OGH 13Os95/99

OGH13Os95/9915.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jäger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Anton K***** und Mag. Ulrike K***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB und anderen strafbaren Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 11. November 1998, GZ 11 Vr 3023/96-52, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, der Angeklagten Anton K***** und Mag. Ulrike K***** sowie deren Verteidiger Dr. Lenzi und Dr. Kortschak zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen zu I/5 und II sowie, demgemäß auch in den Strafaussprüchen aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Anton K***** ist schuldig, er hat am 16. Jänner 1996 in Tillmitsch dadurch, daß er die Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes für Mag. Ulrike K***** auf den Liegenschaften EZ 184, 1052 und 1723 des Grundbuches 66182 Tillmitsch vertraglich vereinbarte, versucht, sein Vermögen wirklich zu verringern und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen zu vereiteln oder zu schmälern.

Mag. Ulrike K***** ist schuldig, sie hat zur Ausführung dieser Tat beigetragen, indem sie die zu ihren Gunsten verfügte Einverleibung des beschriebenen Belastungs- und Veräußerungsverbotes vertraglich akzeptierte.

Sie haben hiedurch das Verbrechen der versuchten betrügerischen Krida nach §§ 15, 156 Abs 1 StGB, Mag. Ulrike K***** als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB, begangen und werden hiefür, Anton K***** auch für die ihm laut den unberührt bleibenden Teilen des Schuldspruchs zur Last liegenden Taten, jeweils nach § 156 Abs 1 StGB wie folgt verurteilt:

Anton K***** unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu 18 Monaten Freiheitsstrafe und

Mag. Ulrike K***** unter Anwendung des § 41 Abs 1 StGB zu 3 Monaten Freiheitsstrafe.

Gemäß § 43a Abs 3 StGB wird ein Teil der Freiheitsstrafe des Anton K***** von 15 Monaten und gemäß § 43 Abs 1 StGB die über Mag. Ulrike K***** verhängte Freiheitsstrafe, jeweils unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Anton K***** der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB (I/1a und b), der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (I/2) und des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs 1 StGB (I/4), des Vergehens nach § 114 Abs 1 ASVG (I/3) sowie des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB (I/5) und Mag. Ulrike K***** als Beteiligte zu diesem Verbrechen nach §§ 12 dritter Fall, 156 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach haben, soweit für das Rechtsmittelverfahren von Bedeutung,

(zu I/5) Anton K***** am 16. Jänner 1996 in Tillmitsch dadurch, daß er die Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes für Mag. Ulrike K***** auf den Liegenschaften EZ 184, 1052 und 1723 des Grundbuches 66182 Tillmitsch vertraglich vereinbarte, sein Vermögen wirklich verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert, und

(zu II) Mag. Ulrike K***** zur Ausführung dieser Tat beigetragen, indem sie die zu ihren Gunsten verfügte Einverleibung des beschriebenen Belastungs- und Veräußerungsverbotes vertraglich akzeptierte.

Die Angeklagten bekämpfen die Schuldsprüche wegen betrügerischer Krida mit gesonderten, von Anton K***** auf Z 5, 9 lit a, 9 lit b und 10, von Mag. Ulrike K***** auf Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, die teilweise begründet sind.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen nahm der Angeklagte Anton K***** am 19. Dezember 1986 ohne das erforderliche Eigenkapital den Betrieb einer Gaststätte mit Sauna auf. Am 4. Juli 1988 erwarb er die Liegenschaft, auf der sich die Gaststätte befand, am 8. Oktober 1990 ein Nachbargrundstück, auf dem er ein Gästehaus errichtete. Ausgaben wurden größtenteils mit Krediten finanziert, die auf den Liegenschaften pfandrechtlich besichert wurden. In den Jahren 1994, 1995 und 1996 kam es zu zahlreichen Exekutionsverfahren. Spätestens ab Jahresende 1994 war der Angeklagte zahlungsunfähig. Am 11. Jänner 1995 ersteigerte er eine dritte Liegenschaft. Das Meistbot finanzierte er mit einem Hypothekarkredit (US 6 bis 9).

Der Angeklagten Mag. Ulrike K***** war die schlechte finanzielle Situation ihres Gatten zumindest ab Herbst 1995 bekannt. Sie wußte, daß Exekutionen gegen ihn anhängig waren und Gläubiger auf Zahlung drängten. Über die Gesamthöhe der Verbindlichkeiten war sie nicht informiert.

