Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Sachbeschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidungen der Vorinstanzen zu lauten haben:
"Es wird festgestellt, daß die Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber zu den Zinsterminen 1. 12. 1996 bis einschließlich Oktober 1997 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß durch monatliche Vorschreibungen von S 3.469 um monatlich S 1.092,39 überschritten hat.
Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit S 3.032,64 anteilig bestimmten Kosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Text
Begründung
Die Antragsgegnerin ist Hauseigentümerin des Hauses B*****, der Antragsteller ist Mieter des Bestandobjektes Nr 8 dieses Hauses. Er schloß am 4. 12. 1996, beginnend ab 1. Dezember 1996, einen schriftlichen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit ab. Das Bestandobjekt entspricht der Kategorie A und ist 34,69 m2 groß. Im Revisionsrekursverfahren ist weiters unstrittig, daß ein Richtwertmietzins einschließlich Zuschlägen in Höhe von S 68,51/m2 zulässig ist. Der Antragsteller bestreitet lediglich noch, daß der mit S 22,76 je m2 ermittelte und der Höhe nach außer Streit stehende Lagezuschlag grundsätzlich berechtigt sei.
Der Antragsteller begehrte in seinem zunächst bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Antrag die Feststellung, daß der zulässige Mietzins im Zeitraum von Dezember 1996 bis Oktober 1997 um monatlich S 1.599,21, für 11 Monate sohin um S 17.591,31 überschritten worden sei und beantragte ferner, der Antragsgegnerin aufzutragen, die zuviel bezahlten Beträge samt 4 % Zinsen und Umsatzsteuer binnen 14 Tagen bei Exekution zu refundieren.
Dem hielt die Antragsgegnerin entgegen, daß der angesetzte Nettohauptmietzins von S 100/m2 sowohl im Hinblick auf den Erstbezug nach Standardanhebung etc als auch im Hinblick auf einen Lagezuschlag zulässig sei.
Der Antragsteller brachte ergänzend vor, daß ein Lagezuschlag gemäß § 16 Abs 4 MRG nicht wirksam vereinbart worden sei.
Das Erstgericht stellte mit Sachbeschluß fest, daß der Antragsgegner dem Antragsteller gegenüber zu den Zinsterminen 1. 12. 1996 bis inklusive Oktober 1997 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß durch monatliche Vorschreibungen von S 3.469 um monatlich S 303,-
überschritten habe. Es erkannte den Antragsteller ferner für schuldig, der Antragsgegnerin S 4.988,50 an Verfahrenskosten zu ersetzen. Ein Ausspruch über den Rückforderungsanspruch unterblieb.
Das Erstgericht ging dabei von folgenden wesentlichen Feststellungen aus: § 3.2 des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen schriftlichen Mietvertrages lautet: "Bei einem Lagezuschlag gemäß § 16 Abs 2 Z 4 Abs 3 und 4 MRG: als maßgebende Umstände wurden die überdurchschnittliche Lage (außerhalb eines Gründerzeitviertels) berücksichtigt, sowie weiters (Lage, Wohnungsumgebung des Hauses) laut Gutachten der Sachverständigen Alexandra Trestler vom 3. 12. 1196.....(gemeint: 12. 11. 1996) anteiliger Lagezuschlag S 27,30 und Zuschlag gemäß § 16 Abs 2 Z 1 bis 5. Der Grundkostenanteil liegt daher aufgrund des Verkehrswerts der Liegenschaft unter Berücksichtigung der Bebaubarkeit über dem der Richtwertermittlung zugrundeliegenden Grundkostenanteil." Das Gutachten, aufgrund dessen ein Lagezuschlag von S 27,30/m2 errechnet wurde, war zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses vorliegend und die einzelnen Punkte waren mit dem Antragsteller erörtert worden. Eine schriftliche Ausfertigung des Gutachtens erhielt der Antragsteller nicht. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung traf das Erstgericht noch die ergänzenden Feststellungen (AS 61), daß das Gutachten dem Antragsteller bei Mietvertragsabschluß gezeigt wurde. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der Formvorschrift des § 16 Abs 4 MRG Genüge getan sei. Vorhandensein des schriftlichen Gutachten beim Mietvertragsabschluß, Vorzeigen dieses Gutachtens und ausdrücklicher Hinweis auf im Gutachten enthaltenen Umstände für den Lagezuschlag im Mietvertrag müßten im Zusammenhang mit der mündlichen Erklärung ausreichen, das Erfordernis der "schriftlichen Bekanntgabe" zu erfüllen.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Sachbeschluß. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 nicht übersteige und ließ den Revisionsrekurs zu. Es vertrat im wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichtes und wies ergänzend darauf hin, daß es nicht schade, daß dem Mieter eine Ausfertigung des Gutachtens, welches über die Umstände für den Lagezuschlag Aufschluß gebe, nicht mitgegeben worden sei. Es sei nicht erforderlich gewesen, daß der Antragsteller trotz unzureichender Kenntnis der deutschen Sprache den schriftlichen Inhalt des Mietvertrages oder des Gutachtens verstehen hätte müssen. Die Formalvoraussetzungen des § 16 Abs 4 MRG seien somit eingehalten worden. Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses sei auszusprechen gewesen, weil sich das Höchstgericht - soweit überblickbar - mit dem Formalvoraussetzungen des § 16 Abs 4 MRG zur gültigen Vereinbarung eines Lagezuschlages bisher noch nicht auseinandergesetzt habe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß festgestellt werde, daß vom 1. 12. 1996 bis Oktober 1987 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß durch monatliche Vorschreibungen von S 3.469 um monatlich S 1.092,39 überschritten worden sei und daß der Antragsgegnerin aufgetragen werde, an den Antragsteller S 12.016,29 zuzüglich Umsatzsteuer und 4 % Zinsen zu bezahlen sowie dem Antragsteller Barauslagen von S 80,- zu ersetzen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegnerin beteiligte sich nicht am Revisionsrekursverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig; er ist auch berechtigt.
