gefährlicher Zustand, wie ihn das Rekursgericht annahm, bestehe nicht, weil die früher in den Garten führende Tür der Wohnung top 2 vergittert sei und nur geringfügig über dem Gartenniveau liege. Daraus ergebe sich, daß mit dem Beschluß vom 18. 3. 1998 lediglich die bestehende Rechtslage bekräftigt wurde. Dieser Beschluß bewirke keine Veränderung, jedenfalls aber handle es sich um eine bloße Bagatellangelegenheit, sodaß eine der Anfechtung nach § 14 Abs 3 WEG nicht unterliegende Maßnahme der ordentlichen Verwaltung vorliege. Unabhängig davon könne von einer "übermäßigen Beeinträchtigung" iSd § 14 Abs 3 WEG keine Rede sein, wenn verhindert wird, daß eine rechtswidrig hergestellte Stiege wieder errichtet und der Antragstellerin eine Nutzungsmöglichkeit verwehrt wird, die sie nur auf Grund eines rechtswidrigen Zustands hatte.

Die Antragstellerin hat sich zu diesem Rechtsmittel in einer fristgerecht erstatteten Revisionsrekursbeantwortung geäußert und darin beantragt, das Rechtsmittel der 40.-Antragsgegnerin zurück- oder abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Zutreffend sind beide Vorinstanzen davon ausgegangen, daß der verfahrensgegenständliche Mehrheitsbeschluß, der Antragstellerin die Wieder- oder Neuerrichtung der Stiege von ihrer Wohnung in den Gemeinschaftsgarten der Liegenschaft zu verbieten (darauf läuft der Beschluß praktisch hinaus), nur dann der Anfechtung im Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 4 WEG entzogen wäre, wenn damit über eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung iSd § 14 Abs 1 WEG entschieden wurde. Das ist nicht der Fall. Von den beispielhaft in § 14 Abs 1 WEG aufgezählten Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung kämen überhaupt nur die in Z 1 leg cit genannten baulichen Veränderungen in Frage, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, was sich mit dem Verbot der Wiedererrichtung oder Neuaufführung einer Außenstiege, die über Wunsch der Mehrheit abgerissen wurde, nicht vereinbaren läßt. Es liegt aber auch keine Maßnahme vor, die sich unter den in § 833 ABGB umrissenen Begriff der ordentlichen Verwaltung subsumieren ließe, auf den § 14 Abs 1 WEG (in dem wie erwähnt die der Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer überantworteten Verwaltungsagenden nur beispielhaft erwähnt sind) offenbar verweist. Auch dort geht es in erster Linie um substanzwahrende Maßnahmen (vgl Faistenberger/Barta/Call, WEG, Rz 51 zu § 14), also geradezu um das Gegenteil dessen, was hier von der Mehrheit der Miteigentümer angestrebt wird: Es soll ein Eingriff in die Bausubstanz des Hauses, die Entfernung einer Außenstiege, sanktioniert werden. Betrachtet man die Angelegenheit unter dem Gesichtspunkt, daß der Antragstellerin bisher vorhandene Nutzungsmöglichkeiten an allgemeinen Teilen der Liegenschaft verwehrt oder zumindest erschwert werden sollen, liegt ebenfalls eine wichtige Veränderung vor, die weder § 14 Abs 1 WEG noch § 833 ABGB erfaßt. Zu den Angelegenheiten, bei denen eine Majorisierung einzelner Teilhaber der Miteigentümergemeinschaft ausgeschlossen oder nach Maßgabe des § 14 Abs 3 WEG eine Nachprüfung durch den Außerstreitrichter vorgesehen ist, zählen nämlich auch alle Regelungen über die Benützung der gemeinschaftlichen Sache durch die Miteigentümer. Ein Eingriff in die Substanz der gemeinsamen Sache ist dabei keineswegs erforderlich. Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, ob die bisherige Benützung der gemeinschaftlichen Sache auf einer vereinbarten oder richterlichen Benützungsregelung oder einer bloß faktischen Gebrauchsordnung beruht (SZ 51/56 ua). Hier wurde durch die Entfernung der Außenstiege, die von der Wohnung top 2 in den Gemeinschaftsgarten führte, zumindest die faktische Gebrauchsordnung gestört und mit dem verfahrensgegenständlichen Mehrheitsbeschluß versucht, diesen eigenmächtig herbeigeführten Zustand gegen den Widerstand der betroffenen Miteigentümerin auf Dauer aufrecht zu erhalten. Auf die im Revisionsrekurs aufgeworfenen Fragen, ob eine im Parifizierungsbescheid nicht erwähnte, angeblich baukonsenswidrig errichtete Stiege der Antragstellerin Benützungsrechte verschaffen konnte, kommt es daher nicht an. Es sei nur nebenbei gesagt, daß eine schon in der Bauphase oder später in Ausübung des Änderungsrechtes nach § 13 Abs 2 WEG errichtete Stiege zur besseren Erreichbarkeit des Gemeinschaftsgarten dem Eigentümer des betreffenden Wohnungseigentumsobjektes sehr wohl spezifische Nutzungsrechte zu verschaffen vermag, auch wenn dies im ursprünglichen Parifizierungsbescheid bzw in einer Neufestsetzung der Nutzwerte keinen Niederschlag gefunden hat. Auch die im Revisionsrekurs geäußerten Zweifel an der faktischen Möglichkeit, die abgerissene Stiege gegen den Widerstand einzelner Mit- und Wohnungseigentümer nach dem bewilligten Bauplan des Jahres 1964 wieder- oder neu zu errichten, können den Versuch, den Eingriff in die bisherige Gebrauchsordnung zu sanktionieren, nicht zu einer bagatellhaften Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung machen. Es geht, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, nicht darum, der Antragstellerin Sonderrechte einzuräumen, sondern um die Verteidigung einer Rechtsposition, für die der Antragstellerin neben der Besitzstörungsklage auch der Wiederherstellungsanspruch nach § 523 ABGB zur Verfügung stünde (vgl WoBl 1991, 64/53 ua).

