OGH 5Ob255/99g

OGH5Ob255/99g28.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin Erika S*****, vertreten durch den Mieterschutzverband Österreichs, Landesorganisation Steiermark, Sparbersbachgasse 61, 8010 Graz, wider die Antragsgegnerin Gemeinnützige G***** Wohnungsgenossenschaft reg. Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Andreas Konrad, Rechtsanwalt in Graz, wegen § 22 Abs 1 Z 6 iVm § 13 Abs 6 WGG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 7. Juli 1999, GZ 3 R 71/99d-11, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 15. Dezember 1998, GZ 5 Msch 32/98w-6, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.

Aus Anlass des Revisionsrekurses wird der Antragsgegnerin aufgetragen, der Antragstellerin S 336,34 samt 4 % Zinsen seit 26. 5. 1998 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung

Die Liegenschaft EZ ***** KG ***** stand 1941 im Alleineigentum der "Gemeinnützigen G***** Wohnungsgenossenschaft eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung", die auch das darauf befindliche Haus L*****gasse ***** im eigenen Namen errichtete. Im damaligen baubehördlichen Verfahren wurde sie von der "S***** Genossenschaft mbH - Treuhandstelle für Wohnungs- und Kleinsiedlungswesen" vertreten. Im Jahr 1971 benannte sich die "Gemeinnützige G***** Wohnungsgenossenschaft eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung" um in "Gemeinnützige G***** Wohnungsgenossenschaft registrierte Genossenschaft mbH.

Die Antragsgegnerin ist eine gemeinnützige Bauvereinigung im Sinne der §§ 1 Abs 2 WGG und § 39 Abs 1 WGG.

Mit rechtskräftiger Entscheidung der Schlichtungsstelle des Magistrats Graz vom 2. 10. 1991, GZ A 21/II-k 10-339/1987 wurde die Antragsgegnerin berechtigt, für das Haus L*****gasse ***** von den Mietern bzw Nutzungsberechtigten in der Zeit vom 1. 11. 1991 bis 30. 4. 1999 einen erhöhten Rückstellungsbetrag von S 22,38/m2 pro Wohnnutzfläche und Monat einzuheben.

Die Antragstellerin trat per 1. 4. 1997 infolge Todes ihrer Mutter in deren Miet- bzw Nutzungsrechte an der 68,38 m2 großen Wohnung der Ausstattungskategorie C ein. Der Eintritt erfolgte gemäß § 46 Abs 2 MRG iVm § 20 Abs 1 Z 1 lit a WGG.

Der Antragstellerin wurde in der Zeit vom 1. 4. 1997 bis 30. 9. 1997 ein monatliches Nutzungsentgelt von S 4.791 und seit 1. 10. 1997 ein solches von S 4.179 vorgeschrieben. In ersterem Betrag ist eine Entgeltskomponente von S 2.423,72 netto enthalten, in den Vorschreibungen ab 1. 10. 1997 eine Entgeltskomponente von S 2.478,43.

Am 19. 7. 1997 begehrte die Antragstellerin bei der Schlichtungsstelle des Magistrats Graz die Überprüfung des von ihr begehrten Nutzungsentgelts. Dessen Zulässigkeit sei der Höhe nach durch den Kategoriemietzins beschränkt.

Die Antragsgegnerin bestritt dieses Vorbringen und begehrte die Abweisung des Überprüfungsantrags. § 46 Abs 2 MRG sei nur nach Maßgabe des § 13 Abs 4 bis 6 WGG anzuwenden. § 13 Abs 6 WGG gestehe der Vermieterin über den Kategoriemietzins hinaus auch die Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages zu.

Das Erstgericht stellte das gesetzlich zulässige Entgelt für den Zeitraum 1. 4. 1997 bis 31. 3. 1998 mit S 2.371,72 zuzüglich Verwaltungs-, Betriebskosten und der gesetzlichen Umsatzsteuer und seit 1. 4. 1998 mit monatlich S 2.412,45 zuzüglich Verwaltungs-, Betriebskosten und der gesetzlichen Umsatzsteuer fest. Durch Vorschreibung einer monatlichen Entgeltskomponente von S 2.423,72 bzw S 2.478,43 sei das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden.

