OGH 15Ns12/99

OGH15Ns12/999.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. September 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mittermayr als Schriftführer, in der Privatanklagesache des Privatanklägers Gert L***** gegen Dr. Günther W***** wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 StGB und anderer strafbarer Handlungen, AZ 15 U 248/99w des Bezirksgerichtes Josefstadt, über dessen Ablehnungsantrag nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Ablehnung des Oberlandesgerichtes Wien (einschließlich dessen Präsidenten) ist nicht gerechtfertigt.

Text

Gründe:

In der bezeichneten Privatanklagesache wurden im Rahmen des vom Oberlandesgericht Wien angeregten Delegierungsverfahrens (§ 590 Geo) in der Äußerung des Privatanklägers vom 30. Juni 1999 zu einer allfälligen Delegierung (ON 17 des Vr-Aktes) alle Gerichte in Österreich als befangen bezeichnet, "weil nicht einzelne Personen, sondern der gesamte Justizapparat inklusive aller Staatsanwälte, Richter usw durch die rechtskräftige Verurteilung in bezug auf den Artikel 6 EMRK als befangen anzusehen sind und nicht objektiv urteilen können".

Soweit damit der Sache nach auch das Oberlandesgericht Wien einschließlich seines Präsidenten für eine Delegierungsentscheidung als befangen abgelehnt wird, ist gemäß § 74 Abs 2 StPO (iVm § 22 Abs 3 GOG) der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung berufen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 72 Abs 1 StPO kann (unter anderem) der Privatankläger Mitglieder des Gerichtes ablehnen, wenn er außer den in §§ 67 bis 69 StPO bezeichneten Fällen (der Ausschließung) andere Gründe anzugeben und darzutun vermag, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit des (der) Abzulehnenden in Zweifel zu ziehen.

Dabei müssen die Gründe der Ablehnung genau angegeben und nach Möglichkeit bescheinigt werden (§ 73 zweiter Satz StPO).

Das Vorbringen des Privatanklägers enthält jedoch keine solchen Gründe. Denn das Ablehnungsbegehren erschöpft sich, ohne als vom Privatankläger befangen angesehene Richter des Oberlandesgericht Wien namentlich anzuführen, in pauschalen (auch den Präsidenten nicht ausnehmenden) Behauptungen der mangelnden Fähigkeit, objektiv urteilen zu können. Im Urteil des EuGHMR, das eine Entscheidung oder Maßnahme in einem Verfahren vor einem bestimmten inländischen Gericht ganz oder teilweise für im Widerspruch zu den Verpflichtungen aus der MRK stehend erklärt (Art 50 MRK), liegt kein Grund, welcher es generell zuläßt, die volle Unbefangenheit anderer als in diesem Verfahren tätiger Richter in Zweifel zu ziehen.

Ferner wird die (Pauschal-)Ablehnung mit generell gehaltenen Hinweisen auf laufende Kontakte zum Landesgericht für Strafsachen Wien auch in Justizverwaltungssachen begründet.

Insgesamt werden im Ablehnungsantrag damit keine konkreten Umstände angegeben und dargetan, welche (objektiv) die Unbefangenheit aller Richter des bezeichneten Oberlandesgerichtes in Zweifel zu ziehen und zur Befürch- tung Anlaß zu geben geeignet sind, jene könnten sich bei ihren Entscheidungen von anderen als sachlichen Gründen leiten lassen (Mayerhofer StPO4 § 72 E 4 f uva). Auf die bloß subjektive Besorgnis der Befangenheit kann eine Ablehnung nicht mit Erfolg gestützt werden (Mayerhofer aaO E 7).

Die geltend gemachten Ablehnungsgründe sind vielmehr unsubstantiiert und durch nichts glaubhaft gemachte Pauschalbehauptungen (auch) hinsichtlich des gesamten Oberlandesgerichtes Wien. Die pauschale Ablehnung eines Gerichtes ist schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil dazu eine Ablehnungserklärung gegen jeden einzelnen Richter unter genauer Angabe bestimmter Ablehnungsgründe erforderlich ist und auf die pauschale Ablehnung von Richtern ohne individuelles Substrat nicht eingegangen werden kann. Die Gründe der Ablehnung müssen vielmehr im Antrag genau angegeben und, so viel als möglich, bescheinigt sein (Mayerhofer aaO § 73 E 9a).

Es war somit auch die Einholung von Äußerungen der Richter des Oberlandesgerichtes (§ 183 Abs 3 Geo) durch dessen Präsidenten entbehrlich, weil schon nach dem Ablehnungsvorbringen von solchen Stellungnahmen sachdienliche Aufklärungen nicht zu erwarten waren.

Die umfassende Ablehnung des für eine Delegierung zuständigen Gerichtshofes zweiter Instanz erweist sich somit als nicht gerechtfertigt.

Stichworte