Auf Grund eines Rates einer Bankangestellten entschloß sich der Angeklagte Anton K***** im Jänner 1996, auf den Liegenschaften ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten seiner Gattin einzuverleiben, womit sie einverstanden war. Zweck dieser Handlungsweise war vor allem, die Liegenschaften für die Familie zu erhalten. Beide Angeklagten hielten es jedoch überdies ernstlich für möglich und fanden sich damit ab, daß hiedurch Gläubiger bei der Befriedigung ihrer Forderungen gegen Anton K***** benachteiligt werden könnten.

Am 16. Jänner 1996 unterzeichneten die Angeklagten ein Übereinkommen, in dem sich Anton K***** verpflichtete, "ohne Zustimmung seiner Ehegattin Ulrike K*****, solange diese lebt", die Liegenschaften "weder zu belasten noch zu veräußern". Dieses Belastungs- und Veräußerungsverbot wurde im Grundbuch bei allen drei Liegenschaften des Angeklagten eingetragen. Spätere Anträge von Gläubigern auf Zwangsversteigerung und auf Pfandrechtsvormerkung wurden abgewiesen (US 10 bis 12, 14).

Zum 16. Jänner 1996 hatte der Angeklagte Schulden von (zumindest) rund 8,195.901 S, für die auf den Liegenschaften Pfandrechte einverleibt waren.

In einem am 3. Juli 1996 eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahren wurde der Schätzwert der Liegenschaften samt Zubehör mit insgesamt 6,892.873 S ermittelt. Beim Versteigerungstermin am 7. Oktober 1998 wurden zwei Liegenschaften um insgesamt 4,222.200 S einer Bank zugeschlagen, während das Verfahren hinsichtlich der dritten Liegenschaft mangels Bieter eingestellt wurde.

Nach Einleitung des Strafverfahrens erfolgte am 12. März 1998 mit Zustimmung der Angeklagten Mag. K***** die Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes (US 14, 20).

Rechtlich vertrat das Erstgericht einerseits die Auffassung, daß bereits durch Eintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes ein Schaden für die Gläubiger eintrat, "zumal die fraglichen Objekte aus dem exekutiv erfaßbaren Schuldnervermögen für weitere Gläubiger ausschieden". Zwei mit dieser Formulierung gemeinte Gläubiger sind im Urteil namentlich genannt (US 18, vgl 14).

Andererseits wird im Urteil aber auch angeführt, daß die Eintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes "nicht absolut, sondern nur relativ ungeeignet war, weitere nachrangige Gläubiger zu schädigen" (US 19). Im Rahmen der Beweiswürdigung vermerkten die Tatrichter einen Zweifel daran, ob die Angeklagten einen 500.000 S übersteigenden Schaden herbeigeführt haben (US 17). Unter den Milderungsgründen ist festgehalten, daß "beim Faktum betrügerische Krida kein Schade (außer den Kosten für abgewiesene Grundbuchsanträge) für Gläubiger entstand" (US 20).

Die Beschwerdeführer machen - inhaltlich aus Z 9 lit a - geltend, daß beim konstatierten Sachverhalt nur ein Versuch des Verbrechens nach § 156 StGB vorliege, der absolut untauglich sei. Aus Z 10 rügt die Angeklagte Mag. Ulrike K***** das Fehlen von Feststellungen, "die klären, ob ein Schaden durch Eintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes überhaupt eingetreten ist".

Dem Vorbringen kommt zum Teil Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Betrügerische Krida nach § 156 Abs 1 StGB ist vollendet, sobald feststeht, daß ein Gläubiger infolge eines wirklich oder scheinbar Vermögen verringernden Verhaltens des Schuldners oder eines Beteiligten (§ 14 Abs 1 StGB) eine Forderung nur zum Teil oder gar nicht beglichen erhält. Die Tathandlung muß eine Ursache dafür sein, daß zumindest ein Gläubiger effektiv einen Befriedigungsausfall erleidet (arg "... verringert und dadurch ..." in § 156 Abs 1 StGB; Leukauf/Steininger Komm3 § 156 RN 11). Bevor eine solche Auswirkung sicher ist, kann Vollendung des Verbrechens nicht angenommen werden.

Die Intabulierung eines zu Gunsten der Gattin des Schuldners begründeten Belastungs- und Veräußerungsverbotes schließt für die Dauer seines Bestandes, nämlich bis zum Ableben der Berechtigten oder des Belasteten oder bis zur einverständlich veranlaßten Löschung, jede Zwangsversteigerung aus, die nicht auf früher verbücherte Pfandrechte gestützt werden kann (Rummel ABGB2 § 364 c Rz 8, 12, 15; SZ 25/95).

Schon die Einverleibung eines solchen Verbotes, das demnach Gläubigern mit noch nicht hypothekarisch besicherten Forderungen einen Verkaufszugriff auf die Liegenschaft verwehrt, bedeutet eine schädigende Schmälerung des Befriedigungsfonds, wenn es sich um eine an sich zu Gunsten dieser Gläubiger verwertbare Liegenschaft handelt.

