OGH 4Ob228/99d

OGH4Ob228/99d14.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Pia E*****, geboren am *****, und des mj. Lukas E*****, geboren am *****, beide vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft S***** als Unterhaltssachwalterin, infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen gegen den Beschluß des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 5. November 1998, GZ 10 R 231/98t-40, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichts Neulengbach vom 15. Juli 1998, GZ 1 P 95/96x-36, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt - einschließlich des bestätigten und des mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsenen Teils - wie folgt zu lauten hat:

"1. Anton E*****, geboren am *****, ist schuldig, zusätzlich zu der ihm aufgrund des Scheidungsvergleichs des Bezirksgerichts Tulln vom 20. 6. 1989, GZ Sch 32/89-1, auferlegten Unterhaltsverpflichtung von monatlich 2.500 S, zum Unterhalt der mj. Pia E*****, geboren am *****, vom 1. 12. 1997 bis 31. 5. 1998 einen weiteren Betrag von

1.900 S, vom 1. 6. 1998 bis 30. 9. 1998 einen weiteren Betrag von

1.650 S, und ab 1. 10. 1998 bis auf weiteres, längstens bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit, einen weiteren Betrag von 1.900 S monatlich beizutragen; er ist weiters schuldig, zum Unterhalt des mj. Lukas E*****, geboren am *****, vom 1. 12. 1997 bis 31. 5. 1998 einen weiteren Betrag von 1.900 S und ab 1. 6. 1998 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit, einen weiteren Betrag von 1.650 S monatlich beizutragen. Die Zahlungen sind zu Handen der Bezirkshauptmannschaft S*****, Jugendabteilung, zu *****, zu leisten.

2. Die bis zur Rechtskraft dieses Beschlusses fällig gewordenen Beträge sind abzüglich bereits geleisteter Zahlungen binnen 14 Tagen, die weiteren fällig werden Beträge jeweils am Ersten eines jeden Monats im voraus zu entrichten.

3. Der Antrag des Vaters, den Unterhalt auf monatlich 1.500 S je Kind herabzusetzen, wird abgewiesen."

Text

Begründung

Die beiden Minderjährigen sind die ehelichen Kinder des Anton E***** und der Elfriede G*****. Die Ehe der Eltern wurde mit Beschluß des Bezirksgerichts Tulln vom 20. 6. 1989 einvernehmlich geschieden; die alleinige Obsorge für die Kinder kommt der Mutter zu. Schon vor der Scheidung hatte die Mutter ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft, auf der sich die Ehewohnung befand, den beiden Kindern je zur Hälfte übertragen. Die Kinder räumten dem Vater - er ist Eigentümer des anderen Hälfteanteils - das lebenslängliche und unentgeltliche Fruchtgenußrecht an ihren Anteilen ein; der Vater hingegen verpflichtete sich, die Erhaltungs- und Betriebskosten sowie die öffentlichen Abgaben auch für die Anteile der Kinder zu tragen.

Das Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters betrug im Zeitraum 1. 6. 1997 bis 30. 6. 1998, unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen und der privaten Nutzung des Firmen-PKW, 27.678,93 S monatlich. Am 22. 5. 1998 hat der Vater mit Gabriele D***** die Ehe geschlossen. Gabriele D***** verfügt über kein sozialversicherungspflichtiges Einkommen.

Der Vater beantragt, die mit 2.500 S festgesetzten Unterhaltsbeiträge auf monatlich 1.500 S je Kind herabzusetzen. Das von ihm benutzte Haus verfalle zusehends; er könne wegen eines auf der Liegenschaft eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbots weder einen Kredit aufnehmen noch das Haus verkaufen. Seit 4 Jahren zahle er für die Kinder freiwillig monatlich 3.000 S. Seine Leistungen für das Haus seien im Ausmaß von 1.500 S monatlich als Naturalunterhalt anzurechnen.

Die Minderjährigen beantragen, die Unterhaltsbeiträge ab 1. 12. 1997 auf je 4.400 S zu erhöhen. Ihre Bedürfnisse hätten sich wesentlich erhöht; der Vater verdiene monatlich durchschnittlich 24.813 S netto.

Das Erstgericht gab dem Unterhaltserhöhungsantrag statt und wies den Herabsetzungsantrag ab. Den Kindern stünden je 18 % des väterlichen Einkommens zu; der zugesprochene Betrag liege unter dem sich daraus ergebenden Betrag. Die Kosten für die Erhaltung des Hauses könnten nicht auf die Kinder überwälzt werden.