Damit ist klar, daß das von der Mehrheit der Miteigentümer beschlossene Verbot der (Wieder-)Errichtung einer Stiege, die Zugangsmöglichkeiten von Wohnungen der Stiege 2 des Hauses N***** zum Gemeinschaftsgarten eröffnet, keine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung war. Es bleibt, worauf bereits das Rekursgericht hingewiesen hat, die Möglichkeit, den Mehrheitsbeschluß als Verfügung iSd § 828 ABGB zu deuten, die der Zustimmung der Antragstellerin bedurft hätte, als außerordentliche Verwaltungsmaßnahme, die ebenfalls nur im Einvernehmen aller Mit- und Wohnungseigentümer hätte gesetzt werden dürfen, weil sie von der in § 14 Abs 3 WEG vorgesehen Majorisierungsmöglichkeit unter gerichtlicher Kontrolle nicht erfaßt ist (WoBl 1998, 116/71), oder als Veränderung iSd § 14 Abs 3 WEG. Diese oft schwierige Unterscheidung (vgl WoBl 1998, 147/104) ist hier nicht zu treffen, weil in den beiden ersten Fällen mangels Zustimmung der Antragstellerin gar kein rechtswirksamer Beschluß zustandegekommen wäre und der Genehmigung des Mehrheitsbeschlusses unter dem Gesichtspunkt, es handle sich um eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme iSd § 14 Abs 3 WEG, das von den Vorinstanzen richtig erkannte Hindernis entgegensteht, daß das Verbot der (Wieder-)Errichtung "ihrer" Stiege die Antragstellerin übermäßig beeinträchtigen würde. Immerhin würde sie auf Dauer einen jahrelang vorhandenen direkten Zugang von ihrer Wohnung in den Gemeinschaftsgarten verlieren. Das dagegen im Revisionsrekurs vorgetragene Argument, die Beendigung eines rechtswidrigen Zustandes (der angesichts der festgestellten Kollaudierung keineswegs vorliegen muß) könne doch zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung iSd § 14 Abs 3 WEG führen, ist nicht zielführend, weil der Antragstellerin durch das mehrheitlich beschlossene Verbot auch die Möglichkeit genommen würde, eine dem ursprünglichen Baukonsens entsprechende Stiege zu errichten.

Zu bemerken bleibt, daß die Anrufung des Außerstreitrichters im Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 4 WEG auch dann nicht zu beanstanden wäre, wenn man den verfahrensgegenständlichen Beschluß der Miteigentümermehrheit als Verfügungsmaßnahme iSd § 828 ABGB begreift. Da die Antragsgegner selbst immer davon ausgegangen sind, eine (sogar ordentliche) Verwaltungsmaßnahme iSd § 14 WEG gesetzt zu haben, wurde die in § 26 Abs 1 Z 4 WEG normierten Kompetenz des Außerstreitrichters, "die Rechtswirksamkeit eines Beschlusses der Mehrheit (§§ 13b, 14 Abs 3 WEG)" zu überprüfen, zu Recht in Anspruch genommen.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

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