War eine Liegenschaft aber vor Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes mit Pfandrechten für offene Ansprüche belastet, deren Gesamthöhe den Liegenschaftswert übersteigt, sodaß die Zugriffsbeschränkung im Fall einer Verwertung aller Sicherheiten ohne Auswirkung bliebe, weil der Erlös nur für vorrangig besicherte Gläubiger reicht, kann die Intabulierung des Verbotes nicht ohne weiteres mit einer Gläubigerschädigung gleichgesetzt werden. Dazu bedürfte es vielmehr der konkreten Feststellung besonderer Umstände, die im Einzelfall eine zumindest teilweise Befriedigung (auch) der Gläubiger mit noch nicht grundbücherlich besicherten Forderungen erwarten ließen, wenn das Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht eingetragen worden wäre.

Solche speziellen Gegebenheiten (wie Exekutionsverzicht eines bevorrangten Pfandrechtsinhabers) wurden im gegebenen Fall nicht konstatiert. Ein tatsächlicher Befriedungsausfall auf Grund der Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes ist somit bei den festgestellten Verhältnissen nicht eingetreten, wie schon das Erstgericht im Rahmen der Strafzumessungserwägungen ausgeführt hat. Die Tat ist demnach nicht über das Versuchsstadium hinaus gelangt, weshalb die Schuldsprüche wegen Vollendung des Verbrechens der betrügerischen Krida verfehlt sind.

Insofern waren daher die Nichtigkeitsbeschwerden im Recht, sodaß es sich erübrigt, auf die diesbezüglichen Argumente der Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten Anton K***** einzugehen.

Im übrigen jedoch sind die Nichtigkeitsbeschwerden - soweit sie auf die Annahme eines absolut untauglichen Versuchs abzielen - unbegründet.

Ein absolut untauglicher, für alle Beteiligten strafloser Versuch wäre nur dann gegeben, wenn die Verwirklichung eines tatbestandsmäßigen Sachverhalts mangels persönlicher Eigenschaften oder Verhältnisse, die das Gesetz beim Handelnden voraussetzt, oder nach der Art der Handlung oder des Gegenstandes, an dem die Tat begangen wurde, unter keinen Umständen möglich war (§ 15 Abs 3 StGB). Davon kann hier keine Rede sein. Auch wenn der später in einem Zwangsversteigerungsverfahren ermittelte Schätzwert der drei Liegenschaften um einiges geringer war als die bei Begründung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes unbeglichenen, hypothekarisch sichergestellten Forderungen gegen den Angeklagten, war eine vom Vorsatz umfaßte Gläubigerschädigung durch die Verbotseintragung nicht von vornherein für alle Fälle ausgeschlossen, hätte doch aus verschiedenen Gründen (wie gänzliche oder teilweise Befriedigung bzw Exekutionsverzicht bevorrangter Gläubiger, aber auch die Erzielung eines die Pfandbelastungen übersteigenden Meistbots) eine - durch die Tat unterbundene - effektive Zugriffsmöglichkeit für weitere Gläubiger durchaus aktuell werden können.

Aus den dargelegten Gründen war - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - den Nichtigkeitsbeschwerden teilweise Folge zu geben und nach entsprechender Urteilsaufhebung (I/5 und II) in diesem Umfang in der Sache selbst spruchgemäß zu erkennen; im übrigen aber waren die Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen.

Bei der notwendig gewordenen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit fünf Vergehen bei Anton K***** und keinen Umstand bei Mag. Ulrike K*****, hingegen als mildernd bei beiden Angeklagten den bisher ordentlichen Lebenswandel und die Tatsache des bloßen Versuchs der betrügerischen Krida, darüber hinaus bei Anton K***** das teilweise Geständnis sowie bei Mag. Ulrike K***** die untergeordnete Tatbeteiligung.

Unter Berücksichtigung aller Strafbemessungskomponenten (§ 32 StGB), wobei beim Erstangeklagten auch der beträchtliche Kridaschaden ins Gewicht zu fallen hat, sind die verhängten Freiheitsstrafen (betreffend die Zweitangeklagte unter Anwendung des § 41 Abs 1 StGB) tatschuldangemessen.

Spezial- und generalpräventive Belange gestatten beim Erstangeklagten, insbesondere im Hinblick auf die mehrfachen, zum Teil nicht unerheblichen Straftaten nur eine teilbedingte Strafnachsicht, während hinsichtlich der Zweitangeklagten die gesamte Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen werden konnte. Die Verhängung einer Geldstrafe war allerdings mit der Erzielung der erforderlichen Wirkung einer Strafsanktion nicht zu vereinen.

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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