Das Rekursgericht setzte die Unterhaltsbeiträge für die beiden Kinder ab 1. 12. 1997 mit je 4.100 S fest und wies das Mehrbegehren ab. Es sprach - aufgrund eines Antrags der Minderjährigen nach § 14a Abs 1 AußStrG - aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Durch die Eheschließung des Vaters mit Gabriele D***** verringere sich der den Kindern zustehende Prozentsatz von je 18 % auf 15 %. Das ergebe (abgerundet) einen angemessenen Unterhaltsbeitrag von 4.100 S je Kind.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Minderjährigen ist zulässig und teilweise berechtigt.

Die Minderjährigen weisen zu Recht darauf hin, daß die Unterhaltspflicht des Vaters für seine Ehegattin für die Zeit vor dem 1. 6. 1998 nicht zu berücksichtigen ist, weil die Ehe erst am 22. 5. 1998 geschlossen wurde. Ihnen stehen demnach für den Zeitraum 1. 12. 1997 bis 31. 5. 1998 je 18 % (20 % abzüglich 2 % für ein weiteres Kind über 10 Jahre; s Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 14ff mwN) des väterlichen Einkommens an Unterhalt zu. Das sind bei einer Unterhaltsbemessungsgrundlage von 27.678,93 S 4.982,21 S monatlich. Der begehrte Unterhaltsbeitrag von 4.400 S liegt darunter und war daher in voller Höhe zuzuerkennen.

Ab 1. 6. 1998 vermindert sich der Unterhaltsbeitrag auf 15 % des väterlichen Einkommens, weil die Unterhaltspflicht für die einkommenslose Ehegattin des Vaters mit 3 % zu berücksichtigen ist (Purtscheller/Salzmann aaO). Bei einer Unterhaltsbemessungsgrundlage von 27.678,93 S errechnet sich für jedes Kind ein Betrag von 4.151,84 S monatlich.

Unterhaltsbeiträge sind nach der Rechtsprechung von Gerichten zweiter Instanz auf volle 100 Schilling auf- oder abzurunden (EFSlg 73.902; 76.825; 79.916 ua). Begründet wird diese Rechtsprechung damit, daß die Unterhaltsbemessung nicht nach exakten Methoden, sondern unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls erfolge (Schwimann, Unterhaltsrecht**2, 44). Das trifft zweifellos zu; gerade die Umstände des Einzelfalls können aber auch dafür sprechen, den Betrag nicht auf volle 100 Schilling, sondern (zB) nur auf volle 10 Schilling zu runden. Für das Festsetzen gerundeter Unterhaltsbeträge spricht die dadurch erleichterte Zahlungsabwicklung, die es aber nicht erfordert, die Beträge immer auf volle 100 Schilling zu runden. Es wird vielmehr im Einzelfall zu beurteilen sein, ob die Beträge auf volle 100 Schilling oder etwa nur auf volle 10 Schilling gerundet werden sollen. Um so weniger können die damit verbundenen Erleichterungen der Zahlungsabwicklung es rechtfertigen, den Betrag immer auf volle 100 Schilling aufzurunden. Ob auf- oder abzurunden ist, hängt vielmehr ganz allgemein davon ab, ob der zu rundende Betrag über oder unter 50 (5) liegt. Bei unter 50 (5) liegenden Beträgen ist abzurunden, bei darüber liegenden Beträgen aufzurunden.

Im vorliegenden Fall erscheint es angemessen, den Minderjährigen ab 1. 6. 1998 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 4.150 S zuzuerkennen. Für die minderjährige Pia gilt dieser Betrag nur bis 30. 9. 1998, weil sie am 4. 10. 1983 ihr 15. Lebensjahr vollendet hat. Ab diesem Zeitpunkt stehen ihr 22 % des väterlichen Einkommens zu, die sich durch Berücksichtigung der Sorgepflichten des Vaters für dessen Ehegattin und den mj. Lukas auf 17 % verringern. Das ergibt einen Betrag von 4.705,42 S, so daß der mj. Pia beginnend mit 1. 10. 1998 der begehrte Unterhaltsbeitrag von 4.400 S monatlich zuzuerkennen ist.

Dem Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben.

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