Gemäß § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG sei § 46 Abs 2 MRG nur nach Maßgabe des § 13 Abs 4 bis 6 iVm § 39 Abs 18 Z 2 WGG anzuwenden. Daraus ergebe sich, dass im Fall des Eintritts naher Angehöriger in das Mietrecht nach § 46 Abs 2 MRG von der Gemeinnützigen Bauvereinigung das Entgelt grundsätzlich auf jenen Betrag angehoben werde dürfe, der bei Neuvermietung nach § 13 Abs 6 WGG zulässig sei. Demnach dürfe für die Wohnung der Antragstellerin der jeweilige Kategoriemietzins, hier jener der Ausstattungskategorie C, begehrt werden. Laut ausdrücklicher Anordnung des § 39 Abs 18 Z 2 WGG und § 13 Abs 6 WGG seien in diesem Mietzins die Refinanzierungskosten des § 14 Abs 1 Z 1 bis 3 WGG und der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag der "Grundstufe" enthalten. Über den Kategoriemietzins hinaus dürften noch die sonstigen Entgeltsbestandteile wie Verwaltungs-, Betriebskosten und Umsatzsteuer gemäß § 14 WGG sowie die Differenz auf einen im Vergleich zur "Grundstufe" höheren Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag begehrt werden. Die sogenannte "Grundstufe" des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags betrage gemäß § 14d Abs 2 Z 3 WGG jeweils ein Viertel des jeweils gesetzlich zulässigen Mietzinses für Wohnungen der Ausstattungskategorie C. Im vorliegenden Fall sei die Antragsgegnerin auf Grund der zitierten Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 22. 10. 1991 zur Einhebung eines erhöhten Rückstellungsbeitrags von S 22,38/m2 der Nutzfläche und Monat berechtigt. An die Stelle der Rückstellungsbeiträge trete infolge der Novellierung des WGG durch das 3. WÄG nunmehr der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag, so dass die genannte Entscheidung der Schlichtungsstelle nach wie vor bei der Entgeltsbildung zu berücksichtigen sei. Von diesem Betrag von S 22,38 sei allerdings der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag der Grundstufe, also S 4,10/m2 abzuziehen, weshalb sich für den ersten in Frage stehenden Zeitraum (1. 4. 1997 bis 31. 3. 1998) ein zulässiger Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag von insgesamt S 18,28 und danach von S 18,08 errechne.

Das gemäß § 13 Abs 6 WGG gesetzlich zulässige Entgelt für die Wohnung der Antragstellerin betrage daher im Zeitraum 1. 4. 1997 bis 31. 3. 1998 S 34,68 (S 16,40 und S 18,28) je m2 der Nutzfläche und Monat und danach S 35,28 (S 17,20 und S 18,08) je m2 der Nutzfläche und Monat.

Die Schaffung eines Rückforderungstitels unterließ das Erstgericht, da die Höhe der von der Antragsgegnerin vorgeschriebenen Entgeltkomponente weder außer Streit gestanden sei noch diesbezügliche Aufschlüsselungen vorlägen. Derartige Unklarheiten verunmöglichten einen Zuspruch an die Antragstellerin.

Einem gegen diesen Sachbeschluss von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Das Rekursgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes über die Entgeltsbildung für das Objekt der Antragstellerin, eine von der Rekurswerberin behauptete dadurch bedingte Ungleichbehandlung zwischen Bestandverhältnissen, die dem MRG unterliegen, und jenen die nach WGG zu beurteilen seien, liege nicht vor. Eine rechtskräftige behördliche oder gerichtliche Entscheidung über eine Mietzinserhöhung gemäß § 18 MRG habe auch jener zu tragen, der in den Mietvertrag eines Mieters eintrete, ohne dass es eines ausdrücklichen Erhöhungsbegehrens des Vermieters bedürfe.

Das Erstgericht habe auch zu Recht keinen Rückzahlungstitel gemäß § 37 Abs 4 MRG geschaffen, da die Tatsache der Zahlung eines überhöhten Entgelts durch die Antragstellerin keineswegs feststehe, sondern bloß die Höhe der Vorschreibung.

Darüber hinaus sprach das Rekursgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 ZPO iVm §§ 22 Abs 4 Z 8 WGG und § 37 Abs 3 Z 18a MRG zulässig sei. Höchstgerichtliche Rechtsprechung liege zu der hier zu lösenden Frage der Bildung des Entgelts nach § 13 Abs 6 WGG, insbesondere der Höhe des zulässigen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrags nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt ist.

Lediglich dem als Anregung, gemäß § 37 Abs 4 MRG vorzugehen, zu verstehenden Antrag auf Rückerstattung zuviel bezahlter Entgelte konnte in Anbetracht der unbekämpft gebliebenen Feststellungen teilweise entsprochen werden. Es stehen demnach Überzahlungen der Antragstellerin der Entgeltskomponente von S 2.423,72 anstatt S 2.371,42, somit einer Differenz von S 52,30 monatlich für den Zeitraum vom 1. 10. 1997 bis 31. 3. 1998 und der Entgeltskomponente von S 2.423,72 statt S 2.412,45, somit eine Differenz von S 11,27 im Zeitraum 1. 4. 1998 bis inklusive Mai 1998 fest. Das ergibt insgesamt den Betrag von S 336,34 samt Zinsen seit der Außerstreitstellung in der mündlichen Verhandlung vom 25. 5. 1998. Spätere Zahlungen und frühere Zahlungszeitpunkte stehen nicht fest.

Im Zeitraum 1. 4. 1997 bis 30. 9. 1997 steht die vorgeschriebene Entgeltskomponente nicht fest.