Gemäß § 16 Abs 4 zweiter Halbsatz MRG ist ein Lagezuschlag nach Abs 3 leg cit nur dann zulässig, wenn die für den Lagezuschlag maßgebenden Umstände dem Mieter in Schriftform bis spätestens beim Zustandekommen des Mietvertrages ausdrücklich bekanntgegeben worden sind. Der Zweck dieser Schutzvorschrift zugunsten des Mieters (WoBl 1999/44, 5 Ob 101/99k) ist es, diesem die Überprüfung der Berechtigung eines solchen Zuschlages zu ermöglichen (WoBl 1999/44 [Dirnbacher]). Diese Formvorschrift ist zwingend (5 Ob 101/99k). Der - wenn auch schriftliche - Hinweis im schriftlichen, vom Antragsteller unterfertigten Mietvertrag erfüllte diese Voraussetzungen zweifelsohne nicht, weil aus dem Hinweis auf das Gutachten die für den Lagezuschlag maßgebenden Umstände selbst nicht hervorgingen. Auch eine mündliche Erörterung kann nach dem klaren Wortlaut eine "ausdrückliche Bekanntgabe in Schriftform" nicht ersetzen. Es stellt sich nur die Frage, ob das Vorzeigen des schriftlichen Gutachtens, seien dabei auch die einzelnen Punkte mit dem Antragsteller erörtert worden, eine ausdrückliche schriftliche Bekanntgabe darstellt oder nicht. Dies muß, gemessen am Erfordernis der Überprüfbarkeit, verneint werden. Für eine "Bekanntgabe in Schriftform" ist vielmehr die Forderung aufzustellen, daß ein solches Schriftstück dem Mieter im Sinne des § 862a ABGB zugeht, das heißt, daß dieses in seinen Machtbereich gelangt ist. Erfolgt demnach - wie im vorliegenden Fall - keine Zusendung per Post, kann von einem Zugang nur dann gesprochen werden, wenn das Schriftstück dem Mieter oder einer von ihm bevollmächtigten Person auch ausgehändigt wird. Der durch den Vertreter der Antragsgegnerin beim Mietvertragsabschluß gewählte Vorgang, nämlich im schriftlichen Mietvertrag auf ein Gutachten hinzuweisen, in welchem die Umstände für den Lagezuschlag ausgeführt sind, das Gutachten herzuzeigen und mündlich zu erörtern, stellt demgegenüber keinen Zugang dar, weil das Schriftstück nicht in den Machtbereich des Adressaten (Rummel in Rummel ABGB I2 Rz 2, 2a zu § 862a) gelangt ist. Nur ein solcher Zugang würde aber dem Normzweck des § 16 Abs 4 MRG entsprechen. Da nicht behauptet wurde, daß der Antragsteller eine solche Aushändigung verweigert hätte, bedarf die Frage einer Zugangsfiktion keiner weiteren Erörterung.
Durch den Wegfall des - der Höhe nach außer Streit stehenden - Lagezuschlages ergibt sich ein zulässiger Mietzins von S 68,51/m2, für 34,69 m2 sind dies S 2.376,61 netto, daraus folgt eine Überzahlung von S 1.969,79 monatlich.
Das vom Antragsteller schon vor der Schlichtungsstelle eingebrachte "Rückzahlungsbegehren" ist nach der Rechtsprechung (5 Ob 65/98i, MietSlg 48.426 = immolex 1997, 204) lediglich als Anregung zu betrachten, von der Möglichkeit der Schaffung eines Rückzahlungstitels Gebrauch zu machen. Voraussetzung für einen derartigen Zuspruch ist aber auch, daß das Rückzahlungsbegehren mit dem Antragsgegner erörtert wird (MietSlg 48.426 = immolex 1997, 204). Dies ist im vorliegenden Fall jedoch unterblieben. Deshalb verbietet sich auch die Schaffung eines Rückzahlungstitels durch die Instanzgerichte. Eine formelle Abweisung des diesbezüglichen Begehrens hat jedoch zu unterbleiben (EvBl 1997/96 = WoBl 1997, 151 ua, MietSlg 45.508 ua).
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG. Der Antragsteller, welcher eine Reduzierung des Mietzinses um S 1.599,21 erreichen wollte, ist nur mit einer Herabsetzung um S 1.092,39 monatlich, somit ca 68 % durchgedrungen. Gemäß § 43 Abs 1 dritter Satz ZPO stehen einem Barauslagenersatzanspruch des Antragstellers von S 54,40 (68 % aus S 80,-) S 3.087,04 (dies sind 32 % von S 9.647) an Sachverständigenkosten gegenüber, welche die Antragsgegnerin bevorschußt hat. Dies ergibt einen Differenzanspruch von S 3.032,64.
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