OGH 13Os93/99 (13Os94/99)

OGH13Os93/99 (13Os94/99)15.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jäger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl L***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls (durch Einbruch) nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 zweiter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Karl L***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. März 1999, GZ 3 b Vr 8342/98-129, sowie über die Beschwerde gemäß § 494a Abs 4 StPO des Angeklagten Karl L***** nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftig gewordenen Schuldspruch des Mitangeklagten Peter O***** enthaltenden Urteil wurde der Angeklagte Karl L***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls (durch Einbruch) nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und Z 2, 130 zweiter Fall StGB (A) sowie der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B), der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (C) und nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG schuldig erkannt.

Danach hat er

zu A. mit Peter O***** in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem 500.000 S übersteigenden Wert anderen Personen durch Einbruch, Eindringen mit nachgemachten bzw widerrechtlich erlangten Schlüsseln und durch Aufbrechen von Behältnissen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar - zusammengefaßt - zwischen der Nacht zum 20. Jänner 1998 und der Nacht zum 10. September 1998 in insgesamt 18 Angriffen neben anderen Sachen vorwiegend Bargeld, Schmuck und Münzen;

zu B. mit Peter O***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, dadurch unterdrückt, daß sie diese an sich brachten und nicht mehr zurückstellten, wobei sie mit dem Vorsatz handelten, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes bzw einer Tatsache gebraucht werden, und zwar - zusammengefaßt - in 7 Angriffen Sparbücher und eine Eurocard;

zu C. nachgenannte falsche Urkunden im Rechtsverkehr anläßlich der Anmeldung des PKWs BMW 525i, E 34, zum Beweise eines Rechtes, bzw einer Tatsache gebraucht, und zwar

1. im Mai 1998 dadurch, daß er einen Kaufvertrag über den PKW BMW 525i mit dem Namen Karl Lo***** unterfertigte;

2. am 12. Juni 1998 dadurch, daß er einen Kaufvertrag und eine Vollmacht jeweils mit dem Namen Dragica M***** unterfertigte;

zu D. unbefugt genehmigungspflichtige Schußwaffen besessen, und zwar

1. am 10. und 11. September 1998 einen Revolver der Marke Colt Python;

2. vom 9. September 1998 bis 11. September 1998 eine Pistole der Marke Frommer.

Der Angeklagte Karl L***** bekämpft seine Schuldsprüche mit einer auf die Z 3, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch nicht berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge nach Z 3 bemängelt die Anwesenheit der minderjährigen Schwester des Angeklagten im Verhandlungssaal bei der Hauptverhandlung vom 30. März 1999, wodurch er sowie seine Mutter bei der Beantwortung einzelner Fakten (gemeint: Fragen) "aufs Massivste" gestört worden sei und die Schwester seitdem unter psychischen Problemen leide.

Abgesehen davon, daß der Angeklagte während der Verhandlung irgendwelche Störungen durch die Anwesenheit seiner Schwester gar nicht behauptete (und keinen Antrag auf deren Entfernung stellte), übersieht die Beschwerde, daß nur ein Verstoß gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 228 Abs 1 StPO), nicht jedoch die relevierte Unterlassung des Ausschlusses einer unmündigen Person als Zuhörer von der Hauptverhandlung (§ 228 Abs 3 StPO) unter Nichtigkeitssanktion steht.

Zur umfänglichen Mängelrüge (Z 5) ist vorweg folgendes zu bemerken:

Unter Behauptung von Unvollständigkeit (nominell auch Widerspruch und Undeutlichkeit) meint die Rüge, das Erstgericht hätte die in der Beschwerdeschrift bezeichneten entscheidungswesentlichen Feststellungen "nur" auf Gesamtergebnisse des Beweisverfahrens stützen können und habe sich insbesondere nicht mit konkreten Anhaltspunkten auseinandergesetzt. Insbesondere das Verschwinden von Beweismaterial finde in den Feststellungen keine Berücksichtigung.