Wie die Vorinstanzen bereits zutreffend ausgeführt haben, ist das für die Wohnung der Antragstellerin zu bezahlende Entgelt folgendermaßen zu ermitteln:

Gemäß § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG ist § 46 Abs 2 MRG nur nach Maßgabe des § 13 Abs 4 bis Abs 6 iVm § 39 Abs 18 Z 2 WGG anzuwenden. Das bedeutet, dass in Fällen des Eintritts naher Angehöriger nach § 46 Abs 2 MRG das vom Mieter zu bezahlende Entgelt auf jenen Betrag angehoben werden kann, der bei Neuvermietung, nach § 13 Abs 6 WGG zulässig ist.

Die hier anzuwendende Bestimmung des § 13 Abs 6 WGG wurde mit Art I Z 19 des 3. WÄG mit Wirkung vom 1. 1. 1994 in Kraft gesetzt. Sie bedeutet eine Ausdehnung des bereits mit dem 2. WÄG BGBl Nr 68/1991 mit § 39 Abs 18 Z 2 WGG eingeführten Modells (vgl aus dem AB zu Art I Z 19 des 3. WÄG in Würth-Zingher WohnR 94, 173). § 39 Abs 18 Z 2 WGG idF des 2. WÄG regelte, dass unter den im übrigen im § 39 Abs 18 Einleitungssatz genannten Voraussetzungen für Neuvermietungen nach dem 30. 6. 1991 "anstelle der Beträge gemäß § 14 Abs 1 Z 1 bis 3 und 5 und Z 1 dieses Absatzes, die sich aus § 16 Abs 2 und 4 des MRG jeweils ergebenden Beträge vereinbart werden" durften. Der in § 14 Abs 1 Z 5 WGG in der damals geltenden Fassung geregelte Betrag zur Erhaltungsrückstellung erfuhr jedoch in der Folge durch das 3. WÄG die nunmehr in § 14d WGG enthaltene Ausgestaltung. Erstmals wurde mit § 14d Abs 2 Z 3 WGG die sogenannte "Grundstufe" des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages eingeführt, der (statt des Betrages zur Rückstellung nach § 14 Abs 1 Z 5 aF) ohne Rücksicht auf das Alter der Baulichkeit vorgesehen ist, der nicht rückforderbar ist (vgl Würth-Zingher WohnR 94 Rz 1 und 2 zu § 14d WGG) und der, was hier entscheidend ist, in dem nach § 13 Abs 6 WGG (sowie § 39 Abs 18 Z 2 WGG) neu geregelten Entgelt bereits enthalten ist. Die sprachlich nicht gerade geglückte Formulierung des § 13 Abs 6 idF des 3. WÄG bedeutet diesbezüglich, dass der Erhaltungsbeitrag im Ausmaß des Betrages gemäß § 14d Abs 2 Z 3 (der EVB der Grundstufe) in dem sich durch Anwendung des § 15a Abs 3 MRG ergebenden höheren Betrag, im Kategoriemietzins, bereits enthalten ist.

Dazu kommen die sonstigen Entgeltsbestandteile des § 14 Abs 1 WGG, die durch § 13 Abs 6 WGG nicht ausgeschlossen sind und die Differenz auf allfällige höhere Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge (vgl Würth aaO Anm 9 zu § 13 WGG und 3 zu § 39 WGG).

Was den hier in Frage stehenden Fall betrifft, dass nämlich für die gegenständliche Wohnung eine Erhöhung des zulässigen Entgelts infolge erhöhter Bauerneuerungsrückstellung (§ 14 Abs 5 WGG iVm § 14 Abs 1 Z 5 WGG, beide idF des 2. WÄG) betrifft, findet sich in § 39 Abs 19 WGG die Übergangsvorschrift. Die auf Grund von Vereinbarungen oder gerichtlichen Entscheidungen gemäß § 14 Abs 2 bis 5 eingehobenen Beträge gelten, jedoch nur auf die Dauer des Erhöhungszeitraums als vorgeschriebene und nicht rückzahlbare Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge. Damit wird eine einfache Überführung der Erhaltungsrückstellung, auch der Erhöhung einer Erhaltungsrückstellung durch behördliche Entscheidung im Sinn des § 14 Abs 5 aF in die neuen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge vorgenommen. Das bedeutet für die Dauer des hier in Frage stehenden Erhöhungszeitraums, dass der Antragstellerin als Nutzungsberechtigter neben dem nach § 13 Abs 6 zulässigerweise vereinbarten Entgelt, in dem der Erhaltungs- und Verbsserungsbeitrag der Grundstufe enthalten ist, die durch Entscheidung des Magistrats der Stadt Graz vorgenommene Erhöhung der Erhaltungsrückstellung in Anrechung gebracht werden darf, letztere allerdings vermindert um den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag der Grundstufe, weil ja nach der Anordnung des § 39 Abs 19 WGG dieser erhöhte Rückstellungsbetrag zur ordnungsgemäßen Erhaltung in einen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag umgewandelt wurde und ein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag der Grundstufe bereits im Entgelt enthalten ist.

Zutreffend haben die Vorinstanzen das zulässige Entgelt nach diesen Gesichtspunkten ermittelt und der Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher nicht berechtigt, wobei ihrer Anregung auf Schaffung eines Rückforderungstitels nach § 37 Abs 4 MRG im oben dargestellten Umfang zu entsprechen war.

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