Abgesehen davon, daß sich das Erstgericht jeweils mit denkrichtigen Erwägungen mit allen in der Beschwerde gegen das Gutachten des Sachverständigen N***** und die Glaubwürdigkeit mehrerer Zeugen vorgebrachten Umstände auseinandergesetzt hat, worauf noch zurückgekommen werden wird, war es nicht verhalten, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen wie überhaupt alle Verfahrensergebnisse in extenso zu erörtern und darauf zu untersuchen, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen. Im Urteil sind nämlich in gedrängter Form - gerade entgegen der Kritik - in einer Gesamtschau aller Beweisergebnisse in freier Beweiswürdigung die entscheidenden Tatsachen zu bezeichnen und diese schlüssig sowie zureichend zu begründen, ohne dagegensprechende wesentliche Umstände mit Stillschweigen zu übergehen. Dabei ist das Gericht berechtigt (§ 258 Abs 2 StPO) nicht nur "zwingende" Schlüsse, sondern auch Wahrscheinlichkeitsschlüsse zu Tatsachenfeststellungen zu ziehen, welche, wenn sie logisch und somit vertretbar sind, als Ergebnis freier richterlicher Beweiswürdigung mit Nichtigkeitsbeschwerde unanfechtbar sind.

Im übrigen übergehen die Gründe keineswegs die Widersprüchlichkeit der dem Gutachten des Sachverständigen N***** zugrundeliegenden EKF-Befunde zu Faktum A.1. (bei der ersten Untersuchung von Türzylinderschlössern wurden keine Feilspuren gefunden - S 185f/I -, sehr wohl jedoch laut zweitem Bericht - S 321 ff/II), sondern verweisen hiezu auf das keineswegs unlogische Gutachten des Sachverständigen (US 44). Zudem schloß das Erstgericht auf die Täterschaft des Angeklagten auf Grund bei ihm sichergestellter, aus diesem Einbruchsdiebstahl stammender Tresorschlüssel (US 24 oben). Schließlich sind die Tatrichter auch auf die - keine entscheidende Tatsache betreffenden - Abweichungen des mündlichen Gutachtens des genannten Sachverständigen vom schriftlichen Gutachten zu der Frage eingegangen, ob auch ohne langwierige einschlägige Ausbildung als Schlosser Einbrüche mit den hier vorliegenden Einbruchspuren möglich seien (US 42).

Ebenso ausreichend Stellung bezogen haben sie zu den Aussagen der Zeugen Bez.Insp. B***** und R***** (US 26 f, 28) zu Faktum A.9.

Beschwerdebehauptungen, daß Beweismaterial verschwunden sei, bedürfen keiner und sind auch keiner sachbezogenen Erörterung in Richtung des behaupteten Nichtigkeitsgrundes zugänglich (s. auch § 258 Abs 1 StPO).

Letztlich wurde auch die Behauptung des Angeklagten, daß angeblich von dem von ihm als der tatsächliche Täter bezeichnete Hermann H***** eine Bestellung von Schlossereiwerkzeugen bei der Firma W***** vorgenommen wurde, vom Erstgericht ebenso ausführlich in seine Überlegungen einbezogen (US 33 ff), wie die entlastenden Angaben der dem Angeklagten L***** jeweils nahestehenden Alibizeugen. Der tatrichterliche Schluß einer Absprache mit letzteren ist entgegen der Beschwerde im Hinblick auf die bis 1. März 1999 ohne Gesprächsüberwachung erteilte regelmäßige Besuchserlaubnis (AS 3n, US 40) keineswegs denkunmöglich.

In Wahrheit zeigen somit die Ausführungen der Rüge nach Z 5 keine Begründungsmängel auf, sondern trachten bloß unzulässig die nach den Denkgesetzen einwandfreie und alle Beweisergebnisse berücksichtigende erstrichterliche Beweiswürdigung zu bekämpfen.

Dies trifft auch für die Tatsachenrüge (Z 5a) zu, die keine, geschweige denn erhebliche, sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der den Schuldsprüchen zugrundeliegenden wesentlichen Feststellungen und auch keine Verstöße gegen das Gebot zur amtswegigen Wahrheitserforschung aufzeigt, sondern gleichfalls nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die Richtigkeit der im Urteil angestellten Beweiswerterwägungen bezweifelt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodaß über die vom Angeklagten Karl L***** außerdem noch erhobene Berufung und seine Beschwerde das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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